Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 21.04.2020, Az. 7 ABN 78/19

7. Senat | REWIS RS 2020, 390

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Beteiligung am Verfahren - Delegiertenwahl - Aufsichtsrat - Wahlanfechtung - Betriebsbegriff - Divergenz


Tenor

Die Beschwerden der Beteiligten zu 9., 33., 34., 35. und zu 36. gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des [X.] vom 5. August 2019 - 16 [X.] - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Wahl der Delegierten für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat.

2

Die Beteiligte zu 9. schloss mit der [X.] (im [X.] Beteiligte zu 33.) und der [X.] zum 1. Juli 2017 eine „Kooperationsvereinbarung zum Gemeinschaftsbetrieb“. Durch den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 8 (abgeschlossen zwischen den Beteiligten zu 9. und 33., der [X.] sowie dem [X.] und der [X.]) und den Landesbezirkstarifvertrag Nr. 8a (abgeschlossen zwischen den Beteiligten zu 9. und 33., der [X.] sowie dem [X.] und dem [X.] und [X.]), jeweils vom 21. November 2017 und zum 1. Juli 2017 in [X.] getreten, wurde auf Grundlage des § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zur Regelung der betriebsverfassungsrechtlichen Struktur im Gemeinschaftsbetrieb der Beteiligten zu 9., 33. und der [X.] vereinbart, dass im Gemeinschaftsbetrieb kein gemeinsamer Betriebsrat gewählt wird und stattdessen die Interessen der Arbeitnehmer der Beteiligten zu 9. und 33. einerseits und die Arbeitnehmer der [X.] andererseits jeweils durch einen eigenständigen Betriebsrat vertreten werden.

3

In der [X.] vom 19. bis 23. März 2018 fand die Wahl der Delegierten für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat der Beteiligten zu 9. statt. Die Beteiligten zu 1. bis 8. haben beantragt, die Nichtigkeit dieser Wahl festzustellen, hilfsweise die Wahl für unwirksam zu erklären. Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das [X.] hat dem Anfechtungsantrag mit der Begründung entsprochen, bei der Delegiertenwahl sei der [X.] verkannt worden. Die Wahl hätte nicht unter Berücksichtigung der in den [X.] Nr. 8 und Nr. 8a/2016 vereinbarten betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen durchgeführt werden dürfen. Diese Tarifverträge seien unwirksam, da sie nicht den Erfordernissen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entsprächen.

4

Das [X.] hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Dagegen wenden sich die [X.] (Beteiligte zu 33.), die [X.] (Beteiligte zu 34.), der [X.] (Beteiligter zu 35.) und der [X.] und [X.] (Beteiligter zu 36.) mit ihren auf § 547 Nr. 4 ZPO gestützten Nichtzulassungsbeschwerden und die Beteiligte zu 9. mit ihrer auf die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage, Divergenz und auf § 547 Nr. 4 ZPO gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

5

II. [X.] haben keinen Erfolg.

6

1. Die auf die unterbliebene Beteiligung durch das [X.] gestützte Nichtzulassungsbeschwerde der [X.] ist unbegründet. Der von der Beschwerde geltend gemachte absolute Revisionsgrund in entsprechender Anwendung von § 547 Nr. 4 ZPO (§§ 92a, 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 ArbGG) liegt nicht vor.

7

a) Nach § 547 Nr. 4 ZPO ist eine Entscheidung stets auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen, wenn eine [X.] in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat. Vor dem Hintergrund, dass der absolute Revisionsgrund nach § 547 Nr. 4 ZPO sich als besondere Ausprägung der Versagung rechtlichen Gehörs darstellt, ist diese Vorschrift entsprechend auch auf Dritte anwendbar, die entgegen zwingender Vorschriften an dem Verfahren nicht beteiligt wurden ([X.] 26. April 2018 - 8 [X.] 974/17 - Rn. 10, 13, [X.]E 162, 375; [X.] 30. Oktober 2002 - [X.]/00 - zu 1 der Gründe mwN; 27. März 2002 - [X.] - zu 4 der Gründe mwN; BVerwG 22. Januar 2016 - 5 PB 10.15 - Rn. 15). Dies gilt auch für die unterbliebene Anhörung eines Beteiligten im Beschlussverfahren.

8

b) Das [X.] hat die [X.] zu Recht nicht am Verfahren beteiligt.

