Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2012, Az. X ZB 11/12

X. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 246

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X
ZB
11/12
vom
18.
Dezember 2012
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Na[X.]hs[X.]hlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

Doppelvertretung im [X.]
[X.] § 84 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2
Im Patentni[X.]htigkeitsverfahren unterliegen Bes[X.]hlüsse des Patentgeri[X.]hts, mit denen über eine Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung ents[X.]hieden wird, der Re[X.]htsbes[X.]hwerde gemäß §
574 Abs.
1 Nr.
2 ZPO.
[X.] §
143 Abs.
3
§
143 Abs.
3 [X.] ist im [X.] ni[X.]ht entspre[X.]hend anwendbar.
[X.] §
84 Abs.
2 Satz
2; ZPO §
91 Abs.
1 Satz
1
Die Zuziehung eines Re[X.]htsanwalts neben einem Patentanwalt ist typis[X.]her-weise als zur zwe[X.]kentspre[X.]henden Re[X.]htsverfolgung oder Re[X.]htsverteidigung notwendig im Sinne von §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO anzusehen, wenn zeitglei[X.]h mit dem [X.] ein das Streitpatent betreffender Verletzungs-re[X.]htsstreit anhängig ist, an dem die betreffende [X.] oder ein mit ihr wirt-s[X.]haftli[X.]h verbundener Dritter beteiligt ist.
[X.], Bes[X.]hluss vom 18. Dezember 2012 -
X [X.] -
Bundespatentgeri[X.]ht
-
2
-
Der X. Zivilsenat des [X.] hat am 18.
Dezember 2012 dur[X.]h [X.], die Ri[X.]hter [X.], [X.] und [X.] sowie die Ri[X.]hterin S[X.]huster
bes[X.]hlossen:
Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde gegen den Bes[X.]hluss des 10.
[X.]s (Ni[X.]h-tigkeitssenats) des [X.] wird auf Kosten des [X.] zurü[X.]kgewiesen.

Gründe:

I.
Die [X.]en streiten über die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines im erstinstanzli[X.]hen Patentni[X.]htigkeitsverfahren
mitwirkenden Re[X.]htsanwalts.
Das Patentgeri[X.]ht hat das angegriffene Patent antragsgemäß teilweise für ni[X.]htig erklärt und dem Beklagten die Kosten des Re[X.]htsstreits auferlegt. Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Re[X.]htspflegerin die Kosten für die [X.] Re[X.]htsanwälte (22.665,33 Euro) unberü[X.]ksi[X.]htigt gelassen. Auf die [X.] der Klägerin hat das Patentgeri[X.]ht die Erstattung dieser Kosten nebst Zinsen angeordnet. Dagegen wendet si[X.]h der Beklagte mit der vom [X.] zugelassenen Re[X.]htsbes[X.]hwerde.
II.
Die form-
und fristgere[X.]ht eingelegte Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist gemäß §
84 Abs.
2 Satz
2 [X.] und §
574 Abs.
1 Nr. 2 ZPO statthaft.
1.
Die Statthaftigkeit der Re[X.]htsbes[X.]hwerde ergibt si[X.]h allerdings ni[X.]ht s[X.]hon aus der Zulassung des Re[X.]htsmittels dur[X.]h die Vorinstanz. Au[X.]h eine zugelassene Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist als unzulässig zu verwerfen, wenn sie na[X.]h 1
2
3
4
-
3
-
dem Gesetz ni[X.]ht statthaft ist (vgl. nur [X.], Bes[X.]hluss vom 10.
August 2011

