Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16.01.2018, Az. 7 ABR 21/16

7. Senat | REWIS RS 2018, 15582

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Gegenstand

Betriebsratswahl - Anfechtung - Gemeinschaftsbetrieb


Leitsatz

Ein Arbeitgeber ist berechtigt, die ausschließlich für seine Arbeitnehmerschaft durchgeführte Betriebsratswahl auch dann allein anzufechten, wenn er die Anfechtung darauf stützt, dass ein einheitlicher Betriebsrat für einen mit einem anderen Unternehmen geführten Gemeinschaftsbetrieb hätte gewählt werden müssen. Die Wahl muss nicht von allen an dem behaupteten Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Arbeitgebern gemeinsam angefochten werden.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der zu 1. beteiligten Arbeitgeberin wird der Beschluss des [X.] vom 14. Januar 2016 - 5 TaBV 33/15 - aufgehoben, soweit der Antrag, die Wahl des zu 2. beteiligten Betriebsrats vom 28./29. April 2014 für unwirksam zu erklären, abgewiesen wurde.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten im Rahmen einer Wahlanfechtung darüber, ob die zu 1. und zu 4. beteiligten Arbeitgeberinnen einen gemeinsamen [X.]etrieb führen.

2

Die Arbeitgeberin zu 1. betreibt im Auftrag der Region [X.] sowie des [X.] und der [X.]tadt [X.] gemäß § 5 [X.]. [X.]ie unterhält zu diesem Zweck einzelne Rettungswachen in [X.], [X.], [X.] und [X.]r sowie vier Fahrzeugstandorte im [X.]tadtgebiet [X.]. Die Arbeitgeberin zu 4. nimmt ebenfalls Aufgaben des Rettungsdienstes, [X.] und weiterer [X.] Dienste wahr. [X.]ie unterhält Rettungswachen am [X.]auptsitz in [X.] und ist zudem in [X.] sowie [X.]e (Landkreis [X.]) tätig.

3

Die Arbeitgeberinnen, deren jeweiliger [X.]itz sich unter derselben Adresse in [X.] befindet, haben denselben [X.]eschäftsführer und unterhalten eine gemeinsame [X.]ersonalabteilung und Lohnbuchhaltung. [X.]ie beschäftigten im April/Mai 2014 jeweils ca. 200 [X.]tammarbeitnehmer sowie einige Arbeitnehmer der jeweils anderen [X.]esellschaft als Aushilfen im Rahmen geringfügiger [X.]eschäftigungsverhältnisse.

4

Am 28./29. April 2014 wählten die bei der Arbeitgeberin zu 1. angestellten Arbeitnehmer einen aus sieben [X.]ersonen bestehenden [X.]etriebsrat. Das Wahlergebnis wurde am 6. Mai 2014 bekannt gegeben. Mit [X.]chriftsatz vom 13. Mai 2014, beim Arbeitsgericht eingegangen am 20. Mai 2014, hat die Arbeitgeberin zu 1. die [X.]etriebsratswahl angefochten. Am 12. Mai 2014 wählten die bei der zu 4. beteiligten Arbeitgeberin angestellten Arbeitnehmer einen ebenfalls siebenköpfigen [X.]etriebsrat. Das Wahlergebnis wurde am 17. Mai 2014 bekannt gegeben. Mit Antragsschrift vom 30. Mai 2014, beim Arbeitsgericht am selben Tag eingegangen, hat die [X.]eteiligte zu 4. die [X.]etriebsratswahl angefochten.

5

Die Arbeitgeberinnen haben die Auffassung vertreten, die Wahlen seien unter Verkennung des [X.]etriebsbegriffs erfolgt und daher unwirksam. [X.]ie führten einen [X.]emeinschaftsbetrieb. Es hätte daher ein einheitlicher, aus neun Mitgliedern bestehender [X.]etriebsrat gewählt werden müssen.

6

Die Arbeitgeberin zu 1. hat beantragt,

        

die [X.]etriebsratswahl des [X.]etriebsrats der [X.]eteiligten zu 1. vom 28./29. April 2014 für unwirksam zu erklären.

7

Die Arbeitgeberin zu 4. hat beantragt,

        

die [X.]etriebsratswahl des [X.]etriebsrats der [X.]eteiligten zu 4. vom 12. Mai 2014 für unwirksam zu erklären.

8

Die zu 2. und zu 3. beteiligten [X.]etriebsräte haben beantragt, die Anträge abzuweisen. [X.]ie haben die Ansicht vertreten, da die Arbeitgeberinnen geltend machten, einen [X.]emeinschaftsbetrieb zu führen, seien sie nicht jeweils allein anfechtungsberechtigt. Vielmehr hätten die Arbeitgeberinnen zu 1. und zu 4. jede der beiden Wahlen gemeinsam anfechten müssen.

