Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2009, Az. IV ZB 2/09

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2886

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[X.] BESCHLUSS IV [X.] 2/09vom 24. Juni 2009 in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] am 24. Juni 2009 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Zi-vilsenats des [X.] vom 19. Dezember 2008 wird auf Kosten des [X.] als unzu-lässig verworfen. [X.]: 5.780,28 •

Gründe: [X.] Das [X.] hat die Klage, mit der der Kläger erbrechtliche und bereicherungsrechtliche Ansprüche nach dem Tod seiner Mutter in Höhe von 17.174,59 • verfolgte (Anteil am Sparguthaben in Höhe von 5.780,28 •, Ausgleich für Grundstücksnutzung in Höhe von 11.394,31 •) durch das am 26. März 2008 zugestellte Urteil abgewiesen. 1 Seinen Prozesskostenhilfeantrag vom 23. April 2008 für die [X.] der Berufung hat das Berufungsgericht durch Beschluss vom 2. Juli 2008 - zugestellt am 11. Juli 2008 - zurückgewiesen: Für den [X.] bestehe - anders als beim Sparguthabenanteil - schon 2 - 3 -

keine Erfolgsaussicht. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe scheitere aber insgesamt an der bestandskräftigen Ablehnung von Prozesskosten-hilfe für denselben Streitgegenstand durch das [X.] in dem vor diesem Rechtsstreit durchgeführten selbständigen Prozesskostenhilfe-verfahren.
Die dagegen am 24. Juli 2008 erhobene Anhörungsrüge hat das Berufungsgericht durch Beschluss vom 30. Juli 2008 - dem Kläger zuge-gangen am 8. August 2008 - zurückgewiesen. 3 Am 22. August 2008 hat der Kläger wegen Versäumung der [X.] und Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich Berufung eingelegt und diese begründet. 4 Durch Beschluss vom 19. Dezember 2008 hat das Berufungsge-richt die Berufung des [X.] und sein Wiedereinsetzungsgesuch als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die nur auf den Anteil am Sparguthaben bezogene Rechtsbeschwerde des [X.]. 5 I[X.] Die gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte und rechtzeitig erhobene Rechtsbeschwerde war als unzulässig zu verwerfen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. 6 Entgegen der Auffassung der Beschwerde wird der Kläger durch den angefochtenen Beschluss nicht in seinem Grundrecht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Die im Zusammenhang mit der 7 - 4 -

Prozesskostenhilfeablehnung dem Berufungsgericht vorgehaltenen Ge-hörsverstöße sind insoweit nicht entscheidungserheblich (1.).
Der Rechtssache kommt auch nicht die von der Beschwerde ange-nommene grundsätzliche Bedeutung zu, weil der [X.] [X.] nicht entschieden habe, ob eine Anhörungsrüge die Fristen des § 234 Abs. 1 ZPO offen halten oder - auch bei Erfolglosigkeit - wieder in Gang setzen könne. Der Kläger vermag insoweit bereits nicht aufzuzei-gen, dass die von ihm dargelegten Rechtsfragen in Rechtsprechung und Rechtslehre umstritten sind und die Rechtssache damit eine Rechtsfrage im konkreten Fall als entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und klä-rungsfähig aufwirft, wodurch das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt wird (vgl. [X.], 288, 291; 152, 182, 191). Der fehlende Einfluss ei-ner Anhörungsrüge auf den [X.] insbesondere auch bei der [X.] gemäß § 234 Abs. 1 ZPO ist geklärt. Der von der Be-schwerde gesehene Vergleich zur Verfassungsbeschwerde greift nicht (2.). 8 1. Unhaltbar ist allerdings die Rechtsauffassung des Berufungsge-richts, die vorangegangene bestandskräftige Zurückweisung der nachge-suchten Prozesskostenhilfe durch das [X.] für ein erstinstanzli-ches Klageverfahren hindere trotz erkannter Erfolgsaussicht, soweit es den Sparguthabenanteil anlangt, den für die Berufungsinstanz gestellten Prozesskostenhilfeantrag sachlich zu bescheiden, weil ohne Verände-rung des zu beurteilenden Sachverhalts eine erneute Entscheidung in der Sache nicht zulässig erscheine. Das dafür herangezogene Zitat (Zöl-ler/[X.], ZPO 27. Aufl. § 117 Rdn. 6 m.w.[X.] aus der Rechtsprechung) stützt diese Auffassung nicht. Das Rechtsschutzbedürfnis für ein [X.] - 5 -

