Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.06.2016, Az. VI ZR 541/15

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 9227

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:280616UVIZR541.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

TEILVERSÄUMNIS-
und ENDURTEIL

VI ZR 541/15

Verkündet am:

28. Juni 2016

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-

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Der VI. Zivilsenat des [X.] hat
auf die mündliche Verhandlung vom
28. Juni
2016
durch den Vorsitzenden [X.],
die Richterin von [X.], [X.] und die
Richterinnen
Dr. Roloff
und Müller

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.]n wird das Teilurteil des 2. Zivilse-nats des Kammergerichts
vom 27. August 2015
insoweit aufgeho-ben, als zum Nachteil
der [X.]n entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung
wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger nehmen die [X.] auf Schadensersatz wegen ihrer Betei-ligung an der G. Immobilienfonds 3
GbR (im Folgenden: [X.]) in Anspruch.
Die [X.] ist Initiatorin des Fonds
und Mitherausgeberin des am
20. März 1996
emittierten Fondsprospekts. Gegenstand des Fonds waren der Erwerb und die Vermietung
von 26 Gebäuden in einer Mehrfamilienhausanlage auf dem Grundstück B.
Straße
96-134/ B.
Weg 13-29
(im Folgenden: Fonds-1
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grundstück) in [X.]/Tegel
Süd sowie von weiteren Gebäuden in [X.].
Das [X.] ist Teil des Geländes des ehemaligen [X.]. Dieses Gelände wurde von der [X.] seit dem Jahr 1989
wegen zuvor an verschiedenen Stellen des Geländes festgestellter [X.]
als "[X.]" im sog. [X.]nkataster geführt. Das [X.] liegt in dem Bereich des vormals auf dem Gaswerkgelände betriebenen [X.]. Die [X.] ist seit spätestens 1990 Eigentümerin zahlreicher Grundstücke auf diesem Gelände, auch des [X.]s, an dem
sie der [X.]
ein Erbbaurecht eingeräumt hat. Nach § 4 Nr. 4 des Erbbau-rechtsvertrages übernimmt die Erbbauberechtigte auf eigene Kosten und Ge-fahr alle diejenigen Verpflichtungen, die sie treffen würden, wenn sie selbst Ei-gentümerin des Grundstücks wäre.
1993 wurden
im öffentlichen Auftrag
Gutachten zur Altlastensituation der
"[X.]"
erstattet, denen zufolge schon in früheren Jahren [X.] im Bereich des ehemaligen Krankenhauses [X.] worden waren und zwei von sieben aktuellen
Rammkernsondierungen
auf dem Gelände des späteren [X.]s
erhöhte PAK-Werte ergaben.
Dem Gutachten eines von der [X.]n beauftragten Sachverständigen aus dem [X.] zufolge wurden beim Bau des jetzt bestehenden Gebäudekom-plexes auf dem [X.] eng begrenzte Bodenbereiche wegen erhöh-ter PAK-Gehalte ausgehoben und entsorgt. Die
Löschung des Fondsgrund-stücks aus dem -
zwischenzeitlich an die Stelle des [X.]skatasters getretenen
-
Bodenbelastungskataster erfolgte 2006.
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4

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In dem am 20. März 1996
emittierten Fondsprospekt fand
das Thema [X.] keine Erwähnung.
Die Kläger zu 1, 3 und 4 sowie der [X.] verstorbene, frühere Kläger zu 2 traten der [X.] zwischen Juni und November 1996
als Gesellschafter bei.

