Bundessozialgericht, Urteil vom 05.05.2010, Az. B 11 AL 14/09 R

11. Senat | REWIS RS 2010, 6918

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Rechtsanwaltsvergütung - isoliertes Vorverfahren - erstattungsfähige Kosten - Geschäftsgebühr - Schwellengebühr - Einordnung der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit: keine Differenzierung nach Rechtsgebieten - Erledigungsgebühr


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 5. Mai 2009 geändert.

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 18. Mai 2007 wird insgesamt zurückgewiesen.

Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Aufwendungen des [X.] für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren.

2

Dem Kläger wurde von seinem Arbeitgeber im Juli 2004 fristlos mit der Begründung gekündigt, er habe während der Arbeitszeit in alkoholisiertem Zustand einen Unfall verursacht. Der Kläger erhob daraufhin Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht und beantragte bei der Beklagten Arbeitslosengeld [X.]). Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 5.11.2004 den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen mit der Begründung fest, der Kläger habe durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt.

3

Gegen den Bescheid vom 5.11.2004 erhob der Kläger, vertreten durch seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt, Widerspruch. Mit Schreiben vom [X.] übersandte der Bevollmächtigte des [X.] der Beklagten das Protokoll eines am 4.3.2005 vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleichs, aus dem hervorging, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung endete und der Arbeitgeber den Vorwurf der Schadensverursachung durch den Kläger im alkoholisierten Zustand während der Arbeitszeit fallen ließ.

4

Mit [X.] vom 20.4.2004 hob die Beklagte den Sperrzeitbescheid vom 5.11.2004 auf und erklärte sich bereit, die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Kosten auf Antrag zu erstatten.

5

Mit seiner bei der Beklagten eingereichten Kostennote machte der Bevollmächtigte des [X.] eine Geschäftsgebühr von 318,50 [X.], eine [X.] von 367,50 [X.], eine Auslagenpauschale von 20 [X.] sowie 112,96 [X.] Umsatzsteuer geltend, insgesamt 818,96 [X.]. Die Beklagte erkannte als im Widerspruchsverfahren entstandene notwendige Aufwendungen jedoch nur 301,60 [X.] an und lehnte im Übrigen eine Kostenerstattung ab (Bescheid vom 1.7.2005). Der anerkannte Betrag setzte sich wie folgt zusammen: 240 [X.] Geschäftsgebühr gemäß [X.] des [X.] (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der bis 30.6.2006 geltenden Fassung, 20 [X.] Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen sowie 41,60 [X.] Umsatzsteuer. Auf den Widerspruch des [X.] erkannte die Beklagte zusätzlich noch Kopierkosten in Höhe von 8,70 [X.] an (Bescheid vom [X.]), wies jedoch im Übrigen den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 22.9.2005).

6

Das Sozialgericht ([X.]) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.5.2007). Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] (L[X.]) das Urteil des [X.] geändert, die Beklagte unter Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide verurteilt, die erstattungsfähigen Kosten des Widerspruchsverfahrens auf 726,16 [X.] festzusetzen und an den Kläger weitere 415,86 [X.] zu zahlen; im Übrigen hat das L[X.] die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). In den Entscheidungsgründen hat das L[X.] ua ausgeführt: Die auf der Grundlage der [X.] VV RVG geltend gemachte Geschäftsgebühr von 318,50 [X.] sei nicht unbillig. Die Tätigkeit des Anwalts sei schwierig gewesen. Es habe sich um ein sozialrechtliches Spezialproblem aus dem Arbeitsförderungsrecht gehandelt, in das sich der Bevollmächtigte habe einarbeiten müssen. Das Arbeitsförderungsrecht sei ein Rechtsgebiet, für das ein Rechtsanwalt Spezialwissen benötige. Der Schwierigkeitsgrad sei aus der Sicht des [X.] zu beurteilen; für ihn seien Fälle aus dem Sozialrecht jedenfalls dann schwierig, wenn sie von einem sozialrechtlichen Standard- und Routinefall abwichen. Auch spreche die Bildung von Kammern und Senaten mit Spezialzuständigkeiten sowie die Einführung einer Fachanwaltschaft in einem Rechtsgebiet für dessen Schwierigkeit. Diese rechtfertige im vorliegenden Fall den Ansatz einer um 40 [X.] oberhalb der Schwellengebühr (240 [X.]) liegenden Gebühr, also der [X.] in Höhe von 280 [X.]; diese habe der Bevollmächtigte um 13,75 % auf 318,50 [X.] erhöhen dürfen. Darüber hinaus sei auch eine [X.] gemäß [X.] 1005 VV RVG angefallen. Das nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (B[X.]) erforderliche besondere Tätigwerden des Rechtsanwaltes liege darin, dass er im arbeitsgerichtlichen Verfahren erkennbar darauf hingewirkt habe, den Wahrheitsgehalt der vom Arbeitgeber zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angeführten, für die Entscheidung der Beklagten maßgeblichen Tatsachen in Frage zu stellen, und dass er das Ergebnis seiner Bemühungen im Kündigungsschutzprozess unverzüglich in das Widerspruchsverfahren eingeführt habe. Als [X.] angemessen sei aber nur die [X.] von 280 [X.]; der vom Kläger angesetzte Wert von 367,50 [X.] weiche um 31,25 % von der [X.] ab und sei nicht mehr vom anwaltlichen Beurteilungsspielraum gedeckt.

