Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2002, Az. IX ZR 100/99

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 4998

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:17. Januar 2002BürkJustizhauptsekretärinals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein ZPO § 176Zur Reichweite einer anwaltlichen Vertretungsanzeige.[X.], Urteil vom 17. Januar 2002 - [X.] - [X.] [X.] [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] 17. Januar 2002 durch [X.] Kreft und die [X.], [X.], [X.] und [X.][X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 21. Zivilsenatsdes [X.]s vom 29. Januar 1999 aufgehoben.Die Berufung der [X.] gegen das Urteil der [X.] [X.] vom 25. November 1997 wird [X.].Die Kosten der Rechtsmittelzwerden der [X.] auferlegt.Von Rechts [X.] [X.] nimmt den [X.]n auf Schadenersatz wegen [X.] eines Anwaltsvertrages in Anspruch.Die [X.] hatte mit Erklrung vom 14. Juli 1992 aus Anlaß eines [X.] von 140.000 DM, welcher ihrem nichtehelichen Lebenspartner [X.] zur Einrichtung eines Speiserestaurants (Pizzeria) gewrtworden war, eine Brgschaft rnommen. Der Hauptschuldner verßerte- 3 -den Restaurantbetrieb im Februar 1994, der bestehende [X.] in ein Privatdarlehen umgewandelt. Aus diesem Anlaû rnahm die Kle-rin am 11. Mrz 1994 eine Höchstbetragsrgschaft r 103.000 DM nebstZinsen. Zu diesem Zeitpunkt verfte die [X.], die zuvor als Aushilfe in [X.] gearbeitet hatte, weder r eigenes Einkommen [X.]. Sie [X.]e den Haushalt und betreute die beiden gemeinsamen, in [X.] 1989 und 1991 geborenen Kinder.Im Jahre 1995 wurde die [X.] in einem vor dem [X.] [X.]ge[X.]en Rechtsstreit von der [X.] aus der [X.]in Anspruch genommen. Die [X.] beauftragte den [X.]n mit der [X.] ihrer Interessen. Der [X.] legitimierte sich mit [X.] April r dem [X.] und stellte einen Antrag auf Gewh-rung von [X.]. Der Schriftsatz hat auszugsweise folgendenWortlaut:fiIn dem Rechtsstreit ...zeige ich an, [X.] ich die [X.] vertrete.[X.] den Fall der Gewrung von [X.] werde ich [X.] zur mlichen Verhandlung beantragen,die Klage abzuweisen.flDas [X.] wies den [X.]antrag mit [X.] Juli 1995 zurck. Daraufhin riet der [X.] mit Schreiben vom 10. [X.] der [X.] [X.] weiterem Vortrag aus Kostengr, da keine Er-folgsaussichten bestrften.flZwischenzeitlich hatte das [X.] im schriftlichen Vorverfahren ge-mû § 331 Abs. 3 ZPO am 20. Juli 1995 ein [X.] erlassen, [X.] 4 -ches die [X.] zur Zahlung von 103.000 DM nebst Zinsen verpflichtete. [X.] wurde an die [X.] als Partei am 29. Juli 1995 zugestellt; eine Zu-stellung an den [X.]n erfolgte nicht. Die [X.] hat gegen das [X.] keinen Einspruch eingelegt. Die [X.] betreibt die [X.] diesem Titel.Die [X.] begehrt mit der vorliegenden Klage die [X.]eistellung vonden titulierten Verbindlichkeiten sowie von d en Kosten des [X.] inHvon 7.452,38 DM nebst Zinsen. [X.] die Beratung des Beklagtrdie Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung im Vorprozeû [X.] falsch. Die vonihr rnommenen [X.] seien sittenwidrig gewesen. Bei einer zutref-fenden [X.] sie den Auftrag erteilt, gegen die Versagung der [X.] Beschwerde und gegen das [X.] vom 20. Juli 1995Einspruch einzulegen. Richtigerweise wre ihr dann [X.] gewrtund die Brgschaftsklage abgewiesen worden.Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat [X.]. Mit seiner Revision begehrt der [X.] die Wiederherstellungdes erstinstanzlichen Urteils.[X.] Revision [X.] zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] der erstinstanzlichen Entscheidung.