9

aa) Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben im Beschlussverfahren ua. die Stellen ein Recht auf Anhörung, die im Einzelfall beteiligt sind. Beteiligt ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist ([X.] 15. Mai 2019 - 7 [X.] - Rn. 15).

bb) Die [X.] ist durch die begehrte Entscheidung nicht deshalb in ihrer Rechtsposition unmittelbar betroffen, weil sie mit der Beteiligten zu 9. einen gemeinsamen Betrieb unterhält und die Wirksamkeit der im Jahr 2018 im Gemeinschaftsbetrieb durchgeführten [X.] auch von der Wirksamkeit der Landesbezirkstarifverträge Nr. 8 und Nr. 8a/2016 abhängt. Vorliegend geht es um die Wirksamkeit der Wahl der Delegierten für die Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Beteiligten zu 9. Die Entscheidung darüber wirkt sich auf die Rechtsposition der [X.] nicht unmittelbar aus, da die Wirksamkeit der Landesbezirkstarifverträge Nr. 8 und Nr. 8a/2016 nur eine Vorfrage darstellt, die an der [X.] nicht teilnimmt. An dem Verfahren, das die [X.] betrifft (- 7 [X.] -), ist die [X.] beteiligt.

Die [X.] macht ohne Erfolg geltend, dass bei betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten in der Regel alle an einem Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen als Arbeitgeber beteiligt sind ([X.] 15. Mai 2007 - 1 [X.] - [X.]E 122, 280; 16. März 2005 - 7 [X.] - [X.]E 114, 110). Das beruht darauf, dass die an einem Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Unternehmen für den Gemeinschaftsbetrieb alle gemeinsam die Funktion des betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitgebers wahrnehmen. Durch die Wahl der Delegierten für die Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Beteiligten zu 9. ist die [X.] jedoch nicht in ihrer Funktion als betriebsverfassungsrechtlicher Arbeitgeber betroffen.

2. Die auf die unterbliebene Beteiligung durch das [X.] gestützten Nichtzulassungsbeschwerden der [X.], des [X.] und des [X.] und tarif-union, welche die Landesbezirkstarifverträge Nr. 8/2016 und Nr. 8a/2016 geschlossen haben, sind ebenfalls unbegründet.

a) Die begehrte Entscheidung über die Wirksamkeit der Delegiertenwahl betrifft die Beschwerdeführer nicht unmittelbar in ihrer durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie.

aa) Zwar ist der Abschluss eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt (vgl. [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] - Rn. 38, [X.]E 131, 277). Diese Abschlussfreiheit wird durch die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Delegiertenwahl jedoch nicht berührt, da die Wirksamkeit der Landesbezirkstarifverträge nur eine Vorfrage für diese Entscheidung ist und an der [X.] nicht teilnimmt. Mit der Entscheidung im vorliegenden Verfahren steht nicht bindend fest, dass die Landesbezirkstarifverträge Nr. 8/2016 und Nr. 8a/2016 unwirksam sind. Die Beschwerdeführer können die Frage, ob sie mit den [X.] Nr. 8/2016 und Nr. 8a/2016 eine betriebsratsfähige Einheit geschaffen haben, in einem Verfahren nach § 18 Abs. 2 [X.] klären lassen. Dieses Verfahren dient der Klärung der für die gesamte Betriebsverfassung grundsätzlichen Vorfrage, indem verbindlich festgelegt wird, welche Organisationseinheit als der Betrieb anzusehen ist, in dem ein Betriebsrat gewählt wird und in dem er seine Beteiligungsrechte wahrnehmen kann ([X.] 17. Mai 2017 - 7 [X.] - Rn. 13 mwN).

bb) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil den Tarifvertragsparteien als den „Beteiligten vor Ort“ mit der Neufassung des § 3 [X.] weitreichende und flexible Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden sollten, damit sie mit Hilfe von [X.] Arbeitnehmervertretungen schaffen können, die auf die besondere Struktur des jeweiligen Betriebs, Unternehmens, oder Konzerns zugeschnitten sind ([X.]. 14/5741 S. 33; [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] - Rn. 27, [X.]E 131, 277). Das bedeutet nicht, dass die Tarifvertragsparteien auch dann an einem Beschlussverfahren beteiligt sind, wenn die Wirksamkeit eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 [X.] nur eine Vorfrage für die begehrte Entscheidung ist. Die Beteiligung der Tarifvertragsparteien ist auch nicht erforderlich, um in einem Wahlanfechtungsverfahren darzulegen, dass die geschaffenen Betriebsstrukturen sachgerecht sind. Diesen Vortrag können die Betriebsparteien halten und dafür - soweit erforderlich - die notwendigen Informationen von den Tarifvertragsparteien einholen.