9

Das Arbeitsgericht hat den Wahlanfechtungsanträgen der zu 1. und zu 4. beteiligten Arbeitgeberinnen stattgegeben. [X.]egen diesen [X.]eschluss haben die zu 2. und zu 3. beteiligten [X.]etriebsräte [X.]eschwerde eingelegt. Das [X.] hat die [X.]eschwerde des zu 3. beteiligten [X.]etriebsrats mangels [X.]egründung als unzulässig verworfen. Auf die [X.]eschwerde des zu 2. beteiligten [X.]etriebsrats hat das [X.] den Antrag der Arbeitgeberin zu 1., die Wahl des zu 2. beteiligten [X.]etriebsrats vom 28./29. April 2014 für unwirksam zu erklären, abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin zu 1. ihren [X.] weiter. Die [X.]etriebsräte beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

[X.]ei der [X.]eteiligten zu 4. wurde zwischenzeitlich erneut eine [X.]etriebsratswahl durchgeführt. Die Wahl wurde von beiden Arbeitgeberinnen gemeinsam angefochten. [X.]erüber ist bislang nicht rechtskräftig entschieden.

[X.]. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin zu 1. ist begründet. [X.]ie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der [X.]ache an das [X.], soweit dieses den Antrag der Arbeitgeberin zu 1., die Wahl des zu 2. beteiligten [X.]etriebsrats vom 28./29. April 2014 für unwirksam zu erklären, abgewiesen hat.

I. Neben der Arbeitgeberin zu 1. als Antragstellerin sind der [X.]etriebsrat zu 2., dessen Wahl angefochten wurde, die Arbeitgeberin zu 4. sowie der von deren [X.]elegschaft inzwischen neu gewählte [X.]etriebsrat als [X.] des ursprünglich zu 3. beteiligten [X.]etriebsrats an dem Verfahren beteiligt.

1. § 83 Abs. 3 Arb[X.][X.] regelt nicht selbst, wer [X.]eteiligter des jeweiligen Verfahrens ist. Die Vorschrift ordnet lediglich an, dass die genannten [X.]ersonen und [X.]tellen zu hören sind. Maßgeblich ist, welche [X.]ersonen oder [X.]tellen durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen, personalvertretungsrechtlichen oder mitbestimmungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen werden. Die [X.]eteiligung an einem arbeitsgerichtlichen [X.]eschlussverfahren richtet sich nach materiellem Recht, ohne dass es einer darauf gerichteten [X.]andlung der [X.]erson oder [X.]telle oder des [X.]erichts bedarf ([X.]A[X.] 9. Dezember 2008 - 1 A[X.]R 75/07 - Rn. 13, [X.]A[X.]E 128, 358). Für das [X.] ist entscheidend, wer materiell-rechtlich berechtigt oder verpflichtet ist. [X.]eht im Laufe eines [X.]eschlussverfahrens die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der verfahrensgegenständlichen Rechte auf ein anderes betriebsverfassungsrechtliches [X.]remium über, wird dieses [X.]eteiligter des anhängigen [X.]eschlussverfahrens. Endet aufgrund einer Neuwahl das Amt eines [X.]etriebsrats, wird nach dem [X.]rinzip der Funktionsnachfolge und dem [X.]rundgedanken der Kontinuität betriebsverfassungsrechtlicher Interessenvertretungen der neu gewählte [X.]etriebsrat [X.] seines Vorgängers und tritt in dessen [X.]eteiligtenstellung in einem arbeitsgerichtlichen [X.]eschlussverfahren ein ([X.]A[X.] 22. August 2017 - 1 A[X.]R 52/14 - Rn. 13; 8. Dezember 2010 - 7 A[X.]R 69/09 - Rn. 11 mwN). Die [X.]eteiligtenbefugnis ist vom [X.]ericht in jeder Lage des Verfahrens - auch noch in der [X.] - von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen (vgl. [X.]A[X.] 23. Juli 2014 - 7 A[X.]R 23/12 - Rn. 13; 9. Juli 2013 - 1 A[X.]R 17/12 - Rn. 11).

