Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.05.2011, Az. B 13 R 112/11 B

13. Senat | REWIS RS 2011, 6923

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Begründungspflicht einer Entscheidung - rechtliches Gehör


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 19. Januar 2011 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Das [X.] hat im Urteil vom 19.1.2011 einen Anspruch des [X.] auf Vormerkung des [X.]raums von Dezember 1988 bis Januar 1992 als Beitragszeit verneint; in dieser [X.] hatte er eine Aspirantur an der [X.] absolviert.

2

Der Kläger macht mit seiner beim B[X.] erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil ausschließlich einen Verfahrensmangel geltend.

3

Die Beschwerde des [X.] ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom [X.] genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn er hat einen Verfahrensmangel (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.] [X.]G) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G).

4

Wird die Zulassung der Revision wegen eines [X.] begehrt, muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau benannt sein. Zudem müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dargetan und darüber hinaus muss dargestellt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl [X.]-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 4, [X.] Rd[X.] 4 - jeweils mwN; [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, Kapitel [X.] ff). Dabei ist zu beachten, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 [X.] Teils 2 [X.]G) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 [X.]G nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 [X.] Teils 3 [X.]G).

5

Der Kläger macht geltend, die Begründung, mit der das [X.] seine Berufung gegen den Gerichtsbescheid des [X.] zurückgewiesen habe, sei falsch und verletze ihn in seinen Rechten. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht eine Beweislastentscheidung getroffen. Die Annahme, eine "Aspirantur mit Unterbrechung der Produktion", bei der in der [X.] keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden, könne auch vorliegen, wenn die Aspirantur unwesentlich länger als die sonst übliche Höchstdauer von drei Jahren - hier über den 12.12.1991 hinaus bis 10.1.1992, dh knapp einen weiteren Monat - angedauert habe, habe das [X.] seiner Entscheidung nicht ohne Einholung eines weiteren Gutachtens zugrunde legen dürfen. Das vom [X.] verwertete Gutachten der [X.] vom [X.] der [X.] vom 29.6.1999 gebe dies nicht her. Entsprechendes gelte für die Auffassung des [X.], die Eintragungen im Arbeitsbuch des [X.] sprächen gegen das Vorliegen einer "Aspirantur ohne Unterbrechung der Produktion"; dies sei in keiner Weise nachvollziehbar und hätte deshalb eines ergänzenden Gutachtens bedurft, zumal eine von ihm nunmehr veranlasste Übersetzung durch eine andere Dolmetscherin einen abweichenden Wortlaut jener Eintragungen ergeben habe. Auch die weiteren Ausführungen des [X.] zur Beweiswürdigung träfen nicht zu bzw lägen "völlig neben der Sache". In Wirklichkeit sprächen alle objektiven Indizien für einen sozialversicherungspflichtigen [X.]raum und liege die Situation eines "non liquet" nicht vor. Wenn das [X.] gleichwohl anders entschieden habe, habe es die allgemeinen Regeln der Beweislast verkannt und darüber hinaus aufgrund der "unterlassenen Beiziehung" des in der mündlichen Verhandlung beantragten Gutachtens ohne förmliche Entscheidung durch Beschluss gemäß § 358 ZPO sein - des [X.] - rechtliches Gehör verletzt.

6

Mit diesen Ausführungen hat der Kläger das Vorliegen eines [X.] nicht hinreichend bezeichnet. Soweit er sich gegen die nach seiner Ansicht fehlerhafte Beweiswürdigung durch das [X.] wendet, lässt er außer [X.], dass nach ausdrücklicher Anordnung in § 160 Abs 2 [X.] Teils 2 [X.]G im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden kann; die Rüge fehlerhafter Beweiswürdigung ist mithin von vornherein unbeachtlich (vgl Senatsbeschluss vom 12.12.2003 - [X.] 4-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 10).

7

Soweit der Kläger sinngemäß beanstandet, das [X.] habe seine Verpflichtung zur Sachaufklärung von Amts wegen (§ 103 Satz 1 [X.]G) dadurch verletzt, dass es einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei (§ 160 Abs 2 [X.] Teils 3 [X.]G), wird sein Vorbringen den besonderen Darlegungserfordernissen an eine solche Sachaufklärungsrüge nicht gerecht. Insoweit muss die Beschwerdebegründung (1) einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt zu Protokoll aufrechterhaltenen oder im Urteil wiedergegebenen Beweisantrag bezeichnen, dem das [X.] nicht gefolgt ist, (2) die Rechtsauffassung des [X.] darstellen, auf deren Grundlage bestimmte Tatfragen klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) die von dem Beweisantrag betroffenen tatsächlichen Umstände aufzeigen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme angeben und (5) erläutern, weshalb die Entscheidung des [X.] auf der unterlassenen Beweiserhebung beruhen kann (stRspr, vgl zB [X.]-1500 § 160 [X.] 13 Rd[X.] 11; [X.]-1500 § 160a [X.] Rd[X.] 5; [X.]-1500 § 160 [X.] 18 Rd[X.] 8).

