Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.05.2002, Az. III ZR 100/01

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 3385

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:2. Mai 2002F i t t e r e rJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:ja BGB § 252; ZPO § 287Zur Ermittlung des dem Kapitalanleger entgangenen Gewinns (hier:Gewinn aus Spekulationsgeschäften in Aktien), wenn der Vermögens-verwalter die vertraglich vereinbarte Anlagestrategie ("konservativ,Wachstum") mißachtet.[X.], Urteil vom 2. Mai 2002 - [X.]/01 -OLG [X.] LG [X.]- 2 -Der III. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] durch [X.] [X.] und die [X.]. [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] vom 1. Mrz 2001 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] worden ist.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,aucr die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das [X.] zurckverwiesen.Von Rechts wegenTatbestandIm Mrz 1997 beauftragte der [X.] die [X.], ein international tti-ges Finanzdienstleistungsunternehmen, sein Vermögen in Aktien anzulegen.Nach dem schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag sollte die Vermögensan-lage nach folgender Konzeption erfolgen: "konservativ, Wachstum, 5 % Akti-enoptionen (Gewinne aus [X.] können reinvestiert werden)". [X.] ha[X.] der [X.] eine [X.] in Höhe von 25 % des jrlichenWertzuwachses, der [X.] % des Eigenkapitals hinausging, zu [X.] 3 -Am 21. April 1997 erffnete der [X.] bei der [X.] ein Anlage-konto mit einem Guthaben von 215.671 US-Dollar. Die [X.] kaufte fr den[X.] Optionen und investierte vor allem in Aktien, die an der [X.] notiertwurden.Am 6. April 1998 kigte der [X.] den [X.]. Die [X.] errechnete zum 24. April 1998 einen [X.] von147.645,77 US-Dollar und zahlte dem [X.] 130.639,15 US-Dollar zurck.Der [X.] macht geltend, die [X.] habe abredewidrig mehr als 5 %des [X.] in Optionen angelegt. Sie habe bei den Aktien hochspeku-lative Nebenwerte erworben. Bei [X.] von 95 % des [X.] in konservativ-wachstumsorientierten [X.] er dieses nahezuganz (95 %) behalten und darauf einen Zuwachs von 56 % erzielt. Die [X.] msse das verlorene Kapital und den entgangenen Gewinn ersetzen.Das [X.] hat die Klage in [X.] Betrages von215.863,80 DM durch Teilurteil abgewiesen. Das Berufungsgericht hat r [X.] insgesamt entschieden und dem [X.] 294.524,75 DM nebst Zinsenzugesprochen. Mit der Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungs-antrag weiter.[X.] 4 -Die Revision ist [X.]; sie [X.] zur Aufhebung des [X.] Zurckverweisung der Sache an das Berufungsgericht.[X.] Berufungsgericht hat im wesentlichen ausge[X.]:Die [X.] sei dem [X.] schadensersatzpflichtig, weil sie das ihr zuAnlagezweckrlassene Verms [X.]s nicht entsprechend denvertraglichen Bedingungen verwaltet habe. Die vereinbarte Begrenzung [X.] auf 5 % des [X.] sei nicht eingehalten worden. Beider Anlage in Aktien sei die Vorgabe "konservativ, Wachstum" nicht beachtetworden. [X.] die [X.], wie vom [X.] ausbedungen, 95 % des Depots [X.] investiert, [X.] dieser sein Anlageka-pital behalten und einen Kursgewinn von 56 % erzielt. Auch unter Bercksichti-gung der von der [X.] in diesem Fall verdienten [X.] errechnesich fr den [X.] ein Schaden in [X.] (mindestens) 294.524,75 [X.] Erws Berufungsgerichts halten in [X.] der rechtlichen Prfung nicht [X.] Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die [X.] den mit dem [X.] geschlossenen Vermsverwaltungsvertragschuldhaft verletzt [X.] 5 -a) Der [X.] war gesta[X.]t, 5 % des [X.] in [X.] zu investieren; weitere [X.] waren lediglich aus den Gewin-nen der jeweils vorherigen Anlagen dieser Art, nicht aber aus dem [X.] zulssig. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsge-richts hat die [X.] von Anfang an diese Risikobegrenzung mißachtet. DieSumme der [X.] lag - mit einer Ausnahme - jeweils r derjenigender [X.] und damit r den hieraus erzielten Gewinnen; die fehlendenBetrwurden dem fr Anlagen in Aktien bestimmten Kapital entnommen. [X.] Ausweitung der [X.] geschah vorstzlich.b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Investitio-nen im Aktienbereich ebenfalls nicht den vertraglichen Vereinbarungen [X.]