2. Der ursprünglich zu 3. beteiligte [X.]etriebsrat ist aufgrund der rechtskräftigen Anfechtung seiner Wahl nicht mehr am Verfahren beteiligt. An seiner [X.]telle ist der von den Arbeitnehmern der Arbeitgeberin zu 4. neu gewählte [X.]etriebsrat als [X.] des ursprünglich zu 3. beteiligten [X.]etriebsrats an dem vorliegenden Verfahren beteiligt. Zwar ist die Neuwahl dieses [X.]etriebsrats [X.]egenstand eines von den Arbeitgeberinnen betriebenen gesonderten Anfechtungsverfahrens. Dies schließt es aber nicht aus, dass der neu gewählte [X.]etriebsrat von der Entscheidung in dem vorliegenden Verfahren in seiner betriebsverfassungsrechtlichen [X.]tellung unmittelbar betroffen sein könnte. [X.]ollte die Wahl des zu 2. beteiligten [X.]etriebsrats im vorliegenden Verfahren wegen Verkennung des [X.]etriebsbegriffs für unwirksam erklärt werden, könnte sich diese Entscheidung auf das beim Arbeitsgericht anhängige gesonderte, die Neuwahl betreffende Anfechtungsverfahren auswirken. Aus diesem [X.]rund ist auch die Arbeitgeberin zu 4. weiterhin an dem vorliegenden Verfahren beteiligt.

II. Das [X.] hat den [X.] der Arbeitgeberin zu 1. mit einer rechtsfehlerhaften [X.]egründung abgewiesen.

1. Nach § 19 Abs. 1 [X.]etrV[X.] kann die Wahl des [X.]etriebsrats beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine [X.]erichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im [X.]etrieb vertretene [X.]ewerkschaft oder der Arbeitgeber (§ 19 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.]etrV[X.]). Die Wahlanfechtung ist binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der [X.]ekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig (§ 19 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.]etrV[X.]).

2. Die formellen Voraussetzungen der Anfechtung sind erfüllt.

a) Die Arbeitgeberin zu 1. hat die [X.]etriebsratswahl vom 28./29. April 2014 gemäß § 19 Abs. 2 [X.]atz 2 [X.]etrV[X.] binnen zwei Wochen nach [X.]ekanntgabe des Wahlergebnisses angefochten. Das Wahlergebnis wurde am 6. Mai 2014 bekannt gemacht. Die Antragsschrift ging am 20. Mai 2014 und damit rechtzeitig beim Arbeitsgericht ein.

b) Entgegen der Auffassung des [X.]s ist die Arbeitgeberin zu 1. anfechtungsberechtigt.

aa) Das [X.] hat angenommen, die Arbeitgeberin zu 1. sei nicht allein zur Anfechtung der Wahl des zu 2. beteiligten [X.]etriebsrats vom 28./29. April 2014 berechtigt. [X.]ie hätte die Wahl vielmehr gemeinsam mit der Arbeitgeberin zu 4. anfechten müssen, wenn sie der Auffassung sei, dass sie mit dieser einen gemeinsamen [X.]etrieb führe, für den ein einheitlicher [X.]etriebsrat hätte gewählt werden müssen. [X.]etriebsverfassungsrechtlich sei Arbeitgeber stets derjenige, der die Rechtsbeziehung zum [X.]etriebsrat unterhalte. Dies sei „im Normalfall“ der Arbeitgeber, in dessen [X.]etrieb der [X.]etriebsrat gewählt wurde und der damit Ansprechpartner des [X.]etriebsrats sei. Ein Arbeitgeber sei aber dann nicht allein zur Anfechtung einer [X.]etriebsratswahl berechtigt, wenn er geltend mache, es hätte mit den bei einem anderen Arbeitgeber angestellten Arbeitnehmern ein einheitlicher [X.]etriebsrat für einen [X.]emeinschaftsbetrieb gewählt werden müssen. Dann müssten alle an dem behaupteten [X.]emeinschaftsbetrieb beteiligten Arbeitgeber die Wahl gemeinsam anfechten.

bb) Diese [X.]egründung hält einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand. Ein Arbeitgeber ist befugt, die ausschließlich für seine Arbeitnehmerschaft durchgeführte [X.]etriebsratswahl auch dann allein anzufechten, wenn er die Anfechtung darauf stützt, dass ein einheitlicher [X.]etriebsrat für einen mit einem anderen Unternehmen geführten [X.]emeinschaftsbetrieb hätte gewählt werden müssen (aA Kreutz [X.]K-[X.]etrV[X.] 11. Aufl. § 19 Rn. 83).