gels Rechtskraft abweisender Prozesskostenhilfebeschlüsse grundsätz-lich jederzeit [X.] Verlangen, die Erfolgsaussicht zu beurtei-len, kann allenfalls bei unveränderter Sach- und Rechtslage in Zweifel gezogen werden. Das ist - wie die Beschwerde zutreffend anmerkt - bei einem allein für den nächsten Rechtszug - hier das Berufungsverfahren - gestellten Prozesskostenhilfegesuch nicht der Fall (arg. e. § 119 ZPO). Über dieses Gesuch hat das dafür jetzt zuständige Berufungsgericht erstmalig zu befinden und zwar gerade auch, wenn lediglich um Überprüfung der erstinstanzlichen rechtlichen Beurteilung gebeten wird, ohne zusätzlich auf etwaige Abweichungen im Sachverhalt zu verweisen. [X.] gibt es insoweit nicht. Das Rechtsschutzbedürf-nis für einen zweitinstanzlichen Prozesskostenhilfeantrag kann nicht da-durch in Frage gestellt werden, dass die [X.] mit einem erstinstanzli-chen Antrag - sei er in dem Verfahren selbst oder in einem separaten vorangegangenen Verfahren - erfolglos geblieben ist und dies hinge-nommen hat.
Ob diese rechtsfehlerhafte Behandlung des Berufungsgerichts al-lerdings (auch) eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG enthält, wie die Beschwerde meint, weil der Kläger nicht zuvor auf diese Rechtsauffas-sung, mit der nicht zu rechnen gewesen sei, hingewiesen worden ist, kann letztlich offen bleiben. Denn auf einem solchen Gehörsverstoß be-ruht die mit der Rechtsbeschwerde angefochtene Verwerfung von [X.] und Wiedereinsetzung nicht, sondern letztlich auf der unzutreffen-den Einschätzung des [X.], mit der Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO den Ablauf der [X.] herauszögern zu können. In-soweit ist aber ein Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte durch das Be-rufungsgericht weder dargetan noch ersichtlich. 10 - 6 -

11 Ein Zulassungsgrund ist damit insgesamt nicht dargetan. 12 2. Richtig ist zwar, dass der Anwendungsbereich der Anhörungs-rüge gemäß § 321a ZPO auch unanfechtbare Entscheidungen im Pro-zesskostenhilfeverfahren - wie hier den Ablehnungsbeschluss des [X.]sgerichts vom 2. Juli 2008 - erfasst ([X.]/[X.] 3. Aufl. § 321a Rdn. 2; [X.], ZPO 22. Aufl. § 321a Rdn. 15). Dagegen trifft es nicht zu, dass mit der Einlegung dieses Rechtsbehelfs Einfluss auf den Lauf der [X.] des § 234 Abs. 1 ZPO zuzüglich drei bis vier Tage Überlegungsfrist genom-men werden kann, der mit der Bekanntgabe der (auch teilweisen) [X.] von Prozesskostenhilfe beginnt und zwar unabhängig davon, aus welchem Grund der Prozesskostenhilfeantrag erfolglos geblieben ist (vgl. [X.] aaO § 234 Rdn. 14-16).
a) Eine Anhörungsrüge hat - was auch die Beschwerde nicht ver-kennt - auf den Beginn von Fristen keinen Einfluss ([X.], Beschluss vom 12. Februar 2004 - [X.]/03 - NJW-RR 2004, 712 unter II 2 = juris [X.]. 13 bezüglich der Frist zur Einlegung einer Nichtzulassungsbe-schwerde). Das gilt auch für die [X.] ([X.], [X.] vom 15. Oktober 2008 - 12 [X.] 08.2468 - juris [X.]. 2). 13 Der fehlende Einfluss von Anhörungsrügen auf den [X.] entspricht gefestigter einhellig anerkannter höchstrichterlicher Recht-sprechung, nach der die [X.] trotz einer nach [X.] von Prozesskostenhilfe alsbald erhobenen Gegenvorstellung zu laufen beginnt (vgl. nur [X.]Z 41, 1; [X.], Beschlüsse vom 26. Sep-tember 1979 - IV [X.] 52/79 - [X.], 86; vom 25. September 2001 - [X.] 6/01 - [X.], 119 unter 2 c; vom 20. Juni 2006 - [X.] - 7 -

