Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2011, Az. 9 AZR 399/10

9. Senat | REWIS RS 2011, 521

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Urlaubsabgeltungsanspruch bei andauernder Arbeitsunfähigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Abgeltung des Zusatzurlaubs nach § 125 SGB 9 - Länge tariflicher Ausschlussfristen)


Leitsatz

Der vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellte Rechtssatz, dass die Dauer des Übertragungszeitraums, innerhalb dessen der Urlaubsanspruch bei durchgängiger Arbeitsunfähigkeit nicht verfallen kann, die Dauer des Bezugszeitraums deutlich übersteigen muss, ist auf die Mindestlänge einer tariflichen Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nicht übertragbar. Solche Ausschlussfristen können deutlich kürzer als ein Jahr sein.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. April 2010 - 6 Sa 1944/09 - teilweise aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. November 2009 - 1 Ca 431/09 - abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21. April 2010 - 6 Sa 1944/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der [X.] die Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs, des gesetzlichen Mindesturlaubs und des Schwerbehindertenzusatzurlaubs sowie die Zahlung des tariflichen Urlaubsgelds.

2

Der mit einem Grad von mindestens 50 schwerbehinderte Kläger war seit dem 1. Juni 1978 bei der [X.], einer Reifenherstellerin, in einer [X.] beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Tarifverträge für die Kautschukindustrie in [X.] kraft beiderseitiger Tarifbindung sowie aufgrund einzelvertraglicher Inbezugnahme Anwendung. In § 16 des [X.] für die Kautschukindustrie in den Ländern [X.], [X.], [X.] und [X.] vom 17. Dezember 2003 (im Folgenden: [X.]) heißt es:

        

„Ausschlussfristen

        

1.    

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen beiderseitig innerhalb von drei Monaten nach ihrem Entstehen geltend gemacht werden, und zwar seitens des Arbeitnehmers bei der Betriebsleitung oder ihrem Beauftragten, seitens der Betriebsleitung beim Arbeitnehmer.

        

2.    

Beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers sind Ansprüche spätestens zwei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen. Werden Ansprüche erst später fällig, so berechnet sich die Frist von zwei Monaten vom Tag der Fälligkeit an.

        

3.    

Nach Ablauf dieser Fristen ist die Geltendmachung ausgeschlossen. Das gilt nicht, wenn die Berufung auf eine Ausschlussfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist.“

3

Der für mehrere Bundesländer - ua. für das Land [X.] - geltende Urlaubstarifvertrag für die Betriebe der kautschuk- und kunststoffverarbeitenden Industrie vom 11. Februar 2000 (im Folgenden: [X.]) sieht auszugsweise Folgendes vor:

        

„§ 3   

        

[X.]

        

(1)     

Die [X.] beträgt 30 Tage.

        

(2)     

Als Urlaubstage zählen alle Kalendertage mit Ausnahme der Samstage, der Sonntage sowie der gesetzlichen Feiertage.

                 

…       

        

(3)     

[X.] für Schwerbehinderte regelt sich nach den gesetzlichen Bestimmungen.

                          
        

§ 4     

        

Urlaubsvergütung

        

…       

        
        

II.     

Zusätzliches Urlaubsgeld

        

(1)     

Für alle Arbeitnehmer beträgt das zusätzliche Urlaubsgeld je tariflichen Urlaubstag 35,00 DM.

                 

...“   

4

Das Arbeitsentgelt des [X.] betrug zuletzt je Arbeitstag 108,02 Euro brutto.

5

Der Kläger konnte wegen durchgängig andauernder Arbeitsunfähigkeit zwei Tage [X.] sowie den gesamten [X.] und auch nicht den für die Monate Januar bis April 2006 entstandenen anteiligen Urlaub in Anspruch nehmen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 30. April 2006. Die Arbeitsunfähigkeit des [X.] dauerte auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Seit dem 1. Mai 2006 bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer.

6

Mit Schreiben vom 15. Juli 2009 forderte der Kläger von der [X.] vergeblich die Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs iHv. zwei Arbeitstagen aus dem [X.], von 35 Arbeitstagen aus dem [X.] und von 12 Arbeitstagen aus dem [X.] sowie die Zahlung des tariflichen Urlaubsgelds für diese 49 Urlaubstage.

7

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/[X.] und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) in seiner Auslegung durch den [X.] (im Folgenden: [X.]) und das [X.] lasse es nicht zu, dass Urlaubsansprüche bei andauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers verfallen. Tarifliche Ausschlussfristen von nur zwei bzw. drei Monaten verstießen gegen die Vorgaben des [X.].

