Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.12.2016, Az. 1 StR 185/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 1208

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Gegenstand

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und Steuerhinterziehung: Verjährungsunterbrechende Maßnahmen; Hochrechnung der Schwarzlohnsumme auf eine Bruttolohnsumme


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten gegen das Urteil des [X.] vom 13. August 2015 werden verworfen, die Revision des Angeklagten S.     mit der Maßgabe, dass dieser Angeklagte wegen einer Tat der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr - unter Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung - verurteilt ist.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]  wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und den Angeklagten [X.] wegen „Beihilfe zur Beitragsvorenthaltung“ und Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, jeweils unter Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Strafen zur Bewährung. Gegen die Nebenbeteiligte hat das [X.] wegen zweier Pflichtverletzungen durch das Handeln eines vertretungsberechtigten Organs zwei Geldbußen in Höhe von 400.000 und 450.000 Euro verhängt. Die jeweils mit Verfahrensbeanstandungen und der ausgeführten Sachrüge geführten Revisionen führen lediglich beim Angeklagten [X.]zu einer Änderung der Konkurrenzen (§ 349 Abs. 4 [X.]) und sind im Übrigen im Sinne von § 349 Abs. 2 [X.] unbegründet. Über die Ausführungen des [X.] in seinen [X.] hinaus bedarf Folgendes näherer Erörterung:

I.

2

[X.] bestehen nicht.

3

1. Die Vorwürfe sind nicht verjährt. Die fünfjährige Verjährungsfrist für Vergehen nach § 370 Abs. 1 [X.] und § 266a StGB (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, auch [X.]. § 369 Abs. 2 [X.]) bezüglich der verfahrensgegenständlichen Abrechnungszeiträume Januar 2005 bis Ende August 2009 wurde bezüglich des Angeklagten [X.] durch die erste Beschuldigtenvernehmung am 7. Oktober 2009 sowie den ihn betreffenden Durchsuchungsbeschluss vom 11. November 2009 und bezüglich des Angeklagten [X.]   durch den Durchsuchungsbeschluss vom 28. [X.]ptember 2009 wirksam unterbrochen (vgl. § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 StGB). Dies führt auch zur Unterbrechung der Verjährung gegenüber der [X.], denn verjährungsunterbrechende Handlungen gegen ein Organ im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG wirken auch gegenüber der vom Organ vertretenen juristischen Person (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Juni 2005 - [X.], [X.], 163, 164).

4

Die im [X.] 2009 neu beginnende Verjährungsfrist (§ 78c Abs. 3 Satz 1 StGB) ruhte sodann gemäß § 78b Abs. 4 StGB ab der Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem [X.] durch Beschluss vom 23. Juni 2014. Hierfür kommt es lediglich darauf an, ob das Gesetz - wie hier (§ 266a Abs. 4 StGB, § 370 Abs. 3 [X.]) - einen besonders schweren Fall mit einer Strafdrohung von über fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsieht ([X.], Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 490/10, [X.]St 56, 146).

5

Auch wenn man den rechtlichen Ansatz des [X.]s, bei dem Angeklagten [X.]   alle Steuerstraftaten zu einer Tat im Rechtssinne zusammenzufassen - was aufgrund des Gesamthinterziehungsbetrages und des späten [X.] zur Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist des § 376 Abs. 1 [X.] führen würde - nicht teilt (vgl. unten [X.] 4.), ist keine Steuerstraftat verjährt. Eine einschränkende Auslegung des § 78b Abs. 4 StGB dahingehend, dass er gegen seinen Wortlaut wegen der Änderung von § 376 [X.] auf Fälle der einfachen Steuerhinterziehung keine Anwendung mehr finden soll (vgl. [X.]/[X.], [X.] 2017, 27, 28), hält der [X.] nicht für geboten (ebenso Bülte in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Stand November 2013, § 376 [X.] Rn. 198; [X.] in [X.]/[X.], Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 376 [X.] Rn. 98; Schauf in [X.], Steuerstrafrecht, Stand Juni 2009, § 376 [X.] Rn. 174; vgl. auch [X.], Urteil vom 26. Oktober 2016 - 1 [X.], [X.] 2017, 68; anders für die von § 376 Abs. 1 [X.] erfassten Fälle Mitsch, [X.] 2015, 8, 12; [X.], Steueranwalt 2009/2010, [X.], 146).

