Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.05.2013, Az. III R 58/11

3. Senat | REWIS RS 2013, 5712

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Gegenstand

(Kindergeldberechtigung bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG - Konkretisierung des Revisionsbegehrens)


Leitsatz

1. NV: Eine sich aus § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG ergebende Kindergeldberechtigung entfällt nicht dadurch, dass der Anspruchsberechtigte gemäß Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 nicht den deutschen Rechtsvorschriften, sondern nur den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union unterliegt (vgl. auch Senatsurteil vom 16. Mai 2013 III R 8/11, BFHE 241, 511, BFH/NV 2013, 1698).

2.NV: Eine Behandlung nach § 1 Abs. 3 EStG liegt nur dann vor, wenn das FA in dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid dem entsprechenden Antrag des Steuerpflichtigen entsprochen hat. Lässt sich eine solche Behandlung dem Steuerbescheid nicht eindeutig entnehmen, ist maßgeblich auf seinen durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB analog) zu ermittelnden Erklärungsinhalt abzustellen (Konkretisierung des Senatsurteils vom 24. Mai 2012 III R 14/10, BFHE 237, 239, BStBl II 2002, 897).

Tatbestand

1

I. Im Revisionsverfahren ist streitig, ob der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer [X.] Staatsangehörigen, Kindergeld für den [X.]raum März 2006 bis Juli 2006 (Streitzeitraum) für ihre minderjährigen, in [X.] wohnenden Töchter (im Folgenden: A, [X.] und [X.]) unter Anrechnung der in [X.] bezogenen Familienleistungen zusteht.

2

Die Klägerin arbeitete in der [X.] vom 7. März 2005 bis 2. Juli 2005 und vom 13. März 2006 bis 12. Juli 2006 in [X.] als Saisonkraft in einer Gärtnerei. Während ihres ersten [X.] entrichtete sie in [X.] [X.]eiträge zur Sozialversicherung. Dagegen war sie während ihres zweiten [X.] in [X.] sozialversichert. In der [X.] von Mai 2004 bis August 2006 bezog die Klägerin für ihre drei Töchter Familienleistungen in [X.]. Die Klägerin stellte mit der Abgabe der Einkommensteuererklärungen für 2005 und 2006 jeweils einen Antrag nach § 1 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie wurde für 2005 und 2006 zur Einkommensteuer veranlagt.

3

Die [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte den [X.] der Klägerin mit [X.]escheid vom 7. Januar 2008 ab, weil die Klägerin von einer Stelle außerhalb [X.]s dem Kindergeld vergleichbare Leistungen beziehe. Der Einspruch blieb erfolglos.

4

Mit der hiergegen erhobenen Klage begehrte die Klägerin Kindergeld für ihre drei Töchter für die [X.]räume März 2005 bis Juli 2005 und März 2006 bis Juli 2006 in Höhe von 4.620 € (= 154 € x 10 Monate x 3 Kinder). Die Klage war teilweise erfolgreich. Das Finanzgericht ([X.]) verpflichtete die Familienkasse, Kindergeld für die [X.], [X.] und [X.] für den [X.]raum März 2005 bis Juli 2005 in Höhe von 2.310 € festzusetzen. Für den [X.]raum März 2006 bis Juli 2006 wies es hingegen die Klage als unbegründet ab. Die Klägerin sei zwar auch für diese Monate nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 [X.]uchst. b, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG kindergeldberechtigt gewesen. Der Klägerin stehe aber kein Kindergeld zu, weil ihr Kindergeldanspruch entweder nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder bereits mangels Anwendbarkeit der [X.] Kindergeldvorschriften ausgeschlossen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1811 veröffentlichte Urteil verwiesen.