(1) Nach § 19 Abs. 2 [X.]atz 1 [X.]etrV[X.] ist „der Arbeitgeber“ zur Anfechtung der Wahl berechtigt. Arbeitgeber ist derjenige, dessen [X.]elegschaft den [X.]etriebsrat gewählt hat und durch diesen repräsentiert wird. Ihn betrifft das durch die Wahl begründete betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis. Er hat daher ein schutzwürdiges Interesse daran, das durch eine fehlerhafte Wahl nicht ordnungsgemäß begründete Rechtsverhältnis im Wege der Anfechtung zu beenden (vgl. [X.]A[X.] 28. November 1977 - 1 A[X.]R 36/76 - zu II 2 a der [X.]ründe, [X.]A[X.]E 29, 392). [X.]is zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtung der Wahl ist als betriebsverfassungsrechtlicher Ansprechpartner des [X.]etriebsrats derjenige anzusehen, für dessen Arbeitnehmer die Wahl des [X.]etriebsrats ausgeschrieben und durchgeführt wurde. Dieser [X.]etriebsrat bleibt - auch wenn die Wahl nicht ordnungsgemäß erfolgt ist - bis zur Rechtskraft einer dem [X.] stattgebenden Entscheidung mit [X.] betriebsverfassungsrechtlichen [X.]efugnissen im Amt ([X.]A[X.] 27. Juli 2011 - 7 A[X.]R 61/10 - Rn. 32, [X.]A[X.]E 138, 377; [X.] 28. Aufl. § 19 Rn. 49 mwN). Während dieser [X.] repräsentiert er die Arbeitnehmerschaft, für die er gewählt worden ist. Für diese nimmt er die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und [X.]flichten wahr. Dies gilt auch dann, wenn der [X.]etriebsrat unter Verkennung des [X.]etriebsbegriffs für einen Teil der [X.]elegschaft eines [X.]emeinschaftsbetriebs gewählt wurde. [X.]einem betriebsverfassungsrechtlichen Ansprechpartner steht das Recht zu, die Wahl anzufechten.

(2) Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Ersten [X.]enats des [X.]undesarbeitsgerichts die in einem gemeinsamen [X.]etrieb mehrerer rechtlich selbständiger, durch eine [X.][X.][X.]-[X.]esellschaft verbundener Arbeitgeber durchgeführte [X.]etriebsratswahl nur von [X.] an der [X.][X.][X.]-[X.]esellschaft beteiligten Rechtsträgern gemeinsam angefochten werden kann ([X.]A[X.] 28. November 1977 - 1 A[X.]R 36/76 - [X.]A[X.]E 29, 392). Dies betrifft eine andere Fallkonstellation als die vorliegende, da hier nicht eine für die [X.]eschäftigten mehrerer Rechtsträger durchgeführte [X.]etriebsratswahl angefochten und das [X.]estehen eines [X.]emeinschaftsbetriebs unzweifelhaft ist, sondern die für die Arbeitnehmerschaft eines einzelnen Rechtsträgers erfolgte Wahl angefochten und das [X.]estehen eines [X.]emeinschaftsbetriebs streitig ist. Nach der Rechtsprechung des [X.]enats kann die Anfechtung durch alle an einem [X.]emeinschaftsbetrieb beteiligten Rechtsträger [X.]falls dann verlangt werden, wenn die Existenz der unternehmensübergreifenden Organisationseinheit, für die die Arbeitnehmervertretung gewählt wurde, unstreitig feststeht, nicht jedoch, wenn die Wahlanfechtung gerade auf das Fehlen einer unternehmensübergreifenden Organisationseinheit gestützt und geltend gemacht wird, es hätten gesonderte Wahlen für die [X.]etriebsstätten der jeweiligen Rechtsträger durchgeführt werden müssen ([X.]A[X.] 10. November 2004 - 7 A[X.]R 17/04  - zu [X.] I 1 a der [X.]ründe). Auch bei der vorliegenden Fallkonstellation steht die Existenz einer unternehmensübergreifenden Organisationseinheit nicht fest, sondern ist zwischen den [X.]eteiligten streitig. Jedenfalls in einer solchen [X.]ituation ist der Rechtsträger, für dessen Arbeitnehmer ein [X.]etriebsrat gewählt wurde, allein zur Anfechtung der Wahl berechtigt. Er ist dazu nicht auf die Mitwirkung der anderen an dem etwaigen [X.]emeinschaftsbetrieb beteiligten Rechtsträger angewiesen.