. Die [X.] in in- und auslischen Wertpapieren habeeiner mit "konservativ, Wachstum" beschriebenen Anlagepolitik folgen sollen.Die [X.] habe indes ganz rwiegend in Technologiewerte investiert, diean der Brsenplattform [X.] gehandelt wrden und schon im Ansatz [X.] konservativ eingeordnet werden kten. Auch die in das Portefeuille ge-nommenen, an der [X.] ([X.]) notiertenWerte seien nicht als konservativ zu beurteilen. Gegen diese Feststellungenerhebt die Revision [X.]; sie greifen nicht durch. Der [X.] § 565 a Satz 1 ZPO von einer Begr.Das Berufungsgericht hat die von der [X.] bei den Investitionen [X.] verfolgte Anlagepolitik als "grobe", mithin von der [X.] nach Nr. 5 Satz 3 des [X.] nicht erfaßte,Vertragsverletzung beurteilt. Das lßt Rechtsfehler nicht erkennen und wirdvon der Revision [X.]-2.Die Revision weist jedoch mit Recht darauf hin, das Berufungsgerichthabe das Schreiben des [X.]s vom 9. September 1997, worin er sich mit dervon der [X.] betriebenen Anlagepolitik teilweise einverstanden erklrthabe, nicht gewrdigt. Zu der danach gebotenen Auslegung ist der [X.] befugt, weil weitere tatschliche Feststellungen nicht zu erwarten sind.a) Der [X.] hat mit Schreiben an die [X.] vom 9. September 1997erklrt, er sei, was die gettigten [X.] bzw. das Anlagevolumen betreffe,"in den ersten sechs Wochen Ihrer Betreuung sehr zufrieden" gewesen. [X.] nicht, wie die Revisionserwiderung meint, ein bloûes "Stilmi[X.]l" gesehenwerden. Das vorangegangene Schreiben des [X.]s an die [X.] vom30. August 1997 belegt, [X.] er ein "Zwischenfazit" gezogen und die vertrags-widrige Ausweitung der Aktienoptionen erkannt ha[X.]. Wenn er dennoch mitdem Schreiben vom 9. September 1997 seine "Zufriedenheit" mit der Verm-gensverwaltung wrend der ersten sechs Wocûerte, konnte das vonder [X.] nur dahin verstanden werden, er billige die Überschreitung derfr Aktienoptionen vereinbarten Grenze von 5 % des Gesamtportefeuilles inder [X.] vom 21. April 1997 (Erffnung des [X.]) bis - sechs Wochenster - zum 2. Juni 1997.b) Eine weitergehende Billigung der Anlagestrategie, die die [X.] inden ersten sechs Wochen verfolgte, ist dem Schreiben des [X.]s vom9. September 1997 aber nicht zu entnehmen. Der [X.] konnte damals nochnicht rsehen, [X.] die von der [X.] ganz rwiegend an der[X.] erworbenen Aktien - wegen der an dieser Brse bestehenden be-sonderen Risiken, wegen der unterbliebenen Diversifikation und wegen des- 7 -Fehlens einer langfristigen Strategie - den vereinbarten Anlagezielen ("konser-vativ, Wachstum") nicht entsprachen. Dem vorgenannten Schreiben kann auchnicht entnommen werden, [X.] der [X.] allgemein in eine Abkehr von dervertraglichen Anlagestrategie ("konservativ, Wachstum") - hin zu einer speku-lativeren Strategie - eingewilligt [X.]. Ebensowenig ist ein den [X.] wegen positiver Vertragsverletzung ausschlieûendes Einverstis [X.] sehen, [X.] der [X.] die Depotauszr [X.] ("Brokerage Ac-count Statement"), denen die An- und [X.] sowie die prozentuale Auftei-lung der "Assets" in "Cash Balance", "Stocks, [X.], [X.]", "Options" zuentnehmen waren, [X.] widerspruchslos zur Kenntnis nahm (vgl. [X.],Urteil vom 22. November 1994 - [X.] - [X.]R BGB § 826 [X.] 1).c) Ist davon auszugehen, [X.] der [X.] die Überschreitung der Margefr Aktienoptionen (5 % des [X.]) fr die [X.] vom 21. April 1997 biszum 2. Juni 1997 genehmigte, kann die Schadensberechnung des Berufungs-gerichts nicht bestehen bleiben. Denn sie legt zugrunde, [X.] wrend der ge-samten Dauer der Vermsverwaltung (21. April 1997 - 24. April 1998) 95 %des [X.] (= 204.887,45 US-Dollar) in [X.]n angelegt seinmssen. Der [X.] kann nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er gestan-[X.], wenn die [X.] wrend der ersten sechs Wochen des [X.]) den tatschlich nicht fr Aktienoptionen ver-wandten Teil des [X.] (215.671 US-Dollar abzlich des genehmig-ten Anteils fr Aktienoptionen) und danach (3. Juni 1997 - 24. April 1998) 95 %des [X.] nach der vereinbarten Anlagestrategie "konservativ,Wachstum" in Aktien investiert [X.].- 8 -3.Das Berufungsgericht hat sachverstig beraten den Gewinn, der dem[X.] entgangen sein soll, [X.] den §§ 252 BGB, 287 ZPO nach der Kurs-entwicklung gesctzt, die der Fonds [X.]der [X.]genommen [X.]