X
ZB
2/11, [X.], 1053 Rn.
5 -
Ethylengerüst).
2.
Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist jedo[X.]h na[X.]h §
574 Abs.
1 Nr. 2 ZPO statt-haft. Diese Vors[X.]hrift ist bei der Kostenfestsetzung im [X.] gemäß §
84 Abs.
2 Satz
2 [X.] anwendbar.
a)
Gemäß §
84 Abs.
2 Satz
2 [X.] sind im Patentni[X.]htigkeitsverfahren die Vors[X.]hriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren entspre[X.]hend anwendbar. Zu diesen Vors[X.]hriften gehört §
574 Abs.
1 Nr. 2 ZPO. Die darin vorgesehene Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist au[X.]h im [X.] statthaft, sofern die Ausgangsents[X.]heidung gemäß §
567 Abs.
2 ZPO der Anfe[X.]htung unterliegt und die Vorinstanz das Re[X.]htsmittel [X.] hat (vgl. nur [X.], Bes[X.]hluss vom 22.
Juni 2010 -
VI
ZB
10/10, [X.] 2011, 143 Rn.
4).
b)
Aus §
84 Abs.
2 Satz
3 und §
99 Abs.
2 [X.] ergibt si[X.]h keine ab-wei[X.]hende Beurteilung.
Den genannten Vors[X.]hriften ist allerdings zu entnehmen, dass si[X.]h die Verweisung auf die Vors[X.]hriften der Zivilprozessordnung grundsätzli[X.]h ni[X.]ht auf Bestimmungen über Re[X.]htsmittel gegen Ents[X.]heidungen des Patentgeri[X.]hts erstre[X.]kt, sondern dass es insoweit regelmäßig bei den im [X.] selbst vorgesehenen Re[X.]htsmitteln verbleibt. Die ausdrü[X.]kli[X.]he Verweisung in §
84 Abs.
2 Satz
3 [X.] soll klarstellen, dass dieser Grundsatz au[X.]h bei [X.] gilt (BT-Dru[X.]ksa[X.]he 8/2087 S. 37 zu §
40 Abs.
2 [X.] aF).
Entgegen einer in der Literatur verbreiteten Auffassung ([X.]/[X.], 10.
Auflage, §
84 [X.] Rn.
41; [X.], 8.
Auflage, §
80 [X.] Rn.
106; [X.]/[X.], §
84 [X.] Rn.
64), die au[X.]h von einem Ni[X.]htigkeitssenat des [X.] vertreten wird (B[X.], Bes[X.]hluss vom 26.
Februar 2003 5
6
7
8
9
-
4
-