Dieses Verständnis steht auch mit der neueren Rechtsprechung des [X.]enats im Einklang, dass nicht zwingend sämtliche in einem [X.]emeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen erfolgte [X.]etriebsratswahlen angefochten werden müssen, wenn statt eines einheitlichen [X.]etriebsrats für die [X.]elegschaften jedes einzelnen Unternehmens zeitlich versetzt gesonderte [X.]etriebsräte gewählt worden sind und eine von Arbeitgeberseite betriebene Wahlanfechtung auf die Verkennung des [X.]etriebsbegriffs gestützt wird (vgl. hierzu [X.]A[X.] 22. November 2017 - 7 A[X.]R 40/16 - unter Aufgabe von [X.]A[X.] 31. Mai 2000 - 7 A[X.]R 78/98 - zu [X.] II 1 der [X.]ründe, [X.]A[X.]E 95, 15 und 7. Dezember 1988 - 7 A[X.]R 10/88 - juris-Rn. 16, [X.]A[X.]E 60, 276; offengelassen von [X.]A[X.] 21. [X.]eptember 2011 - 7 A[X.]R 54/10 - [X.]A[X.]E 139, 197).

(3) Dieser Auslegung des § 19 Abs. 2 [X.]etrV[X.] steht entgegen der Auffassung des [X.]s nicht die [X.]efahr widersprechender Entscheidungen entgegen. Diese [X.]efahr besteht auch dann, wenn mehrere [X.]etriebsratswahlen in mehreren jeweils gesondert geführten [X.]eschlussverfahren von [X.] an dem behaupteten [X.]emeinschaftsbetrieb beteiligten Rechtsträgern gemeinsam angefochten werden. Auch nach der Lösung des [X.]s lässt sich die Möglichkeit, dass einander widersprechende rechtskräftige Entscheidungen ergehen, nicht ausschließen. Dies zeigt exemplarisch der vorliegende Fall. Das Arbeitsgericht hatte beiden Wahlanfechtungsanträgen stattgegeben. Das [X.] hat den gegen die Wahl des zu 2. beteiligten [X.]etriebsrats gerichteten Antrag auf die zulässige [X.]eschwerde des zu 2. beteiligten [X.]etriebsrats abgewiesen, während die [X.]eschwerde des zu 3. beteiligten [X.]etriebsrats mangels ordnungsgemäßer [X.]egründung als unzulässig verworfen wurde mit der Folge, dass seine Wahl rechtskräftig für unwirksam erklärt ist. Ein solches Ergebnis kann auch eintreten, wenn alle Rechtsträger eines behaupteten [X.]emeinschaftsbetriebs sämtliche dort durchgeführten [X.]etriebsratswahlen gemeinsam in einem [X.]eschlussverfahren angefochten haben.

cc) Danach ist die Arbeitgeberin zu 1. entgegen der Auffassung des [X.]s berechtigt, die am 28./29. April 2014 durchgeführte Wahl des zu 2. beteiligten [X.]etriebsrats anzufechten, da die Wahl ausschließlich für ihre Arbeitnehmerschaft erfolgt ist.

III. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der [X.]ache an das [X.] (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 [X.]atz 1 Z[X.]O). Der [X.]enat kann nicht abschließend beurteilen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Wahlanfechtung vorliegen. Das [X.] hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Arbeitgeberinnen bei der Wahl des zu 2. beteiligten [X.]etriebsrats am 28./29. April 2014 einen [X.]emeinschaftsbetrieb führten. Der [X.]enat kann daher nicht abschließend entscheiden, ob die Wahl unter Verkennung des [X.]etriebsbegriffs erfolgt ist. Die [X.]egriffe „[X.]etrieb“ und „[X.]emeinschaftsbetrieb“ sind unbestimmte Rechtsbegriffe. [X.]ei der [X.]eurteilung, ob mehrere Unternehmen einen gemeinsamen [X.]etrieb führen, steht dem [X.]ericht der Tatsacheninstanz ein [X.]eurteilungsspielraum zu. Die Würdigung des [X.]s ist in der [X.] nur darauf überprüfbar, ob es den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungsgrundsätze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer [X.] gelassen hat (vgl. etwa [X.]A[X.] 23. November 2016 - 7 A[X.]R 3/15 - Rn. 35 mwN). Diese rechtsbeschwerderechtliche Überprüfung erfordert abschließende Tatsachenfeststellungen und eine sich daran anschließende Würdigung des [X.]s. Dies ist vom [X.] nachzuholen.

        

    [X.]räfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Kley    

        

    [X.]    

                 

Meta

7 ABR 21/16

16.01.2018

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG Hannover, 20. März 2015, Az: 6 BV 5/14, Beschluss

§ 19 Abs 1 BetrVG, § 19 Abs 2 S 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 16.01.2018, Az. 7 ABR 21/16 (REWIS RS 2018, 15582)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15582

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