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.170,08 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2009 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die neuere Rechtsprechung des [X.] und des [X.]s stehe nicht mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie in Einklang. Die Klageforderung sei jedenfalls gemäß § 16 [X.] verfallen, da der Kläger die [X.] nicht fristgemäß geltend gemacht habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage auf Abgeltung des gesetzlichen Teilurlaubs einschließlich des Schwerbehindertenzusatzurlaubs für das [X.] iHv. 899,81 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des [X.] blieb erfolglos. Das [X.] hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung der [X.] teilweise abgeändert und diese nur zur Zahlung von 756,14 Euro brutto verurteilt, weil auch der Schwerbehindertenzusatzurlaub für das [X.] verfallen sei. Die Parteien verfolgen mit der vom [X.] für beide Parteien zugelassenen Revision ihre Anträge auf Zahlung des vollen Klagebetrags bzw. auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

A. Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Revision des [X.] war dagegen zurückzuweisen. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, der Anspruch des [X.] auf Abgeltung des anteiligen gesetzlichen Mindesturlaubs für das [X.] unterfalle nicht der tariflichen Ausschlussfrist. Der Kläger ist gemäß § 16 [X.] von der Geltendmachung sämtlicher streitgegenständlicher Ansprüche ausgeschlossen.

I. Das [X.] hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, den anteiligen gesetzlichen Urlaubsanspruch des [X.] von sieben Arbeitstagen für das [X.] in Höhe von 756,14 Euro brutto abzugelten und die hierauf entfallenden Zinsen zu zahlen.

1. Die [X.]. im [X.] geltenden Tarifverträge für die Kautschukindustrie fanden auf das Arbeitsverhältnis der [X.]en [X.] Anwendung.

2. Der [X.] hat bereits entschieden, dass Ansprüche auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs und des gesetzlichen Mindesturlaubs tariflichen Ausschlussfristen unterfallen können. Der unabdingbare Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] steht dem nicht entgegen ([X.] 9. August 2011 - 9 [X.] - Rn. 12 ff., [X.], 1421).

Seine frühere Rechtsprechung, der zufolge tarifliche Ausschlussfristen nicht auf [X.] anzuwenden seien ( vgl. zuletzt [X.] 20. Jan[X.]r 2009 - 9 [X.]/07  - Rn. 21; 20. Mai 2008 -  9 [X.]  - Rn. 48, [X.]E 126, 352 ), hat der [X.] im Hinblick auf Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinieund seiner Auslegung durch den [X.] für die Fälle fortdauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers ausdrücklich aufgegeben ([X.] 9. August 2011 - 9 [X.] - Rn. 14 ff., [X.] 2011, 1421). Das ist eine notwendige Folgewirkung der Aufgabe der Surrogatstheorie (vgl. [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] - Rn. 44 ff., [X.]E 130, 119; fortgeführt von [X.] 4. Mai 2010 - 9 [X.]/09 - Rn. 17, [X.]E 134, 196). Nach der reformierten Rechtsprechung ist der Urlaubsabgeltungsanspruch ein reiner Geldanspruch, der als solcher den Bedingungen unterfällt, die nach dem anwendbaren Tarifvertrag für die Geltendmachung von Geldansprüchen vorgeschrieben sind. Dazu gehören tarifliche Ausschlussfristen.

3. Der Kläger ist gemäß § 16 Ziff. 3 Satz 1 [X.] mit der Geltendmachung des [X.]s für den anteiligen gesetzlichen Mindesturlaub für das [X.] ausgeschlossen. Er machte den Anspruch nicht innerhalb der Fristen des § 16 Ziff. 1, Ziff. 2 [X.] geltend. Die Obliegenheit, die tariflichen Ausschlussfristen einzuhalten, verkürzt entgegen der Auffassung des [X.] seine Rechte nicht in unzulässiger Weise.

a) Der Anspruch gemäß § 7 Abs. 4 [X.] auf Abgeltung des [X.] entstandenen Teilurlaubs nach § 5 Abs. 1 Buchst. c [X.] fällt unter die Ausschlussfristen des § 16 [X.]. Sie betreffen nach dem Tarifwortlaut alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Zu diesen gehört der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Formulieren Tarifvertragsparteien keine Einschränkungen, so fallen unter den Begriff der „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis” alle gesetzlichen, tariflichen und vertraglichen Ansprüche, die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben (vgl. [X.] 22. Jan[X.]r 2008 - 9 [X.] - Rn. 19, [X.] TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 191 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 190).