255/05 - [X.], 132 [X.]. 8; [X.]/[X.] aaO § 234 Rdn. 8; [X.]/[X.] aaO § 234 Rdn. 10; jeweils m.w.[X.]). Für die insoweit vergleichbare Anhörungsrüge hat das ebenso zu gelten. Die Anhörungsrüge als normierter, aus dem [X.] entwickelter Rechtsbehelf eigener Art (vgl. [X.]/[X.] aaO § 567 Rdn. 23 f.) befreit das Gericht von der Bindungswirkung des § 318 ZPO sowie von formeller und materieller Rechtskraft. Ihr fehlt es - wie der Gegenvorstellung - an jeglichem Suspensiv- und Devolutiveffekt ([X.]/[X.] aaO § 321a Rdn. 4). Trotz aller bei dem Anwendungsbereich der Gegenvorstellung mit ihrer Abgrenzung zur An-hörungsrüge noch bestehenden, (dogmatisch) noch nicht endgültig ge-klärten Fragen liegt die Verwandtschaft dieser beiden Rechtsinstitute und ihre Wirkungsähnlichkeit offen. Inwieweit für eine Gegenvorstellung noch Raum neben einer Anhörungsrüge bleibt, spielt dabei keine ent-scheidende Rolle (vgl. dazu [X.] 2005, 1845 = juris [X.]. 5; [X.], Beschluss vom 3. August 2005 - 25 CS 5.1605 - juris; vgl. ferner [X.]/[X.] aaO § 321a Rdn. 14). Auch bei der [X.] steht fest, dass sie durch die formelle Rechtskraft (Unan-fechtbarkeit) nicht gehindert wird, und selbst die Grenze zur materiellen Rechtskraft ist mit Blick auf die gesetzliche Regelung des § 321a ZPO unsicherer geworden (vgl. [X.]/[X.] aaO). Fristhemmende Wirkung kann die Anhörungsrüge jedenfalls aus den für die Gegenvorstellung entwickelten Gründen nicht entfalten. 15 b) Das nimmt an sich auch die Rechtsbeschwerde nicht für sie in Anspruch. Sie meint nur, der Anhörungsrüge müssten entsprechende Wirkungen zukommen, wie sie das [X.] in Bezug auf die Fristen zur Einlegung von [X.] festgelegt 16 - 8 -

hat. Dabei verkennt sie allerdings die spezifischen Sonderheiten der Ver-fassungsbeschwerde, die einer Übertragung der für sie entwickelten Grundsätze auf andere Fristen entgegensteht.
Das [X.] lastet "unter dem Gesichtspunkt der Beschwerdefrist des § 93 Abs. 1 [X.]" einem Beschwerdeführer die vorherige Durchführung des [X.]s nur an, wenn dieser Rechtsbehelf offensichtlich unzulässig war; eine solche Anhö-rungsrüge könne die Frist für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde nicht offen halten ([X.] NJW 2007, 3418 = juris [X.]. 20). Grundlage dieser Rechtsprechung ist die von § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] für die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde geforderte Erschöpfung des Rechtsweges und die damit festgelegte Subsidiarität der Verfassungsbe-schwerde ([X.], Beschluss vom 26. August 2008 - 2 BvR 1516/08 - ju-ris [X.]. 2). Auf die Anhörungsrüge, mit der der Verstoß gegen das Verfas-sungsgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG geltend gemacht werden kann, darf ein Beschwerdeführer aber dann nicht verwiesen werden, wenn die-ser Rechtsbehelf offensichtlich aussichtslos ist ([X.] EuGRZ 2006, 294 = juris [X.]. 14). Besteht indes eine gewisse Erfolgsaussicht, ist das [X.] aus Subsidiaritätsgründen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] zwingend vorzuschalten mit der Folge, dass die Einle-gungsfrist des § 93 Abs. 1 [X.] notwendigerweise insoweit offen zu halten ist. 17 An diesem Subsidiaritätsverhältnis fehlt es zwischen der Anhö-rungsrüge und der [X.] gerade. Die für die Verfas-sungsbeschwerde entwickelten Grundsätze können daher hier nicht zum Tragen kommen. 18 - 9 -

19 c) Nach alledem ist die Wiedereinsetzung und damit die Berufung zu Recht wegen Verfristung verworfen worden. Ein für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde erforderlicher Zulassungsgrund ist insoweit weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Terno [X.] [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.02.2008 - 4 O 512/07 - [X.], Entscheidung vom 19.12.2008 - 19 U 91/08 -

Meta

IV ZB 2/09

24.06.2009

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2009, Az. IV ZB 2/09 (REWIS RS 2009, 2886)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2886

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