5

Mit der Revision macht die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts geltend. Die Verordnung ([X.]) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der [X.] zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71), verpflichte die [X.]ehörden des [X.]eschäftigungsstaats, den dort tätigen Wanderarbeitnehmern Familienleistungen zu gewähren. Seien danach in [X.] als [X.]eschäftigungsstaat die Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch nach dem EStG gegeben, müsse [X.] Kindergeld zahlen. Etwas anderes ergebe sich nicht aus § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Diese Vorschrift hätte das [X.] nicht anwenden dürfen, da sie unionsrechtswidrig sei. Die [X.] ergebe sich insbesondere daraus, dass sie den Kindergeldanspruch vollständig ausschließe, wenn im Ausland dem Kindergeld vergleichbare Leistungen gezahlt würden. Ferner sei die genannte Norm verfassungswidrig. Jedenfalls hätte in der Vorinstanz eine Festsetzung von Kindergeld nach dem EStG unter Abzug der in [X.] bezogenen Familienleistungen (Differenzkindergeld) erfolgen müssen.

6

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil, den Ablehnungsbescheid und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben, soweit die Kindergeldfestsetzung für die [X.], [X.] und [X.] für den [X.]raum März 2006 bis Juli 2006 unter Anrechnung der in [X.] bezogenen Familienleistungen abgelehnt wurde, und die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für die [X.], [X.] und [X.] für den [X.]raum März 2006 bis Juli 2006 unter Anrechnung der in [X.] bezogenen Familienleistungen festzusetzen.

7

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. [X.]ie Revision der Klägerin ist [X.]egründet. [X.]ie Vorentscheidung ist aufzuhe[X.]en und die nicht spruchreife Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 A[X.]s. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

9

Zwischen den Beteiligten ist nur noch die Gewährung von Kindergeld für den Zeitraum März 2006 [X.]is Juli 2006 unter Anrechnung der in [X.] [X.]ezogenen Familienleistungen streitig (dazu 2.). [X.]ie vom [X.] angeführte Begründung, mit der es einen --seiner Auffassung nach-- für diesen Zeitraum gemäß § 62 A[X.]s. 1 Nr. 2 Buchst. [X.], § 63 A[X.]s. 1 Satz 1 Nr. 1, A[X.]s. 1 Satz 3 [X.] [X.]estehenden Kindergeldanspruch (insgesamt) ausgeschlossen hat, ist rechtsfehlerhaft (dazu 3.). Im Ü[X.]rigen reichen die Feststellungen des [X.] nicht aus, um die Frage a[X.]schließend zu [X.]eantworten, o[X.] der Klägerin der noch streitige Kindergeldanspruch zusteht (dazu 4.).

1. [X.]ie Familienkasse … der [X.] ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der [X.] Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 A[X.]s. 1 Nr. 11 des [X.], Amtliche Nachrichten der [X.], Ausga[X.]e Mai 2013, S. 6 ff.) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der [X.] eingetreten (s. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 22. August 2007 [X.], [X.], 533, [X.], 109, unter II.1.).

2. [X.]er Streitgegenstand des Revisionsverfahrens wird durch den Revisionsantrag im Zusammenhang mit dem Revisions[X.]egehren [X.]estimmt ([X.]-Urteil vom 25. Juni 2002 IX R 47/98, [X.], 361, [X.], 756). [X.]ie Klägerin hat zwar mit Schriftsatz vom 11. August 2011 un[X.]eschränkt Revision eingelegt. In der Revisions[X.]egründung vom 14. Okto[X.]er 2011 wurde indes das u.a. in erster Instanz noch verfolgte Begehren, die Familienkasse zu verpflichten, Kindergeld für den Zeitraum März 2006 [X.]is Juli 2006 in ungekürzter Höhe festzusetzen, nicht mehr aufrechterhalten. Vielmehr hat die Klägerin hierin --für den [X.] [X.]indend (§ 121 i.V.m. § 96 A[X.]s. 1 Satz 2 [X.]O)-- das Revisions[X.]egehren zulässigerweise auf die Gewährung von [X.]ifferenzkindergeld [X.]egrenzt.