§ 16 Ziff. 2 [X.] verlangt, dass beim Ausscheiden eines Arbeitnehmers „Ansprüche“ spätestens zwei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen sind. Eine Beschränkung auf bestimmte Arten von Ansprüchen sieht die Tarifnorm nicht vor. Zudem ist die Regelung im Zusammenhang mit der vorangehenden Ziffer auszulegen. Nach § 16 Ziff. 1 [X.] müssen ausdrücklich „alle“ Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beiderseitig innerhalb von drei Monaten nach ihrem Entstehen geltend gemacht werden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien die Abgeltung von Urlaubsansprüchen trotz des allgemein und weit gefassten Wortlauts von den tariflichen Ausschlussfristen des § 16 [X.] ausnehmen wollten, zumal der [X.] keine eigenständige Ausschlussfristenregelung für diese Ansprüche enthält. Soweit die ältere Rechtsprechung des [X.]s annahm, tarifliche Ausschlussfristen seien dahingehend auszulegen, dass [X.] im Zweifel von ihnen nicht erfasst werden, so wird daran nicht festgehalten. Die Rechtsprechung beruhte auf der Surrogatstheorie, der zufolge [X.] wie Urlaubsansprüche befristet für einen bestimmten [X.]raum bestanden und deren Erfüllung während dieses [X.]raums stets verlangt werden konnte (vgl. [X.] 24. November 1992 - 9 [X.] - zu 3 der Gründe, [X.] [X.] § 1 Nr. 23 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 102). Diese [X.] kann nicht mehr aufrechterhalten werden. Denn nach der neueren Rechtsprechung sind [X.] reine Geldansprüche. Jedenfalls bei Tarifverträgen, die wie der [X.] nach Ablauf der Umsetzungsfrist der ersten Arbeitszeitrichtlinie 93/104/[X.] am 23. November 1996 abgeschlossen wurden, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Ausschlussfristen, die alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfassen sollen, auch den Anspruch auf Urlaubsabgeltung zeitlich begrenzen.

b) Das Schreiben vom 15. Juli 2009, mit dem der Kläger die Ansprüche erstmals geltend machte, wahrte nicht die Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 16 Ziff. 2 [X.].

Das Arbeitsverhältnis der [X.]en endete am 30. April 2006. Ab dem 1. Mai 2006 begann damit die Ausschlussfrist des § 16 Ziff. 2 [X.] zu laufen. Der Fristbeginn wurde nicht gemäß § 16 Ziff. 2 Satz 2 [X.] auf einen späteren [X.]punkt hinausgeschoben. Nach dieser Vorschrift berechnet sich die Frist von zwei Monaten vom Tag der Fälligkeit an, wenn Ansprüche erst später nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werden. Auch wenn eine Arbeitsunfähigkeit über den Beendigungszeitpunkt hinaus fortbesteht, entsteht der Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 [X.] stets mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird gemäß § 271 BGB auch sofort fällig (vgl. [X.] 9. August 2011 - 9 [X.] - Rn. 18 mwN, [X.] 2011, 1421; 11. Oktober 2010 - 9 [X.] - Rn. 20, [X.] ArbGG 1979 § 72a Nr. 75 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 125). Der Kläger machte seine Forderung gegenüber der Beklagten nicht binnen zwei Monaten ab dem Ende des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. Juni 2006, sondern erstmals mit Schreiben vom 15. Juli 2009 geltend.

c) Die Beklagte kann sich auf die Ausschlussfrist berufen, ohne dass hierin aufgrund besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung iSd. § 16 Ziff. 3 Satz 2 [X.] läge. Die [X.]en haben keine Anhaltspunkte hierfür vorgetragen; im Übrigen sind sie nicht ersichtlich. Der Kläger beruft sich auch nicht darauf, es sei ihm aufgrund seines Gesundheitszustands schlechthin unmöglich gewesen, seine Angelegenheiten zu besorgen. Deshalb wurde der Lauf der Ausschlussfrist auch nicht ausnahmsweise entsprechend § 206 BGB gehemmt (vgl. zu den allgemeinen Voraussetzungen einer Hemmung: [X.] 9. August 2011 - 9 [X.] - Rn. 34 mwN, [X.] 2011, 1421; 9. August 2011 - 9 [X.] - Rn. 49 f., [X.] 2012, 166).

d) Die Ausschlussfristenregelung des § 16 [X.] steht auch in Einklang mit den Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie. Entgegen der Rechtsansicht des [X.] gebietet Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie nicht, dass eine Ausschlussfrist für den Urlaubsabgeltungsanspruch die Dauer des Bezugszeitraums des Urlaubsanspruchs deutlich übersteigt. Eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 [X.] besteht nicht (zur Vorlageverpflichtung: vgl. [X.] 23. März 2010 - 9 [X.] - Rn. 20 ff., [X.]E 134, 1, unter Bezugnahme auf [X.] 25. Febr[X.]r 2010 -  1 BvR 230/09  - Rn. 15 mwN, [X.] GG Art. 101 Nr. 65 = EzA KSchG § 17 Nr. 21). Dies gilt selbst dann, wenn man die Frage, wie die Abgeltung des Urlaubsanspruchs iSd. Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie dogmatisch einzuordnen ist, als vom [X.] noch nicht erschöpfend beantwortet ansieht (vgl. zur Problematik des Surrogatsbegriffs: [X.] 2011, 2492 f.).

