Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.10.2014, Az. VIII ZR 34/14

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2074

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 34/14
vom

21. Oktober
2014

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 286 Abs. 1 B
Von einer Beweiserhebung darf grundsätzlich nicht bereits deswegen abgesehen werden, weil die [X.] keine schlüssige Erklärung dafür liefert, weswegen eine von ihr behauptete mündliche oder stillschweigende Vereinbarung keinen Eingang in den schriftlichen Vertrag gefunden hat. Denn der Grad der Wahr-scheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ist für den Umfang der Darlegungslast regelmäßig ohne Bedeutung (im [X.] an Senatsbeschluss vom 25.
Oktober 2011 -
VIII
ZR 125/11, [X.], 382 Rn.
23). Das Fehlen einer schlüssigen Erklä-rung spielt daher in aller Regel erst im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung des Prozessstoffs eine Rolle.

[X.], Beschluss vom 21. Oktober 2014 -
VIII ZR 34/14 -
KG [X.]

LG [X.]

-
2
-

Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 21. Oktober 2014
durch die
Vorsitzende Richterin [X.],
die Richterin [X.], [X.]
[X.], die Richterin
Dr. [X.] und den Richter Kosziol
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der
[X.]
wird das Urteil des Kammergerichts
vom 20. Januar 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das
Beru-fungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das [X.] wird auf bis zu 25.000 festgesetzt.

Gründe:
I.
Die Beklagte mietete von der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit [X.] Mietvertrag vom 17. November 1975 Räume
im Erdgeschoss und
im Kellergeschoss eines in [X.] gelegenen Anwesens. Der Vertrag wurde unter Verwendung eines Mietvertragsformulars mit der Überschrift "Mietvertrag für gewerbliche Räume"
geschlossen.
Die Räume im Erdgeschoss wurden aus-weislich § 1 des Mietvertrags "zum Betrieb eines Ateliers"
und die Kellerräume zu Lagerzwecken vermietet. Gemäß § 2 des Mietvertrags sollte das Mietver-hältnis mit Ablauf des 30. November 1980 enden, sich aber jeweils um ein Jahr 1
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verlängern, falls nicht eine der [X.]en bis spätestens drei Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widersprechen sollte.
Die zuletzt geschuldete

Mit Schreiben vom 17. August 2011 widersprach
die Klägerin über ihre Hausverwaltung der Fortsetzung des Mietverhältnisses über den 30. November 2011 hinaus. Die Beklagte berief sich auf das Vorliegen eines Wohnraummiet-verhältnisses
und auf die Einhaltung der insoweit geltenden [X.].
Der daraufhin von der Klägerin erhobenen
Klage auf Räumung und Her-ausgabe der Mietsache und zusätzlich -
für den Fall, dass das Gericht diesem Begehren stattgeben sollte
-
anhängig gemachten Klage auf Zahlung einer mo-

hat das [X.] in vollem Umfang stattgegeben. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete Berufung der [X.] zurückgewiesen und dabei im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Räumung und Herausgabe des Mietobjekts
an die Klägerin und die anschließend
von dieser abgegebene Erledigungserklärung festgestellt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich des [X.] in der Hauptsache erledigt habe. Die Revision hat es
nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die
Beklagte
mit ihrer Nichtzulassungsbe-schwerde.