6

2. Die Verfahrensweise hinsichtlich der Beteiligung der [X.] begründet ebenfalls kein Verfahrenshindernis ihr gegenüber.

7

Die Beteiligung der [X.] nach § 444 Abs. 1 [X.] wurde jedenfalls konkludent durch den Eröffnungsbeschluss vom 23. Juni 2014 angeordnet. Dieser macht unmissverständlich klar, dass das Strafverfahren - gemäß dem Antrag der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift vom 5. März 2013 - auch gegen die Nebenbeteiligte geführt werden soll. Entsprechend ist im Folgenden auch verfahren worden. Die Nebenbeteiligte wurde zur Hauptverhandlung geladen und war dort durch einen Rechtsanwalt vertreten. All dies reicht für eine Beteiligungsanordnung aus (vgl. zur konkludenten Beteiligungsanordnung auch [X.], Beschluss vom 27. April 1973 - 5 Ss OWi 19/73, NJW 1973, 1851, 1853; [X.], Beschluss vom 14. November 1986 - 1 Ss 169/86, [X.], 79; [X.] in [X.], [X.], 26. Aufl., § 444 Rn. 15 mwN).

[X.]

8

Die auf [X.] Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen die Schuldsprüche.

9

1. Nach den Feststellungen des [X.]s erbrachte die Nebenbeteiligte in den Jahren 2005 bis 2009 mit ca. 250 bis 500 fest angestellten Mitarbeitern Bewachungs- und Sicherheitsleistungen am [X.]     . Der Angeklagte [X.]   war in diesem Zeitraum Geschäftsführer der [X.], der Angeklagte S.     nach einer Tätigkeit als Betriebsleiter Berater im Bereich Personalwesen.

Ein Großteil der Mitarbeiter der [X.] war im genannten Zeitraum zusätzlich bei einer anderen Firma ([X.] oder [X.]) als geringfügig Beschäftigte gemeldet. Dies diente indes lediglich der gesplitteten Abrechnung von Mehrarbeit der Beschäftigten. Auf diese Weise konnten die Nebenbeteiligte und die bei ihr angestellten Arbeitnehmer Steuern und Sozialversicherungsbeiträge für Mehrarbeit einsparen, weshalb alle Beteiligten ein erhebliches Interesse an der Fortführung dieses schon seit den frühen 1990er Jahren betriebenen „Lohnmodells“ hatten.

Mit der [X.] oder der [X.].                       GmbH schlossen die betroffenen Angestellten der [X.] unter deren Vermittlung „formal“ schriftliche Arbeitsverträge über eine geringfügige Beschäftigung, die auch entsprechend gemeldet wurde. Tatsächlich kannten die vorgeblichen Arbeitnehmer keine Ansprechpartner bei diesen „Arbeitgebern“. Sie stellten sich dort nicht zur Einstellung vor, wurden von niemandem aus diesen Firmen angewiesen, erhielten von dort weder Kleidung noch sonstige Arbeitsutensilien, stellten dort keine Urlaubsanträge, meldeten sich dort weder zum Dienstantritt noch krank und hatten überhaupt keinen direkten Kontakt zu ihren angeblichen Arbeitgebern. Vielmehr leisteten sie ausschließlich unter Kontrolle und auf Anweisung der [X.] ihre Arbeitsstunden in der Dienstkleidung und mit den [X.], die sie von der [X.] erhalten hatten. Der später formal für die [X.] tätige Angeklagte [X.]  trat den Arbeitnehmern gegenüber weiterhin als der [X.] zugehörig auf. Lediglich wenn Mehrarbeit anfiel, wurde diese über die beiden genannten Firmen abgerechnet, wobei auch nachträglich Stunden umgeschrieben wurden, wenn dies besser in den vorteilhaften Abrechnungsmodus passte. Die [X.] und die [X.] fungierten auf diese Weise lediglich als „Zahlstellen“ der [X.]. Die Aufgaben beider Firmen beschränkten sich darauf, ihre angeblich geringfügig Beschäftigten anzumelden, nach detaillierten Vorgaben der [X.] Lohnabrechnungen zu fertigen und Löhne für die angeblich bei ihnen geringfügig Beschäftigten auszuzahlen. Unabhängig von jeder tatsächlichen Beschäftigung wurde pro Monat mindestens eine Stunde über die Drittfirmen abgerechnet, damit es zu keiner Abmeldung bei der Knappschaft kam.