aa) Nach Art. 267 [X.] entscheidet der [X.] im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Handlungen der Organe, mithin auch über die Auslegung von Richtlinien (vgl. [X.]/[X.] 12. Aufl. Art. 267 [X.] Rn. 10). Eine Vorlage kommt nur in Betracht, wenn die Frage des Unionsrechts nach Auffassung des vorlegenden Gerichts für dessen Entscheidung erforderlich ist. Es ist allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem [X.] ggf. vorzulegenden Fragen zu beurteilen (vgl. [X.] 18. Dezember 2007 - [X.]/05 - [[X.]] Rn. 45 mwN, Slg. 2007, I-11767).

bb) Die Frage, ob die Abgeltung des Urlaubs iSd. Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie ein Surrogat des Urlaubsanspruchs darstellt, und welche Rechtsfolgen mit dieser Einordnung verbunden wären, ist im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich. Die beiden denkbaren dogmatischen Einordnungen des Urlaubsabgeltungsanspruchs führen vorliegend zum selben Ergebnis.

(1) Sieht man die Abgeltung des Urlaubsanspruchs im Rahmen des Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie entsprechend der neuen Rechtsprechung des [X.]s zu § 7 Abs. 4 [X.] - jedenfalls für die Fälle der lang andauernden Krankheit des Arbeitnehmers - als reinen Geldanspruch an, so enthält die Richtlinie keine Vorgaben hinsichtlich der Möglichkeit, diesen Anspruch nach nationalem Recht einer zeitlich befristeten Geltendmachung zu unterwerfen. Seinem bloßen Wortlaut nach enthält Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie nicht einmal das Gebot der Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern nur das Verbot der Urlaubsabgeltung im bestehenden Arbeitsverhältnis.

(a) Nach der Auslegung des [X.] begründet Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie allerdings einen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine finanzielle Vergütung. Es steht den Mitgliedstaaten aber frei, für den wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommenen Urlaub in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Voraussetzungen für die Ausübung und die Umsetzung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub festzulegen. Sie dürfen lediglich die Entstehung dieses sich unmittelbar aus der Richtlinie 93/104/[X.] ergebenden Anspruchs nicht von irgendeiner Voraussetzung abhängig machen ([X.] 20. Jan[X.]r 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.]] Rn. 46, 56, Slg. 2009, [X.]). Fehlt es - wie bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch - an einer unionsrechtlichen Regelung des Verfahrens der Rechtsdurchsetzung, ist es Sache der Mitgliedstaaten, das Verfahren - einschließlich der Verjährungsregelungen - für die Klagen auszugestalten, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Bei der Ausgestaltung müssen die Grundsätze der Gleichwertigkeit und der Effektivität gewahrt werden (vgl. [X.] 18. September 2003 - [X.]/01 - [[X.]] Rn. 34 mwN, Slg. 2003, [X.]; vgl. zum Verfall von [X.]n: [X.] 5. Mai 2010 -  7 Sa 1571/09  - zu III 2 der Gründe, [X.]-RR 2010, 568). Die Festlegung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung wahrt diese Grundsätze. Die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte wird dadurch weder praktisch unmöglich gemacht noch übermäßig erschwert (vgl. [X.] 24. März 2009 - [X.]/06 - [[X.]] Rn. 48, Slg. 2009, [X.]). In Bezug auf die Erfüllung von [X.] hat der [X.] entschieden, dass insoweit die Verjährungsfrist nicht so kurz sein darf, dass es den Betroffenen in der Praxis nicht gelingt, die Frist einzuhalten, und sie damit den Schutz verlieren, den ihnen die Richtlinie garantieren soll ([X.] 16. Juli 2009 - [X.]/08 - [[X.]] Rn. 44, Slg. 2009, [X.]). Die Prüfung, ob die Ausschlussfrist den Grundsatz der Effektivität wahrt, obliegt dem nationalen Gericht (vgl. [X.] 24. März 2009 - [X.]/06 - [[X.]] Rn. 34, aaO).

(b) Es spricht eine Vermutung dafür, dass die zweimonatige Verfallfrist des § 16 Ziff. 2 [X.] angemessen ist. Als tarifliche Regelung unterliegt sie nach [X.] Recht keiner Angemessenheitskontrolle (vgl. [X.] 22. September 1999 - 10 [X.] - zu II 3 b cc der Gründe, [X.] TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 226 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 132; 6. September 1995 - 5 [X.] - zu III 1 der Gründe, [X.]E 81, 5). Unabhängig davon erscheint eine Frist von zwei Monaten ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht so kurz, dass es Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis endet, nicht gelingen kann, die Frist zur Geltendmachung ihrer [X.] zu wahren. Dabei ist zu beachten, dass der ausscheidende Arbeitnehmer grundsätzlich dazu in der Lage ist, seine Ansprüche anhand des Bundesurlaubsgesetzes und der einschlägigen tariflichen Vorschriften selbst zu berechnen; er ist nicht auf zusätzliche Auskünfte, deren Einholung zusätzliche [X.] beanspruchen würde, angewiesen. Durch einen Verfall der [X.] droht - anders als beim Verfall des Vergütungsanspruchs - nicht, dass der für das Vertragsverhältnis wesentliche Leistungsaustausch verfehlt wird.