II.
Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Ent-2
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scheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der
Be-klagten
auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs.
1
GG).
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, so-weit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im [X.] ausgeführt:
Das zwischen den [X.]en bestehende Mietverhältnis sei aufgrund der Erklärung der Klägerin vom 17. August 2011 gemäß § 2 des Mietvertrags mit Ablauf des 30. November 2011 beendet worden. Die genannte Regelung
sei wirksam, denn zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der [X.] sei am 17. November 1975 ein Mietvertrag über Gewerberäume und nicht über Wohnräume geschlossen worden. Ausweislich der schriftlichen [X.], der die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zukomme, seien die Räumlichkeiten der [X.] "zum Betrieb eines Ateliers" überlassen worden.
Das [X.] habe zu Recht davon abgesehen, dem unter Beweis gestellten Vortrag der [X.] nachzugehen, die Vertragsparteien seien [X.] dem Inhalt des schriftlichen Mietvertragsformulars
von Anfang an über-einstimmend von einer reinen Wohnnutzung ausgegangen.
Das Vorbringen der [X.] sei bereits widersprüchlich. Einerseits habe sie unter Beweisantritt vorgetragen, es sei von Anfang an der Abschluss eines [X.] vereinbart worden.
Andererseits habe sie behauptet, die Mieträume seien bei der Anmietung zur Wohnraumnutzung nicht geeignet gewesen; erst kurze [X.] später sei unter anderem ein Bad eingebaut worden, wonach sich das [X.] in ein Mietverhältnis über Wohnraum umgewandelt habe.

Abgesehen von dieser Widersprüchlichkeit
ergebe sich aus dem [X.] der [X.] auch nicht, weshalb die Mietvertragsparteien, wenn oh-nehin unmittelbar nach Vertragsbeginn ein Bad eingebaut worden sei, nicht von 5
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vornherein einen Vertrag über die Anmietung von Wohnräumen unterzeichnet hätten. Das verwendete
Vertragsformular sehe lediglich eine Nutzung zu dem dort genannten gewerblichen Zweck vor.
Die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass und weshalb die Mietvertragsparteien einen Vertrag mit bei ei-nem Wohnraummietverhältnis teilweise unwirksamen Klauseln abgeschlossen haben sollten, obwohl angeblich für alle Beteiligten eine Wohnraumnutzung er-sichtlich und zeitnah gewollt gewesen sei.
Sie habe insoweit lediglich vorgetra-gen, es sei "von Anfang an ein Wohnungsmietvertrag vereinbart"
gewesen und habe sich zum Beweis dieser Behauptung auf den Zeugen R.

berufen.
Dass die Vertragsparteien nach dem anfänglichen Abschluss eines [X.] das Vertragsverhältnis später übereinstimmend in ein Wohnraummietverhältnis umgewandelt hätten, sei dem Vorbringen der [X.] ebenfalls nicht ausreichend zu entnehmen.
Sie habe weder dargelegt, wann eine solche Nutzungsänderung erfolgt sein solle, noch dass und wodurch der Wille insbesondere der Vermieterin erkennbar geworden wäre, den Mietvertrag nun den -
vor allem hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeiten und der Mieter-höhungen strengeren -
Vorschriften des Wohnraummietrechts zu unterstellen.
Der ursprüngliche Mietvertrag vom 17. November 1975 sei schließlich auch nicht infolge einer am 20. Juli 1994 von der Rechtsvorgängerin der Kläge-rin abgegebenen Erklärung beendet worden. Wie das [X.] zutreffend ausgeführt habe, sei der in diesem Schreiben
ausgesprochene Widerspruch gegen
eine Verlängerung des Mietverhältnisses unter der -
zulässigen und nicht eingetretenen -
Potestativbedingung erklärt worden, dass die Beklagte nicht bereit gewesen wäre, das Vertragsverhältnis zu der dort
verlangten höheren Miete fortzusetzen.
Da das Mietverhältnis weitergelaufen sei, komme es auf das Vorbringen der [X.] nicht an, zu diesem [X.]punkt sei allein die Begrün-dung eines Wohnraummietverhältnisses in Betracht gekommen.
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Den danach bestehenden Räumungs-
und Herausgabeanspruch der Klägerin habe die Beklagte zwischenzeitlich freiwillig erfüllt, weswegen die Er-ledigung des Rechtsstreits festzustellen gewesen sei. Zu Recht habe das [X.] die Beklagte weiter zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung (§
546a Abs. 1 BGB) in

