Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.03.2012, Az. 2 WD 16/11

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2012, 7678

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Gegenstand

Strafurteil in abgekürzter Form; Bindungswirkung; Aufklärungsmangel; Amtsermittlungspflicht; Zurückverweisung


Leitsatz

1. Auch ein gemäß § 267 Abs. 4 StPO in abgekürzter Form abgesetztes Strafurteil hat Bindungswirkung im Sinne von § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO (juris: WDO 2002).

2. Verweist ein in abgekürzter Form abgesetztes Strafurteil nur auf den zugelassenen Anklagesatz, sind auch nur die dort angeführten Tatsachen von der Bindungswirkung erfasst. Die Bindungswirkung erfasst nicht hypothetisch die tatsächlichen Feststellungen, die das Strafurteil enthalten müsste, um den Schuldspruch rechtsfehlerfrei zu begründen. Lücken im Strafurteil muss das Wehrdienstgericht durch eigene Ermittlungen füllen.

Tatbestand

1

[X.]er 31 Jahre alte Soldat ist seit 2001 Soldat auf [X.]. Seine [X.]ienstzeit wurde 2003 auf zwölf Jahre verlängert und wird voraussichtlich mit Ablauf des 28. [X.]ebruar 2013 enden. Er wurde regelmäßig befördert, zuletzt 2009 zum Hauptfeldwebel.

2

[X.]er Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 10. März 2011 weist einen rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 30. April 2007, mit dem der Soldat wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86a Abs. 1 Nr. 1, § 86 Abs. 1 Nr. 4 St[X.]B zu einer [X.]eldstrafe verurteilt wurde, und das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts ... vom 4. Oktober 2010 im mit diesem [X.]isziplinarverfahren sachgleichen Strafverfahren aus, durch das er wegen eines fahrlässigen Vollrausches ebenfalls zu einer [X.]eldstrafe verurteilt wurde. [X.]er Auszug aus dem [X.] vom 5. April 2011 enthält neben den beiden strafgerichtlichen Verurteilungen auch den Eintrag einer am 10. Juni 2009 verhängten [X.] wegen "[X.]isziplinlosigkeit und Sachbeschädigung nach übermäßigem Alkoholgenuss". Während des anhängigen [X.]isziplinarverfahrens ist dem Soldaten am 21. [X.]ezember 2011 eine förmliche Anerkennung wegen vorbildlicher Pflichterfüllung erteilt worden.

3

1. Im sachgleichen Strafverfahren wurde der Soldat mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 4. Oktober 2010, rechtskräftig seit dem 12. Oktober 2010, wegen fahrlässigen Vollrausches (§ 323a St[X.]B) zu einer [X.]eldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 50 € verurteilt. [X.]as in abgekürzter [X.]orm nach § 267 Abs. 4 StPO begründete Urteil verweist wegen des Sachverhaltes auf die zugelassene Anklage vom 5. Mai 2010. [X.]ort heißt es zum Sachverhalt:

"I.

Am 5.2.2010 gegen 00.30 Uhr befand sich der Angeschuldigte im [X.] in ..., ... . Vor der Tür zum [X.] würgte der Angeschuldigte den [X.] ohne rechtfertigenden [X.]rund. Anschließend schlug er dem [X.]eschädigten A kräftig auf den Brustkorb. Unmittelbar darauf wollte der Angeschuldigte mit seinen Kampfstiefeln in das [X.]esicht des [X.]eschädigten A treten. [X.]iesem gelang es jedoch, dem Tritt auszuweichen. In Bezug auf die Treppe zum [X.] äußerte der Angeschuldigte zum [X.]eschädigten A: 'Wenn ich dich jetzt hier runterschmeiße, bist du tot!'. [X.]er [X.]eschädigte nahm diese [X.]rohung ernst. [X.]em Angeschuldigten war hierbei bewusst, dass zwischen ihm und dem [X.] ein Vorgesetztenverhältnis im Sinne von § 1 Abs. 4 Soldatengesetz in Verbindung mit § 4 Abs. 3 der Verordnung über die Regelung des militärischen [X.] bestand. [X.]urch die Übergriffe des Angeschuldigten zog sich der [X.]eschädigte A Prellungen zu. [X.]erner erlitt der [X.]eschädigte durch den Schlag gegen den Brustkorb Atemnot.

II.

Anschließend begab sich der Angeschuldigte gegen 1.00 Uhr in die Wache des ... . [X.]er [X.] (Offizier vom Wachdienst) [X.] bot dem Angeschuldigten, welcher an der Hand blutete, an, ihn in den Sanitätsbereich zu fahren. [X.]ies nahm der Angeschuldigte zum Anlass, [X.] zu würgen. [X.]erner wollte der Angeschuldigte den [X.]eschädigten B mit der [X.]aust schlagen, dieser konnte jedoch ausweichen. [X.]em Angeschuldigten war hierbei bewusst, dass [X.] aufgrund seiner Tätigkeit als Offizier vom Wachdienst - als solches war er aufgrund der [X.]-Schnur deutlich zu erkennen - Vorgesetzter des Angeschuldigten war.