b) Die Beschwerdeführer berufen sich ohne Erfolg auf die Beteiligung der betroffenen Tarifvertragsparteien im Verfahren nach § 97 ArbGG (vgl. [X.] 26. Juni 2018 - 1 ABR 37/16 - Rn. 19, [X.]E 163, 108). Durch eine Entscheidung über ihre Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit sind die Tarifvertragsparteien unmittelbar in ihrer kollektivrechtlichen Rechtsposition betroffen.

c) Aus der Rechtsprechung des [X.] zu anderen Fallkonstellationen folgt nichts Gegenteiliges.

aa) In Verfahren nach § 98 ArbGG sind zwar die Tarifvertragsparteien, die den Tarifvertrag abgeschlossen haben, der für allgemeinverbindlich erklärt bzw. durch Rechtsverordnung erstreckt wurde, beteiligt. Diese Beteiligung ergibt sich aber schon aus den Antragsrechten der Tarifvertragsparteien nach § 5 [X.], §§ 7, 7a [X.] und § 3a [X.]. Die Tarifvertragsparteien sind dort unmittelbar in ihrer Rechtsstellung als Antragsteller berührt, wenn die Allgemeinverbindlichkeitserklärung oder Rechtsverordnung für (un)wirksam erklärt würde ([X.] 21. September 2016 - 10 ABR 33/15 - Rn. 80, [X.]E 156, 213).

bb) Es besteht auch kein Widerspruch zu der Entscheidung des Sechsten Senats vom 29. Juli 1982 (- 6 [X.] - zu II 6 a der Gründe, [X.]E 39, 259). Der Sechste Senat hat die Mitglieder einer Arbeitsgruppe an einem Verfahren beteiligt, dessen Gegenstand die Wirksamkeit des von der Arbeitsgruppe gefassten Beschlusses war. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht die Wirksamkeit der Landesbezirkstarifverträge Nr. 8 und Nr. 8a/2016, sondern die Wirksamkeit der Delegiertenwahl.

[X.]) Die Tarifvertragsparteien können sich auch nicht mit Erfolg auf die Senatsentscheidung vom 29. Juli 2009 (- 7 [X.] - [X.]E 131, 277) berufen. Der Senat hat sich in dieser Entscheidung nicht zu der Frage der Beteiligung geäußert.

3. Die auf die grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage, Divergenz und auf die unterbliebene Beteiligung der [X.], von [X.], dem [X.] und [X.] und [X.] gestützte Nichtzulassungsbeschwerde der Beteiligten zu 9. ist ebenfalls unbegründet.

a) Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage zuzulassen.

aa) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß §§ 92a, 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG die grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage geltend gemacht, muss der Beschwerdeführer dartun, dass die anzufechtende Entscheidung von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt und deren Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt (vgl. [X.] 14. April 2005 - 1 [X.] 840/04 - zu 2 c aa der Gründe mwN, [X.]E 114, 200). Eine Rechtsfrage ist eine Frage, die die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat ([X.] 24. Januar 2017 - 3 [X.] 822/16 - Rn. 10, 13). [X.] ist eine Rechtsfrage, wenn sie in der [X.] nach Maßgabe des Prozessrechts beantwortet werden kann. [X.] ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich noch nicht entschieden und ihre Beantwortung nicht offenkundig ist ([X.] 14. April 2005 - 1 [X.] 840/04 - aaO). Von allgemeiner Bedeutung ist die Rechtsfrage, wenn sie sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. [X.] 4. November 2008 - 1 BvR 2587/06 - Rn. 19 mwN). [X.] ist die Rechtsfrage, wenn sich das [X.] mit ihr befasst und sie beantwortet hat und seine Entscheidung von der Beantwortung abhing. Es genügt nicht, dass sich das [X.] nach Auffassung des Beschwerdeführers mit der Frage hätte befassen müssen (vgl. [X.] 13. Juni 2006 - 9 [X.] 226/06 - Rn. 11, [X.]E 118, 247).

bb) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

(1) Die auf Seite 12 der Beschwerdebegründung aufgezeigte Rechtsfrage,

        