7

Mit der vom L[X.] zugelassenen Revision rügt die Beklagte Verletzungen formellen und materiellen Rechts. Sie macht ua geltend, es bestehe kein Anspruch auf Zubilligung einer 240 [X.] übersteigenden Geschäftsgebühr, weil die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren weder umfangreich noch schwierig gewesen sei. Zur Subsumtion des Sachverhalts unter die einschlägige Rechtsnorm des § [X.] ([X.]B III) habe es nur eines flüchtigen Blickes in das Gesetz bedurft, nicht aber einer weitreichenden rechtlichen Detailprüfung. Auch eine [X.] sei mangels besonderer anwaltlicher Mitwirkung nicht angefallen. Das Übersenden des arbeitsgerichtlichen Vergleichs sei lediglich als logische Fortsetzung und Beendigung der ursprünglichen Widerspruchsbegründung anzusehen, nicht aber als weitere, auf gütliche Einigung gerichtete und gesondert zu vergütende Tätigkeit. Soweit ein besonderes Bemühen im Prozess vor dem Arbeitsgericht vorgelegen habe, könne dies nur im dortigen Verfahren eine Einigungsgebühr rechtfertigen.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des L[X.] vom [X.] zu ändern und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 18.5.2007 insgesamt zurückzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>). Die Beklagte hat die dem Kläger zu erstattenden notwendigen Aufwendungen zutreffend festgesetzt, so dass auf die Revision das Urteil des [X.] zu ändern und die Berufung des [X.] gegen das die Klage abweisende Urteil des [X.] insgesamt zurückzuweisen ist.

1. Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensfehler stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen. Die Revision und die Berufung sind nicht nach § 144 Abs 4 [X.]G iVm § 165 Satz 1 [X.]G ausgeschlossen, da in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (§§ 78 ff [X.]G, § [X.] <[X.]B X>) gestritten wird (B[X.] [X.] 3-1500 § 144 [X.]; B[X.]E 104, 30 = [X.]-1935 § 14 [X.], jeweils Rd[X.] 9; Urteil des Senats vom [X.], [X.] [X.] 24/08 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, Rd[X.]1 mwN). Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage; der Erhebung einer Verpflichtungsklage auf Bestimmung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts nach § 63 Abs 3 Satz 2 [X.]B X bedarf es nicht, da die Beklagte diese Notwendigkeit zumindest konkludent anerkannt hat (vgl ua B[X.], Urteile vom [X.], [X.] R 137/08 R, [X.], und vom [X.], [X.] [X.]/08 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, Rd[X.]3).

2. Die angefochtenen Bescheide vom [X.] und [X.], jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.], sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Insbesondere besteht kein Anspruch auf Erstattung einer den Betrag von 240 Euro übersteigenden Geschäftsgebühr (dazu im Folgenden unter b) und auch kein Anspruch auf Erstattung einer [X.] (dazu unter c).

a) Nach § 63 Abs 1 Satz 1 [X.]B X ist, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, verpflichtet, dem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Nach § 63 Abs 2 [X.]B X sind die Gebühren und Auslagen ua eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Gebühren und Auslagen iS des § 63 Abs 2 [X.]B X sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen (B[X.]E 78, 159, 161 f = [X.] 3-1300 § 63 [X.] f; [X.]-1300 § 63 [X.] Rd[X.]6). Diese sind bei Beauftragung eines Rechtsanwalts seit dem 1.7.2004 nach Maßgabe des [X.] sowie des [X.] der Anlage 1 zum [X.] zu bestimmen (vgl § 1 Abs 1 und § 2 Abs 2 Satz 1 [X.], jeweils idF des Art 3 des [X.] des Kostenrechts <[X.]> vom [X.], [X.] 718; zum Inkrafttreten Art 8 [X.], zum Übergangsrecht §§ 60, 61 [X.]).

b) Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Geschäftsgebühr ist [X.]500 des [X.] zum [X.] in der vorbezeichneten Fassung (aF; gleichlautend inzwischen [X.]400 in der ab 1.7.2006 geltenden Fassung , vgl Art 5 Abs 1 [X.] Buchst b [X.]). Danach erhält der Rechtsanwalt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (vgl § 3 [X.]) ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl Vorbemerkung 2 zu [X.]500 [X.] [X.] aF) eine Geschäftsgebühr (zur Anwendbarkeit bei Leistungsempfängern iS des § 183 Satz 1 [X.]G vgl B[X.]E 104, 30 = [X.]-1935 § 14 [X.], jeweils Rd[X.]8). Die Geschäftsgebühr nach [X.]500 [X.] [X.] aF umfasst einen Betragsrahmen von 40 bis 520 Euro, wobei eine Gebühr von mehr als 240 Euro nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (so genannte Schwellengebühr).

Nach der Rechtsprechung des B[X.] zu [X.]500 [X.] [X.] aF (= [X.]400 [X.] [X.] nF) hat die Schwellengebühr von 240 Euro die so genannte [X.], die sich aus der Mindestgebühr zuzüglich der Hälfte des Unterschieds zwischen Mindest- und [X.] errechnet (bei [X.]500 aF also 280 Euro), nicht ersetzt (B[X.]E 104, 30 = [X.]-1935 § 14 [X.], jeweils Rd[X.]2 ff). Die Einführung der Schwellengebühr hat aber zur Folge, dass die in einem ersten Schritt ausgehend von der [X.] bestimmte Gebühr in einem zweiten Schritt in Höhe des Schwellenwertes gekappt wird, wenn weder der Umfang noch die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit mehr als durchschnittlich sind (B[X.]E aaO Rd[X.]2; vgl auch B[X.] [X.]-1935 § 14 [X.] Rd[X.]6). Umfang oder Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit müssen also über dem Durchschnitt liegen, um im Ergebnis eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr zu rechtfertigen. Von einer umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit in diesem Sinne kann aber unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles nicht die Rede sein, weshalb der von der Beklagten anerkannte und festgesetzte Betrag von 240 Euro nicht weiter zu erhöhen ist.

Dass die anwaltliche Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig iS der [X.]500 [X.] [X.] aF war, ist den vom [X.] festgestellten, das Revisionsgericht bindenden Tatsachen (§ 163 [X.]G) zu entnehmen. Das [X.] hat zunächst zum Umfang der Tätigkeit des Bevollmächtigten des [X.] nach Hinweis auf die Erhebung des Widerspruchs und das Schreiben vom [X.] ausgeführt, die Tätigkeit sei nicht umfangreich gewesen. Ein überdurchschnittlicher Umfang der Tätigkeit wird auch vom Kläger selbst nicht behauptet. Das [X.] hat im Übrigen tatsächliche Feststellungen zum Inhalt und zur Intensität der Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren getroffen. Danach hat der Bevollmächtigte als Allgemeinanwalt die rechtliche Prüfung vorgenommen, ob der Kläger durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber gegeben und dadurch seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, ob also eine Sperrzeit gemäß § 144 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B III eingetreten ist. Im Rahmen und in der Folge dieser Prüfung hat der Bevollmächtigte das Protokoll über den vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich vorgelegt. Diese Feststellungen des [X.] sind maßgebend für die rechtliche Beurteilung des Senats, ob die Tätigkeit schwierig iS der [X.]500 [X.] [X.] aF war.