Aus der in der Kindergeldakte [X.]efindlichen Bescheinigung der [X.] Behörde vom 16. Mai 2007 ergi[X.]t sich, dass die Klägerin für ihre drei Töchter im Streitzeitraum pro Monat insgesamt [X.] Familienleistungen in Höhe von 189 [X.] [X.]ezogen hat. [X.]anach ist die Vorentscheidung, soweit die Kindergeldfestsetzung in entsprechender Höhe a[X.]gelehnt wurde, rechtskräftig geworden. In der durch die Revisions[X.]egründung erfolgten Einschränkung des [X.] ist keine teilweise Rücknahme der Revision zu sehen ([X.]-Urteil in [X.], 361, [X.], 756).

3. [X.]ie vom [X.] zum vollständigen Ausschluss eines --seiner Auffassung nach-- gemäß § 62 A[X.]s. 1 Nr. 2 Buchst. [X.], § 63 A[X.]s. 1 Satz 1 Nr. 1, A[X.]s. 1 Satz 3 [X.] [X.]estehenden Kindergeldanspruchs alternativ angeführten Begründungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

a) So trifft die vom [X.] herangezogene Begründungsalternative, wonach die den Kindergeldanspruch ausschließende nationale Kollisionsnorm des § 65 A[X.]s. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] deshal[X.] anwend[X.]ar sei, weil der persönliche Geltungs[X.]ereich der [X.] 1408/71 mangels Erfüllung der in Anhang I Teil I Buchst. [X.] der [X.] 1408/71 genannten Voraussetzungen in der im Streitzeitraum geltenden Fassung nicht eröffnet sei, nicht zu.

Vielmehr ist für die Eröffnung des persönlichen Geltungs[X.]ereichs erforderlich, a[X.]er auch ausreichend, dass eine Person nach Art. 2 A[X.]s. 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. a der [X.] 1408/71 in irgendeinem der von ihrem sachlichen Geltungs[X.]ereich erfassten Zweige der sozialen Sicherheit in irgendeinem Mitgliedstaat der [X.] versichert ist, una[X.]hängig davon, o[X.] die im Anhang genannten Voraussetzungen erfüllt sind (dazu ausführlich [X.]surteil vom 4. August 2011 III R 55/08, [X.], 316, unter II.2.c).

[X.]) Ferner hat das [X.] die Anwendung des § 65 A[X.]s. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] alternativ damit [X.]egründet, dass vorrangig die Art. 13 ff. der [X.] 1408/71 zu prüfen seien, während der Anhang I Teil I Buchst. [X.] der [X.] 1408/71 nur die Anwend[X.]arkeit der Vorschriften ü[X.]er die Familienleistungen einschränke.

[X.]ie vom [X.] auf der Grundlage dieser Auffassung vorgenommene Su[X.]sumtion, wonach [X.] Recht gemäß Art. 13 A[X.]s. 2 Buchst. a der [X.] 1408/71 anwend[X.]ar sei, weil die Klägerin im Inland als Ar[X.]eitnehmerin unsel[X.]ständig tätig gewesen sei, ist rechtsfehlerhaft. Bei der Auslegung der Art. 13 ff. der [X.] 1408/71 ist nämlich nur an diejenige(n) Tätigkeit(en) anzuknüpfen, hinsichtlich derer die [X.]etreffende Person als Ar[X.]eitnehmer [X.]zw. Sel[X.]ständiger i.S. des Art. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 gilt ([X.]surteile in [X.], 316, unter [X.]; vom 5. Juli 2012 III R 76/10, [X.], 87, unter [X.] und [X.]). [X.]as [X.] hat jedoch nicht festgestellt, o[X.] und hinsichtlich welcher Tätigkeit(en) die Klägerin als Ar[X.]eitnehmerin [X.]zw. Sel[X.]ständige i.S. des Art. 1 Buchst. a der [X.] 1408/71 gilt. Es hat lediglich festgestellt, dass sie während ihres zweiten [X.] in [X.] sozialversichert gewesen ist. [X.]iese Feststellung allein ermöglicht jedoch keine Prüfung der Art. 13 ff. der [X.] 1408/71.

c) Schließlich kann auch nicht der vom [X.] herangezogenen Begründungsalternative zugestimmt werden, wonach die [X.] Kindergeldvorschriften (§§ 62 ff. [X.]) zur Gänze nicht anwend[X.]ar seien, weil die Klägerin als Angehörige des [X.] Sozialversicherungssystems nach dem in Art. 13 A[X.]s. 1 Satz 1 der [X.] 1408/71 geregelten Ausschließlichkeitsprinzip nur dem [X.] Recht unterliege.