Strafantrag wurde durch den [X.]eschädigten A form- und fristgerecht gestellt."

4

2. Mit [X.] vom 1. September 2010 legte die [X.] dem Soldaten folgenden Sachverhalt als [X.]ienstvergehen nach § 23 Abs. 1, § 10 Abs. 3, § 12 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 ([X.].) S[X.] unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S[X.] zur Last:

"1. [X.] griff dem [X.] am [X.] gegen 00:30 Uhr, nach dem [X.]enuss einer nicht mehr genau feststellbaren Menge Alkohol, vor dem [X.] in der [X.], ..., an den Hals und würgte ihn. Anschließend drückte er ihn gegen das Treppengeländer des [X.]s und äußerte zumindest sinngemäß: 'Wenn ich dich jetzt hier runter schmeiße, [X.].' Im [X.] hieran schlug er ihm mit der [X.]aust gegen den Brustkorb und versucht, mit seinem beschuhten [X.]uß, diesen ins [X.]esicht zu treten. [X.]urch den Schlag auf den Brustkorb, konnte der [X.] für einen [X.]raum von einer Minute nur schwer atmen.

2. [X.] äußerte am [X.] etwa gegen 01:00 Uhr, nach dem [X.]enuss einer nicht mehr genau feststellbaren Menge Alkohol, im Wachlokal der [X.] ... gegenüber dem auf einem rollenden Bürostuhl sitzenden Wachsoldaten [X.]efreiter [X.] zumindest sinngemäß: '[X.], ich werde [X.] tun müssen'; setzte sich auf den Schoß des [X.]efreiten [X.] und drückte den Bürostuhl mit hoher [X.]eschwindigkeit gegen die Wand.

[X.]en hinzukommenden Wachsoldaten Obergefreiten [X.] griff er an dessen Koppel und drückte ihn gegen die Heizung wobei er wusste, dass er weder die Erlaubnis hatte, die Soldaten anzufassen, noch hierzu ein dienstlicher Zweck bestand.

3. Kurze [X.] später griff er im Wachlokal der [X.] ... den diensthabenden und als solcher erkennbaren Offizier vom Wachdienst [X.] an den Hals, würgte diesen und äußerte ihm gegenüber zumindest sinngemäß: 'Wenn der [X.] nicht gleich da ist, hau ich [X.]ir eine rein'. Weiterhin versuchte er, den [X.] mit der [X.]aust zu schlagen."

5

Hilfsweise wurde als [X.]ienstvergehen nach § 23 Abs. 1, § 17 Abs. 2 Satz 1 ([X.]) S[X.] unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S[X.] folgender Sachverhalt angeschuldigt:

"[X.] versetzt sich in der Nacht vom 04.02.2010 zum [X.] in der Betreuungseinrichtung der [X.] ... durch den [X.]enuss alkoholischer [X.]etränke zumindest fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich in einen die Schuldfähigkeit ausschließenden Zustand und beging die unter Erstens bis [X.]rittens dargestellten Handlungen."

6

Mit Urteil vom 8. [X.]ezember 2010 hat die [X.] des [X.] gegen den Soldaten wegen eines [X.]ienstvergehens ein Beförderungsverbot für die [X.]auer von vier Jahren in Verbindung mit einer Kürzung seiner monatlichen [X.]ienstbezüge um jeweils ein [X.]ünfzehntel für die [X.]auer von fünf Jahren verhängt.

7

In den [X.]ründen der Entscheidung wird berichtet, das Amtsgericht ... habe den Soldaten im sachgleichen Strafverfahren "wegen Misshandlung eines Untergebenen in Tateinheit mit Bedrohung in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit einem tätlichen Angriff gegen einen Vorgesetzten (§§ 30 Abs. 1, 25 Abs. 1 [X.], 241, 224 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 22, 23 Abs. 1, 52, 53 St[X.]B)" zu einer [X.]eldstrafe verurteilt. [X.]ie [X.] vom 1. September 2010 wird nur teilweise wiedergegeben. [X.]ie hilfsweise erhobene Anschuldigung ist nicht erwähnt.

8

In den Entscheidungsgründen heißt es weiter auszugsweise: Ihrer Entscheidung lege die Kammer die tatsächlichen [X.]eststellungen des Amtsgerichts ... aus dem Urteil vom 4. Oktober 2010 zugrunde, an die sie sich nach § 84 Abs. 1 Satz 1 W[X.]O gebunden sehe. [X.]as Urteil nehme die Sachverhaltausführungen der Anklageschrift vom 5. Mai 2010 in Bezug. Es gebe keine Anhaltspunkte, eine Lösung von den [X.]eststellungen im sachgleichen Strafurteil zu erwägen.

9

[X.]urch den festgestellten Sachverhalt habe der Soldat objektiv seine Kameradschaftspflicht nach § 12 Satz 2 S[X.], seine innerdienstliche Wohlverhaltspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 S[X.] und durch das Tatgeschehen unter Nr. 1 zusätzlich seine [X.]ürsorgepflicht aus § 10 Abs. 3 S[X.] verletzt.