e-von April 2012 bis zum [X.]punkt der Räumung zugespro-chen.
Nach dem Vortrag der Klägerin belaufe sich die ortsübliche Miete für Ge-niedrigere ortsübliche Miete für Wohnraum entgegengehalten. Ihrem Vorbrin-gen lasse sich aber nicht entnehmen, dass sie damit auch die Ortsüblichkeit der von der Klägerin angegebenen Miete bei gewerblicher Nutzung habe bestreiten wollen.
2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der
[X.]
auf Gewährung rechtlichen
Ge-hörs
(Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, weil es deren Vorbringen zum Vorliegen eines Wohnraummietverhältnisses unbe-rücksichtigt gelassen hat, ohne den von ihr angebotenen Zeugenbeweis zu er-heben.

a) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr.; siehe etwa [X.], [X.], 671, 672; [X.], Beschlüsse vom 11.
Mai 2010 -
VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 10; vom 16. November 2010 -
VIII ZR 228/08, juris Rn. 14; vom 6. Februar 2013 -
I [X.], [X.] 2013, 430 Rn. 10). Dies gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft über-spannte Anforderungen an den Vortrag einer [X.] gestellt hat ([X.], Be-schluss
vom 6. Februar 2013 -
I [X.], aaO). Eine solche nur scheinbar das 11
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[X.]vorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Tatrichters
dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den [X.]vor-trag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen ([X.], Urteil
vom 22. Juni 2009 -
II ZR 143/08, [X.], 2598 Rn. 2 mwN; Beschluss vom 6. Februar 2013 -
I [X.], aaO).
b) So liegen
die Dinge hier. Das Berufungsgericht hat in verschiedener Hinsicht zu strenge Anforderungen an die Widerspruchsfreiheit und Substantiie-rung des Vortrags der [X.] zum Abschluss eines [X.] gestellt.
aa) Die Beklagte hat bereits in ihrer Klageerwiderung vorgetragen, die Vertragsparteien seien "von Anfang an"
von einem Wohnraummietverhältnis ausgegangen, und hat sich in einem weiteren Schriftsatz zum Nachweis
dieser Behauptung auf die Einvernahme des von ihr als Zeugen benannten Mitarbei-ters
R.

der Rechtsvorgängerin der Klägerin berufen.
(1) Die Nichtzulassungsbeschwerde weist mit Recht darauf hin, dass dieses Vorbringen bei verständiger Würdigung nicht in Widerspruch zu der in der Klageerwiderung
wenige Sätze zuvor aufgestellten Behauptung steht, zwar sei im schriftlichen "[X.]"
ein "Atelier"
vermietet worden, [X.] sei der Vertrag kurz nach Beginn des Mietverhältnisses mit Zustimmung der damaligen [X.]en in einen Wohnraummietvertrag abgeändert worden.
Die Beklagte
hat die kurze [X.] nach Vertragsabschluss erfolgte Vertragsänderung damit begründet, dass die Mieträume zum [X.]punkt der
Unterzeichnung des [X.] aufgrund ihres "bedauernswerten Zustands"
und des Fehlens eines Badezimmers nur als Gewerberäume hätten vermietet werden können,
die Vertragsparteien aber noch
vor dem Bezug der Räumlichkeiten vereinbart
hätten, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin ein Bad einbauen lasse, um 14
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der [X.] eine Nutzung als Wohnung zu ermöglichen.
Diese Vereinbarung sei noch im Verlauf des ersten Mietmonats in die Tat umgesetzt worden.
[X.] sei ein weiteres Bad eingebaut worden, um die weitere Nutzung zu Wohnzwecken sicherzustellen.