Selbst wenn man den Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gleichwertigkeit so ausdehnend verstehen müsste, dass es europarechtlich geboten wäre, die zu Formularverträgen entwickelten Grundsätze (vgl. [X.] 28. September 2005 - 5 [X.] - zu II 5 der Gründe, [X.]E 116, 66) auch für die Angemessenheitsprüfung der tariflichen Regelung des § 16 Ziff. 2 [X.] heranzuziehen und die Zweimonatsfrist deshalb als unangemessen kurz erschiene, wären die Ansprüche des [X.] jedenfalls aufgrund der angemessenen dreimonatigen Frist nach § 16 Ziff. 1 [X.] verfallen.

(2) Wäre der [X.] nach der Arbeitszeitrichtlinie als Surrogat im Sinne der früheren Rechtsprechung des [X.]s zu verstehen, so bedeutete dies, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch kein einfacher Geldanspruch wäre, sondern für ihn dieselben rechtlichen Regelungen gölten wie für den Urlaubsanspruch selbst. Die Frage, ob der europarechtlich garantierte Mindesturlaub verfallen kann, ist - soweit vorliegend von Relevanz - durch die Rechtsprechung des [X.] geklärt: Nach Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten [X.] von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind. Der [X.] hat dazu festgestellt, dass Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie grundsätzlich einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die für die Ausübung des mit dieser Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsieht, die sogar den Verlust dieses Anspruchs am Ende eines Bezugszeitraums oder eines [X.] umfassen. Dieser grundsätzlichen Feststellung hat der [X.] die Voraussetzung hinzugefügt, dass der Arbeitnehmer, dessen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erloschen ist, tatsächlich die Möglichkeit gehabt haben muss, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben ([X.] 22. November 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 26, [X.] 2011, 1333; 20. Jan[X.]r 2009 - [X.]/06 und [X.]/06 - [[X.]] Rn. 43, Slg. 2009, [X.]).

Bezogen auf den Urlaubsabgeltungsanspruch bedeutet die Anwendung dieser Grundsätze, dass die Richtlinie einer nationalen tariflichen Regelung nicht entgegensteht, die vorsieht, dass der Anspruch innerhalb von zwei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der damit einhergehenden Fälligkeit des Anspruchs geltend gemacht werden muss. Es handelt sich um Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung, die sich nach dem einzelstaatlichen und nicht nach dem [X.] Recht richten. Auch die weitere Voraussetzung, an die der [X.] die Zulässigkeit von Ausschlussfristen knüpft, ist erfüllt. Der Arbeitnehmer hat vor Ablauf der tariflichen Verfallfrist tatsächlich die Möglichkeit, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben. Diesen wesentlichen Unterschied zwischen dem europarechtlich garantierten Urlaubsanspruch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses und dem europarechtlich garantierten Urlaubsabgeltungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verkennt der Kläger. Auch der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer ist grundsätzlich dazu in der Lage, den auf Zahlung von Geld gerichteten Anspruch geltend zu machen und seine Erfüllung entgegenzunehmen (vgl. [X.] 9. August 2011 - 9 [X.] - Rn. 29, [X.] 2011, 1421). Dass die Arbeitsunfähigkeit für sich genommen einer Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs und der Entgegennahme von Geld nicht entgegensteht, hält der [X.] für offenkundig. Er geht davon aus, dass für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den [X.] die gleiche Gewissheit besteht.

Deshalb ist die Vorgabe des [X.], dass der Übertragungszeitraum deutlich länger sein müsse als der Bezugszeitraum ([X.] 22. November 2011 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 38, [X.] 2011, 1333), nicht auf den Urlaubsabgeltungsanspruch des dauerhaft erkrankten Arbeitnehmers übertragbar. Die Vorgabe gilt nur für den Urlaubsanspruch selbst, den der dauerhaft erkrankte Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis tatsächlich nicht in Anspruch nehmen kann. Die Länge einer tariflichen Frist, nach der der Urlaubsabgeltungsanspruch dem Verfall unterliegt, kann daher deutlich kürzer als zwölf Monate sein.