[X.] habe angegeben, fünf 0,5 Liter-[X.]läser-Weizenbier zu sich genommen und dann einen "Blackout" bzw. einen "[X.]ilmriss" erlitten zu haben. [X.]iese Einlassung werde durch die mit Zustimmung der Beteiligten verlesene Meldung des [X.], die Protokolle der Vernehmungen der [X.], [X.] und [X.] und die dienstliche Erklärung des [X.] bestätigt. Hiernach sei der Soldat schuldunfähig gewesen, sodass nur der in der [X.] hilfsweise erhobene Vorwurf zum Tragen komme. [X.] sei für die im Vollrausch begangenen objektiv pflichtwidrigen Handlungen verantwortlich. Er habe sich in vorwerfbarer Weise in den Rauschzustand versetzt, indem er in der Nacht vom 4. auf den 5. [X.]ebruar 2010 ausgiebig und unkontrolliert alkoholhaltige [X.]etränke zu sich genommen habe. [X.]ür Art und Menge der alkoholhaltigen [X.]etränke sei er voll verantwortlich. Als erfahrener Unteroffizier mit Portepee habe er wissen können und müssen, welche negativen [X.]olgen der unkontrollierte [X.] einer so großen Menge von Weizenbier und anderer alkoholhaltiger [X.]etränke habe, zumal er einschlägige Erfahrungen besessen habe. [X.] habe sich fahrlässig in den Rauschzustand versetzt. Anhaltpunkte für eine actio libera in causa gebe es nicht. Im [X.]olgenden wird dann die Maßnahmebemessung begründet.

Zu dem Urteil ist am 5. Januar 2011 durch den Vorsitzenden der Truppendienstkammer ein Berichtigungsbeschluss ergangen. In diesem wird "wegen eines offenkundigen Versehens" zunächst die Wiedergabe des sachgleichen Strafurteils korrigiert: [X.]as Strafgericht habe den Soldaten anders als im [X.] wiedergegeben "wegen fahrlässigen Vollrausches (§ 323a St[X.]B)" zu einer [X.]eldstrafe verurteilt. Zudem wird die Wiedergabe des Inhalts der [X.] vom 1. September 2010 um den hilfsweise erhobenen Vorwurf ergänzt.

3. [X.]egen das ihr am 4. Januar 2011 zugestellte Urteil richtet sich die in vollem Umfang zuungunsten des Soldaten eingelegte und am 28. Januar 2011 beim [X.] eingegangene Berufung der [X.].

In der Begründung ist unter anderem ausgeführt, das Urteil leide an schweren Verfahrensmängeln im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 W[X.]O. [X.]ie [X.]eststellungen der Kammer seien hinsichtlich des Inhalts der [X.] und des sachgleichen Strafurteils lückenhaft. [X.]ie Ergänzung bzw. der Austausch wesentlicher tragender Bestandteile eines Urteils sei keine Berichtigung eines offenkundigen Versehens. Ein schwerer Verfahrensfehler liege auch darin, dass die Kammer die [X.]eststellungen des Strafurteils zugrunde gelegt habe. [X.]as Amtsgericht habe wegen eines fahrlässigen Vollrausches verurteilt, sich aber nicht zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 323a St[X.]B geäußert. [X.]eststellungen, die sich in den angewandten Strafvorschriften nicht widerspiegelten, könnten keine bindende Wirkung entfalten. Es hätte ein Lösungsbeschluss nach § 84 Abs. 1 Satz 2 W[X.]O ergehen müssen.

Unter dem 8. Juni 2011 ist den Beteiligten [X.]elegenheit gegeben worden, sich zu einer Zurückverweisung durch Beschluss nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 W[X.]O zu äußern.

[X.]er Bundeswehrdisziplinaranwalt hat ergänzend zum Vorliegen der von der [X.] angeführten Verfahrensmängel vorgetragen, sieht eine Zurückverweisung der Sache aber unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes nicht als geboten an. Zum objektiven [X.]eschehensablauf lägen bindende strafgerichtliche [X.]eststellungen vor. In subjektiver Hinsicht könne der Senat zum Alkoholisierungsgrad auf der [X.]rundlage der Angaben des Soldaten und einschlägigen Berechnungsformeln selbst [X.]eststellungen treffen, dann das Tatgeschehen rechtlich würdigen und die erforderliche Maßnahme verhängen.

[X.] überlässt es dem Senat zu entscheiden, ob eine Zurückverweisung sachgerecht sei. Er hält die verhängte Maßnahme für angemessen und tritt den Ausführungen zu einem Verfahrensmangel entgegen, verweist aber auch auf sein Interesse an einem schnellen [X.].

Entscheidungsgründe

[X.]ie zulässige [X.]erufung (§ 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.]) führt zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des [X.] zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung, weil ein schwerer Mangel des Verfahrens vorliegt und weitere Aufklärungen erforderlich sind (§ 120 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). [X.]ie Entscheidung ergeht durch [X.]eschluss ohne mündliche Verhandlung (§ 120 Abs. 1 [X.]) in der [X.]esetzung mit drei Richtern (§ 80 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 [X.]).

