Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.07.2013, Az. 30 W (pat) 520/12

30. Senat | REWIS RS 2013, 3856

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "CleanApp" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 043 081. 0

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 25. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] Jacobi

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.] u. a. für die Waren und Dienstleistungen:

2

„Computersoftware sowie dazugehörige Dokumentationen (gespeichert/herunterladbar); auf Datenträger aufgezeichnete Computersoftware; Spielprogramme für Computer; Nachrichten-, Daten- und Bildübermittlung mittels Computer und Onlinediensten; Verschaffen des Zugriffs auf Datenbanken; Betrieb eines elektronischen Informations- und Kommunikationssystems (soweit in [X.] enthalten) zur Daten- und Sprachübermittlung; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; Aktualisierung (Update) von Software; Computerhard- und Softwareberatung; Design von Computersoftware; Dienstleistungen eines [X.]; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellung von Computeranimationen; Konvertieren von Computerprogrammen und Daten (ausgenommen physische Veränderung)“.

3

[X.] in der Bedeutung „saubere Anwendung“ im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren beschreibend auf geprüfte Freiheit von [X.] hinweise.

4

[X.] nicht lediglich „saubere Anwendung“ bedeute, sondern darauf abhebe, dass die von ihr angebotene Software unter anderem in der Lage sei, neben [X.]schutz auch Dateifragmente und alte bzw. fehlgeschlagene Installationen von anderen Programmen aufzuspüren und gegebenenfalls zu reparieren bzw. entsprechend zu entfernen. Denn im Kontext der angebotenen Waren und Dienstleistungen im Bereich Software werde „clean“ im Sinne von frei von [X.], Schadprogrammen, nicht vollständig gelöschten Dateien bzw. nicht vollständig gelöschten [X.] oder Laufwerken verstanden. Ziel sei neben der Beseitigung von Schadsoftware insbesondere die Beseitigung von Datenmüll und im Hintergrund laufenden Anwendungen, die bei nicht erfolgender Beseitigung zum einen die Ressourcen eines Systems belasten würden, aber auch auf die Laufzeit der Stromversorgung Auswirkungen hätten. Das Patentamt habe verkannt, dass nicht die Anwendung „clean“ sei, sondern dass sie „cleant“, beziehungsweise im genannten Umfang säubere, aufspüre und den Benutzer benachrichtige. Die Software solle weniger im Hinblick auf Schadsoftware als bezüglich betriebsbedingter „Ablagerungen“ verwendet werden. Auch sei die Software in der Lage, bei versehentlichen Löschungen Dateifragmente zu rekonstruieren und die Daten so wiederherzustellen. Da es auf die Gesamtabwägung ankomme, sei bei - im Zweifel - teilweise beschreibenden und nicht-beschreibenden Attributen die Eintragung zu gewähren. Auf die Eintragungspraxis von Marken mit dem Wort „clean“ werde verwiesen.

5

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

6

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 23. Januar 2012 insoweit aufzuheben, als die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

8

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet; die angemeldete Marke ist wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen; die Markenstelle hat die Anmeldung deshalb zu Recht (teilweise) zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 und 5 [X.]).

9

1. Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2008, 608, 611 Nr. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Nr. 13 - [X.]; [X.], 935 Nr. 8 - Die Vision; [X.], 850, 854 Nr. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 233, 235 Nr. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230 Nr. 27 - [X.]; [X.] a. a. [X.] - [X.]; [X.] 2008, 710 Nr. 12 - [X.]; [X.], 949 Nr. 10 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; [X.], 411 Nr. 8 - [X.]; [X.], 778, 779 Nr. 11 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise. Hierbei ist auf die Wahrnehmung des Handels sowie des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ([X.] [X.], 411, 412 Nr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Nr. 24 - SAT 2; [X.] - Die Vision; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]).

Hiervon ausgehend besitzen Wortzeichen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, 678 Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271 Nr. 11 - Link Economy; [X.], 952, 953 Nr. 10 - [X.]; a. a. [X.] Nr. 19 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; a. a. [X.] - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.], 1100 Nr. 23 - [X.]!; a. a. [X.] Nr. 28 f. - [X.]).

[X.] jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

[X.] bezüglich der versagten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42 eine glatt beschreibende Angabe, bezüglich der Dienstleistungen der [X.] wird damit ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt. Vom angesprochenen Publikum wird das Anmeldezeichen ohne weiteres in seinem beschreibenden Bedeutungsinhalt verstanden, dass die betreffenden Produkte - zumindest auch - dazu bestimmt und geeignet sind, [X.] und überflüssigen Datenmüll zu beseitigen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass mit den hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen allgemeine Verkehrskreise, aber auch [X.] angesprochen werden, wobei es sich durchweg um Spezialprodukte bzw. Spezialangebote zum Zweck der Datenbeseitigung handelt bzw. handeln kann, die mit Bedacht und nicht im Vorübergehen erworben werden.

Soweit die Anmelderin auf weitere, nicht primär im Zusammenhang mit den Waren bzw. Dienstleistungen stehende Bedeutungen des Wortes „clean“ hinweist, berücksichtigt sie dabei nicht, dass die absoluten Schutzhindernisse des § 8 [X.] ausschließlich nach den jeweils beanspruchten konkreten Waren bzw. Dienstleistungen zu beurteilen sind (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdn. 27 m. w. N.). Im Zusammenhang damit ist ein anderes Verständnis als oben zugrunde gelegt - etwa im Sinn von „[X.]“ - nicht naheliegend.

[X.] kann damit ihre Hauptfunktion, nämlich den Verkehrskreisen die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten, beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen zu garantieren, nicht erfüllen. Die angemeldete Marke ist in dem hier maßgeblichen Umfang nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen. Es kann dahingestellt bleiben, ob auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vorliegt.

3. Ein Eingehen auf die vom Anmelder genannten Voreintragungen war weder seitens der Markenstelle noch des Senats veranlasst (vgl. [X.] 2012, 276, 277 Nr. 18 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V. m. w. N.).

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Meta

30 W (pat) 520/12

25.07.2013

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.07.2013, Az. 30 W (pat) 520/12 (REWIS RS 2013, 3856)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3856

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

30 W (pat) 534/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "CADSTAR" – keine Unterscheidungskraft


30 W (pat) 519/15 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Legal Connect" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltebedürfnis


30 W (pat) 521/15 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Software für Ihren Erfolg" – keine Unterscheidungskraft


30 W (pat) 520/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "CINE ENGINE" – Marke ist teilweise für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend …


30 W (pat) 10/14 (Bundespatentgericht)

(Markenbeschwerdeverfahren – "FAHRSCHULCARD" – keine Unterscheidungskraft – zur Umgruppierung nach § 22 MarkenV)


Referenzen
Wird zitiert von

26 W (pat) 595/20

26 W (pat) 525/20

26 W (pat) 524/20

26 W (pat) 543/20

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.