Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.06.2016, Az. AnwZ (Brfg) 10/16

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2016, 9275

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Zulassung zur Rechtsanwaltschaft: Ablehnung wegen Beleidigung des ausbildenden Staatsanwalts während der Referendarzeit


Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofes für das [X.] vom 30. Oktober 2015 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die am 6. Februar 1982 geborene Klägerin bestand am 18. Juni 2012 die 2. juristische Staatsprüfung. Unter dem 31. Juli 2014 stellte sie bei der [X.]eklagten den Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die [X.]eklagte hat den Antrag mit [X.]escheid vom 15. Mai 2015 wegen Unwürdigkeit (§ 7 Nr. 5 [X.]) abgelehnt. Die Klage gegen diesen [X.]escheid ist erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt die Klägerin die Zulassung der [X.]erufung.

II.

2

Der Antrag der Klägerin ist nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthaft. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

3

1. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senatsbeschluss vom 28. März 2013 - [X.] ([X.]) 40/12, [X.]. 2013, 197 Rn. 4 mwN). Entsprechende Zweifel vermag die Klägerin mit ihrer Antragsbegründung nicht darzulegen.

4

Nach § 7 Nr. 5 [X.] ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn sich der [X.]ewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den [X.]eruf des Rechtsanwalts auszuüben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der [X.]ewerber ein Verhalten gezeigt hat, das ihn bei Abwägung dieses Verhaltens und aller erheblichen Umstände wie Zeitablauf und zwischenzeitliche Führung nach seiner Gesamtpersönlichkeit für den Anwaltsberuf nicht tragbar erscheinen lässt. Alle für und gegen den jeweiligen [X.]ewerber sprechenden Umstände sind einzelfallbezogen zu gewichten, wobei im Hinblick auf die mit der Versagung der Zulassung verbundene Einschränkung der [X.]erufswahlfreiheit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden muss (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 10. Mai 2010 - [X.] ([X.]) 117/09, juris Rn. 4, 6 ff. und vom 12. Juli 2010 - [X.] ([X.]) 116/09, juris Rn. 7 ff.; Urteil vom 10. Oktober 2011 - [X.] ([X.]) 10/10, [X.], 447 f. und [X.]eschluss vom 28. März 2013, aaO S. 197 Rn. 5 f.).

5

Von diesem Maßstab ist der [X.] zutreffend ausgegangen. Der [X.] hat insoweit die von der Klägerin am 21. Februar 2011 begangene Straftat der [X.]eleidigung des sie als Referendarin ausbildenden Staatsanwalts als gravierend, wenn auch nicht dem Kernbereich der beruflichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts zugehörig eingestuft. Ihre Grundeinstellung werde zudem belegt durch eine weitere beleidigende E-Mail an eine Oberstaatsanwältin. Ihre dazu in der Hauptverhandlung gegebene Erklärung, sie habe sich schlicht ungerecht behandelt gefühlt, zeige ihre fehlende Einsicht. Rechtsfehler bei dieser [X.]ewertung zeigt die Antragstellerin nicht auf. Dass Uneinsichtigkeit einer günstigen Prognose entgegensteht, hat der Senat bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. [X.]eschlüsse vom 21. Juli 2008 - [X.] ([X.]) 12/08, [X.], 3569 und vom 15. Juni 2009 - [X.] ([X.]) 59/08, juris Rn. 11).

6

2. Der Zulassungsgrund grundsätzlicher [X.]edeutung (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur Senatsbeschluss vom 17. November 2014 - [X.] ([X.]) 84/13, juris Rn. 16 mwN). Zur schlüssigen Darlegung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie ihrer [X.]edeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihrer Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des [X.]erufungsgerichts erforderlich ist.

7

Diesen Anforderungen genügt der klägerische Vortrag nicht. Dass § 7 Nr. 5 [X.] verfassungsrechtlich unbedenklich ist, hat das [X.]undesverfassungsgericht, wie die Antragstellerin selbst vorträgt, bereits mehrfach entschieden (vgl. [X.]VerfGE 63, 266, 286 ff.; [X.]eschluss vom 21. September 2000 - 1 [X.]vR 514/97 Rn. 17). Ob ein bestimmtes Verhalten und/oder eine einmalige Verurteilung zu einer Geldstrafe unter 90 Tagessätzen die Zulassung zur Anwaltschaft hindern kann, ist eine Frage der Umstände des Einzelfalls.

III.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

Limperg                               Roggenbuck                             Seiters

                     [X.]raeuer                                      Merk

Meta

AnwZ (Brfg) 10/16

27.06.2016

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Hamm, 30. Oktober 2015, Az: 1 AGH 25/15, Urteil

§ 7 Nr 5 BRAO, § 185 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.06.2016, Az. AnwZ (Brfg) 10/16 (REWIS RS 2016, 9275)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9275

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.