Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.09.2012, Az. 26 W (pat) 66/12

26. Senat | REWIS RS 2012, 3047

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "VERDEO (IR-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 928 837

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 19. September 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie [X.] und [X.]

beschlossen:

Auf die Beschwerde werde die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 IR des [X.] vom 16. April 2009 und 8. Mai 2012 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Mit den angefochtenen Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 33 [X.] des [X.] registrierten Marke [X.] 928 837

2

[X.]

3

für die Waren der

4

Klasse 33 „Alcoholic Beverages (except beers)“

5

[X.] sei ein Synonym für die Rebsorte [X.] (Ergebnis einer Internetrecherche). Unerheblich sei insoweit, dass die Bezeichnung der Rebsorte mit dem Namen [X.] gebräuchlicher sei, da Wettbewerbern die freie Wahl zwischen allen beschreibenden Angaben erhalten bleiben müsse. Aufgrund des im Vordergrund stehenden sachbezogenen [X.] komme dem Zeichen auch keine Unterscheidungskraft zu, da sich [X.] aus Sicht der hier maßgeblichen inländischen Durchschnittsverbraucher schriftbildlich sowie klanglich in hohem Maße an die Rebsortenbezeichnung „[X.]“ im Sinne von „Ernte der grünen unreifen Oliven“ anlehne.

6

[X.] und [X.] identisch aussprechen werde und auch nicht unterstellt werden könne, dass ihm die korrekte Schreibweise der Rebsorte [X.] bekannt ist, werde er die abgewandelte Schreibweise (ohne „j“) kaum bemerken und in der Bezeichnung [X.] lediglich einen beschreibenden Hinweis auf die Rebsorte [X.] und damit die Art der angebotenen Waren sehen.

7

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde. Sie hält die [X.]-Marke mit dem Argument für unterscheidungskräftig, das Zeichen die beanspruchten Waren weder unmittelbar beschreibe, noch in einem engen sachlichen beschreibenden Bezug zu ihnen stehe. Denn es handele sich entgegen der Ansicht der Markenstelle nicht um ein Synonym der Rebsorte [X.], die ihrerseits auch wenig bekannt sei. Die (Internet-) Quellen zum Nachweis dieser Ansicht seien unzutreffend. Ein [X.] bestehe für die Phantasiebezeichnung nicht.

8

Die Anmelderin beantragt,

9

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 [X.] des [X.] 16. April 2009 und 8. Mai 2012 aufzuheben.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1, 2 [X.] zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der von der Markenstelle geäußerten Rechtsauffassung kann dem Zeichen mangels eines im Vordergrund stehenden, beschreibenden Sinngehaltes das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Es ist auch nicht freihaltebedürftig [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Gemäß §§ 119, 124, 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Verbindung mit Art. 5 PMMA, Art. 6

1.

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen (vgl. [X.] GRUR 2004, 1027, 1029, Nr. 33 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] 2003 1050 - [X.]). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des [X.] von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn die Marke einen für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt hat oder wenn es sich um einen Begriff der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache handelt, der etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl. [X.], a. a. [X.] - [X.]).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der streitgegenständlichen Marke in ihrer Gesamtheit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

[X.] stellt nach den überzeugenden Ausführungen der Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung vom 28. August 2012, auf die wegen ihres Inhaltes im einzelnen verwiesen wird, kein Synonym für die Rebsorte [X.] dar. Die Belege aus der Internetrecherche der Markenstelle weist die Beschwerde zu Recht als unzutreffend zurück. Auch eine Recherche des Senats hat Nachweise dafür ergeben, dass das Zeichen eine andere Bezeichnung der Rebsorte [X.] ist. Zwar lässt sich bei „[X.]“ vereinzelt ein Hinweis auf eine weitere Bezeichnung „[X.]“ finden, die aber wenig geläufig scheint und kein Schutzhindernis für die [X.]-Marke darstellt, weil sie sich in ihrer Gesamtheit deutlich von der Marke unterscheidet. In einschlägigen Weinlexika und [X.] ist „[X.]“ ebenfalls nicht als Rebsorte aufgeführt, worauf die Beschwerde zutreffend hinweist.

Die Ansicht der Markenstelle, das Zeichen sei so nah an der Rebsortenbezeichnung [X.], dass es nur als diese Rebsorte verstanden werde, überzeugt nicht. Schon schriftbildlich ergeben sich zwischen [X.] und [X.] ausreichend markante Unterschiede, so dass schon nicht von einer Abwandlung i. S. der „Postkantoor“-Entscheidung die Rede sein kann ([X.] GRUR 2004, 674). Auch klanglich wird das „j“ in [X.] gesprochen und zu verdecho bzw. verdeiho, im Gegensatz zu verdeo in der [X.]-Marke.

[X.] zukommt.

Das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft kann der angemeldeten Bezeichnung „[X.]“ in ihrer Bedeutung „[X.] Oliven“ für alkoholische Getränke nicht.

2.

Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] steht einer Schutzbewilligung der [X.]-Marke in der [X.] für die beanspruchten Waren ebenfalls nicht entgegen. Das Zeichen besteht weder aus einer diese Waren beschreibenden Angabe noch aus einer von einer beschreibenden Angabe nur minimal abweichenden Abwandlung einer solchen Angabe, wie bereits zuvor im Einzelnen dargelegt worden ist.

Aus diesen Gründen war der Beschwerde stattzugeben.

Meta

26 W (pat) 66/12

19.09.2012

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.09.2012, Az. 26 W (pat) 66/12 (REWIS RS 2012, 3047)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3047

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