Die Kläger haben ihre Anträge auf Rückzahlung ihrer Einlagen abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen, Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Anteile an der [X.], sowie auf Zahlung entgangener Zinsvorteile aus dem investierten Betrag und auf Feststellung der Verpflichtung zur Freistellung von
mit der Beteiligung zusammenhängenden Verpflichtungen auf behauptete Feh-ler des Fondsprospekts gestützt, unter anderem auf das Verschweigen der [X.].
Das [X.] hat die Klage abgewiesen.
Mit Beschluss des [X.] vom 13. April 2012 ist über den Nachlass des am 25. Januar
2009 verstorbenen ursprünglichen [X.] zu 2 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der jetzige Kläger zu 2 hat als Insolvenzverwalter das Verfahren für den Nachlass aufgenommen.
Auf die Berufung der
Kläger hat das Kammergericht
das landgerichtliche Urteil abgeändert und den -
in der Berufungsinstanz
erweiterten
-
Zahlungsan-trägen der Kläger zu 1, 3 und 4
überwiegend
sowie den Feststellungsanträgen sämtlicher
Kläger
stattgegeben; hinsichtlich
des geltend gemachten entgange-nen Zinsgewinns sowie hinsichtlich
des
Zahlungsantrags des [X.] zu 2 ist
die Berufung zurückgewiesen worden. Mit der vom Berufungsgericht
für die Be-klagte
zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren
Antrag auf vollumfäng-liche Zurückweisung
der Berufung
weiter.

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Entscheidungsgründe:
A.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen,
dass den Klägern
gegen die [X.]
dem Grunde nach
ein Schadensersatzanspruch aus § 826 [X.]
zustehe, weil die [X.] in dem Fondsprospekt vorsätzlich und sittenwidrig nicht darauf hingewiesen habe, dass das [X.] im Zeitpunkt der [X.] auch nach Einschätzung der zuständigen Behörden unter konkretem [X.] gestanden habe. Dieser Verdacht und damit die konkrete Gefahr einer öffentlich-rechtlichen Inanspruchnahme auf Sanierung sei ein offenbarungspflichtiges Risiko gewesen, zumal aufgrund des Erbbau-rechtsvertrages die [X.] im Verhältnis zur [X.]n die [X.] zu tragen gehabt habe. Die in Unkenntnis des [X.]s eingegangene und unter den realen Umständen nicht gewollte Beteiligung am streitgegenständlichen Fonds stelle den durch den fehlenden Hinweis im Pros-pekt verursachten Schaden dar. Die Schädigung der Kläger sei auch sittenwid-rig gewesen. Die Anleger seien zur Wahrung ihrer Vermögensinteressen auf eine wahrheitsgemäße Darstellung der Anlage im Prospekt angewiesen gewe-sen, da dieser die einzige für sie zugängliche Informationsquelle gewesen sei. Die unterlasse Aufklärung habe objektiv zur Folge gehabt, dass sie getäuscht und infolge der Täuschung zum Nutzen der [X.]n dem Fonds beigetreten seien. Dies sei nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" [X.] verwerflich und damit sittenwidrig. Für den [X.] könne es dahinstehen, ob der damalige Vorstand der [X.]n von dem konkreten [X.] und damit vom [X.] Kenntnis gehabt habe. Denn die [X.] müsse das jedenfalls bei ihren Sachbearbei-tern vorhandene Wissen um die Altlastenproblematik des [X.]s über die Grundsätze der Wissenszurechnung bzw. [X.]
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nung gegen sich gelten lassen. Diese zur Arglisthaftung bei [X.] entwickelte Rechtsprechung sei auf die deliktische Vorsatzhaftung wegen Verschweigens entscheidungserheblicher Umstände unmittelbar über-tragbar. Rechne man der [X.]n das in ihrem Hause bei -
namentlich nicht bekannten
-
Mitarbeitern und in Form schriftlicher Dokumente vorhandene Wis-sen um die Altlastensituation des [X.]s zusammen mit dem Wis-sen des damaligen Vorstands
zu, so seien in der Person der [X.]n alle für den Vorsatz nach § 826 [X.] erforderlichen subjektiven Komponenten erfüllt. Das gelte auch für die offensichtliche Inkaufnahme der negativen Folgen des eigenen Handelns für Dritte; auch insoweit sei die [X.] einer natürlichen Person gleichzustellen.
Steuervorteile seien bei den Klägern zu 1, 3 und 4 nicht schadensmin-dernd in Abzug zu bringen, wohl aber bei dem Kläger zu 2, bei dem sie außer-gewöhnlich gewesen seien.