- 5 -I.Das Berufungsurteil lt den Angriffen der Revision in einem [X.] Punkt nicht stand. Es fehlt an einem auf eine Pflichtverletzung des [X.] zurckzu[X.]enden Schaden.Die Revision meint, der [X.] hafte nicht, weil der [X.] durch ei-ne [X.] unterstellte [X.] Pflichtverletzung kein Schaden entstanden sei. Der [X.]habe sich mit dem Schriftsatz vom 5. April 1995 als Prozeûbevollmchtigternicht nur [X.] das [X.]verfahren, sondern [X.] den gesamten [X.] bestellt. Aus diesem Grunde habe das [X.] vom 20. [X.] an den [X.]n zugestellt werden mssen. Indessen sei eine Zustel-lung nur an die [X.] als Partei erfolgt. Der hierin liegende Mangel knicht nachtrlich geheilt werden, da es sich bei der Einspruchs[X.]ist um eineNot[X.]ist handele. Mithin sei das [X.] vom 20. Juli 1995 nicht un-anfechtbar geworden und der [X.] kein Schaden entstanden.[X.] Das Berufungsurteil nimmt zur [X.]age der wirksamen Zustellung des[X.]s im Vorprozeû nicht Stellung, obwohl der [X.] in der [X.] Instanz hierzu vorgetragen und im Berufungsverfahren auf diese [X.] Bezug genommen hatte.Der [X.] hatte in der Klageerwiderung vom 2. September 1997 aufseinen Schriftsatz vom 5. April 1995 - welchen die [X.] bereits mit ihrem- 6 -[X.]antrag vom 16. September 1996 vorgelegt hatte - Bezug ge-nommen und vorgetragen, [X.] das [X.] vom 20. Juli 1995 an die[X.] als Partei zugestellt worden war. Beides wurde von der [X.] [X.] gestellt und hat Eingang in den Tatbestand des [X.] gefunden. Auf sein erstinstanzliches Vorbringen hat der [X.] in derBerufungsinstanz mit Schriftsatz vom 19. Mrz 1998 wirksam Bezug genom-men.2. [X.] hat diesen Vortrag in seiner Entscheidung nichtbercksichtigt. Es hat damit gegen die aus § 286 ZPO folgende Verpflichtung,sich mit dem ihm unterbreiteten [X.] umfassend auseinander zu setzen(vgl. [X.], Urt. v. 14. Januar 1993 ± [X.], NJW 1993, 935, [X.]. 1. Oktober 1996 ± [X.], NJW 1997, 796, 797), [X.]. Eine Stel-lungnahme zur Wirksamkeit der Zustellung des [X.]s war geboten,weil sie Voraussetzung [X.] den Eintritt eines Schadens und damit [X.] das Be-stehen eines Anspruchs der [X.] ist. Im Übrigen hatte bereits das Land-gericht diese [X.]age in seinem Urteil errtert und bejaht; wenn das Berufungs-gericht dem tte folgen wollen, tte es zur Begrf das erstinstanzli-che Urteil [X.] Bezug nehmen k(§ 543 Abs. 1 ZPO a.F.). Das istnicht geschehen.3. Der Senat kann die vom Berufungsgericht unterlassene [X.] des [X.]n vom 5. April 1995 selbst vornehmen.[X.] die Auslegung eines Schriftsatzes, mit dem die Vertretung [X.] angezeigt wird, kommt es nicht darauf an, ob der Rechtsanwalt tatsch-lich eine Prozeûvollmacht hat. Entscheidend ist im Hinblick auf den erforder-- 7 -lichen Vertrauensschutz [X.] die Gegenseite und auf § 579 Abs. 1 Nr. 4 [X.], ob sich der Rechtsanwalt [X.] oder durch [X.] Prozeûbevollmchtigten bestellt hat ([X.]Z 118, 312, 322 m. w. Nachw.).Aus der maûgeblichen Sicht eines unvoreingenommenen Dritten, insbe-sondere des [X.]s und der [X.] des [X.] als den Empf-gern des Schriftsatzes vom 5. April 1995, hat sich der [X.] nicht nur [X.]das [X.]verfahren, sondern auch [X.] das ige Hauptsache-verfahren zum Prozeûbevollmchtigten der [X.] als damaliger [X.]nbestellt. Dies ergibt sich [X.] aus dem Wortlaut der Erklrung - ªzeige ichan, [X.] ich die [X.] vertreteº -, die eine umfassende Bestellung [X.].Eine Beschrkung der Vertretungsanzeige auf einen bestimmten Verfahrens-abschnitt, das [X.]verfahren, findet sich dort nicht. Entgegen derMeinung des [X.]s ergibt sie sich auch nicht aus der nachfolgendenErklrung, mit der ein Sachantrag nur [X.] den Fall der Gewrung von Prozeû-kostenhilfe angekigt wird. Vielmehr zeigt der Umstand, [X.] der [X.]