Im Zusammenhang mit einer geplanten Zusammenarbeit mit der [X.], die nach dem beschriebenen Modell als „Subunternehmerin“ der [X.] fungieren sollte, wurde den Angeklagten schon im [X.] 1999 bekannt, dass es erhebliche rechtliche Bedenken gegen diese Form der gesplitteten Mitarbeiterbezahlung gibt. Soweit sie bei Rechtsanwälten und Behörden rechtlichen Rat einholten und zur Antwort bekamen, das angefragte Modell sei unbedenklich, beruhte dies auf der unzutreffenden Angabe, die Arbeitnehmer wären tatsächlich bei zwei verschiedenen Arbeitgebern tätig.

2. Das [X.] ist auf der Grundlage dieser Feststellungen zutreffend davon ausgegangen, dass die Nebenbeteiligte bezüglich der gesamten Tätigkeit der bei ihr angestellten Arbeitnehmer (Haupt- und „Nebenbeschäftigung“) als Arbeitgeber im Sinne von § 266a StGB anzusehen ist und sich deshalb die Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuern aus dem von den Arbeitnehmern erzielten Gesamtlohn berechnen.

a) Grundlage der Beitragsbemessung ist das gesamte Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Tätigkeit. Hierzu zählen alle Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (vgl. [X.], Urteil vom 16. April 2014 - 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1977). Sämtliche bei einem Arbeitgeber vorgenommenen Tätigkeiten sind - ohne Rücksicht auf ihre arbeitsvertragliche Gestaltung - als ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis anzusehen. Eine neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübte geringfügige Beschäftigung ist deshalb nur dann versicherungsfrei, wenn sie nicht bei demselben Arbeitgeber ausgeübt wird ([X.], Urteil vom 16. Februar 1983 - 12 RK 26/81, [X.], 1).

Der Begriff des Arbeitgebers ist im Rahmen von § 266a StGB sozialrechtlich zu bestimmen (vgl. hierzu umfassend [X.] in [X.], 2. Aufl., § 266a Rn. 12 ff.; [X.] in [X.]/[X.] [Hrsg.], Handbuch [X.], 3. Aufl., § 2 Rn. 27 ff., jeweils mwN). Arbeitgeber in diesem Sinne ist derjenige, demgegenüber der Arbeitnehmer zur Erbringung von [X.] verpflichtet ist und zu dem er in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht, das sich vor allem durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers äußert ([X.] aaO Rn. 12 mwN).

b) Arbeitgeberin der „geringfügig Beschäftigten“ war nach diesen Maßstäben jeweils nur die Nebenbeteiligte. Die Arbeitnehmer waren lediglich in ihren Betrieb eingegliedert und erhielten lediglich von dort Weisungen. Sie waren nach der von allen Parteien so gewollten Vereinbarung nicht den Drittfirmen gegenüber zur Dienstleistung verpflichtet, sondern nur der [X.] gegenüber. Dies zeigt sich - worauf das [X.] zutreffend abgestellt hat - schon daran, dass die Drittfirmen als angebliche Arbeitgeber weder über Dienstantritt noch Krankheit oder Urlaub „ihrer Arbeitnehmer“ informiert waren, sondern sich ihre Tätigkeit lediglich auf die Auszahlung von Arbeitslohn nach detaillierten Vorgaben der [X.] beschränkte. Die Arbeitnehmer erbrachten ihre Tätigkeit nur für die Nebenbeteiligte, nicht für die Drittfirmen, bei denen sie ohnehin niemanden kannten.

c) Auf der Grundlage der Feststellungen erweisen sich die von den Arbeitnehmern der [X.] mit der [X.] oder der [X.].                       GmbH geschlossenen „Arbeitsverträge“ über eine geringfügige Beschäftigung letztlich als bloße Scheingeschäfte im Sinne von § 117 BGB. Tatsächlich sollte durch diese Verträge keine der Parteien wirksam im Sinne von § 611 BGB verpflichtet werden.