3
ZA
(pat)
44/02, juris Rn.
6), ergibt si[X.]h daraus indes ni[X.]ht, dass eine Re[X.]hts-bes[X.]hwerde im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens ni[X.]ht statthaft ist.
(1)
Im Kostenfestsetzungsverfahren kam der Regelung in §
99 Abs.
2 [X.], wona[X.]h ein Re[X.]htsmittel nur auf der Grundlage dieses Gesetzes zulässig ist, seit jeher keine Bedeutung zu.
In diesem Berei[X.]h war ein Re[X.]htsmittel zum [X.] na[X.]h den bis zum 31.
Dezember 2001 geltenden Vors[X.]hriften der Zivilprozessordnung generell ni[X.]ht statthaft.
Der [X.] hat ents[X.]hieden, dass die eins[X.]hlägige Regelung in §
567 Abs.
3 und §
568 Abs.
3 ZPO in der bis 31.
März 1991 geltenden Fassung (die, soweit hier von Interesse, der Regelung in §
567 Abs.
3 und 4 ZPO in der von 1.
April 1991 bis 31.
Dezember 2001 geltenden Fassung entspri[X.]ht), wona[X.]h im Kostenfestsetzungsverfahren na[X.]h einer Bes[X.]hwerdeents[X.]heidung eine weitere Bes[X.]hwerdemögli[X.]hkeit ni[X.]ht statthaft ist, aufgrund der Verweisung in §
62 Abs.
2 Satz
3 [X.] au[X.]h in einem Gebrau[X.]hsmusterlös[X.]hungsverfahren gilt. Er hat deshalb au[X.]h für diese Konstellation, in der das Patentgeri[X.]ht eine Be-s[X.]hwerdeents[X.]heidung trifft, gegen die na[X.]h dem Wortlaut von §
100 [X.] die Re[X.]htsbes[X.]hwerde statthaft wäre, ein Re[X.]htsmittel zum [X.] als unzulässig angesehen ([X.], Bes[X.]hluss vom 9.
Januar 1986 -
X
ZB
38/84, [X.], 453 -
Transportbehälter) und damit für das Kostenfestsetzungs-verfahren trotz des
in §
99 Abs.
2 [X.] normierten Grundsatzes
das Re[X.]htsmit-telsystem der Zivilprozessordnung als maßgebli[X.]h era[X.]htet.
(2)
Der damit auf der Grundlage des früher geltenden Zivilprozessre[X.]hts bestehende Glei[X.]hklang der Re[X.]htsmittelsysteme im [X.] ist au[X.]h auf der Grundlage der seit 1.
Januar 2002 geltenden Vors[X.]hriften zu wahren.
10
11
12
13
-
5
-
Im Gebrau[X.]hsmusterlös[X.]hungs-
und im Einspru[X.]hsverfahren wäre eine Re[X.]htsbes[X.]hwerde im Kostenfestsetzungsverfahren nunmehr s[X.]hon na[X.]h §
100 [X.] zulässig, weil die Zivilprozessordnung den Auss[X.]hluss dieses Re[X.]htsmittels ni[X.]ht mehr vorsieht. Für das Patentni[X.]htigkeitsverfahren kann vor diesem Hintergrund ni[X.]hts anderes gelten. Zwar entspri[X.]ht es grundsätzli[X.]h dem in §
100 Abs.
1 [X.] normierten Re[X.]htsmittelsystem des [X.]es, dass eine Re[X.]htsbes[X.]hwerde nur gegen Bes[X.]hlüsse zulässig ist, die das Patentgeri[X.]ht
als Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht erlassen hat. Diese Regelung führt aber ni[X.]ht dazu, dass ein Bes[X.]hluss des Patentgeri[X.]hts im [X.] je-der Na[X.]hprüfung entzogen ist. Im Regelfall sind sol[X.]he Bes[X.]hlüsse vielmehr gemäß §
110 Abs.
6 [X.] zusammen mit dem Urteil anfe[X.]htbar und unterliegen mithin der Na[X.]hprüfung im Berufungsverfahren. Bei einer Ents[X.]heidung über eine Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbes[X.]hluss ist diese Na[X.]hprü-fungsmögli[X.]hkeit ni[X.]ht eröffnet, weil diese Ents[X.]heidungen na[X.]h dem Urteil in der Hauptsa[X.]he ergehen. Weder §
84 Abs.
2 no[X.]h §
99 Abs.
2 [X.] kann aber der Grundsatz entnommen werden, dass eine Überprüfung des [X.] in dieser Konstellation s[X.]hle[X.]hthin ausges[X.]hlossen sein soll. Angesi[X.]hts dessen muss der s[X.]hon auf der Grundlage des alten Zivilprozessre[X.]hts geltende Grundsatz, dass in beiden Konstellationen dieselben [X.] bestehen, au[X.]h auf der Grundlage des neuen Zivilprozessre[X.]hts fortgelten. Deshalb ri[X.]htet si[X.]h die [X.] im Kostenfestsetzungsverfahren nunmehr na[X.]h §
574 ZPO.
Die -
bei der
Reform des Zivilprozessre[X.]hts unverändert gebliebenen -
Regelungen in §
99 Abs.
2 und §
84 Abs.
2 Satz
3 [X.] werden dur[X.]h diese Auslegung ni[X.]ht obsolet. Ihnen kommt außerhalb des [X.] dieselbe Bedeutung zu wie vor der Reform. Für das [X.] kam den Vors[X.]hriften aus den genannten Gründen seit jeher keine Bedeutung zu. Au[X.]h daran hat si[X.]h dur[X.]h die Reform des Zivilprozess-re[X.]hts ni[X.]hts geändert.
14
15
-
6
-
III.
Das Re[X.]htsmittel ist unbegründet. Das Patentgeri[X.]ht hat die Kosten für die Zuziehung eines Re[X.]htsanwalts zu Re[X.]ht als erstattungsfähig angese-hen.
1.
Das Patentgeri[X.]ht hat seine Ents[X.]heidung im Wesentli[X.]hen auf fol-gende Erwägungen gestützt:
Die Kosten eines zusätzli[X.]h zu einem Patentanwalt beauftragten [X.] seien im erstinstanzli[X.]hen [X.] na[X.]h Maßgabe von §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO erstattungsfähig. Hierbei sei eine typisierende Betra[X.]h-tungsweise geboten. Im erstinstanzli[X.]hen Patentni[X.]htigkeitsverfahren sei die Hinzuziehung eines Re[X.]htsanwalts neben einem Patentanwalt typis[X.]herweise jedenfalls dann als notwendig anzusehen, wenn zeitgli[X.]h ein das Streitpatent betreffendes Verletzungsverfahren anhängig sei. In diesen Fällen sei regelmä-ßig das Vorgehen in beiden Verfahren aufeinander abzustimmen. Der Umstand, dass die Ni[X.]htigkeitsklage gegen den Patentinhaber geri[X.]htet, die [X.] hingegen vom Inhaber des auss[X.]hließli[X.]hen Nutzungsre[X.]hts erhoben worden sei, führe ni[X.]ht zum Auss[X.]hluss der Erstattungsfähigkeit.
2.
Diese Beurteilung hält der re[X.]htli[X.]hen Überprüfung stand.
a)
Zu Re[X.]ht ist das Patentgeri[X.]ht -
in Übereinstimmung mit allen ande-ren Ni[X.]htigkeitssenaten (B[X.], Bes[X.]hluss vom 21.
November 2008