„steht bei unveränderten betrieblichen Verhältnissen die rechtskräftige Verneinung der Unwirksamkeit einer auf der Basis eines Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] geschaffenen Betriebsstruktur in einem Anfechtungsverfahren der Bejahung der Unwirksamkeit wegen Verkennung des [X.]s in einem anderen - bezüglich derselben Betriebsstruktur geführten - Anfechtungsverfahren entgegen?“,

ist nicht entscheidungserheblich. Das [X.] hat sich mit dieser Frage nicht befasst. Das [X.] ist nicht davon ausgegangen, dass das Arbeitsgericht mit seiner Entscheidung über die Anfechtung der bei der [X.] durchgeführten [X.] in der Sache - 7 [X.] - die Unwirksamkeit der auf der Basis der Landesbezirkstarifverträge Nr. 8 und Nr. 8a/2016 geschaffenen Betriebsstruktur rechtskräftig verneint hat. Das [X.] hat vielmehr ausweislich seiner auf Seite 12 der Beschwerdebegründung wiedergegebenen Ausführungen angenommen, dass die Wirksamkeit der Landesbezirkstarifverträge Nr. 8 und Nr. 8a/2016 nur eine Vorfrage in dem vorausgegangenen Verfahren war.

(2) Die auf Seite 20 der Beschwerdebegründung aufgezeigte Rechtsfrage,

        

„ist die zur Anfechtung von [X.]en ergangene Rechtsprechung des [X.] zur Verkennung des [X.]s auf die Wahl von Delegierten nach dem Mitbestimmungsgesetz übertragbar?“,

ist nicht klärungsbedürftig. Zwar hat das [X.] noch nicht entschieden, dass die Wahl der Delegierten - ebenso wie die Wahl eines Betriebsrats - wegen Verkennung des [X.]s anfechtbar ist, wenn sie auf der Grundlage eines unwirksamen Tarifvertrags nach § 3 [X.] durchgeführt worden ist. Dies ist aber offenkundig und entspricht allgemeiner Ansicht im Schrifttum (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.] 4. Aufl. § 21 Rn. 23; [X.]/[X.] 20. Aufl. [X.] § 21 Rn. 2; WKS/[X.] 5. Aufl. [X.] § 21 Rn. 13), so dass divergierende Entscheidungen nicht zu erwarten sind.

(a) Das ergibt sich aus den Vorschriften für die Wahl der Delegierten und deren Anfechtung. Nach § 21 Abs. 1 [X.] kann die Wahl der Delegierten eines Betriebs beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Damit gelten für die Anfechtung der Wahl der Delegierten die gleichen Voraussetzungen wie für die Anfechtung einer [X.]. Nach § 10 Abs. 1 [X.] wählen in jedem Betrieb des Unternehmens die Arbeitnehmer in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl Delegierte. Danach erfolgt die Wahl der Delegierten - ebenso wie die Wahl des Betriebsrats - betriebsbezogen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] sind Betriebe im Sinne des [X.] solche des Betriebsverfassungsgesetzes. Damit ist der [X.] in § 3 Abs. 2 [X.] für das gesamte [X.], also auch für § 10 [X.], durch Bezugnahme auf das [X.] definiert.

(b) Die Offenkundigkeit wird durch die auf den Seiten 22 bis 26 der Beschwerdebegründung geäußerten Bedenken nicht in Frage gestellt.

(aa) Die Formulierung „Wahl der Delegierten eines Betriebs“ in § 21 Abs. 1 [X.] lässt nicht darauf schließen, dass der betriebliche Anknüpfungspunkt keiner gesonderten Überprüfung zugänglich sein soll. Die Formulierung beruht darauf, dass § 21 [X.] die Anfechtung der Wahl der Delegierten eines Betriebs ermöglicht. Diese Vorschrift soll eine gerichtliche Vorabprüfung von Rechtsverstößen bei der Wahl der Delegierten ermöglichen und dadurch vermeiden, dass Fehler bei der Wahl der Delegierten später zur Anfechtbarkeit der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach § 22 [X.] führen und eine Wiederholung dieser Wahl erforderlich machen (vgl. Begründung zu § 19 Reg.-Entwurf in [X.]. 7/2172 S. 25 f., [X.] 20. Februar 1991 - 7 [X.] - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 67, 254).