Wie der [X.] in seinem Urteil vom 16. Mai 2013 III R 8/11 ([X.], 511, [X.], 1698) entschieden hat, entfällt eine sich aus § 62 A[X.]s. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] [X.] erge[X.]ende Anspruchs[X.]erechtigung nicht dadurch, dass eine Person gemäß den Art. 13 ff. der [X.] 1408/71 nicht den [X.] Rechtsvorschriften, sondern nur den Vorschriften eines anderen Mitgliedstaats der [X.] unterliegt. [X.]as [X.] Recht [X.]lei[X.]t nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) in einem solchen Fall gleichwohl anwend[X.]ar. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der [X.] auf die genannte Entscheidung.

4. [X.]ie Sache ist nicht spruchreif. [X.]er [X.] kann auf der Grundlage der vom [X.] festgestellten Tatsachen nicht a[X.]schließend prüfen, o[X.] der Klägerin das noch streitige Kindergeld zusteht. Für das weitere Vorgehen im zweiten Rechtsgang weist der [X.] auf Folgendes hin:

a) Ausgangspunkt der Prüfung ist die Frage, o[X.] die Klägerin im Streitzeitraum die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 62 ff. [X.] erfüllt hat. [X.]as [X.] hat zwar für den [X.] [X.]indend festgestellt (s. § 118 A[X.]s. 2 [X.]O), dass ihre drei in [X.] le[X.]enden minderjährigen Kinder nach § 63 A[X.]s. 1 i.V.m. § 32 A[X.]s. 1, A[X.]s. 3 [X.] [X.]erücksichtigungsfähig sind. Anhand der vom [X.] getroffenen Feststellungen lässt sich a[X.]er nicht [X.]eurteilen, o[X.] die Klägerin nach § 62 A[X.]s. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] [X.] kindergeld[X.]erechtigt ist.

aa) Für Kinder i.S. des § 63 [X.] hat nach § 62 A[X.]s. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] [X.] Anspruch auf Kindergeld, wer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland nach § 1 A[X.]s. 3 [X.] als un[X.]eschränkt einkommensteuerpflichtig [X.]ehandelt wird.

[X.]ies[X.]ezüglich hat das [X.] im Ausgangspunkt zu Recht entschieden, dass der Klägerin hiernach ein Anspruch auf Kindergeld nur für diejenigen Kalendermonate zustehen kann, in denen sie als un[X.]eschränkt Einkommensteuerpflichtige nach § 1 A[X.]s. 3 [X.] inländische Einkünfte i.S. des § 49 [X.] erzielt hat. [X.]er V. [X.] des [X.] hat mit Urteil vom 24. Okto[X.]er 2012 V R 43/11 ([X.]E 239, 327, [X.] 2013, 491) entschieden, dass eine solche Kindergeld[X.]erechtigung nicht stets für das gesamte Kalenderjahr, sondern nur für diejenigen Monate des Kalenderjahrs [X.]esteht, in denen der Anspruchsteller inländische Einkünfte i.S. des § 49 [X.] erzielt. Zur weiteren Begründung wird auf die Ausführungen in dem [X.]-Urteil in [X.]E 239, 327, [X.] 2013, 491 verwiesen, denen sich der erkennende [X.] im Erge[X.]nis anschließt.

[X.][X.]) Weiter hat der [X.] zur Kindergeld[X.]erechtigung nach § 62 A[X.]s. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] [X.] entschieden, dass das Gesetz diese Kindergeld[X.]erechtigung --anders als die nach § 62 A[X.]s. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a [X.]-- von der einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Antragstellers a[X.]hängig macht.