8

Der Beschwerdebegründung des schon im Berufungsverfahren rechtskundig vertretenen [X.] lässt sich jedoch weder der genaue Wortlaut noch der konkrete Gegenstand seines gegenüber dem [X.] vorgebrachten [X.] entnehmen. Damit aber kann der Senat nicht überprüfen, welche Punkte, die in einem ordnungsgemäßen Beweisantrag als begutachtungsbedürftig zu bezeichnen sind (§ 118 Abs 1 Satz 1 [X.]G iVm § 403 ZPO), noch beweisbedürftig waren. Zudem fehlen auch Ausführungen dazu, in welcher Form das [X.] auf seine Forderung nach weiterer Beweiserhebung eingegangen ist, sodass nicht beurteilt werden kann, ob dem Berufungsgericht für seine Vorgehensweise eine hinreichende Begründung zur Seite stand.

9

Die nach alledem unzureichenden Darlegungen in Bezug auf den Verfahrensmangel einer nicht ausreichenden Sachaufklärung durch das [X.] haben zur Folge, dass auch die aufgrund desselben Sachverhalts und ohne weitergehende Begründung vom Kläger erhobene Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 [X.]G, Art 103 Abs 1 GG) unzulässig ist. Insoweit hat der Kläger auch nicht vorgetragen, das [X.] habe den behaupteten Beweisantrag nicht zur Kenntnis genommen; er rügt vielmehr, dass es diesem Antrag nicht nachgekommen sei. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet jedoch nur, dass der [X.] "gehört", nicht jedoch, dass er auch "erhört" wird (vgl [X.], 214, 216; s auch [X.] NZS 2010, 497 Rd[X.] 17).

Auch mit seiner Behauptung, das [X.] habe "die allgemeinen Regeln der Beweislast verkannt", hat der Kläger einen Verfahrensmangel nicht schlüssig bezeichnet. Er gründet diesen Vorwurf ausschließlich darauf, dass das Berufungsgericht die objektiven Indizien unzutreffend gewürdigt habe und aus diesem Grund fehlerhaft von einem "non liquet" ausgegangen sei. Somit geht sein Vorhalt im [X.] dahin, das [X.] habe aufgrund fehlerhafter Beweiswürdigung verkannt, dass die Voraussetzungen für eine Beweislastentscheidung überhaupt nicht gegeben waren; einen Rechtsverstoß in der Anwendung der [X.] bei (unterstelltem) Bestehen einer "non liquet"-Situation hat er hingegen nicht aufgezeigt. Eine fehlerhafte Beweiswürdigung kann jedoch - wie bereits dargelegt - im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 160 Abs 2 [X.] Teils 2 iVm § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G nicht geltend gemacht werden.

Schließlich hat der Kläger mit dem Vorhalt, das [X.] habe verfahrensfehlerhaft eine Entscheidung durch förmlichen Beschluss nach § 358 ZPO über das von ihm beantragte Gutachten unterlassen und gerade hierdurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, eine Gehörsrüge nicht ausreichend begründet. Zum einen erschließt sich aus dieser Darstellung schon nicht, weshalb das Gericht auch im Fall des Unterlassens einer weiteren Beweiserhebung nach dem Wortlaut von § 358 ZPO iVm § 118 Abs 1 Satz 1 [X.]G ("Erfordert die Beweisaufnahme ein besonderes Verfahren, so ist es durch Beweisbeschluss anzuordnen.") einen formellen "Beweisbeschluss" erlassen müsste. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist - ebenso wie im [X.] (vgl [X.] 1992, 603 - Juris Rd[X.] 8), aber abweichend von der Rechtslage im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (§ 86 Abs 2 VwGO) - bei Ablehnung eines in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags kein gesonderter und zu begründender Gerichtsbeschluss erforderlich. Zum anderen hat der Kläger nicht aufgezeigt, inwiefern die Entscheidung des [X.] auf einer ihm gegenüber unterbliebenen Gehörsgewährung zu der vom Gericht nicht beabsichtigten weiteren Beweiserhebung vor Verkündung seines Urteils beruhen kann.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen einer Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 [X.]G).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 [X.]G durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 [X.]G.

Meta

B 13 R 112/11 B

09.05.2011

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Augsburg, 12. Oktober 2009, Az: S 14 R 4308/06

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 62 SGG, § 103 S 1 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, Art 103 Abs 1 GG, § 358 ZPO, § 403 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.05.2011, Az. B 13 R 112/11 B (REWIS RS 2011, 6923)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6923

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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