Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2015, Az. V ZB 50/15

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9093

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 50/15

vom

25. Juni 2015

in dem Rechtsstreit

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
[X.], die Richterinnen Dr.
Brückner
und
Weinland und [X.]
Kazele

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen die Beschlüsse des 21. Zivilsenats des [X.] vom 17. Februar 2015 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:
I.

Die Kläger haben den [X.]n auf Schadensersatz verklagt. Durch am 9. September 2014 zugestelltes Urteil hat das [X.] die Klage abgewie-sen. Dagegen haben die Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt. Auf Antrag ihres Prozessbevollmächtigten hat das [X.] die Berufungsbegrün-dungsfrist bis zum 9. Dezember 2014 verlängert und darauf hingewiesen, dass eine weitere Verlängerung nur bei Einwilligung des Gegners bewilligt werden kann. Am 9. Dezember 2014 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger unter Hinweis auf eine akute Erkrankung, unter der er seit dem 1. Dezember 2014 wieder leide und wegen der er vom 8. bis zum 23. Dezember 2014 krankge-schrieben sei, eine weitere Verlängerung um einen Monat beantragt. Das Ober-1
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landesgericht hat mangels Einwilligung des Gegners eine Fristverlängerung nicht gewährt.

Mit am 10. Februar 2015 eingegangenem Schriftsatz ihres [X.] haben die Kläger unter Vorlage der Berufungsbegründung [X.] in den vorigen Stand gegen die abgelaufene Berufungsbegrün-dungsfrist beantragt. Zur Begründung haben sie vorgetragen und glaubhaft [X.], dass ihr anwaltlicher Vertreter vom 8. Dezember 2014 bis zum 9.
Januar
2015 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Am 1. Dezember 2014 hätten sich beim ihm stundenweise Ermüdungszustände mit Schwindel, Gleich-gewichtsstörungen, Antriebslosigkeit, Sprach-
und Sehstörungen eingestellt. Diese Symptome hätten ihn stundenweise am Arbeiten gehindert. Bei einem gleichgelagerten Vorfall im Vorjahr seien die Erschöpfungszustände innerhalb weniger Tage wieder vorüber gegangen. In diesem Fall sei auch am Wochen-ende des
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Dezember 2014 keine Besserung eingetreten. Vielmehr habe er am 8. und am 9. Dezember 2014 an massiven Erschöpfungszuständen gelitten; dies habe ihn an der Fertigung der Berufungsbegründung und der Prüfung der Voraussetzungen für eine weitere Fristverlängerung gehindert. Die [X.] Einholung der erforderlichen Einwilligung des [X.] für eine wei-tere Fristverlängerung könne ihm auch deshalb nicht angelastet werden, weil der [X.] die Einwilligung ohnehin nicht erteilt hätte. Dies ergebe sich [X.], dass die telefonisch am 11. Dezember 2014 kontaktierte [X.]nvertre-terin einen Tag später mitgeteilt habe, der [X.] habe sich gegen eine Zu-stimmung ausgesprochen.

Das [X.] hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewie-sen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wenden sich die Klä-ger mit der Rechtsbeschwerde.

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II.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Berufungsbegründungsfrist nicht unverschuldet versäumt worden. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger sei nicht plötzlich und unvorhersehbar erkrankt. Angesichts der ab dem 1. De-zember 2015 aufgetretenen Symptome wie Schwindel mit Seh-
und Sprachstö-rungen habe er sich nicht darauf verlassen dürfen, dass diese von selbst wieder verschwinden würden und seine vollständige Arbeitskraft rechtzeitig wieder hergestellt sein würde. Vielmehr hätte er angesichts des nahenden [X.] für den Fall treffen müssen, dass sich seine Erkrankung nicht verbesserte oder gar verschlimmerte. Ihm sei vorzuwerfen, dass er sich nicht rechtzeitig um die Einwilligung der Gegenpartei zu einer weiteren Verlängerung der [X.] gekümmert bzw. nicht einen Vertreter mit der Anfertigung der Berufungsbegründung beauftragt habe.

III.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Entgegen der [X.] der Kläger ist eine Entscheidung des [X.] zur Si-cherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Die angefochte-nen Beschlüsse beruhen weder auf der Verletzung von [X.], namentlich des Rechts auf Gewähr rechtlichen Gehörs, noch verletzen sie den Anspruch der Kläger auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip).

a) Die Krankheit eines Prozessbevollmächtigten schließt das [X.] der Versäumung einer Frist nur dann aus, wenn die Erkrankung für den 4
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Prozessbevollmächtigten nicht vorhersehbar war. Ist der krankheitsbedingte Ausfall dagegen vorhersehbar, muss sich der Rechtsanwalt durch konkrete Maßnahmen darauf vorbereiten (Senat, Beschluss vom 18.
September
2008 -
V
ZB 32/08, [X.], 1413; [X.],
Beschluss vom 22.
Oktober 2014 -
XII [X.], NJW 2015, 171 Rn. 18 f. mwN).

b) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass nach dem eigenen Vortrag im Wiedereinsetzungsgesuch des Prozessbevollmächtigten der Kläger dessen krankheitsbedingter Ausfall vorhersehbar war. Dies gilt unabhängig von den im ersten Fristverlängerungsantrag mitgeteilten Hinderungsgründen. Die nach Schilderung des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Vorfeld der ei-gentlichen Erkrankung aufgetretenen Erschöpfungserscheinungen, die sich in Form von Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Antriebslosigkeit, Sprach-
und Sehstörungen verbunden mit stundenweisem Arbeitsausfall äußerten, waren nicht so geringfügig, dass dessen
Annahme gerechtfertigt war, die Symptome würden bis zur Folgewoche wieder abklingen oder sich jedenfalls nicht weiter verschlechtern. Eine berechtigte Erwartung, dass es nicht zu einem vollständi-gen krankheitsbedingten Ausfall kommen würde, durfte der [X.] der Kläger auch nicht deswegen haben, weil er im Vorjahr bereits einmal an Erschöpfungszuständen ähnlicher Art gelitten hatte und diese innerhalb eini-ger Tage wieder vorüber waren.
Angesichts der massiven Symptome durfte er sich nicht darauf verlassen, dass eine schnelle Genesung eintreten werde; vielmehr musste er damit rechnen, dass es auch zu einem vollständigen krank-heitsbedingten Ausfall kommen könnte. Er war
deshalb verpflichtet, sich hierauf vorzubereiten, indem er entweder durch Einholung der Zustimmung des [X.] sicherstellte, dass die Berufungsbegründungsfrist verlängert wür-de (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Juli 2013
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VI ZB 18/12, NJW 2013, 3181 Rn. 11) oder indem er dafür Sorge trug, dass für die Erledigung fristgebundener Arbeiten ein Vertreter eingeschaltet werden kann.
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c) Dass die Einschaltung eines Vertreters nicht möglich oder nicht zu-mutbar war, hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Angesichts dessen kann die von der Rechtsbe-schwerde aufgeworfene Frage, ob die unterlassene Einholung der Zustimmung des [X.] in eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist kau-sal für die Fristversäumung war, dahingestellt bleiben.

2. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann

[X.]

Brückner

Weinland

Kazele
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.09.2014 -
9 O 332/11 -

O[X.], Entscheidung vom 17.02.2015 -
I-21 [X.]/14 -

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Meta

V ZB 50/15

25.06.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2015, Az. V ZB 50/15 (REWIS RS 2015, 9093)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9093

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V ZB 50/15

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