d) Die Einwände der Revisionen, es habe sich bei der arbeitsvertraglichen Gestaltung um Leiharbeit gehandelt, gehen deshalb an den Feststellungen des Urteils vorbei. Dies würde voraussetzen, dass die jeweiligen Arbeitnehmer im Rahmen ihrer „geringfügigen Tätigkeit“ jedenfalls eine wirksame arbeitsvertragliche Verpflichtung mit den Drittfirmen [X.] oder [X.] eingegangen wären. Daran mangelt es nach den Feststellungen aber gerade. Kommt schon überhaupt kein Arbeitsvertrag mit einem anderen Arbeitgeber zustande, sondern wird dieser Vertrag - wie hier - nur formal „zum Schein“ geschlossen, ohne dass damit nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien arbeitsvertragliche Pflichten begründet werden sollen, gibt es schon keine zwei Arbeitgeber, wie dies die Rechtsausführungen der Revisionen voraussetzen.

3. Auch die Bestimmung des Schadensumfangs der [X.] hält letztlich revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

a) Zu Recht ist das [X.] hinsichtlich des nicht gemeldeten Lohnteils nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV von einem Nettoarbeitsentgelt ausgegangen und hat dies zur Beitragsberechnung im Sinne von § 266a Abs. 1 und 2 StGB auf einen fiktiven Bruttolohn hochgerechnet.

aa) Die Fiktion einer Nettolohnvereinbarung gilt auch, wenn die Schwarzlohnzahlung - wie hier - nur einzelne Lohnteile erfasst ([X.], Beschlüsse vom 7. Oktober 2009 - 1 [X.], [X.], 29 und vom 10. November 2009 - 1 [X.], [X.], 148).

bb) Aus den Feststellungen des [X.]s ergibt sich auch, dass diese Teilschwarzlohnzahlungen mit mindestens bedingtem Vorsatz erfolgt sind, was Voraussetzung der Anwendung von § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist (vgl. [X.], Urteil vom 9. November 2011 - [X.] R 18/09 R, [X.], 254; [X.], Urteil vom 16. April 2014 - 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1977). Entgegen der Auffassung der Revisionen wird insoweit nicht mehr verlangt als für die - hier festgestellte - bedingt vorsätzliche Erfüllung des Straftatbestandes des § 266a StGB; vielmehr gilt ein Gleichlauf der subjektiven Voraussetzungen (vgl. [X.] aaO Rn. 28).

b) Die Hochrechnung der einzelnen Schwarzlohnanteile auf einen fiktiven Bruttolohn als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der hinterzogenen Sozialversicherungsbeiträge ist allerdings fehlerhaft.

aa) Einerseits hat das [X.] bei der Hochrechnung zu Lasten der Angeklagten jeweils zu Unrecht die [X.] angesetzt, obwohl für sämtliche Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarten vorlagen (vgl. § 39c EStG) und die individuellen Lohnsteuermerkmale im Rahmen der Lohnsteuerberechnung festgestellt wurden (vgl. [X.], Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 [X.], [X.]St 53, 71, 79).

bb) Andererseits hat die [X.] zu Gunsten der Angeklagten rechtsfehlerhaft lediglich den Schwarzlohnanteil isoliert auf einen Bruttolohn hochgerechnet und aus dieser Summe die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge bestimmt. Zwar ist die Hochrechnung der Schwarzlohnsumme auf eine Bruttolohnsumme nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nur auf den Schwarzlohnanteil zu beziehen (vgl. [X.], Beschluss vom 10. November 2009 - 1 [X.], [X.], 148). Aber dieser muss für eine auch die Progression beinhaltende zutreffende Beitragsberechnung dem gemeldeten Teil der Lohnsumme hinzugerechnet werden, damit anschließend von dem insgesamt ermittelten Bruttolohn der gemeldete Bruttolohn wieder abgezogen werden kann (vgl. [X.] aaO).

cc) Letztlich wirken sich beide gegenläufigen Fehler unter Berücksichtigung des vom [X.] stets vorgenommenen [X.] in Höhe von 5 % jedenfalls im Ergebnis nicht zu Lasten der Angeklagten oder der [X.] aus.