(2) Der Nichtzulassungsbeschwerde ist darin beizupflichten, dass die Beklagte damit letztlich behauptet hat, die damaligen Vertragsparteien hätten zwar im November 1975 einen schriftlichen Mietvertrag über Gewerberäume abgeschlossen, jedoch schon damals eine mündliche Übereinkunft darüber er-zielt, dass das Mietverhältnis mit dem vereinbarten -
und kurze [X.] später auch erfolgten -
Einbau eines Badezimmers in ein Wohnraummietverhältnis umge-wandelt würde.
Soweit die Beklagte ihre Sachverhaltsdarstellung in der [X.] mit der Behauptung abschließt, beide [X.]en seien "von Anfang an"
von einem Wohnraummietverhältnis ausgegangen, stellt dies bei näherer Betrachtung eine verkürzte Zusammenfassung ihrer wenige Sätze zuvor erfolg-ten Darstellung dar.
(3) Dieser Einsicht hat sich das Berufungsgericht verschlossen und damit in einer gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßenden Weise den Kerngehalt des [X.]vorbringens nicht hinreichend erfasst (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
November 2011 -
VII ZR 65/11, [X.] 2012, 228 unter [X.]), was wiederum dazu führte, dass es von der prozessual gebotenen Erhebung des angetretenen Zeugenbeweises abgesehen
hat.
Zusätzlich zu der unzureichenden Erfassung des [X.]vortrags hat es verkannt, dass -
bei Konsistenz des [X.] der [X.] -
Widersprüchlichkeiten in Einzelheiten
die Nichterhebung angebote-ner Beweise nicht rechtfertigen.
Vielmehr läuft die unterbleibende Erhebung eines erheblichen Beweisangebots wegen (vermeintlicher)
Widersprüche im Vortrag der beweisbelasteten [X.] auf eine vorweggenommene tatrichterliche Beweiswürdigung hinaus, die im Prozessrecht keine Stütze findet
und damit 17
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zugleich gegen Art.
103 Abs.
1 GG verstößt
(vgl. [X.], Beschlüsse vom 21. Juli 2011 -
IV ZR 216/09, [X.], 1384 Rn. 6; vom 6. Februar 2013 -
I [X.], aaO [X.]; jeweils mwN).
bb)
Entgegen der Auffassung des [X.]
lässt sich die Nicht-erhebung des angebotenen Zeugenbeweises auch nicht mit einer unzureichen-den Substantiierung des Vortrags der [X.] zu der nach ihrer Darstellung schon im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des [X.] mündlich erzielten Einigung
über eine Umwandlung in ein Wohn-raummietverhältnis begründen.
(1) Eine [X.] genügt bei einem von ihr zur Rechtsverteidigung gehalte-nen Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten, wenn sie
Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der anderen Seite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Dabei ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht
(Senatsbeschluss
vom 11. Mai 2010 -
VIII ZR 212/07, aaO
Rn. 11; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 -
VIII ZR 125/11, [X.], 382 Rn. 23; vom 28. [X.] 2012 -
VIII ZR 124/11, [X.], 311 Rn. 7; jeweils mwN).
Genügt das [X.]vorbringen diesen Anforderungen an die Substantiie-rung, kann der Vortrag weiterer [X.], die etwa den [X.]punkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, nicht verlangt werden (Senats-beschluss
vom 11. Mai 2010 -
VIII ZR 212/07, aaO; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 -
VIII ZR 125/11, aaO
Rn. 14; vom 28. Februar 2012
-
VIII ZR 124/11, aaO
Rn. 6; jeweils mwN).
Es ist vielmehr Sache des [X.], bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu [X.], die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erfor-19
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derlich erscheinen ([X.], Beschlüsse vom 21. Mai 2007 -
II
ZR 266/04, [X.], 1569
Rn. 8;
vom 11. Mai 2010 -
VIII ZR 212/07, aaO; vom 25. Oktober 2011 -
VIII ZR 125/11, aaO; vom 28. Februar 2012 -
VIII ZR 124/11, aaO; je-weils mwN).
Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass das Gericht aufgrund ihrer Darstellung nicht beurteilen kann, ob die Behauptung überhaupt erheblich ist, also die gesetzlichen Voraussetzungen der daran ge-knüpften Rechtsfolge erfüllt sind ([X.], Beschlüsse vom 11. Mai 2010 -
VIII ZR 212/07, aaO; vom 11. Juli 2007 -
IV ZR 112/05, juris
Rn.
6 mwN; vom 1. Juni 2005 -
XII [X.], NJW 2005, 2710 unter [X.] a
mwN).