1. Es liegt kein schwerer Verfahrensfehler oder erheblicher Aufklärungsmangel darin, dass die [X.] keine Lösung von bindenden [X.]eststellungen des Strafurteils nach § 84 Abs. 1 Satz 2 [X.] beschlossen hat, um für eine rechtsfehlerfreie Entscheidung hinreichende tatsächliche [X.]eststellungen selbst treffen zu können (vgl. [X.]eschluss vom 19. August 2009 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 31.08 - [X.] 450.2 § 121 [X.] 2002 Nr. 1 Rn. 16).

a) [X.]a die [X.]indungswirkung eines rechtskräftigen Strafurteils nach § 84 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur seine tatsächlichen [X.]eststellungen betrifft, besteht keine [X.]indungswirkung, soweit das Strafurteil tatsächliche [X.]eststellungen nicht enthält. Ob das [X.]ehlen von tatsächlichen [X.]eststellungen den Schuldspruch des Strafurteils unschlüssig macht, ist unerheblich. [X.]enn die [X.]indungswirkung erfasst nicht - gleichsam hypothetisch - die tatsächlichen [X.]eststellungen, die das Strafurteil enthalten müsste, um den Schuldspruch rechtsfehlerfrei zu begründen.

[X.]ie [X.] weist zutreffend darauf hin, dass auch ein - wie hier - in abgekürzter [X.]orm nach § 267 Abs. 4 StPO abgesetztes Urteil [X.]indungswirkung entfaltet (vgl. [X.], [X.] 5. Auflage 2009, § 34 Rn. 4 m.w.[X.]). Verweist das Urteil wegen der Tatsachen aber nur auf den zugelassenen [X.], sind auch nur die dort angeführten Tatsachen von der [X.]indungswirkung umfasst. [X.]er [X.]esetzgeber hat die [X.]indung der [X.] an die tatsächlichen [X.]eststellungen eines rechtskräftigen Urteils im sachgleichen Strafverfahren bestimmt, um vor allem im Interesse der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sicherzustellen, dass zu einem historischen [X.]eschehensablauf nicht in verschiedenen gerichtlichen Verfahren rechtskräftig unterschiedliche [X.]eststellungen getroffen werden (stRspr, vgl. grundlegend [X.]eschluss vom 1. [X.]ezember 1987 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 66.87 - [X.]Verw[X.]E 83, 373 <375> m.w.[X.] und zuletzt [X.]eschluss vom 28. September 2011 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 18.10 - Rn. 17). [X.]amit setzt die [X.]indungswirkung des § 84 Abs. 1 Satz 1 [X.] voraus, dass den schriftlichen Urteilsgründen eines rechtskräftigen Strafurteils eindeutig zu entnehmen ist, von welchem [X.]eschehensablauf das Strafgericht für seine Entscheidung ausgegangen ist. Soweit unklar ist, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen das Strafgericht ausgeht, kann von davon abweichenden [X.]eststellungen im [X.]isziplinarverfahren nicht gesprochen werden. Lücken im Strafurteil kann und muss das Wehrdienstgericht durch eigene Ermittlungen füllen.

b) So liegt der [X.]all auch hier: [X.]urch die [X.]ezugnahme auf den [X.] enthält das Strafurteil [X.]eststellungen zu [X.]. Es fehlt aber vollständig an [X.]eststellungen zur Tathandlung des Versetzens in den Rauschzustand und an tatsächlichen [X.]eststellungen zum subjektiven Tatbestand bezüglich der [X.] in der Anklageschrift. [X.]aher musste das [X.] diese Teile des [X.]eschehensablaufes eigenständig in vollem Umfang aufklären, ohne hierfür [X.]ezug auf das Strafurteil nehmen zu können und ohne zuvor eine Lösung von diesem beschließen zu müssen.

[X.]ass ohne Nachtragsanklage auf den bloßen rechtlichen Hinweis hin dennoch eine Verurteilung wegen eines fahrlässigen Vollrausches strafprozessual zulässig war, wie der Verteidiger zutreffend ausführt, ändert nichts daran, dass die Anklageschrift - und damit durch die [X.]ezugnahme auch das Strafurteil - entsprechende Sachverhaltsfeststellungen nicht enthält. [X.]enn die Zulässigkeit einer Verurteilung nach einer anderen als den in der zugelassenen Anklage genannten Strafvorschriften betrifft nur die [X.]rage nach der Reichweite der Prüfungspflicht des Strafgerichts. Wird das Strafgericht seiner der Prüfungspflicht entsprechenden [X.]egründungspflicht nicht im vollen Umfang gerecht, fehlt es an den Voraussetzungen für das Eingreifen von § 84 Abs. 1 Satz 1 [X.].

