Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.03.2015, Az. 1 B 6/15

1. Senat | REWIS RS 2015, 13590

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Gegenstand

Zustellungszeitpunkt bei Übergabeeinschreiben


Gründe

1

Die Beschwerde, mit der die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, hat keinen Erfolg.

2

Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

„ob bei Zustellung einer Verfügung - hier einem Asylbescheid - mit einem Übergabeeinschreiben die [X.] von drei Tagen gemäß § 4 [X.] eingreift oder bei einer nachweislichen früheren Zustellung dieser tatsächliche Zustellungstermin für den Fristbeginn maßgeblich ist

oder ob die Tatsache, dass der Bescheid mit einem Übergabeeinschreiben wie es das [X.] vorschreibt förmlich zugestellt wurde, zu einem konkreten Fristbeginn führt und wegen der tatsächlichen Zustellung die [X.] des § 4 [X.] keine Anwendung findet.“

5

Zur Begründung verweist sie insbesondere darauf, dass das [X.] inzwischen novelliert worden sei und nunmehr auch das Übergabeeinschreiben die Voraussetzungen für eine förmliche Zustellung erfülle. Von daher könne auf die zur früheren Rechtslage ergangene Rechtsprechung nicht mehr zurückgegriffen werden. Mit diesem und dem weiteren Vorbringen verfehlt die Beschwerde bereits die [X.] für eine Grundsatzfrage gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Es fehlt insbesondere eine vertiefte Auseinandersetzung mit der vom Gesetzgeber in § 4 [X.] getroffenen Regelung zur Zustellung durch die Post mittels Einschreiben.

6

Im Übrigen rechtfertigt die aufgeworfene Frage mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Denn sie lässt sich ohne Weiteres aus dem Gesetz in dem vom Berufungsgericht angenommenen Sinne beantworten. Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG sind Entscheidungen des [X.] zuzustellen. Die Zustellung erfolgt, soweit sich aus der Sondervorschrift des § 10 AsylVfG nichts anderes ergibt, nach den allgemeinen Zustellungsvorschriften des [X.]es (§ 1 [X.]). Dabei hat die Behörde die Wahl zwischen den einzelnen im [X.] geregelten Zustellungsarten (§ 3 Abs. 2 [X.]). Entscheidet sie sich - wie hier - für eine Zustellung durch die Post mittels Einschreiben, kann sie zudem wählen zwischen einem Einschreiben durch Übergabe oder einem Einschreiben mit Rückschein (§ 4 Abs. 1 [X.]). Beim Einschreiben mit Rückschein genügt zum Nachweis der Zustellung der Rückschein (§ 4 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Im Übrigen gilt das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 4 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Nach dieser gesetzlichen Fiktion gilt ein Dokument beim Übergabeeinschreiben auch dann mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, wenn feststeht, dass es dem Empfänger vor diesem Zeitpunkt zugegangen ist (so schon [X.], Urteil vom 23. Juli 1965 - 7 C 170.64 - [X.]E 22, 11 zur wortgleichen Fiktionsregelung in § 4 Abs. 1 Halbs. 1 [X.] 1952 für eingeschriebene Briefe).

7

Dass diese nach dem Wortlaut angeordnete Rechtsfolge vom Gesetzgeber auch gewollt war, belegen die Gesetzesmaterialien. Mit der Neufassung des [X.]es im Jahr 2005 sollte die Zustellung mittels Einschreiben weiterhin erhalten bleiben, unter Berücksichtigung der von den [X.] inzwischen angebotenen Einschreibevarianten aber auf das Übergabeeinschreiben und das Einschreiben mit Rückschein begrenzt werden, ein Einwurfeinschreiben also nicht ausreichen. Zugleich wird in der Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für das Übergabeeinschreiben die Fiktion des § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.] gilt ([X.]. 16/5216 S. 12). Diese Regelung dient der Rechtssicherheit und -klarheit, da dem Absender nur beim Einschreiben mit Rückschein der Übergabezeitpunkt mitgeteilt wird. Beim Übergabeeinschreiben erhält er hingegen lediglich eine Einlieferungsbescheinigung, aus der sich das Einlieferungsdatum ergibt. Den konkreten Übergabezeitpunkt kann er nur über eine online-Abfrage feststellen. Die Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.] auf Übergabeeinschreiben benachteiligt den Zustellungsempfänger nicht unangemessen, da durch die Widerlegbarkeit der Zugangsvermutung sichergestellt ist, dass eine durch ein Übergabeeinschreiben in Lauf gesetzte Frist nicht vor der tatsächlichen Übergabe beginnt. Die Sonderregelung des § 10 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG, wonach Zustellungen mit der Aushändigung an den Ausländer bewirkt sind, steht der Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 2 [X.] im vorliegenden Fall nicht entgegen, da sie nur Zustellungen in einer Aufnahmeeinrichtung an den Ausländer persönlich betrifft. Hier war der Bescheid jedoch dem damaligen Prozessbevollmächtigen der Klägerin zuzustellen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 [X.]).

8

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § [X.] AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 [X.].

Meta

1 B 6/15

24.03.2015

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 30. Oktober 2014, Az: 10 A 11170/13, Urteil

§ 4 Abs 2 S 2 VwZG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.03.2015, Az. 1 B 6/15 (REWIS RS 2015, 13590)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13590

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M 10 S 19.34493

M 16 S 16.30495

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