B.
Die Revision der [X.]n ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil der [X.]n entschieden worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Dabei ist über die
Revision der [X.]n gegen den Kläger zu 2
antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da dieser
in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung anwaltlich nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen
auch insoweit auf einer Sachprüfung und
nicht auf der Säumnis
([X.], Urteil vom 4. April 1962 -
V [X.], [X.]Z 37, 79, 81 ff.;
Ball in [X.], ZPO, 13. Auflage, § 555 Rn. 6; [X.] in [X.] Kommentar, ZPO, 4. Auflage, § 555 Rn. 17).
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I.
Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme des Be-rufungsgerichts, die [X.] sei den
Klägern wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 [X.] in Verbindung mit § 31 [X.] zum [X.] verpflichtet.
Zwar kann der Tatbestand des § 826 [X.]
auch dadurch verwirklicht werden, dass ein [X.] [X.] mittels eines fehlerhaften oder unvollständigen Prospekts zum Abschluss eines Vertrages veranlasst, den sie sonst nicht geschlossen hätten (vgl. [X.], Urteile vom 3.
Dezember 2013 -
XI [X.], NJW 2014, 1098 Rn. 21 ff.; vom 28. Februar 2005 -
II ZR 13/03, NJW-RR 2005, 751; vom 26. Oktober 2004 -
XI ZR 279/03, [X.], 28, 29; zum Schaden im Sinne des § 826 [X.] infolge der Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung vgl. Senatsurteile vom 28. Oktober 2014 -
VI [X.], [X.], 2318 Rn. 19 mwN; vom 19. November 2013 -
VI
ZR 336/12, [X.], 210 Rn. 28; vom 21. Dezember 2004 -
VI
[X.], [X.]Z 161, 361, 367 f.). Erforderlich ist allerdings, dass das Verhalten des
Prospektverantwortlichen als sittenwidrig zu werten ist und er mit Schädigungs-vorsatz gehandelt hat. Beides ist getrennt festzustellen (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 -
VI [X.], NJW 2014, 1380 Rn. 10 mwN).
Ist Prospektverantwortliche eine juristische Person, so hat sie gemäß
§ 31 [X.] für den Schaden einzustehen, den ihr "verfassungsmäßig berufener Vertreter" (zur weiten Auslegung dieses Begriffs vgl. [X.], Urteil vom 30. Okto-ber 1967 -
VII ZR 82/65, [X.]Z 49, 19, 21 mwN) durch eine unerlaubte Hand-lung einem Dritten zugefügt hat. Im Rahmen des § 826 [X.] ist somit Voraus-setzung, dass ein solcher Vertreter den objektiven und subjektiven Tatbestand 12
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dieser Anspruchsgrundlage verwirklicht hat (vgl. Senatsurteil vom [X.] 2011 -
VI [X.],
NJW-RR 2012, 404 Rn. 8).
1. Die bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen bereits nicht die Annahme, ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der [X.] habe durch die Herausgabe eines unvollständigen Prospekts sittenwid-rig gehandelt.
a) Die Qualifizierung eines Verhaltens als sittenwidrig ist eine Rechtsfra-ge, die der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 -
VI [X.], aaO Rn. 7; vom 4. Juni 2013 -
VI [X.], [X.], 1144 Rn. 14; vom 19. Oktober 2010 -
VI
[X.], [X.], 1659 Rn. 12).
Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das [X.] aller billig und gerecht Denkenden verstößt. [X.] genügt es im Allgemeinen nicht, dass der
Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere [X.] seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 -
VI [X.], aaO Rn. 8 mwN). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das ge-forderte [X.] einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht oder einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Auch hier müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" [X.] verwerflich machen (Senatsurteile vom 4. Juni 2013 -
VI [X.], aaO Rn. 14; vom 19. Oktober 2010 -
VI [X.], aaO Rn. 12; vom 10. Juli 15
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2001 -
VI [X.], [X.], 1431, 1432). Schon zur Feststellung der Sit-tenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 -
VI [X.], NJW 2014, 1380 Rn. 8 für die Verleitung zum Vertragsbruch; [X.], Urteil vom 22.
Juni 1992 -
II ZR 178/90, NJW 1992, 3167, 3174 für die Erteilung einer [X.] unrichtigen Auskunft aus eigennützigen Interessen). Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 -
VI [X.], [X.]Z 161, 361, 366 für das Erschleichen eines Wohnungsbauförderungsdarlehens durch Falschangaben; [X.], Urteile vom 3. Dezember 2013 -
XI [X.], aaO Rn. 24; vom 28. Februar 2005 -
II
ZR 13/03, aaO).
Das Unterlassen einer für die Anlageentscheidung erheblichen Informati-on in einem Prospekt ist für sich genommen nicht verwerflich. Gegen die guten Sitten verstößt ein [X.] aber beispielsweise dann, wenn er [X.] durch eine bewusste Täuschung zur Beteiligung bewegt, etwa dadurch, dass er einen ihm bekannten Umstand bewusst verschweigt, um unter Ausnutzung der Unkenntnis der [X.] möglichst viele Bei-tritte zu erreichen (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2013 -
VI [X.], aaO Rn.
15, 18).