4. Die konkurrenzrechtliche Beurteilung des [X.]s hält nur eingeschränkt rechtlicher Überprüfung stand.

a) Soweit das [X.] bei dem Angeklagten [X.]   jeweils nur eine Tat des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und der Steuerhinterziehung angenommen hat, ist dies angesichts seiner tatsächlichen Einbindung zwar nicht unbedenklich (vgl. zu den Konkurrenzen bei § 266a StGB nur [X.] in [X.], 2. Aufl., § 266a Rn. 99; [X.] in [X.]/[X.] [Hrsg.], Handbuch [X.], 3. Aufl., § 6 Rn. 45; zu den Konkurrenzen bei Lohnsteuerhinterziehung nach § 370 [X.] vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juni 2011 - 1 [X.], [X.], 645, jeweils mwN). Da das [X.] trotz der Schadenshöhe mangels Handeln aus grobem Eigennutz keinen besonders schweren Fall von Steuer- oder [X.] nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.] aF und § 266a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB angenommen hat, schließt der [X.] aber aus, dass eine etwa fehlerhafte Konkurrenzbeurteilung den Angeklagten beschwert. Ohnehin beeinflusst die unzutreffende Beurteilung des [X.] den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Tat insgesamt nicht ([X.], Beschluss vom 21. April 2016 - 1 [X.], [X.], 244, 245 mwN).

b) Gleiches wie für den Angeklagten [X.]   gilt für die nach § 30 OWiG akzessorisch haftende Nebenbeteiligte.

c) Die Revision des Angeklagten [X.]führt zu einer Änderung der Konkurrenzen bei seiner Verurteilung. Wie der [X.] in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt hat, dienten die Beihilfehandlungen dieses Angeklagten gleichermaßen der Ermöglichung von Beitrags- wie Steuerhinterziehung. Unterstützt der Teilnehmer durch eine Handlung mehrere Haupttaten, liegt nur eine Beihilfe vor (vgl. [X.], in [X.], [X.], 13. Aufl., § 370 Rn. 251 mwN).

Der [X.] ändert in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 [X.] den Schuldspruch wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich und setzt die bisherige Gesamtfreiheitsstrafe als Einzelstrafe fest (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 19. Februar 2014 - 5 StR 44/14; [X.] - Kammer -, Nichtannahmebeschluss vom 27. [X.]ptember 2006 - 2 BvR 1603/06). § 265 [X.] steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte insoweit nicht erfolgreicher als geschehen hätte verteidigen können. Lediglich zur Klarstellung hat der [X.] ausgesprochen, dass die verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt bleibt. Eines neuerlichen Beschlusses nach § 268a [X.] bedarf es nicht.

I[X.]

Zu den Verfahrensrügen ist ergänzend zu bemerken:

1. Bezüglich der Verfahrensbeanstandungen, die eine unrichtige Behandlung von Beweisanträgen zur „formal-rechtlichen“ Betrachtung der Arbeitgeberstellung im Tatzeitraum sowie entsprechenden Auskünften von Sozialversicherungsträgern hierzu geltend machen, kann der [X.] aufgrund des unter [X.] Ausgeführten - unabhängig von der Frage einer Einschränkung des Beweisantragsrechts der [X.] nach § 436 Abs. 2 [X.]. § 444 Abs. 2 Satz 2 [X.] und unabhängig von der Rügeberechtigung derjenigen Revisionsführer, die lediglich die Ablehnung von anderen Verfahrensbeteiligten gestellten Beweisanträgen beanstanden (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 4. [X.]ptember 2014 - 1 StR 75/14, [X.], 70 mwN) - jeweils ausschließen, dass das Urteil auf einer etwa unrichtigen Rechtsanwendung im Sinne von § 337 Abs. 1 [X.] beruht.

a) In allen ablehnenden Beschlüssen nach § 244 Abs. 3 und 6 [X.] hat die [X.] ihren auch im Urteil fortgesetzten Rechtsstandpunkt deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht die [X.] und die [X.].                 GmbH (sowie früher eingebundene Drittfirmen) nur angeblich, nicht aber wirklich zusätzliche Arbeitgeber der jeweiligen Arbeitnehmer der [X.] waren. Sämtliche unter Beweis gestellten Tatsachen erwiesen sich deshalb für die Entscheidung der [X.], worauf sie in ihren ablehnenden Beschlüssen jeweils hingewiesen hat, als aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung. Hierüber konnte deshalb, trotz im Einzelnen teils etwas knapper Begründung, für die Revisionsführer zu keinem Zeitpunkt Unklarheit bestehen.