(bb) Die Beteiligte zu 9. verweist ohne Erfolg darauf, dass einzelne Handlungen des Wahlvorstands schon vor Abschluss der Wahl einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden können (vgl. zur Eintragung von Arbeitnehmern in die Wählerliste [X.] 25. August 1981 - 1 [X.] - zu [X.]I 3 a der Gründe, [X.]E 37, 31). Dies steht einer Anfechtung der Wahl der Delegierten nach § 21 [X.] wegen Verkennung des [X.]s nicht entgegen. Durch § 21 [X.] wird ein Zwischenabschnitt des gesamten Wahlverfahrens einer selbständigen nachträglichen Anfechtung zugänglich gemacht. Das Anfechtungsrecht wird durch das Recht, einzelne Handlungen des Wahlvorstands gerichtlich überprüfen und ggf. berichtigen zu lassen, nicht beschränkt. Insoweit gilt nichts anderes als bei der [X.].

([X.]) Der Übertragung der für die [X.] geltenden Grundsätze zur Verkennung des [X.]s steht auch nicht entgegen, dass Betriebsrat und Delegierte unterschiedliche Kompetenzen haben. Entscheidend ist der Zweck des § 21 [X.] zu vermeiden, dass Fehler bei der Wahl der Delegierten später zur Anfechtbarkeit der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer führen und eine Wiederholung dieser Wahl erforderlich machen.

([X.]) Der Umstand, dass die Wahl der Delegierten betriebsbezogen ist, spricht nicht gegen, sondern für die Übertragbarkeit der Grundsätze zur Verkennung des [X.]s bei der [X.] auf die Wahl von Delegierten nach dem Mitbestimmungsgesetz.

(ee) Soweit die Beteiligte zu 9. rügt, das [X.] habe sich nicht damit befasst, ob der [X.] das Wahlergebnis geändert hätte, rügt sie nur eine fehlerhafte Rechtsanwendung, die eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht rechtfertigen kann.

(3) Die auf Seite 27 der Beschwerdebegründung aufgezeigten Rechtsfragen,

        

„ist die Verkennung des [X.]s sowohl im Verfahren nach § 21 [X.] als auch im Verfahren nach § 22 [X.] einer gesonderten gerichtlichen Überprüfung zugänglich?,

        

ist eine gesonderte gerichtliche Überprüfung der Verkennung des [X.]s im Verfahren nach § 21 [X.] auch dann zulässig, wenn die Wahl der Arbeitnehmervertreter des Aufsichtsrats zum [X.]punkt der Entscheidung über die Delegiertenwahl abgeschlossen ist?,

        

ist eine gesonderte Überprüfung der Verkennung des [X.]s im Verfahren nach § 21 [X.] auch dann möglich, wenn die Wahl der Arbeitnehmervertreter des Aufsichtsrats zum [X.]punkt der Entscheidung über die Delegiertenwahl abgeschlossen ist und beide Anfechtungsverfahren von den gleichen [X.] betrieben werden?“,

sind nicht entscheidungserheblich.

Das [X.] hat ausgeführt, dass die Wahl der Delegierten und die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer jeweils eigenständig angefochten werden können. Eine Aussage dazu, ob die Verkennung des [X.]s sowohl im Verfahren nach § 21 [X.] als auch im Verfahren nach § 22 [X.] einer gesonderten gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist, lässt sich daraus nicht entnehmen.

Das [X.] hat sich auch nicht mit den Fragen befasst, ob und wie sich der Abschluss und die Anfechtung der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer auf ein Verfahren nach § 21 [X.] auswirkt. Es hat nicht einmal festgestellt, dass die Wahl der Aufsichtsmitglieder der Arbeitnehmer abgeschlossen und angefochten ist.

(4) Die auf Seite 32 der Beschwerdebegründung aufgezeigte Rechtsfrage,

        

„ist es bei einer angeblichen - mehrere Betriebe betreffenden - Verkennung des [X.]s zulässig, lediglich die Delegiertenwahl in einem Betrieb anzufechten?“,

ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Das [X.] hat sich mit dieser Frage nicht befasst. Das [X.] hat hierzu - worauf die Beschwerde selbst hinweist - keine Ausführungen gemacht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dieser Rechtssatz der Entscheidung des [X.]s zugrunde liegt. Das [X.] hat nicht festgestellt, dass in dem durch die Landesbezirkstarifverträge festgelegten Betrieb der [X.] Delegierte für die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer gewählt worden sind. In dem tatbestandlichen Teil des Beschlusses heißt es vielmehr, dass die Arbeitnehmer der [X.] (unstreitig) an der Wahl der Delegierten für die [X.] nicht teilgenommen haben.