(2)
Nach diesen Maßstäben durfte der Beweisantritt auf Vernehmung des Zeugen R.

nicht unberücksichtigt bleiben.
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht ergänzenden Vortrag
der [X.] zu den Gründen und den [X.] der nach den Angaben
der [X.] neben dem schriftlichen Vertrags-schluss
mündlich getroffenen Einigung über die zeitnahe Umwandlung des Mietverhältnisses in eine
Wohnraummiete
vermisst. Das Berufungsgericht
durf-te die Erhebung des angebotenen Beweises weder wegen mangelnder Plausi-bilität der Sachverhaltsschilderung der [X.] noch wegen unzureichend vorgetragener Tatsachengrundlage ablehnen.
Dem schriftlichen Mietvertrag vom 17. November 1975 kommt zwar als eine über ein Rechtsgeschäft errichtete [X.] die Vermutung der Voll-ständigkeit und Richtigkeit zu (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juli 2002 -
V [X.], [X.], 3164 unter II 1 a mwN). Zur Widerlegung dieser Vermutung hat die Beklagte aber vorgetragen, dass die [X.]en neben dem schriftlichen Mietver-trag über eine Ateliernutzung einen mündlichen Vertrag über eine mit dem Ein-bau eines Badezimmers einsetzende Wohnraumnutzung geschlossen hätten. 22
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Mit dieser Behauptung ist die Beklagte ihrer Darlegungslast bezüglich der von ihr behaupteten Umwandlung in ein Wohnraummietverhältnis nachgekommen.
Sie hat vorgetragen, dass die von ihr behauptete ergänzende mündliche Abrede über die Änderung der Nutzungsart anlässlich
der
Unterzeichnung des [X.]s oder jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang damit getroffen worden sei
und dass die Umwandlung in ein Wohnraummietverhältnis mit dem Einbau eines Badezimmers habe erfolgen sollen. Weiter lässt sich ih-rem Vorbringen unter anderem entnehmen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin kurze [X.] später auf eigene Kosten den Einbau eines Bads veranlasst, im Verlauf des Mietverhältnisses noch ein weiteres Badezimmer hat
einbauen lassen und die Beklagte bei den [X.] 1998 und 1999 zum
Kreis der nichtgewerblichen Mieter gezählt hat. Die Beklagte hat sich damit nicht auf die bloße Behauptung beschränkt, die damaligen Mietvertragsparteien hätten sich bei Abschluss des [X.]s auf eine künftige Wohnungsnutzung geeinigt, sondern hat auch einzelne Indizien angeführt, die auf eine solche Absprache hindeuten
könnten.
Anders als das Berufungsgericht meint, durfte die Beweiserhebung auch nicht deswegen unterbleiben, weil die Beklagte keine plausible Erklärung dafür geliefert
habe, weshalb eine schon bei Abschluss des schriftlichen Mietvertrags
über Gewerberäume gewollte baldige Umwandlung in ein Wohnraummietver-hältnis in dem Vertragsformular keine Erwähnung gefunden hat und weshalb die damaligen Vertragsparteien den [X.] unter Verwen-dung von Klauseln
geschlossen haben, die bei einem Wohnraummietvertrag unwirksam wären.
Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung für den Umfang der [X.] regelmäßig ohne Bedeutung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2011 -
VIII ZR 125/11, aaO Rn. 23; vom 28. Februar 2012 -
VIII ZR 124/11, aaO 24
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Rn. 7; jeweils mwN).
Diese Umstände spielen daher in aller Regel erst im Rah-men der tatrichterlichen Würdigung des
Prozessstoffs (§ 286 Abs. 1 ZPO) eine Rolle.
3. Das Urteil des [X.] beruht auf der aufgezeigten Verlet-zung des Anspruchs der [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Erhebung des an-gebotenen Zeugenbeweises zu der Überzeugung gelangt wäre, dass das ur-sprünglich als Gewerberaummiete ausgestaltete Vertragsverhältnis schon nach kurzer [X.] einvernehmlich in ein Wohnraummietverhältnis -
oder, wie die Nicht-zulassungsbeschwerde hilfsweise geltend macht, -
in ein Mischmietverhältnis mit Schwerpunkt auf der Wohnungsnutzung (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 2014
-
VIII ZR 376/13, NJW 2014, 2864
Rn. 24, 26) umgestaltet worden ist.
Dies hätte zur Folge, dass sich die am 17. August 2011
von der Klägerin ausgesprochene Kündigung des -
zum [X.]punkt der Neufassung des [X.] zum 1. September 2001 noch bestehenden -
Mietverhältnisses entweder (bei einem unbefristeten Mietverhältnis) an § 573 BGB (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 1 EGBGB)
oder (bei einem befristeten Mietverhältnis mit Verlängerungsoption) an §
565a Abs. 1 BGB
aF, §§ 565, 564b BGB
aF (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 3 EGBGB) messen lassen müsste.
Der am 20. Juli 1994 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin erklärte Widerspruch gegen die Verlängerung des Vertrags hatte
das Vertragsverhältnis -
wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat -
schon deswegen nicht beendet, weil diese Erklärung unter die zulässige, nicht einge-tretene Potestativbedingung gestellt worden ist, dass die Beklagte der [X.] Mieterhöhung nicht zustimmte. Die hiergegen gerichtete Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde, diese Würdigung sei widersprüchlich
(Art.
3 Abs.
1 GG),
entbehrt
jeder Grundlage. Die Nichtzulassungsbeschwerde setzt hierbei lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der tatrichterlichen Würdi-26
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13
-