2. Ein schwerer Verfahrensfehler und erheblicher Aufklärungsmangel im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 [X.] liegt hier aber in der wegen der fehlenden tatsächlichen [X.]eststellungen des rechtskräftigen Strafurteils den Anforderungen aus § 106 Abs. 1 [X.] nicht genügenden Ergänzung der tatsächlichen [X.]eststellungen des rechtskräftigen Strafurteils durch eigene Ermittlungen der [X.]. Es kommt daher nicht mehr auf die von der [X.] weiter aufgeworfene [X.]rage an, ob ein schwerer Verfahrensfehler auch darin liegt, dass die Entscheidungsgründe des Urteils ohne die Ergänzungen und Änderungen des [X.]eschlusses vom 5. Januar 2011 widersprüchlich oder lückenhaft sind.

a) Weitere Aufklärungen sind im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 [X.] erforderlich, wenn es in dem angefochtenen Urteil des [X.]s ganz oder teilweise an hinreichenden tatsächlichen [X.]eststellungen fehlt, die für die Entscheidung erheblich sind. [X.]ies kann auch dann der [X.]all sein, wenn - wie hier - eine unbeschränkte [X.]erufung eingelegt worden ist und der [X.] damit an sich die notwendigen Sachverhaltsfeststellungen selbst treffen könnte (vgl. dazu [X.]eschluss vom 13. Januar 2009 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 5.08 - NVwZ-RR 2009, 522 Rn. 15; [X.], [X.] 5. Aufl. 2009, § 120 Rn. 5 m.w.[X.]). [X.]ie [X.] hat gemäß § 106 Abs. 1 [X.] zur Erforschung der Wahrheit die [X.]eweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und [X.]eweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von [X.]edeutung sind. [X.]ieses dem § 244 Abs. 2 StPO entsprechende [X.] verpflichtet das Wehrdienstgericht, alle sachlich oder verfahrensrechtlich erheblichen Tatsachen unabhängig von [X.]eweisanträgen der [X.]eteiligten von Amts wegen aufzuklären ([X.]eschlüsse vom 28. April 1993 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 68.91 - und vom 30. Oktober 2007 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 22.06 - [X.] 450.2 § 120 [X.] 2002 Nr. 1 Rn. 10). [X.]azu gehören nicht nur die den äußeren [X.]eschehensablauf des angeschuldigten [X.]ienstvergehens kennzeichnenden Tatsachen, sondern auch Schuldausschließungsgründe sowie gegebenenfalls Umstände, die für die Maßnahmebemessung von [X.]edeutung sind (Urteil vom 9. Oktober 1985 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 25.85 - und [X.]eschluss vom 30. Oktober 2007 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 22.06 - [X.] 450.2 § 120 [X.] 2002 Nr. 1).

b) Ein solcher [X.]all ist hier deshalb gegeben, weil die Ermittlungen des [X.]s zum Rauschzustand des Soldaten (unten aa) und zu den [X.] (unten bb) unzureichend sind.

aa) [X.]as [X.] hat zwar auf der [X.]rundlage der Einlassung des Soldaten und verschiedener verlesener Vernehmungsprotokolle, einer Meldung und einer [X.] festgestellt, dass der Soldat "fünf 0,5 Liter-[X.]läser-Weizenbier" zu sich genommen habe und sich an die anschließenden Ereignisse nicht erinnern könne. [X.]iese [X.]eststellung ist aber für sich genommen noch nicht geeignet, den Schluss auf die Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 St[X.][X.] zu tragen. Weitere [X.] und -notwendigkeiten mussten sich dem [X.] aufdrängen. [X.]ie Amtsermittlungspflicht ist auch dann verletzt, wenn "im Zweifel für den beschuldigten Soldaten" entschieden wird, ohne zuvor alle zur Verfügung stehenden entscheidungserheblichen [X.]eweismittel auszuschöpfen (vgl. [X.]eschluss vom 8. [X.]ezember 2009 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 36.09 - [X.] 450.2 § 106 [X.] 2002 Nr. 1 Rn. 14).

Ob durch einen Trunkenheitszustand nach Alkoholkonsum die Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit aufgehoben ist, ist grundsätzlich ausgehend von der Höhe der [X.]lutalkoholkonzentration ([X.]) zu prüfen, wobei ein [X.]-Wert ab 3 ‰ in der Regel die Prüfung einer Aufhebung der Steuerungsfähigkeit veranlasst, jedoch insbesondere bei trinkgewohnten Personen noch keine Vermutung für die Schuldunfähigkeit begründet [X.], St[X.][X.], Kommentar, 59. Auflage 2012, § 20 Rn. 12, 20 m.w.[X.]). [X.]ei niedrigeren [X.]-Werten kann Schuldunfähigkeit im Einzelfall unter besonderen Umständen angenommen werden [X.], a.a.[X.], Rn. 20a m.w.[X.]).