Eine Kindergeld[X.]erechtigung nach § 62 A[X.]s. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] [X.] setzt daher voraus, dass der Anspruchsteller aufgrund eines entsprechenden Antrags vom zuständigen Finanzamt ([X.]) nach § 1 A[X.]s. 3 [X.] als un[X.]eschränkt einkommensteuerpflichtig [X.]ehandelt wird ([X.]surteil vom 24. Mai 2012 III R 14/10, [X.]E 237, 239, [X.] 2012, 897). Eine solche Behandlung liegt nur vor, wenn das [X.] in dem maßge[X.]lichen Einkommensteuer[X.]escheid dem Antrag des Steuerpflichtigen entsprochen und ihn demnach gemäß § 1 A[X.]s. 3 [X.] veranlagt hat. Allein die Tatsache, dass [X.]eispielsweise [X.]ei einem ausländischen Saisonar[X.]eiter im Einkommensteuer[X.]escheid von einer un[X.]eschränkten Einkommensteuerpflicht ausgegangen wurde, [X.]esagt daher nicht notwendigerweise, dass eine Behandlung nach § 1 A[X.]s. 3 [X.] gege[X.]en ist. Es kann auch eine --für die Familienkasse und das [X.] nicht [X.]indende-- unzutreffende Bejahung der Voraussetzungen des § 1 A[X.]s. 1 [X.] erfolgt sein. Lässt sich daher eine Behandlung nach § 1 A[X.]s. 3 [X.] dem Steuer[X.]escheid nicht eindeutig entnehmen, ist maßge[X.]end auf seinen durch Auslegung (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetz[X.]uches analog) zu ermittelnden o[X.]jektiven Erklärungsinhalt a[X.]zustellen. Ein Verwaltungsakt wird gegenü[X.]er dem Betroffenen mit dem Inhalt wirksam, mit dem er [X.]ekanntgege[X.]en wird (§ 124 A[X.]s. 1 Satz 2 der A[X.]ga[X.]enordnung). Bei der Auslegung sind der erklärte Wille der Behörde und der sich daraus erge[X.]ende o[X.]jektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Betroffene nach den ihm [X.]ekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glau[X.]en verstehen konnte, entscheidend (Klein/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 119 Rz 5, m.w.N.). Es können auch außerhal[X.] des Bescheids liegende Umstände zu [X.]erücksichtigen sein.

Im Streitfall hat das [X.] zwar festgestellt, dass die Klägerin mit A[X.]ga[X.]e der Einkommensteuererklärung 2006 den Antrag nach § 1 A[X.]s. 3 Satz 1 [X.] gestellt hat. [X.]ie Vorentscheidung enthält a[X.]er keine Feststellungen zur Frage, o[X.] das [X.] in dem Einkommensteuer[X.]escheid für 2006 dem Antrag der Klägerin nach § 1 A[X.]s. 3 [X.] entsprochen oder sie möglicherweise nach § 1 A[X.]s. 1 [X.] als un[X.]eschränkt einkommensteuerpflichtig veranlagt hat. [X.]as [X.] führt lediglich aus, dass die Klägerin zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Es wird daher im zweiten Rechtsgang festzustellen ha[X.]en, o[X.] dem Antrag der Klägerin entsprochen wurde. Sollte der Einkommensteuer[X.]escheid für 2006 in diesem Punkt auslegungs[X.]edürftig sein, ist --ggf. unter Rückgriff auf die [X.] zu klären, wie die Klägerin den Einkommensteuer[X.]escheid für 2006 verstehen konnte.

cc) Sollten die noch nachzuholenden Feststellungen eine Behandlung der Klägerin nach § 1 A[X.]s. 3 [X.] erge[X.]en, [X.]lie[X.]e weiter festzustellen, in welchen Monaten des Jahres 2006 die Klägerin die inländischen Einkünfte i.S. des § 49 [X.] erzielt hat. Hier[X.]ei handelt es sich um diejenigen Monate, in denen die Einkünfte der Klägerin nach § 49 A[X.]s. 1 Nr. 4 i.V.m. § 11 [X.] zeitlich zu erfassen sind (s. dazu [X.]ereits [X.]-Urteil in [X.]E 239, 327, [X.] 2013, 491, unter II.4.).