. Der Fonds [X.]habe eine Anlagekonzeption gehabt, die derjenigen, diedie Parteien vereinbart [X.]n, weitgehend entsprochen habe, und damit in der[X.] von April 1997 bis April 1998 ein Plus von 56 % des [X.] erzielt.Diese Schadensbemessung wird von den Feststellungen des [X.]s nicht getragen.a) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings nicht ein [X.], sondern das - auûerordentlich gute - Brsenjahr 1997 zugrunde gelegt.Denn es ging gerade um den Gewinn, den der [X.] in der [X.] von April 1997bis April 1998 - bei vertragsgerechter Anlagepolitik - gemacht [X.].b) [X.] § 252 Satz 2 BGB gilt als entgangen der Gewinn, [X.] dem gewlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umstn-den, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mitWahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Dazu kann auch der Gewinn [X.] in [X.] (vgl. [X.], Urteile vom 29. [X.] - NJW 1983, 758 und vom 18. Februar 2002- [X.] 355/00 - [X.], zur [X.] vorgesehen). Der [X.] lediglich die [X.] und beweisen, aus denen sich mit Wahr-scheinlichkeit ergibt, [X.] er einen solchen Gewinn erzielt [X.].Im Streitfall ist fr die Schadensberechnung zugrunde zu legen, [X.] die[X.] bei vertragsgerechtem Verhalten wrend der ersten sechs Wochen- 9 -des Vermsbetreuungsvertrages den nach den genehmigten Optionsge-scften verbliebenen Teil des [X.], danach bis zur [X.] am 24. April 1998 95 % des [X.] in konservativ-wachstums-orientierte Aktien investiert [X.]. Solche [X.]n - die Zulssigkeit [X.] mit dem Fonds [X.] von [X.] unterstellt (vgl. dazuim folgenden unter c) - in der [X.] von April 1997 bis April 1998 einen Kursge-winn von 56 % erzielt. Bei der Prfung, ob nach den besonderen Umstdes Falles ein Gewinn mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte (§ 252Satz 2 BGB), kam es aber nicht nur auf die Kurse am 21. April 1997 ([X.]) und 24. April 1998 (Schlieûung des Depots), sondern auch auf diezwischenzeitliche und die weitere Kursentwicklung an (vgl. [X.], Urteil vom29. November 1982 aaO).c) Das Berufungsgericht hat die Kursentwicklung des Fonds [X.]der[X.][X.]zum Anhaltspunkt fr den - fiktiven - Depotwert genommen,den die [X.] von April 1997 bis April 1998 bei vertrags[X.]er [X.] erwirtschaftet [X.]. Nach den derzeiti-gen Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, [X.] dieser Vergleichnicht sachgerecht ist. Die Revision weist zu Recht darauf hin, [X.] es hier umdie Betreuung eines Einzeldepots, nicht um die Beteiligung an einem Fondsging. Die voraussichtliche Wertentwicklung eines Einzeldepots kann nicht ohneweiteres mit derjenigen eines Fonds gleichgesetzt werden, wovon das [X.] aber ausgegangen ist. Ein Fonds kann aufgrund des grûeren[X.] anders diversifizieren und damit Risiken ausgleichen als [X.], das im Fall des [X.]s ein Anfangskapital von 215.671 US-Dollarha[X.]. [X.] kann ein Fonds zudem aufgrund seiner [X.] beim An- und Verkauf der [X.] -erreichen. Diese - jedenfalls fr die rechtliche Prfung zugrunde zu legenden -Vorteile der Fondsverwaltung [X.] bei einem Vergleich der Gewinnent-wicklung eines Fonds einerseits, eines nach der gleichen Anlagekonzeptionge[X.]en Einzeldepots andererseits bercksichtigt werden, gegebenenfallsdurch einen nach § 287 ZPO zu sctzenden pauschalen [X.] 11 -III.Erreicht der von dem Berufungsgericht nach den vorbeschriebenenGrundstzen neu ermi[X.]lte Schaden (Verlust bei dem [X.], entgangener Gewinn) nicht die Klagesumme, ist zu prfen, obdem [X.] - auf positive Vertragsverletzung und § 826 BGB (i.V.m. §§ 31, 831BGB) gesttzte - [X.] wegen [X.]s zustehen (vgl.[X.], Urteil vom 22. November 1994 aaO und Senatsurteil vom 23. September1999 - I[X.] 214/98 - [X.]R BGB § 826 [X.] 2). Der [X.] hat geltendgemacht, die [X.] habe die Aktien viel zfig ge- und verkauft; ihreVermsverwaltung sei ein unsystematisches "[X.]" mit dem Zielder Spesenschinderei gewesen. Das Berufungsgericht hat Feststellungen, [X.] konkreter Schadensberechnung einen Schadensersatzanspruch wegenvorstzlicher Vertragsverletzung und si[X.]nwidriger vorstzlicher Scigungdem Grunde nach rechtfertigen k, getroffen.[X.][X.][X.]DrrGalke

Meta

III ZR 100/01

02.05.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.05.2002, Az. III ZR 100/01 (REWIS RS 2002, 3385)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 3385

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