Ist - wie hier - eine [X.]lutprobe unmittelbar nach der Tat nicht entnommen worden und kann daher die [X.]lutalkoholkonzentration nicht durch Rückrechnung auf dieser [X.]rundlage bestimmt werden, ist ausgehend von [X.]eststellungen zur Trinkmenge ein [X.]-Wert nach der [X.] (vgl. [X.]ischer a.a.[X.] Rn. 14) zu berechnen. Eine [X.]erechnung der [X.]lutalkoholkonzentration ist aufgrund von Schätzungen unter [X.]erücksichtigung des [X.] auch dann vorzunehmen, wenn die Einlassung des Soldaten sowie gegebenenfalls die [X.]ekundungen von Zeugen zwar keine sichere [X.]erechnungsgrundlage ergeben, jedoch eine ungefähre zeitliche und mengenmäßige Eingrenzung des Alkoholkonsums ermöglichen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 28. April 2010 - 5 [X.] - NStZ-RR 2010, 257 ff. = juris Rn. 13). Sind Art und [X.]esamtmenge des konsumierten Alkohols und eine noch eingrenzbare Konsumzeit feststellbar, liegen als [X.]erechnungsgrundlage nicht offensichtlich ungeeignete Tatsachen vor ([X.] a.a.[X.]).

Hiernach sind vorliegend Ermittlungen zu den für die Anwendung der [X.] zur [X.]estimmung des [X.]-Wertes erheblichen Parametern - insbesondere der Trinkmenge, der Art der konsumierten [X.]etränke, der Trinkzeit und des Körpergewichts des Soldaten zum Tatzeitpunkt - erforderlich. Hierzu hat das [X.] bislang nur in Ansätzen Ermittlungsbemühungen unternommen. Es hat zwar die Einlassungen des Soldaten zugrunde gelegt und auf der [X.]rundlage von § 106 Abs. 2 Satz 5 [X.], § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO Schriftstücke zu den Angaben der [X.], [X.], [X.] und [X.] ausgewertet: [X.]er Zeuge [X.] hat nach seiner [X.] vom 5. [X.]ebruar 2010 den Alkoholkonsum des Soldaten vor den angeschuldigten Taten aber nicht beobachtet und keine konkreten Angaben zu seinem Umfang gemacht. [X.]ie dienstliche Meldung des [X.] vom 8. [X.]ebruar 2010 spricht zwar von überhöhtem Alkoholkonsum durch den Soldaten, enthält aber keine konkreten Angaben zu Art und Menge der konsumierten [X.]etränke. [X.]ie Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen [X.] vom 11. [X.]ebruar 2010 enthält zwar Angaben zu Art und Menge der konsumierten Alkoholika, ist aber ausdrücklich nur auf einen Teil des gesamten [X.] beschränkt, in dem der Soldat hiernach ein [X.]ier-Mixgetränk und fünf [X.]iere getrunken hatte, also insgesamt noch keine Menge, die das Erreichen eines [X.]- Wertes von über 3 ‰ auch nur nahe legt, zumal der Zeuge hiernach weder einen aggressiven noch einen verwirrten Eindruck des Soldaten bestätigen konnte. [X.]ie Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen [X.] vom 11. [X.]ebruar 2010 enthält ebenfalls nur Angaben zu Art und Umfang des Konsums über einen Teil des Abends ("eine [X.]eißenmaß und mit Sicherheit mindestens vier Weißbier"), wobei der Zeuge ausdrücklich angab, der Soldat habe auf ihn "keinen unkontrollierten, gar aggressiven oder lallenden Eindruck" gemacht.

Hiernach durfte das [X.] trotz des Einverständnisses der [X.]eteiligten mit der Verlesung der genannten Schriftstücke nicht davon absehen, zumindest den [X.] persönlich zu vernehmen und ergänzend zu befragen. [X.]enn zum einen ist nicht auszuschließen, dass er über die vagen Angaben in der verlesenen [X.] hinaus genauere Angaben zu den konsumierten [X.]etränken während des Essens machen kann. Zum anderen ist er nach den Angaben des Soldaten aus der Niederschrift seiner Vernehmung vom 9. [X.]ebruar 2010 auch nach dem Essen im weiteren Verlauf des Abends, während dessen der Soldat weiteren Alkohol konsumiert hat, anwesend gewesen. [X.]aher muss der Versuch unternommen werden, zu klären, was der Soldat an diesem Teil des Abends weiter konsumiert hat, zu dem er selbst keine Angaben über seine Trinkmenge gemacht hat. Hinzu kommt noch, dass der Soldat in der genannten Vernehmung die Anwesenheit weiterer möglicher Zeugen angeführt hat, nämlich des [X.] und des Obergefreiten [X.] war hiernach gemeinsam mit dem [X.] auch an dem Teil des Abends in [X.]esellschaft des Soldaten, für den der Soldat keine genauen Angaben über seine Trinkmenge gemacht hat. Auch diese beiden Zeugen wären daher zu befragen. Zu der für die Rückrechnungswerte ggf. erheblichen Trinkzeit und zu dem Körpergewicht des Soldaten hat das [X.] überhaupt nicht ermittelt.