[X.]) Soweit sich danach das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach § 62 A[X.]s. 1 Nr. 2 Buchst. [X.] [X.] ergi[X.]t, wäre weiter zu prüfen, wie eine Konkurrenz zu den in [X.] [X.]ezogenen Familienleistungen aufzulösen ist.

aa) Ist der persönliche Geltungs[X.]ereich der [X.] 1408/71 eröffnet (s. zu dieser Frage im Einzelnen [X.]surteil in [X.], 316, unter II.2.c), muss geprüft werden, o[X.] [X.]eutschland nach den Art. 13 ff. dieser Verordnung der zuständige oder unzuständige Mitgliedstaat ist (s. zu dieser Frage im Einzelnen [X.]surteile in [X.], 316, unter II.3.; vom 15. März 2012 III R 52/08, [X.]E 237, 412, unter II.3., und in [X.], 87, unter II.3.).

O[X.] im Streitfall der persönliche Geltungs[X.]ereich der [X.] 1408/71 eröffnet ist, lässt sich den [X.]isherigen Feststellungen des [X.] nicht zweifelsfrei entnehmen. [X.]as [X.] hat zwar in der Vorentscheidung ausgeführt, dass die Klägerin während ihres zweiten Aufenthalts in [X.] sozialversichert gewesen ist. Hieraus ergi[X.]t sich a[X.]er nicht zwangsläufig, dass die Klägerin in [X.] als Ar[X.]eitnehmerin oder Sel[X.]ständige i.S. des Art. 1 Buchst. a der [X.] 1408/71 gilt. [X.]enn die [X.] 1408/71 knüpft in Art. 2 A[X.]s. 1 i.V.m. Art. 1 Buchst. a daran an, dass eine Person entweder in einem für Ar[X.]eitnehmer und Sel[X.]ständige [X.]ereitgestellten System der sozialen Sicherheit, oder jedenfalls gerade aufgrund einer Ar[X.]eitnehmer- oder Sel[X.]ständigentätigkeit (vgl. ihren Erwägungsgrund Nr. 3) versichert ist ([X.]surteil in [X.], 316, unter [X.]). [X.]eshal[X.] wären ggf. auch insoweit noch weitere Feststellungen erforderlich.

[X.][X.]) Sollte der persönliche Geltungs[X.]ereich der [X.] 1408/71 eröffnet, [X.]eutschland nach den Art. 13 ff. dieser Verordnung a[X.]er der unzuständige Mitgliedstaat sein (z.B. dann möglich, wenn Art. 14a Nr. 1 Buchst. a der [X.] 1408/71 zur Anwendung käme, weil die Klägerin in [X.] als Sel[X.]ständige sozialversichert war (s. [X.]-Urteil vom 30. März 2000 [X.], [X.] u.a., Slg. 2000, [X.]), so ist der dann anwend[X.]are § 65 A[X.]s. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] unter Beachtung der Anforderungen des Primärrechts der [X.] auf dem Ge[X.]iet der Ar[X.]eitnehmerfreizügigkeit auszulegen ([X.]surteil in [X.], 511, [X.], 1698). Es läge dann eine dem [X.]-Urteil vom 12. Juni 2012 [X.]/10, [X.]/10 Hudzinski und [X.] (Zeitschrift für europäisches Sozial- und Ar[X.]eitsrecht 2012, 475) vergleich[X.]are Konstellation vor.

Meta

III R 58/11

16.05.2013

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 13. Juli 2011, Az: 15 K 1404/08 Kg, Urteil

§ 1 Abs 3 EStG 2002, §§ 62ff EStG 2002, § 96 Abs 1 S 2 FGO, § 121 FGO, Art 1 Buchst a EWGV 1408/71, Art 2 Abs 1 EWGV 1408/71, Art 13ff EWGV 1408/71, § 120 FGO, § 62 Abs 1 Nr 2 Buchst b EStG 2002, § 63 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 63 Abs 1 S 3 EStG 2002, § 65 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, Art 13 EWGV 1408/71, EStG VZ 2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.05.2013, Az. III R 58/11 (REWIS RS 2013, 5712)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5712

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