b) [X.] nicht zu beanstanden ist allerdings die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der von dem damaligen Vorstand der [X.]n in den Verkehr gebrachte Prospekt über einen für die Anlageentscheidung erheb-lichen Punkt nicht aufklärte und damit fehlerhaft war. Die notwendigen [X.], etwa zu einer bewussten Täuschung durch den Vorstand, sind indes nicht getroffen.
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(1) Es trifft zu, dass es eines Hinweises in dem Prospekt der [X.]n bedurfte, wenn das [X.] im Zeitpunkt der [X.] nach Einschätzung der zuständigen Behörden unter [X.] stand. Denn gemäß § 4 Nr. 4 des [X.] hatte im Ergebnis die [X.] die Kosten einer etwaigen Altlastensanierung zu tragen, was sich wiederum auf die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft und damit auf den Wert der Beteiligung der Anleger auswirken konnte. Mit einem beste-henden
[X.] war somit ein Risiko für die Anleger verbunden, das für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben konnte.
Die Beurteilung
des Berufungsgerichts, dass ein aufklärungsbedürftiger [X.] vorlag, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstan-den. Das Berufungsgericht stützt seine Bewertung auf die behördliche Einstu-fung des gesamten Areals des ehemaligen Gaswerks als [X.]sflä-che, auf sowohl vor als auch im Rahmen der Begutachtung im Jahre 1993 ge-fundene [X.]
auf dem (späteren) [X.] und [X.], dass, selbst wenn im Zuge der Errichtung der [X.] im Bereich der Baugrube ausgetauscht worden sein sollte, der Verdacht bis zur erneuten Begutachtung 2005 für die zuvor nicht
un-tersuchten unversiegelten Freiflächen nicht ausgeräumt gewesen sei. Unzutref-fend ist die Behauptung der Revision, das angefochtene Urteil sei mit
nach dem [X.] in der Bauphase gefundenen Bodenverunreinigungen begründet. Denn die Fondsimmobilien wurden, wie vom Berufungsgericht festgestellt und von der Revision nicht angegriffen, bereits vor [X.] errichtet, weshalb Gegenstand des streitgegenständlichen Fonds auch nicht die [X.], sondern nur der Erwerb und die Vermietung der Gebäude waren. Für das Bestehen des [X.]s kann ferner dahinstehen, ob und inwieweit die auf dem [X.] gefundenen Kontaminationen mit der früheren Nut-zung des Areals als Gaswerk in Verbindung standen, wozu das Berufungsge-20
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richt keine Feststellungen getroffen hat. Denn dies ändert nichts daran, dass auf dem Grundstück sowohl vor der behördlichen Einstufung als [X.] als auch danach im Rahmen der Begutachtung 1993 Kontaminati-onen gefunden wurden, sich der [X.] also bestätigte und er [X.] für die
unversiegelte Freifläche erst zehn Jahre nach dem [X.] der Kläger ausgeräumt wurde. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die [X.] die Untersuchung des [X.]s "als ergebnislos abgebrochen" hätte, wie von der Revision behauptet. Vielmehr wurden nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts 1993
Bohrungen auch auf dem [X.] vorgenommen, von denen zwei positive Proben erbrachten.
Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Prospektheraus-gabe nach wie vor ein begründeter [X.] bestand, auf den hätte hingewiesen werden müssen, ist daher aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