b) Der [X.] kann offenlassen, ob sich die Ablehnung der beantragten Verlesung der den Beweisanträgen beigefügten Urkundenkopien nach § 244 Abs. 3 [X.] oder - als präsente Beweismittel - nach § 245 Abs. 2 [X.] richtet (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 22. Juni 1994 - 3 [X.], [X.], 593; Urteil vom 6. [X.]ptember 2011 - 1 [X.], [X.], 29, 33; Beschluss vom 22. [X.]ptember 2015 - 4 StR 355/15, [X.], 343). Auch in diesen Fällen kann der [X.] aufgrund des eben Ausgeführten ausschließen, dass die jeweils unterlassenen Beweiserhebungen die Entscheidung des [X.]s beeinflusst haben könnten (vgl. zum Maßstab der Beruhensprüfung bei Verstößen gegen § 245 [X.]: [X.], Urteil vom 31. Januar 1996 - 2 StR 596/95, [X.], 400).

2. Die Revision der [X.] kann auch nicht mit ihrer Rüge durchdringen, Ladung und tatsächliche Beteiligung der [X.] seien unzureichend gewesen.

a) Zwar lag der Ladung der [X.] zur Hauptverhandlung keine Zustellungsanordnung des Vorsitzenden zu Grunde, sondern die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat ohne entsprechende Anordnung die förmliche Zustellung der Ladung verfügt (vgl. hierzu nur [X.]/[X.] in SSW-[X.], 2. Aufl., § 36 [X.] Rn. 3 und 9 mwN). Dieser Mangel hat sich aber nicht zu Lasten der [X.] ausgewirkt (vgl. zum Prüfungsmaßstab [X.] in [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 216 Rn. 8 mwN), denn sie ist tatsächlich zuverlässig von den [X.] unterrichtet worden und konnte deshalb ihr Beteiligungsrecht wahrnehmen.

Ein Antrag nach § 217 Abs. 2 [X.] ist nicht fristgerecht gestellt worden. Eine etwaige Nichteinhaltung der Ladungsfrist aufgrund des vorgenannten Fehlers im Zustellungsverfahren würde im vorliegenden Fall auch nicht von den Rechtsfolgen des § 444 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] entbinden; die [X.] ist in solchen Fällen keine Voraussetzung für Maßnahmen, die das Gesetz an das Ausbleiben der [X.] knüpft (vgl. zu ähnlichen Konstellationen [X.] in [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 217 Rn. 11 mwN).

b) Die Nebenbeteiligte war in der Hauptverhandlung auch ordnungsgemäß vertreten. Wie der [X.] in seiner Zuschrift zutreffend im Einzelnen ausgeführt hat, war der Angeklagte [X.]   zwar wegen Interessenkonflikts als Geschäftsführer der [X.] von der Vertretung im Verfahren ausgeschlossen. Da nach der Satzung der [X.] deren Vertretung aber sowohl durch einen wie durch mehrere Geschäftsführer möglich ist und neben dem Angeklagten [X.]   jeweils noch ein anderer Geschäftsführer bestellt war, erstarkte die Gesamtvertretungsmacht des verbliebenen Geschäftsführers zur [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1260).

Die Beauftragung der anwaltlichen Vertreter der [X.], die jeweils ausdrücklich auch zu deren Vertretung bevollmächtigt waren, ist aus demselben Grund als wirksam anzusehen. Ohnehin oblag es der [X.] nach Anordnung der Beteiligung und Ladung selbst, sich um ihre Vertretung in der Hauptverhandlung zu kümmern (vgl. § 444 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]).

IV.

Der geringfügige Teilerfolg der Revision des Angeklagten [X.] rechtfertigt es nicht, diesen Angeklagten ganz oder teilweise von den entstandenen Kosten oder Auslagen zu entlasten (vgl. § 473 Abs. 1 und 4 [X.]).

Raum     

       

Jäger     

       

Cirener

       

[X.]     

       

Bär     

       

Meta

1 StR 185/16

07.12.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Landshut, 13. August 2015, Az: 3 KLs 59 Js 23914/09

§ 370 Abs 1 AO, § 376 AO, § 30 Abs 1 Nr 1 OWiG, § 14 Abs 2 S 2 SGB 4, § 78b Abs 4 StGB, § 266a StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.12.2016, Az. 1 StR 185/16 (REWIS RS 2016, 1208)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1208

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