gung des [X.]. Zudem wäre, wenn -
wie die Beklagte geltend macht -
zu diesem [X.]punkt schon ein Wohnraummietverhältnis vorgelegen hätte, eine Kündigung des Mietverhältnisses nur unter den Voraussetzungen des 564b [X.] in Betracht gekommen.

III.
Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsge-richt, falls es aufgrund der Würdigung des zu erhebenden Zeugenbeweises und des weiteren Prozessstoffs erneut zu der Überzeugung gelangen sollte, das zwischen den [X.]en bestehende Vertragsverhältnis sei als Gewerberaum-mietverhältnis einzuordnen und sei aufgrund der Kündigung der Klägerin mit Ablauf des 30. November 2011 beendet worden, auch zu berücksichtigen ha-ben, dass die Beklagte die Ortsüblichkeit der von der Klägerin verlangten [X.] (§ 546a BGB) bestritten hat.
Das Berufungsgericht hat sich -
wiederum unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG -
der Einsicht verschlossen, dass sich das Bestreiten der [X.] bezüglich der Ortsüblichkeit des von der Klägerin verlangten Betrags von 2.500

die Vermietung von Wohnraum
beschränkt, sondern auch gewerbliche Vermietungen miteinschließt.
Dass die Beklagte in diesem Zusammenhang nähere Angaben zur Höhe üblicher Mieten für Wohnraum [X.] hat, ändert nichts daran, dass sie den
von der Klägerin angesetzten Be-

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14
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trag "in jeglicher Höhe und Verbindlichkeit bestritten"
und damit bei verständiger Betrachtung die Ortsüblichkeit einer solchen Miete in jeder Hinsicht in Abrede gestellt hat.
[X.]
[X.]
Dr. [X.]

Dr. [X.]
Kosziol
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 26.09.2012 -
29 O 515/11 -

KG [X.], Entscheidung vom 20.01.2014 -
12 [X.] -

Meta

VIII ZR 34/14

21.10.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.10.2014, Az. VIII ZR 34/14 (REWIS RS 2014, 2074)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2074

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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