Eine überdurchschnittlich schwierige Tätigkeit kommt in Betracht, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten, die sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich liegen können (B[X.]E 104, 30 = [X.]-1935 § 14 [X.], jeweils Rd[X.] 33; vgl hierzu auch [X.] in jurisPR-[X.] 10/2010 Anm 6). Abzustellen ist auf einen Rechtsanwalt, der sich bei Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Literatur, zu bearbeiten (B[X.]E aaO Rd[X.] 32 mwN). Ausgehend von diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall eine über dem Durchschnitt liegende Schwierigkeit zu verneinen. Denn die rechtliche Überprüfung der Frage des Eintritts einer Sperrzeit gemäß § 144 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B III war nicht mit besonderen, sich üblicherweise nicht stellenden Problemen verbunden. Die einschlägige Norm ist weder schwer verständlich noch bedurfte es bei der Subsumtion des konkreten Sachverhalts unter die Norm der Auswertung umfangreicher Rechtsprechung oder spezieller Literatur. Auch in tatsächlicher Hinsicht ergeben die Feststellungen des [X.] keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten. Der Sachverhalt war überschaubar und nicht ungewöhnlich; die konkrete Verteidigungsstrategie konnte nur darauf hinauslaufen, den Vorwurf der Veranlassung der Kündigung durch arbeitsvertragswidriges Verhalten zu widerlegen oder zu entkräften. Insgesamt handelte es sich somit um einen Normal- oder Routinefall (vgl B[X.]E aaO Rd[X.] 35).

Der Auffassung des [X.], die Schwierigkeit ergebe sich bereits aus der Einführung einer Fachanwaltschaft für das Sozialrecht sowie aus der Bildung von Fachkammern und [X.] im Arbeitsförderungsrecht, folgt der Senat nicht. Das B[X.] hat bereits entschieden, dass es bei der Einordnung, ob die rechtliche Schwierigkeit durchschnittlich bzw über- oder unterdurchschnittlich ist, nicht angebracht ist, nach einzelnen Rechtsgebieten bzw Teilrechtsgebieten zu differenzieren (B[X.]E 104, 30 = [X.]-1935 § 14 [X.], jeweils Rd[X.] 35; aA etwa [X.] in [X.], [X.], 18. Aufl 2008, § 14 Rd[X.]6). Abzustellen ist also in jedem Rechtsgebiet auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (vgl auch § 14 Abs 1 Satz 1 [X.]).

Dass der Bevollmächtigte des [X.] zunächst selbst davon ausging, seine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren sei nicht schwierig gewesen, ergibt sich im Übrigen aus seiner der Beklagten vorgelegten Kostennote. Die geforderte Geschäftsgebühr von 318,50 Euro war nämlich auf der Grundlage der [X.]400 [X.] [X.] aF (= [X.]300 [X.] [X.] nF) berechnet, wobei der Bevollmächtigte [X.] annahm, die Gebühr richte sich nach dem Gegenstandswert. Der Betrag von 318,50 Euro ergab sich aus einem unterstellten Streitwert von 3.731,28 Euro [X.] für zwölf Wochen) und einer Gebühr von 1,3 gemäß [X.]400 [X.] [X.] aF (vgl § 13 Abs 1 [X.] iVm der Anlage 2 zum [X.]: volle Gebühr 245 Euro, Gebühr von 1,3 also 318,50 Euro). Bei Annahme einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit wäre die Berechnung einer höheren Geschäftsgebühr zu erwarten gewesen, da nach [X.]400 [X.] [X.] aF (= [X.]300 [X.] [X.] nF) eine Gebühr von mehr als 1,3 gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

c) Rechtsgrundlage für die geltend gemachte [X.] ist [X.]005 [X.] [X.] iVm [X.]002 [X.] [X.] (jeweils idF des [X.]). Danach erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr für die Erledigung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 [X.]); die Gebühr umfasst einen Rahmen von 40 bis 520 Euro. Die Gebühr entsteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt (vgl Erläuterungen zu [X.]002 [X.] [X.]). Entgegen der Auffassung des [X.] sind die Voraussetzungen für das Entstehen einer [X.] nicht erfüllt.