(5) Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht wegen der auf Seite 35 f. der Beschwerdebegründung aufgezeigten Fragen,

        

„kann ein gemeinsamer Betrieb durch Strukturtarifverträge auf der Basis von § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] in separate Einheiten getrennt werden, die als Betriebe gelten?,

        

ist an der Rechtsprechung des Senats vom 13. März 2013 (- 7 [X.] -) festzuhalten?“,

zuzulassen.

(a) Die erste Frage ist nicht entscheidungserheblich. Das [X.] hat entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 9. diese Frage nicht pauschal verneint. Das zeigt schon seine Prüfung der konkreten Rahmenbedingungen.

(b) Bei der zweiten Frage handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage. Die Frage hat nicht die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand.

b) Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen Divergenz zuzulassen.

aa) Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde eine Divergenz iSv. § 92a Satz 1, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG die Entscheidung bezeichnen, von der die anzufechtende Entscheidung abweicht. Eine Abweichung iSv. § 92a Satz 1, § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG setzt voraus, dass das [X.] zu einer Rechtsfrage einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem abstrakten Rechtssatz abweicht, den eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG abschließend genannten Gerichte zu der gleichen Rechtsfrage aufgestellt hat. Ein Rechtssatz ist aufgestellt, wenn das Gericht seiner Subsumtion einen Obersatz voranstellt, der über den Einzelfall hinaus für vergleichbare Sachverhalte Geltung beansprucht. Der abstrakte Rechtssatz muss vom [X.] nicht ausdrücklich formuliert sein, sondern kann sich als „verdeckter Rechtssatz“ auch aus fallbezogenen Ausführungen ergeben. [X.] der Beschwerdeführer das geltend machen, muss er, sofern dies nicht offensichtlich ist, konkret begründen, warum den fallbezogenen Ausführungen zwingend ein bestimmter abstrakter Rechtssatz zugrunde liegt. Die anzufechtende Entscheidung muss außerdem auf der Divergenz beruhen. Das ist dann der Fall, wenn das [X.] bei Anwendung des Rechtssatzes aus der herangezogenen Entscheidung möglicherweise eine andere dem Beschwerdeführer günstigere Entscheidung getroffen hätte ([X.] 15. August 2012 - 7 [X.] 956/12 - Rn. 2 mwN).

bb) Gemessen daran ist die Rechtbeschwerde nicht wegen Divergenz zuzulassen. Es fehlt bereits an der Darlegung eines konkreten Rechtssatzes, den das [X.] mit den zitierten fallbezogenen Ausführungen aufgestellt haben soll.

c) Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil das [X.] die [X.], die [X.], den [X.] und den [X.] und [X.] nicht an dem Verfahren beteiligt hat. Das gilt schon deshalb, weil der [X.] des § 547 Nr. 4 ZPO nur von der unzureichend vertretenen [X.] geltend gemacht werden kann ([X.] 22. Dezember 2016 - [X.]/15 - Rn. 5; vgl. zur Nichtigkeitsklage nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO [X.] 15. Mai 2007 - [X.]/05 - [X.]Z 172, 250). Ebenso kann sich nur der zu Unrecht nicht zum Verfahren hinzugezogene Beteiligte auf den [X.] nach § 547 Nr. 4 ZPO analog berufen. Im Übrigen hat das [X.] zu Recht von einer Beteiligung der [X.], von [X.], [X.] und [X.] und des [X.] abgesehen.

        

    Gräfl    

        

    Waskow    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    Olaf Deinert    

        

    H. Hansen    

                 

Meta

7 ABN 78/19

21.04.2020

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABN

vorgehend ArbG Frankfurt, 11. Oktober 2018, Az: 20 BV 209/18, Beschluss

§ 1 TVG, § 3 Abs 1 Nr 3 BetrVG, Art 9 Abs 3 GG, § 547 Nr 4 ZPO, § 83 Abs 3 ArbGG, § 92a ArbGG, § 72 Abs 2 Nr 1 ArbGG, § 72a Abs 3 S 2 Nr 1 ArbGG, § 21 Abs 1 MitbestG, § 3 Abs 2 S 1 MitbestG, § 10 MitbestG, § 72 Abs 2 Nr 2 ArbGG, § 72a Abs 3 S 2 Nr 2 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 21.04.2020, Az. 7 ABN 78/19 (REWIS RS 2020, 390)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 390

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Wird zitiert von

B 5 RE 2/20 B

Zitiert

1 ABR 37/16

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