Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2016, Az. AnwZ (Brfg) 39/16

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2016, 408

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:201216BANWZ.BRFG.39.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ
([X.]) 39/16

vom

20. Dezember 2016

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen
Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

-
2
-
Der Bundesgerichtshof, [X.], hat durch [X.] [X.], die Richterinnen Roggenbuck und [X.] sowie den
Rechtsanwalt Dr. Kau und die Rechtsanwältin Merk
am 20. Dezember 2016
beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des I.
Senats
des [X.]s [X.] vom 13.
Janu-ar 2016 wird abgelehnt.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000

Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf
ihrer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§
14 Abs.
2 Nr.
7 [X.]). Der [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung.
1
-
3
-
II.
Der Antrag der Klägerin ist nach §
112e Satz
2 [X.], §
124a Abs.
4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1, 3 und 5 VwGO) liegen nicht vor.
1.
Der [X.] ernstlicher
Zweifel an der Richtigkeit des [X.] Urteils (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO) setzt [X.], dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachen-feststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senats-beschlüsse vom 16.
März 2015 -
AnwZ
([X.])
47/14, juris Rn.
3 und vom 3.
Juni 2015 -
AnwZ
([X.])
11/15, juris Rn.
3, jeweils mwN). Entsprechende Zweifel vermag die Klägerin mit ihrer Antragsbegründung nicht darzulegen.
Die Klägerin macht insoweit
geltend, dass der angefochtene Bescheid aufgrund ihrer Verhandlungsunfähigkeit überhaupt nicht hätte ergehen dürfen. Auch sei der Vermögensverfall nicht nachgewiesen. Es sei zwar in der Vergan-genheit zu Vollstreckungen gekommen, die Klägerin habe diese aber immer reguliert. Einspruchsbehaftete Forderungen des Finanzamtes begründeten kei-nen Vermögensverfall.
a)
Fehlende Verhandlungsfähigkeit begründet im Verwaltungsverfahren, anders als im Strafprozess, kein Prozesshindernis. Das Verwaltungsverfahrens-recht enthält keine Regelungen über die Unterbrechung, das Ruhenlassen oder die Aussetzung des Verwaltungsverfahrens. Ob ein Verfahren aus sachlichen Gründen vorübergehend nicht zu betreiben ist, liegt, soweit nicht besondere gesetzliche Regelungen getroffen sind, im pflichtgemäßen Verfahrensermessen 2
3
4
5
-
4
-
der Behörde (vgl. [X.]/[X.], [X.], 17.
Aufl., §
9 Rn.
30
ff.). Dabei hat die Behörde schützenswerte Interessen der Beteiligten, aber auch der [X.] an einem zügigen Verfahren zu wahren. Der Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aus den in §
14 Abs.
2 [X.] genannten Gründen liegt im öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen Rechtsanwaltschaft und der Wahrung von deren Ansehen und Integrität. Gegen die Durchführung des
Widerrufsverfahrens trotz fehlender Verhandlungsfähig-keit bestehen daher schon im Grundsatz keine rechtlichen Bedenken.
Davon abgesehen ist hier schon nicht dargelegt, dass eine durchgängige Verhandlungsunfähigkeit der Klägerin bis zum Erlass des [X.] bestanden hat und die Beklagte dies hätte erkennen müssen. Die Klägerin
hat im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 17.
Juni 2014 der Beklagten ein ärztliches Attest vom 25.
Mai 2014 vorgelegt, das ärztliche Attest vom 29.
August 2014 ist erst mit der Begründung des Antrags
auf Zulassung der Berufung vorgelegt worden. Mit dem Schreiben vom 17.
Juni 2014 hat die Klä-gerin zugleich selbst in der Sache Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass ihre anwaltlichen Verpflichtungen von ihrem Prozessbevollmächtigten wahrgenommen werden. In Schreiben vom 30.
Juli 2014 und vom 11.
August 2014 hat sie um Fristverlängerungen gebeten, weil ihr Äußerungen von Gläubi-gern noch nicht vorlägen; im Schreiben vom 11.
August 2014 hat sie zudem mitgeteilt, dass
sie ihren Bevollmächtigten gebeten habe, in der Sache [X.]. Das Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren lässt nicht erken-nen, dass sie nicht in der Lage war, die Bedeutung der Sache zu erkennen und sachgemäß zu agieren, zumal auch ihr Prozessbevollmächtigter für sie tätig wurde.

6
-
5
-
b)
Soweit die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils in Bezug auf die Feststellung von Vermögensverfall geltend macht, greifen ihre Einwendungen nicht durch. Der [X.] hat zu Recht den Vortrag der Klägerin in Bezug auf diejenigen Forderungen, die die Beklagte als Beweis-anzeichen für den Vermögensverfall gewertet hat, als unzureichend bewertet. Zum Zeitpunkt des Erlasses des [X.] vom 8.
Oktober 2014, auf den es ankommt (vgl. [X.], Beschluss vom 29.
Juni 2011 -
AnwZ
([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn.
9; st.
Rspr.), waren die Forderungen des [X.], der C.

C.

und von S.

und T.

G.

weder ge-
tilgt noch hat die Klägerin eine Vereinbarung mit den Gläubigern über die [X.] für diesen Zeitpunkt nachgewiesen. Der Senat nimmt insoweit im [X.] auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug. Entgegen der Auffassung der Klägerin begründen auch einspruchsbehaftete Forderungen des Finanzamts den Vermögensverfall, wenn sie vollstreckbar sind ([X.], [X.] vom 17.
März 2016 -
AnwZ
([X.])
6/16, juris Rn.
7).
2.
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
3 VwGO).
Dieser [X.] ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine ent-scheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage [X.], die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und des-halb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwick-lung und Handhabung des Rechts berührt. Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihre Auswirkung auf die [X.]; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des 7
8
9
-
6
-
Bundesgerichtshofs erforderlich ist (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 9.
April 2014 -
AnwZ
([X.])
1/14, juris Rn.
7 und
vom 21.
Mai 2015 -
AnwZ
([X.])
6/15, juris Rn.
14 mwN).
Soweit die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung bezüglich der Frage annimmt, ob bei bestehender Verhandlungsunfähigkeit über den Entzug der Zulassung entschieden werden kann, wird auf die Ausführungen oben unter 1.
a) verwiesen.
3.
Einen Verfahrensmangel des [X.]s (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO) hat die Klägerin nicht dargelegt. Für die Dar-legung eines [X.]s gelten im Grundsatz dieselben Anforderungen, wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung hinsichtlich der Beschwerde ge-gen die Nichtzulassung der Revision (§
133 Abs.
3 Satz
3 VwGO; §
544 Abs.
2 Satz
3 ZPO) entwickelt hat. Daher müssen die aus Sicht des Antragstellers in Betracht kommenden Zulassungsgründe (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 VwGO) nicht nur benannt, sondern auch hinreichend erläutert und zudem die Voraussetzungen des geltend gemachten [X.]es substantiiert [X.] werden ([X.], Beschluss vom 21.
Februar 2013 -
Anwz
([X.])
64/12, Rn.
3 mwN).
10
11
-
7
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs.
1 Satz
1 [X.], §
154 Abs.
2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
194 Abs.
2 Satz
1 [X.].
Kayser
Roggenbuck
[X.]

Kau
Merk

Vorinstanzen:
[X.] [X.], Entscheidung vom 13.01.2016 -
I [X.] 15/14 -

12

Meta

AnwZ (Brfg) 39/16

20.12.2016

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2016, Az. AnwZ (Brfg) 39/16 (REWIS RS 2016, 408)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 408

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