Nach der Rechtsprechung des B[X.] zu [X.]005 bzw 1002 [X.] [X.] kann eine Gebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Rechtsanwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat (ua B[X.] [X.]-1300 § 63 [X.] Rd[X.]0 ff; Urteil vom 21.3.2007, [X.]a [X.] 53/06 R, Rd[X.]6; [X.]-1935 [X.] [X.]002 [X.], Rd[X.]4 mwN; zustimmend [X.] in von [X.], [X.]B X, 7. Aufl 2010, Anhang zu § 63 Rd[X.]3b). Erforderlich ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung, die über das Maß hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten wird (vgl B[X.] [X.]-1300 § 63 [X.] Rd[X.]2). Eine solche qualifizierte, eine [X.] begründende Tätigkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue Beweismittel, etwa während des Vorverfahrens neu erstattete Befundberichte, beibringt (B[X.] [X.]-1935 [X.] [X.]002 [X.] Rd[X.]5). Dagegen bewegt sich die Vorlage präsenter Beweismittel noch im Rahmen der dem Widerspruchsführer ohnehin obliegenden Mitwirkung (§ 21 Abs 2 [X.]B X) und ist bereits mit der Geschäftsgebühr bzw der Auslagenpauschale abgegolten (B[X.], Urteil vom [X.], [X.]/9a [X.] 3/07 R, Rd[X.]6, 17).

Unter Zugrundelegung dieser in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe kann in der durch den Bevollmächtigten des [X.] vorgenommenen Übersendung des vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleichs keine die Gebühr nach [X.]005 [X.] [X.] rechtfertigende besondere Tätigkeit gesehen werden. Das [X.] hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass die für den Vergleichsabschluss ausschlaggebende Tätigkeit nicht im Widerspruchsverfahren, sondern in einem anderen, vom Kläger gesondert anhängig gemachten Verfahren entfaltet worden ist. Denn die Gebühr nach [X.]005 iVm [X.]002 [X.] [X.] entsteht bei Erledigung einer Rechtssache nach Aufhebung oder Änderung eines angefochtenen Verwaltungsakts (vgl Erläuterungen zu [X.]002 [X.] [X.]), woraus deutlich wird, dass die anwaltliche Mitwirkung im konkreten Verfahren stattfinden muss und dass ein Tätigwerden in einem anderen Verfahren regelmäßig nicht ausreicht (vgl [X.], Kostengesetze, 38. Aufl 2008, [X.]002 [X.] [X.] [X.] mwN).

Nach den getroffenen Feststellungen hat der Bevollmächtigte im arbeitsgerichtlichen Prozess darauf hingewirkt, den Wahrheitsgehalt der vom Arbeitgeber zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angeführten Tatsachen in Frage zu stellen. Aufgrund dieser besonderen Bemühungen des Bevollmächtigten ist auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren eine Einigungsgebühr gemäß [X.]000 [X.] [X.] angefallen. Demgegenüber kommt der anschließenden Übersendung des [X.] an die Beklagte nur untergeordnete Bedeutung zu; sie kann nicht etwa der Beibringung neuer im Vorverfahren beschaffter Beweismittel (B[X.] [X.]-1935 [X.] [X.]002 [X.]) gleichgesetzt werden.

Der Senat folgt in diesem Zusammenhang nicht der Auffassung des [X.], die Bemühungen des Bevollmächtigten vor dem Arbeitsgericht seien "hauptsächlich" für das Widerspruchsverfahren bedeutsam gewesen. Auszugehen ist vielmehr davon, dass der Bevollmächtigte des [X.] auch und gerade aus arbeitsrechtlichen Gründen verpflichtet war, die Kündigungsgründe in Frage zu stellen und auf die Feststellung der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung hinzuwirken. Die Vorlage des Vergleichs im Widerspruchsverfahren ist deshalb lediglich im Rahmen der Verpflichtung des Rechtsanwalts, das Verfahren gewissenhaft und sorgfältig zu betreiben, erfolgt und durch die Geschäftsgebühr nach [X.]500 [X.] [X.] aF (= [X.]400 [X.] [X.] nF) abgedeckt.

d) Die angefochtenen Kostenfestsetzungsbescheide sind auch im Übrigen zutreffend. Dies gilt für die anerkannten Kosten für Ablichtungen, die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und für die Umsatzsteuer ([X.] 7000, 7002 und 7008 [X.] [X.]).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 11 AL 14/09 R

05.05.2010

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Detmold, 18. Mai 2007, Az: S 10 AL 45/07, Urteil

§ 63 Abs 1 S 1 SGB 10, § 63 Abs 2 SGB 10, § 2 Abs 2 S 1 RVG, § 3 RVG, § 14 Abs 1 RVG, Nr 1002 RVG-VV vom 05.05.2004, Nr 1005 RVG-VV vom 05.05.2004, Nr 2500 RVG-VV vom 05.05.2004, Nr 2400 RVG-VV

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 05.05.2010, Az. B 11 AL 14/09 R (REWIS RS 2010, 6918)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6918

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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