(2) Die objektive Verletzung der Pflicht, die künftigen Anleger über den konkreten [X.] aufzuklären, vermag aber die Sittenwidrigkeit des Verhaltens des damaligen Vorstands der [X.]n nicht zu begründen. Für die Annahme der Sittenwidrigkeit genügt es entgegen der Annahme des [X.] insbesondere nicht, dass die Kläger -
wie in Kapitalanlagefällen typisch
-
zur Wahrung ihrer Vermögensinteressen auf eine wahrheitsgemäße Darstellung der Kapitalanlage im Prospekt als der maßgeblichen [X.] angewiesen waren. Denn dies begründete zwar die Rechtspflicht zur vollständigen und richtigen Aufklärung. Die im Rahmen des § 826 [X.] erfor-derliche Sittenwidrigkeit der unterlassenen Aufklärung folgt daraus jedoch re-gelmäßig noch nicht.
Auch der weitere Umstand, dass sich die Kläger auf der Grundlage unvollständiger Informationen an dem Fonds beteiligten und dass die Beteiligung für die [X.] als Initiatorin
des Fonds von Nutzen war, recht-fertigt noch nicht das Urteil der Verwerflichkeit. Anderenfalls führte die Verwen-22
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dung eines objektiv unrichtigen Prospekts regelmäßig zu einer sittenwidrigen Schädigung der die Kapitalanlage zeichnenden Anleger, obwohl darin zunächst nicht mehr als eine zu einem möglicherweise ungewollten Vertragsschluss füh-rende Pflichtverletzung zu sehen ist.