Hinzu kommt weiter, dass die Angaben des Soldaten in der Hauptverhandlung Anhaltspunkte dafür enthalten, dass besondere Umstände vorliegen könnten, unter denen auch eine geringere [X.]lutalkoholkonzentration schon zu einem die Schuldfähigkeit ausschließenden [X.]ewusstseinszustand geführt haben könnte. [X.]er Soldat hatte angegeben, sich in psychologischer [X.]ehandlung zu befinden, und versucht, in eigenen Worten laienhaft eine Erkenntnis des behandelnden Psychologen wiedergegeben. Hiernach könne ein geringer Alkoholkonsum zu einem kompletten [X.]edächtnisverlust führen, "weil etwas im Kopf nicht arbeitet." [X.]iesem Hinweis ist zur Klärung der Schuldfähigkeitsfrage ebenfalls nachzugehen, denn er könnte auf physische oder psychische Umstände in der Person des Soldaten hindeuten, die für eine besondere Empfindlichkeit auch schon gegen geringe Mengen von Alkohol sprechen. Wenn die noch zu ermittelnde Trinkmenge für sich genommen nicht ausreicht, um eine Schuldunfähigkeit indiziert zu sehen, wird es hiernach erforderlich, zunächst den behandelnden Psychologen nach Entbindung von der Schweigepflicht um detaillierte Auskunft zu bitten und einen Sachverständigen zur Prüfung der [X.]rage hinzuziehen, ob jedenfalls bei Hinzutreten dieser Umstände angesichts der nach der Überzeugung des [X.]erichts zugrunde zu legenden Trinkmenge die Urteils- oder Steuerungsfähigkeit ausgeschlossen gewesen sein könnte.

bb) [X.]ie [X.] geht bei ihrer [X.]emessungsentscheidung - in Übereinstimmung mit der [X.] - davon aus, dass mehrere Angriffe auf Wachsoldaten in Rede stehen. [X.]indende strafgerichtliche [X.]eststellungen liegen aber nur bezüglich einer Attacke auf den Offizier vom Wachdienst vor: [X.]em Strafurteil lag nur die Anklage wegen der Angriffe gegen den dem Soldaten untergebenen [X.] und den Offizier vom Wachdienst Oberfeldwebel [X.] zugrunde. Von der [X.] umfasst sind dagegen auch Angriffe gegen die Wachsoldaten [X.] und [X.], zu denen sich das Strafurteil nicht verhält. [X.]as Strafurteil schließt die [X.]eststellungen solcher zusätzlicher Attacken aber nicht aus, sodass insoweit ergänzende [X.]eststellungen der [X.] möglich, aber auch notwendig waren.

[X.]as [X.] hat aber keine Tatzeugen vernommen und auch die Niederschriften der Vernehmungen der Zeugen [X.] und [X.] nicht im Einverständnis der [X.]eteiligten verlesen und so zum [X.]egenstand der Hauptverhandlung gemacht. Es durfte auch nicht davon ausgehen, dass ein [X.]eständnis des Soldaten weitere Ermittlungen nicht erforderlich machte. [X.]enn dieser hat in der Hauptverhandlung nur ausgeführt, sich an den Abend nicht mehr erinnern zu können, sich gleichwohl bei allen [X.]eteiligten entschuldigt zu haben. Mangels bindender strafgerichtlicher [X.]eststellungen war vor diesem Hintergrund noch nicht geklärt, welche konkreten Verletzungshandlungen gegen die Zeugen [X.] und [X.] der [X.]emessungsentscheidung zugrunde zu legen waren.

3. [X.]iese schwerwiegenden Mängel der Sachaufklärung führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des [X.].

Allerdings steht die Entscheidung darüber, ob der Senat bei Vorliegen eines Aufklärungsmangels oder eines schweren [X.] ungeachtet dessen in der Sache selbst entscheidet oder ob er das Urteil der [X.] aufhebt und die Sache an eine andere Kammer desselben [X.]s oder eines anderen [X.]s zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverweist, nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in seinem Ermessen. [X.]ei der pflichtgemäßen Ausübung dieses Ermessens kommt dem Normzweck regelmäßig eine entscheidende [X.]edeutung zu. Wurde eine Sachverhaltsaufklärung erstinstanzlich gar nicht erst begonnen (vgl. dazu [X.]eschlüsse vom 28. April 1993 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 68.91 - und vom 16. September 1996 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 30.96 - [X.]Verw[X.]E 103, 386 = [X.] 235.0 § 115 [X.] Nr. 1 = [X.] 1997, 115) oder war sie weitgehend unzulänglich (vgl. dazu u.a. [X.]eschlüsse vom 14. September 1988 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 17.88 -, vom 15. April 1992 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 13.92 - und vom 25. März 1997 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 4.97 -), ist in aller Regel auch in Ansehung des [X.]eschleunigungsgebotes eine Zurückverweisung durch das [X.]erufungsgericht geboten (vgl. dazu auch [X.]eschlüsse vom 30. Oktober 2007 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 22.06 - [X.] 450.2 § 120 [X.] 2002 Nr. 1 Rn. 15 - und vom 13. Januar 2009 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 5.08 - Rn. 14 ).