4. Der Kläger kann im Hinblick auf die Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist auch keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die dargestellte langjährige Rechtsprechung des [X.]s zur Unabdingbarkeit (§ 13 Abs. 1 [X.]) des [X.]s hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs aus § 7 Abs. 4 [X.] überhaupt geeignet war, ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer in deren Fortbestand zu begründen. Der [X.] braucht auch nicht darüber zu befinden, ob für Arbeitnehmer ebenso wie für Arbeitgeber mit Ablauf der Umsetzungsfrist der ersten Arbeitszeitrichtlinie 93/104/[X.] am 23. November 1996 bereits kein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen [X.]srechtsprechung mehr bestehen konnte. Der Kläger hat das Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des [X.]s Düsseldorf in der Sache [X.] vom 2. August 2006 (- 12 [X.]/06 - LAGE [X.] § 7 Nr. 43) nicht zum Anlass genommen, tätig zu werden. Spätestens ab diesem [X.]punkt konnten auch Arbeitnehmer nicht mehr davon ausgehen, dass die [X.]srechtsprechung zu den Grundsätzen der Unabdingbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs im Fall lang andauernder Arbeitsunfähigkeit unverändert fortgeführt würde ([X.] 9. August 2011 - 9 [X.] - Rn. 31, [X.] 2011, 1421). Der Vertrauensverlust betrifft nicht lediglich den einzelnen Aspekt des Erlöschens von [X.]n bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit, sondern umfasst auch die Rechtsprechungsgrundsätze zum Nichteingreifen von tariflichen Ausschlussfristen. Gegen die Gewährung von Vertrauensschutz zugunsten des [X.] spricht zudem, dass ihm durch die Rechtsprechungsänderung nichts genommen wird, was ihm bei Fortbestehen der bisherigen Rechtsprechung zugestanden hätte ([X.] 9. August 2011 - 9 [X.] - Rn. 32, aaO). Denn auch nach der bisherigen Rechtsprechung hätte dem Kläger kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zugestanden. Dieser wäre wegen der andauernden Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des [X.] zum 31. März 2007 erloschen.

II. Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das teilweise klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Abgeltung etwaiger, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch bestehender gesetzlicher Mindesturlaubsansprüche für die Jahre 2004 und 2005 zu. Die Revision des [X.] rügt zwar zutreffend, dass das [X.] der Beklagten insoweit zu Unrecht Vertrauensschutz zugebilligt hat. Das Berufungsurteil ist jedoch aus anderen Gründen im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Etwaig entstandenen Ansprüchen auf Urlaubsabgeltung steht jedenfalls § 16 Ziff. 3 Satz 1 [X.] entgegen.

a) Die Annahme des [X.]s, die Beklagte genieße hinsichtlich der Ansprüche auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs Vertrauensschutz, ist rechtsfehlerhaft.

Mögliches Vertrauen privater Arbeitgeber auf den Fortbestand der früheren ständigen Rechtsprechung zum Verfall des Urlaubsanspruchs gemäß § 7 Abs. 3 [X.] auch bei [X.] krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ist seit dem 24. November 1996 nicht länger schutzwürdig und nicht erst - wie das [X.] angenommen hat - seit dem Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des [X.]s Düsseldorf in der Sache [X.] vom 2. August 2006 (- 12 [X.]/06 - LAGE [X.] § 7 Nr. 43). Die Grundlage des Vertrauens auf die Fortdauer der früheren [X.]srechtsprechung, die den Verfall von Urlaubs(-abgeltungs)ansprüchen bei Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des [X.] annahm, war nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die erste Arbeitszeitrichtlinie 93/104/[X.] am 23. November 1996 zerstört. Dies hat der [X.] in seiner Entscheidung vom 23. März 2010 (- 9 [X.] - Rn. 96 ff., [X.]E 134, 1) festgestellt und eingehend begründet.

b) Es kann im vorliegenden Fall offenbleiben, ob auch nach der neuen Rechtsprechung des [X.]s insbesondere der Anspruch auf Urlaub für das [X.] zum [X.]punkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. April 2006 noch Bestand hatte oder bereits verfallen war. Der [X.] hat in seiner Entscheidung vom 22. November 2011 (- [X.]/10 - [[X.]] Rn. 28, 44, [X.], 1333) die Rechtsgrundsätze, die er in der Rechtssache [X.] aufgestellt hat, „n[X.]nciert“. Er geht nunmehr davon aus, Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie stehe einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten nicht entgegen, die die Möglichkeit eines langfristig arbeitsunfähigen Arbeitnehmers, Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub anzusammeln, dadurch einschränken, dass sie einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten vorsehen, nach dessen Ablauf der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt. Vor diesem Hintergrund könnte der [X.] gehalten sein, seine mit Urteil vom 24. März 2009 (- 9 [X.] - [X.]E 130, 119) vorgenommene europarechtskonforme Auslegung bzw. Fortbildung des [X.] auf das europarechtlich geforderte Mindestmaß zu beschränken. Indem § 7 Abs. 3 [X.] einen sehr kurzen Übertragungszeitraum normiert, gewährleistet das Gesetz eine enge zeitliche Bindung des Urlaubs an das Urlaubsjahr (vgl. [X.] 18. Oktober 2011 - 9 [X.] - Rn. 19, [X.] 2012, 143). Der darin zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers könnte es gebieten, dass der Urlaubsanspruch bei Arbeitnehmern, die mehrere Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähig erkrankt sind, nach der kürzesten Frist, die europarechtlich zulässig ist, verfällt. Bei einer solchen Begrenzung der europarechtskonformen Auslegung bzw. Rechtsfortbildung wäre zu prüfen, ob der Rechtsprechung des [X.] bereits mit ausreichender Klarheit zu entnehmen ist, von welcher exakten Dauer der Übertragungszeitraum nach der Arbeitszeitrichtlinie mindestens sein muss. Eine solche sofortige Weiterentwicklung der neuen Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen im genannten Sinn könnte allerdings die Grenze der richterlichen Rechtsanwendung und -fortbildung in unzulässiger Weise überschreiten. Es ist fraglich, ob die Festlegung der konkreten Länge des [X.] den Gerichten für Arbeitssachen zukommt oder ob es nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung Aufgabe des Gesetzgebers ist, den entsprechenden Übertragungszeitraum festzulegen (vgl. zu den Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung: jüngst [X.] 25. Jan[X.]r 2011 - 1 [X.] - Rn. 50 ff., [X.]E 128, 193; dazu [X.] [X.] 2011, 893, 896 mwN). Zu bedenken sind ferner die Folgen aus der nunmehr vom [X.] ausdrücklich betonten Verankerung des Urlaubsanspruchs im Primärrecht der Union (vgl. dazu Stiebert/Pötters EuZW 2011, 960, 961 f.).