- wenn auch unter bestimmten Voraussetzungen - bereits einen Sachantrag imHauptsacheverfahren ankigte, mit besonderer Deutlichkeit, [X.] er sich mitdem Schriftsatz vom 5. April 1995 auch [X.] dieses Verfahren bestellen wollte.Auch das mit dem Vorprozeû befaûte Gericht ist ersichtlich von einer Bestel-lung des [X.]n [X.] das Hauptsacheverfahren ausgegangen, denn es [X.] im Rubrum des [X.]s vom 20. Juli 1995 als Prozeûbevoll-mchtigten der jetzigen [X.] aufge[X.]. Im rigen besteht keine zwingen-de Verkfung zwischen der Vertretungsanzeige und der Ankigung [X.]. Auch ein Rechtsanwalt, der ohne die Bewilligung von Prozeûko-stenhilfe nicht in der mlichen Verhandlung auftreten will - etwa um die [X.] weiterer Kosten zu vermeiden -, hat ein Interesse, r den [X.] informiert zu werden, um beispielsweise den Mandanten nachErlaû eines [X.]s r die Handlungsalternativen beraten zu kn-nen. Diese Auslegung entspricht dem Zweck des § 176 ZPO, durch die zwin-gend vorgeschriebene Zustellung an den [X.], [X.] sich in dessen Hand alle [X.] vereinigen ([X.]/Wolst, ZPO 2. Aufl. § 176 Rn. 1). Deshalb ist auch ein Anwalt, der [X.] Gesuch um [X.] einreicht, im Zweifel als [X.] das gesamteVerfahren bevollmchtigt anzusehen ([X.], ZPO 21. Aufl. § 117Rn. 12).Der von der Revisionserwiderung erhobene Einwand, der [X.] habeeingermt, ausschlieûlich [X.] das [X.]verfahren bevollmchtigtworden zu sein, greift nicht durch. Er betrifft nur den Umfang des von der Kl-gerin im [X.] zum [X.]n erteilten Auftrags. [X.] die [X.] vom 5. April 1995 ist dieser Gesichtspunkt bedeutungslos. [X.] deuten die dem [X.]n von der [X.] erteilte Vollmacht ([X.] 45d. A. 14 O 127/95 [X.] [X.]) und sein [X.] ([X.] 42 jener Akten) darauf hin, [X.] dem [X.]n ein umfas-sendes Mandat erteilt worden war.4. Da sich der [X.] mit dem Schriftsatz vom 5. April 1995 wirksamzum Prozeûbevollmchtigten der [X.] bestellt hatte, durfte wegen § 176ZPO das [X.] vom 20. Juli 1995 nur an ihn zugestellt werden. DieZustellung an die [X.] als Partei war unwirksam ([X.], [X.]. v. 21. [X.] ± [X.], NJW 1984, 926). Eine Heilung des [X.] § 187 ZPO ist nicht mlich, weil es sich bei der Einspruchs[X.]ist nach§ 339 Abs. 1 ZPO um eine Not[X.]ist handelt. Infolgedessen ist das [X.] 9 -urteil vom 20. Juli 1995 bislang mangels wirksamer Zustellung (§ 310 Abs. 3ZPO) nicht existent geworden (vgl. [X.], [X.]. v. 5. Oktober 1994 ± [X.]/94, NJW 1994, 3359, 3360; Urt. v. 17. April 1996 ± [X.], NJW1996, 1969, 1970).Der Senat braucht daher die weitere [X.]age, ob die Empfehlung des [X.] im Schriftsatz vom 10. August 1995, von der weiteren Rechtsverteidi-gung im Vorprozeû mangels Erfolgsaussicht abzusehen, mindestens objektiveine Pflichtverletzung darstellt, nicht zu entscheiden. Denn jedenfalls bestehtder von der [X.] behauptete Schaden nicht, da das [X.] vom20. Juli 1995 ± von dessen Folgen die [X.] [X.]eigestellt werden mchte ±nicht vollstreckbar ist. Die zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilte Aus-fertigung dieses Titels ist auf eine Klauselerinnerung nach § 732 ZPO einzu-ziehen (vgl. [X.]Z 15, 190, 191; Zller/Str, ZPO 22. Aufl. § 732 Rn 6).Kreft Stodolkowitz Ganter [X.] [X.]

Meta

IX ZR 100/99

17.01.2002

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2002, Az. IX ZR 100/99 (REWIS RS 2002, 4998)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 4998

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.