Eine bewusste Täuschung durch den damaligen Vorstand der [X.]n, die den Vorwurf der Sittenwidrigkeit rechtfertigen könnte, ist nicht festgestellt. Vielmehr hat das Berufungsgericht -
allerdings im Rahmen der Prüfung des Schädigungsvorsatzes
-
offen gelassen, ob der damalige Vorstand der [X.] überhaupt Kenntnis vom [X.] und vom [X.] hatte. Fehlt es aber, was revisionsrechtlich zugunsten der [X.]n zu unterstellen ist, an einer solchen Kenntnis des Vorstandes, entbehrt der Vorwurf des [X.] gegen die guten Sitten jeder Grundlage.
Ein solcher Vorwurf lässt sich insbesondere nicht dadurch begründen, dass -
wie im angefochtenen Urteil geschehen
-
für die Kenntnis vom [X.] auf das Wissen bei namentlich nicht bekannten Mitarbeitern der [X.] abgestellt und dieses zusammen mit dem Wissen des damaligen Vor-standes der [X.]n zugerechnet wird. Dabei kann die vom Berufungsgericht aufgeworfene und bejahte Frage dahinstehen, ob die für den rechtsgeschäftli-chen Verkehr mit juristischen Personen entwickelten Grundsätze der [X.] (s. hierzu [X.], Urteile vom 8.
Dezember 1989 -
V [X.], [X.]Z 109, 327, 330 ff.; vom 2. Februar 1996 -
V [X.], [X.]Z 132, 30, 35 ff.; vom 13. Oktober 2000 -
V
ZR 349/99, NJW 2001, 359, 360; vom 10. Dezember 2010 -
V [X.], juris Rn.
16 ff.) im Rahmen der deliktsrechtlichen Haftung überhaupt Anwendung finden [X.] (gegen eine Übertragung jedenfalls im Anwendungsbereich des §
852 Abs. 1 [X.] a.F.: Senatsurteil vom 28. Februar 2012 -
VI [X.], [X.], 1789 Rn. 14; vgl. auch Senatsurteil vom 27. März 2001 -
VI ZR 12/00, [X.], 23
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863, 864 f.; für eine Übertragung: Wagner in [X.] Kommentar zum [X.], 6. Auflage, § 826 Rn. 36). Denn
über eine Wissenszusammenrechnung führt kein Weg zu dem für das Merkmal der Arglist entbehrlichen ([X.], Urteil vom 8. Dezember 1989 -
V [X.], aaO 333), für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 [X.] aber erforderlichen moralischen Unwerturteil. [X.] lässt sich eine die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren, dass die im Hause der [X.]n vorhandenen kognitiven Elemente "mosaikartig" zusammengesetzt werden. Eine solche Kon-struktion würde dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gemäß § 826 [X.], die sich hierdurch von der vertraglichen oder vertragsähnlichen Haf-tung deutlich unterscheidet, nicht gerecht.
2. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen ferner nicht die Annahme eines Schädigungsvorsatzes, der in der Person des han-delnden verfassungsmäßig berufenen Vertreters der [X.]n hätte erfüllt sein müssen.
a) Der gemäß § 826 [X.] erforderliche Vorsatz enthält ein Wissens-
und ein Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein [X.] gerechtfertigt (Senatsurteile vom 15. Oktober 2013 -
VI
[X.], aaO Rn. 12; vom 4. Juni 2013 -
VI [X.], aaO Rn.
22; vom 20. Dezember 2011 -
VI [X.], NJW-RR 2012, 404 Rn. 10).
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b) Auch in diesem Zusammenhang ist es zu beanstanden, dass das Be-rufungsgericht offen gelassen hat, ob der damalige Vorstand der [X.]n bei Herausgabe des Prospekts überhaupt Kenntnis vom [X.] und so-mit vom [X.] hatte, und stattdessen auf das "im Hause der [X.]" vorhandene Wissen abgestellt hat. Denn selbst wenn zur Begründung des Wissenselements des Schädigungsvorsatzes auch im Recht der unerlaubten Handlung eine Wissenszusammenrechnung zulässig wäre, fehlte es vorliegend jedenfalls am Wollenselement. Die zumindest billigende Inkaufnahme der Schädigung eines anderen setzt damit korrespondierende Kenntnisse dersel-ben natürlichen Person voraus und kann deshalb nicht losgelöst von diesen beurteilt werden. So mag es durchaus gerechtfertigt sein, im Einzelfall aus dem Wissen einer natürlichen Person auf deren Willen zu schließen. Sind aber die maßgeblichen Kenntnisse auf mehrere Personen innerhalb einer juristischen Person verteilt und ist nicht festgestellt, wer über welche Kenntnisse verfügt, so kommt die Unterstellung einer der juristischen Person bzw. ihrem Organ zuzu-rechnenden billigenden Inkaufnahme der Schädigung ohne diesbezügliche Feststellungen einer Fiktion gleich. Hier gibt es keine Lebenserfahrung, wonach von der Kenntnis auf die Billigung geschlossen werden könnte. So ist im [X.] zwar in tatsächlicher Hinsicht die Feststellung des Berufungsgerichts
nach-vollziehbar, dass "im Hause der [X.]n" die Informationen und damit die Kenntnisse über den konkreten [X.] vorhanden waren. Dagegen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, welche voluntativen Elemente im Hinblick auf die Schädigung der Anleger "im Hause der [X.]n" vorhanden waren, erst recht ist nicht vorstellbar, wie sich diese in tatsächlicher Hinsicht zu der [X.] einer billigenden Inkaufnahme zusammenfügen lassen sollen. Im Ergebnis müsste regelmäßig in Fällen, in denen sich das kognitive Element des Vorsatzes nur durch Zusammenrechnung der "im Hause" der juris-tischen Person vorhandenen Kenntnisse herstellen lässt, in tatsächlicher [X.]
-

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sicht auf die positive Feststellung des [X.] verzichtet werden. Auch dies würde der Vorschrift des § 826 [X.] nicht gerecht.
3. Es kann daher nicht auf die Feststellung verzichtet werden, ob der damalige Vorstand der [X.]n (oder ein sonstiger verfassungsmäßiger [X.] im Sinne des § 31 [X.]) persönlich die objektiven und subjektiven [X.]en des § 826 [X.] verwirklicht hat. Insbesondere kommt es darauf an, was er zum maßgeblichen Zeitpunkt der [X.] gewusst und gewollt hat (vgl. Senatsurteile vom 4. Juni 2013 -
VI [X.], aaO Rn. 23; vom 20. Dezember 2011 -
VI [X.], aaO Rn. 8).