c) Im Streitfall steht der Geltendmachung dieser Ansprüche jedenfalls § 16 Ziff. 3 Satz 1 [X.] entgegen. Soweit am 30. April 2006 mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 7 Abs. 4 [X.] Ansprüche auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs aus den Vorjahren entstanden waren, wahrte der Kläger die tarifliche Ausschlussfrist nicht. Denn die erstmalige Geltendmachung erfolgte mit Schreiben vom 15. Juli 2009 (vgl. oben unter A I).

2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Abgeltung etwaiger, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch bestehender Ansprüche auf Schwerbehindertenzusatzurlaub zu. Die Revision des [X.] rügt zwar zutreffend, das [X.] habe zu Unrecht angenommen, der Urlaubsanspruch nach § 125 SGB IX sei trotz der langjährigen Arbeitsunfähigkeit des [X.] nach § 7 Abs. 3 Satz 3 [X.] spätestens am 31. März des jeweiligen Folgejahres verfallen. Das Berufungsurteil ist jedoch aus anderen Gründen im Ergebnis zutreffend (§ 561 ZPO). Etwaig entstandenen Ansprüchen auf Abgeltung des [X.] steht § 16 Ziff. 3 Satz 1 [X.] entgegen.

a) Auf den Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX sind die Vorschriften über die Entstehung, Übertragung, Kürzung und Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs anzuwenden. Auch der Schwerbehindertenzusatzurlaub ist daher nach der neueren [X.]srechtsprechung abzugelten, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des [X.] arbeitsunfähig ist ([X.] 23. März 20109 [X.] - Rn. 69, 71, [X.]E 134, 1). Der [X.] nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX teilt das rechtliche Schicksal des [X.], es sei denn tarifliche oder einzelvertragliche Bestimmungen sehen für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen vor. Der Arbeitgebern zu gewährende Vertrauensschutz geht nicht weiter als bei dem Mindesturlaubsanspruch nach dem [X.] (vgl. [X.] 23. März 2010 - 9 [X.] - Rn. 72 ff., aaO).

b) Soweit am 30. April 2006 mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 7 Abs. 4 [X.] Ansprüche auf Abgeltung des [X.] aus den Vorjahren entstanden waren, sind sie verfallen. Aus der Anwendbarkeit der Vorschriften über die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs folgt notwendig, dass es sich auch bei dem Anspruch auf Abgeltung des Zusatzurlaubs nach § 125 SGB IX um einen einfachen Geldanspruch handelt, auf den tarifliche Ausschlussfristen Anwendung finden. Die erstmalige Geltendmachung mit dem Schreiben vom 15. Juli 2009 hat die Ausschlussfristen des anwendbaren § 16 [X.] nicht gewahrt (vgl. oben unter A I).

3. Entgegen der Rechtsansicht der Revision des [X.] hat das [X.] rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Kläger die Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs innerhalb der Frist von zwei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätte geltend machen müssen. § 16 [X.] erfasst aufgrund seiner weiten Formulierung auch Ansprüche auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs. Der tarifliche Mehrurlaub und dessen Abgeltung unterfallen weder dem tariflich unabdingbaren Schutz der §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] noch Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie. Einem tariflich angeordneten Verfall des übergesetzlichen Urlaubsanspruchs und seiner Abgeltung steht nach dem klaren Richtlinienrecht und der gesicherten Rechtsprechung des [X.] kein Unionsrecht entgegen ([X.] 9. August 2011 -  9 [X.]  - Rn. 13 mwN, [X.] 2011, 1421). Die Tarifvertragsparteien können Urlaubs- und [X.], die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von §§ 13 Abs. 1 [X.] begründeten Anspruch auf [X.] von vier Wochen übersteigen, frei regeln ([X.] 23. März 2010 - 9 [X.] - Rn. 19, [X.]E 134, 1).