Es ist nach der [X.] nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, anstelle der primär dazu berufenen [X.] notwendige gerichtliche [X.]eststellungen zum entscheidungserheblichen Sachverhalt erstmals zu treffen. Sowohl der angeschuldigte Soldat wie auch die [X.] haben zudem Anspruch darauf, dass bereits im ersten Rechtszug nach Maßgabe der prozessrechtlichen Vorschriften alle erforderlichen Maßnahmen zur hinreichenden Aufklärung der Sach- und Rechtslage ordnungsgemäß getroffen und die erhobenen [X.]eweise nachvollziehbar gewürdigt werden und dass das Ergebnis der [X.]eweiswürdigung in den Urteilsgründen niedergelegt wird. [X.]enn nur bei einer auf dieser [X.]rundlage ergehenden Entscheidung der [X.] werden der Soldat und die [X.] in die Lage versetzt, verantwortlich darüber zu befinden, ob [X.]erufung eingelegt werden soll oder nicht.

Hier sind die Ermittlungsansätze des [X.]s wegen der geschilderten [X.]efizite unzulänglich, sodass eine Zurückverweisung geboten ist. Trotz des Hinweises des Verteidigers auf das Interesse des Soldaten an einem schnellen [X.] hält der Senat eine Zurückverweisung nicht zuletzt deshalb für erforderlich, weil einiges dafür spricht, dass eine weitaus härtere Maßnahme als ein [X.]eförderungsverbot verbunden mit einer Kürzung der [X.]ienstbezüge zu verhängen sein wird, wenn nicht zumindest nach dem in-dubio-[X.]rundsatz von einer zur Schuldunfähigkeit führenden [X.] auszugehen ist.

[X.]enn schon allein wegen einer körperlichen Misshandlung eines Untergebenen - hier des [X.] - ist als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen regelmäßig die Herabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad in den [X.]lick zu nehmen (vgl. Urteil vom 11. Juni 2002 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 38.01 - juris Rn. 6). Hier kommt erschwerend noch (zumindest) eine körperliche Misshandlung eines Vorgesetzten, des Oberfeldwebel [X.], hinzu. [X.] sind darüber hinaus auch weitere Angriffe auf Wachsoldaten, den [X.]efreiten [X.] und den Obergefreiten [X.], zu denen im rechtskräftigen Strafurteil - wie bereits ausgeführt - keine tatsächlichen [X.]eststellungen enthalten sind. Sollte der [X.]rad der Trunkenheit nur zu einer Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 St[X.][X.] geführt haben, so ist zu berücksichtigen, dass bei selbstverschuldeter Trunkenheit und dadurch [X.] verminderter Schuldfähigkeit eine im Ermessen des [X.]erichts stehende Maßnahmemilderung nicht geboten ist, weil eine solche sonst der Prämierung des [X.]ehlverhaltens nahe käme, also mit dem legislatorischen Zweck der Milderungsvorschrift des § 21 St[X.][X.] (analog) nicht vereinbar ist (vgl. Urteile vom 3. Juli 2007 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 12.06 - juris Rn. 82 - und vom 2. April 2008 - [X.]Verw[X.] 2 [X.] 13.07 - Rn. 36 f.). Ein [X.]all selbstverschuldeter Trunkenheit liegt jedenfalls dann vor, wenn der betreffende Soldat für Art und Umfang des [X.] selbst verantwortlich war, was hier - wie die [X.] mit Recht ausführt - wegen der einschlägigen Erfahrungen des Soldaten nahe liegt. Erschwerend sind außerdem auch die durch das [X.]isziplinarbuch und den [X.]undeszentralregisterauszug nachgewiesenen Vorbelastungen zu berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund hätte die für die [X.]emessung relevante [X.]eststellung, ob der Soldat bei der [X.]egehung der [X.] im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat und die Schuld weniger schwer wiegt, weil er sich nur fahrlässig in den Vollrausch versetzt hatte, erhebliche [X.]edeutung für den Status und die berufliche Zukunft des Soldaten, weil voraussichtlich allein im [X.]alle einer entsprechenden [X.]eststellung von einer weitgehenden [X.]egradierung Abstand genommen werden kann. [X.]aher erscheint es nicht geboten, ihm für die [X.]eststellung des wesentlichen Teils [X.] Umstände eine Instanz zu nehmen.

[X.]ür eine Zurückverweisung an ein anderes [X.] sieht der Senat keine Veranlassung.

Meta

2 WD 16/11

27.03.2012

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WD

vorgehend Truppendienstgericht Süd, 8. Dezember 2010, Az: S 7 VL 21/10, Urteil

§ 84 Abs 1 S 1 WDO 2002, § 84 Abs 1 S 2 WDO 2002, § 106 Abs 1 WDO 2002, § 120 Abs 1 Nr 2 WDO 2002, § 267 Abs 4 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27.03.2012, Az. 2 WD 16/11 (REWIS RS 2012, 7678)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7678

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Referenzen
Wird zitiert von

B 2 U 19/11 R

Zitiert

5 StR 135/10

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