II.
Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. [X.] fehlt es an den erforderlichen Feststellungen, die eine Haftung der [X.]n gemäß § 823 Abs. 2 [X.], § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB iVm § 31 [X.] begründen könnten. Voraussetzung wäre, dass ein verfassungsmäßig berufe-ner Vertreter im Sinne des § 31 [X.] den objektiven und subjektiven Tatbe-stand des § 264a StGB verwirklicht hat (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 -
VI [X.], aaO Rn. 8; [X.], Urteil vom 25. Juni 2009 -
[X.] ZR 279/08, juris Rn. 4). Dabei ist nach den im Strafrecht geltenden Maßstäben zu klären, ob der zur Verwirklichung des Straftatbestandes des § 264a StGB erforderliche Vorsatz vorliegt (vgl. Senatsurteile
vom 15. Mai 2012 -
VI [X.], [X.], 3177 Rn. 20, 22; vom 10. Juli 1984 -
VI [X.], NJW 1985, 134, 135; [X.], Beschluss vom 24. November 2010 -
[X.] ZR 12/10, juris Rn. 12; Urteile vom 21. Oktober 1991 -
II ZR 204/90, [X.]Z 116, 7, 14; vom 26. Februar 1962 -
II ZR 22/61, NJW 1962, 910, 911; Förster in BeckOK [X.], Stand 1.
Februar 2016, § 823 Rn. 282). Danach muss der verfassungsmäßige Vertreter (selbst) 28
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die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben (Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 -
VI [X.], aaO Rn. 10). Eine Wissenszurechnung oder Wissenszu-sammenrechnung durch Berücksichtigung des Wissens anderer Mitarbeiter der juristischen Person ist dabei ausgeschlossen.

[X.].
Das Berufungsgericht wird auf der Grundlage des Vortrags und der Be-weisangebote der Parteien der Frage nachzugehen haben, ob die nach den jeweiligen Haftungstatbeständen erforderlichen Voraussetzungen in der Person des ehemaligen Vorstands (oder eines sonstigen verfassungsmäßigen Vertre-ters) der [X.]n erfüllt waren. Sollte schon eine Haftung gemäß § 823 Abs. 2 [X.], § 264a StGB, § 31 [X.] gegeben sein, käme es auf das Erfordernis der Sittenwidrigkeit für eine Haftung nach
§ 826 [X.] nicht mehr an. Im Rahmen der Kausalität wird das Berufungsgericht allerdings zu berücksichtigen haben, dass die von der Rechtsprechung entwickelte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht für die Feststellung der Voraussetzungen eines Straftatbestan-des gelten (vgl. Senatsurteile vom 12. Mai 2015 -
VI [X.], [X.], 1562 Rn. 50; vom 24. Juni 2014 -
VI [X.], [X.], 1095 Rn. 46, je-weils
mwN). Sollte eine Haftung der [X.]n aus unerlaubter Handlung bezo-gen auf den [X.] nicht feststellbar sein, wird sich das Berufungs-gericht mit dem Vortrag der Kläger zu weiteren Haftungsgründen zu befassen haben (Revisionserwiderung S. 16
f. unter Ziff. [X.] 2., 3.
mit Verweisen auf die Berufungsbegründung). Sollten die notwendigen Feststellungen zum Haftungs-grund getroffen werden, wird zudem der Vortrag der Parteien im [X.]
-

17

-

rechtszug zur Frage der Anrechnung von Steuervorteilen zu berücksichtigen sein.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem
bei dem [X.] zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem [X.], [X.] 45a, 76133 [X.], durch Einrei-chung einer Einspruchsschrift einzulegen.
Galke
von [X.]
[X.]

Roloff
Müller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.10.2009 -
2 O 26/09 -

KG Berlin, Entscheidung vom 27.08.2015 -
2 U 57/09 -

Meta

VI ZR 541/15

28.06.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.06.2016, Az. VI ZR 541/15 (REWIS RS 2016, 9227)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9227

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