4. Die Revision des [X.] rügt ebenso ohne Erfolg, dass das [X.] angenommen hat, seinen Ansprüchen auf Zahlung von tariflichem Urlaubsgeld iSd. [X.] stehe ebenfalls § 16 Ziff. 3 Satz 1 [X.] entgegen.

a) Es kann offenbleiben, ob der Kläger nach § 4 Abschn. II [X.] für die gesetzlichen Zusatzurlaubstage nach § 125 SGB IX ein zusätzliches Urlaubsgeld zu verlangen berechtigt war. Bedenken hiergegen bestehen insoweit, als der Wortlaut des § 4 Abschn. II Ziff. 1 [X.] allein auf tarifliche Urlaubstage abstellt und § 3 Ziff. 3 [X.] zudem bestimmt, dass sich der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte nach den gesetzlichen Bestimmungen „regelt“, die kein zusätzliches Urlaubsgeld vorsehen (vgl. zum zusätzlichen Urlaubsgeld für „genommenen“ tariflichen Urlaub nach § 13 Rahmentarifvertrag Betonsteingewerbe Nordwestdeutschland vom 14. September 1993: [X.] 17. November 1998 - 9 [X.] - zu I 2 b der Gründe, [X.] TVG § 1 Tarifverträge: Betonsteingewerbe Nr. 6 = EzA TVG § 4 Betonsteingewerbe Nr. 1).

b) § 16 [X.] ist auch auf das tarifliche Urlaubsgeld anzuwenden. Schon nach der früheren Rechtsprechung unterlag der Anspruch auf (zusätzliches) Urlaubsgeld - ebenso wie der Anspruch auf Urlaubsentgelt - als Zahlungsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis den tariflichen Ausschlussfristen und konnte verfallen, wenn der Arbeitnehmer die Ansprüche nicht fristgerecht geltend machte (vgl. [X.] 22. Jan[X.]r 2002 - 9 [X.] 4 c der Gründe, [X.]E 100, 189; 11. April 2000 - 9 [X.] - zu I 3 der Gründe, [X.] TVG § 1 Tarifverträge: Luftfahrt Nr. 13 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 4; vgl. ferner [X.]/[X.] 2. Aufl. § 11 [X.] Rn. 69; [X.]/[X.] § 11 [X.] Rn. 35).

Unabhängig davon, ob das zusätzliche Urlaubsgeld nach § 4 Abschn. II [X.] eine von der Urlaubsnahme unabhängige Gratifikation oder eine zum Urlaub akzessorische Sonderzahlung darstellt (vgl. zu dieser Differenzierung: [X.] 12. Oktober 2010 - 9 [X.] - Rn. 22 ff., [X.] TVG § 1 Tarifverträge: Dachdecker Nr. 9 = EzA [X.] § 7 Nr. 122; 19. Mai 2009 - 9 [X.] - Rn. 15 mwN, [X.] 2009, 2051), steht der Anwendung tariflicher Ausschlussfristen weder der Unabdingbarkeitsschutz der §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.] noch derjenige des Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie entgegen. Das zusätzliche Urlaubsgeld stellt, auch soweit es zum gesetzlichen Mindesturlaub hinzutritt, eine reine Geldforderung dar. Es unterfällt von vornherein weder dem Unabdingbarkeitsschutz des gesetzlichen Mindesturlaubs nach § 13 [X.] noch dem Schutz des Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie, da es sich um eine darüber hinausgehende weder vom [X.] noch von der Arbeitszeitrichtlinie garantierte zusätzliche Leistung handelt. Vor diesem Hintergrund sind die Tarifvertragsparteien frei, zusätzliches Urlaubsgeld tariflichen Ausschlussfristen zu unterwerfen.

B. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision und als unterlegene [X.] gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Krasshöfer    

        

    Suckow    

        

    Klose    

        

        

        

    Mehnert    

        

    Neumann    

                 

Meta

9 AZR 399/10

13.12.2011

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Fulda, 13. November 2009, Az: 1 Ca 431/09, Urteil

§ 7 Abs 3 BUrlG, § 7 Abs 4 BUrlG, § 13 Abs 1 BUrlG, Art 7 Abs 2 EGRL 88/2003, § 125 Abs 1 S 1 SGB 9, § 4 Abs 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2011, Az. 9 AZR 399/10 (REWIS RS 2011, 521)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 521

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

9 AZR 365/10 (Bundesarbeitsgericht)

Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen auf den Urlaubsabgeltungsanspruch - § 24 MTV Einzelhandel NRW


9 AZR 352/10 (Bundesarbeitsgericht)

Fälligkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs - Anwendbarkeit tariflicher Ausschlussfristen


16 Sa 322/10 (Landesarbeitsgericht Hamm)


10 Sa 203/10 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


1 Ca 2212/09 (Arbeitsgericht Oberhausen)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.