1
ZA
(pat)
15/07, B[X.]E 51, 67, 69 f. = [X.], 706; Bes[X.]hluss vom 13.
August
2007 -
2
ZA
(pat)
56/06, B[X.]E 50, 85, 88 f. = GRUR 2008, 735, 736; Bes[X.]hluss vom 24.
Februar 2011 -
3
ZA
(pat)
29/10, [X.], 436, 437; Bes[X.]hluss vom 29.
Januar 2009 -
4
ZA
(pat)
81/08, [X.], 555; Be-s[X.]hluss vom 18.
Januar 2011 -
5
ZA
(pat)
20/10, B[X.]E 52, 154, 157 = [X.] 2011, 258; vgl. au[X.]h [X.]/[X.], 10.
Auflage, §
84 [X.] Rn.
31) -
davon ausgegangen, dass §
143 Abs.
3 [X.] im [X.] ni[X.]ht entspre-[X.]hend anwendbar ist.
16
17
18
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-
7
-
Insoweit fehlt es s[X.]hon an einer planwidrigen Regelungslü[X.]ke. Weder aus §
143 Abs.
3 [X.] no[X.]h aus sonstigen Vors[X.]hriften ist ein übergreifendes Re-gelungskonzept des Inhalts zu entnehmen, dass in jedem Re[X.]htsstreit über [X.] oder Re[X.]htsfolgen eines Patents eine Vertretung dur[X.]h einen Re[X.]hts-anwalt und dur[X.]h einen Patentanwalt als notwendig anzusehen ist.
Unabhängig davon fehlt es au[X.]h an einer verglei[X.]hbaren Interessenlage. §
143 Abs.
3 [X.] trägt dem Umstand Re[X.]hnung, dass in einem Patentverlet-zungsre[X.]htsstreit die Zuziehung eines Patentanwalts in aller Regel zur zwe[X.]k-entspre[X.]henden Re[X.]htsverfolgung oder Re[X.]htsverteidigung geboten ist, die [X.]en aber s[X.]hon im Hinbli[X.]k auf §
78 ZPO gehalten sind, au[X.]h einen Re[X.]htsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen. Im erst-instanzli[X.]hen Patentni[X.]htigkeitsverfahren steht es den [X.]en hingegen ge-mäß §
97 Abs.
1 und 2 [X.] frei, ob sie den Re[X.]htsstreit selbst führen oder si[X.]h von einem Patentanwalt oder einem Re[X.]htsanwalt vertreten lassen.
b)
Zu Re[X.]ht ist das Patentgeri[X.]ht ferner davon ausgegangen, dass bei der Prüfung, ob eine Maßnahme der Re[X.]htsverfolgung oder Re[X.]htsverteidigung notwendig im Sinne von §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO war, grundsätzli[X.]h eine typisie-rende Betra[X.]htungsweise geboten ist.
Dieser Grundsatz entspri[X.]ht der ständigen Re[X.]htspre[X.]hung des Bundes-geri[X.]htshofs. Er trägt dem Umstand Re[X.]hnung, dass der Gere[X.]htigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betra[X.]htung im Einzelfall zu erzielen wäre, in keinem Verhältnis zu den Na[X.]hteilen stünde, die si[X.]h einstellten, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden könnte, ob die Kosten ei-ner bestimmten Maßnahme zu erstatten sind (vgl. nur [X.], Bes[X.]hluss vom 11.
Dezember 2007 -
X
ZB
21/07, NJW-RR 2008, 1378 Rn.
8; Urteil vom 24.
Februar 2011 -
I
ZR
181/09, [X.], 754 Rn.
32 -
Kosten des [X.]).
21
22
23
24
-
8
-
Daraus ist allerdings, wie das Patentgeri[X.]ht ebenfalls zutreffend gesehen hat, ni[X.]ht abzuleiten, dass die Erstattungsfähigkeit bestimmter Kosten für [X.] Verfahrensarten oder Fallkonstellationen stets glei[X.]h zu beurteilen ist. Eine typisierende Betra[X.]htungsweise kommt nur dann in Betra[X.]ht, wenn [X.] Umstände typis[X.]herweise den S[X.]hluss zulassen, dass eine bestimmte Maßnahme zur zwe[X.]kentspre[X.]henden Re[X.]htsverfolgung oder Re[X.]htsverteidi-gung notwendig war. So sieht der [X.] zum Beispiel die Zuzie-hung eines Patentanwalts bei der außergeri[X.]htli[X.]hen Abmahnung einer Kenn-zei[X.]henre[X.]htsverletzung regelmäßig dann -
und nur dann -
als notwendig an, wenn hierbei Aufgaben angefallen sind, die -
wie etwa Re[X.]her[X.]hen zum [X.] oder zur Benutzungslage -
zum typis[X.]hen Arbeitsgebiet eines Patent-anwalts gehören und die von dem mit der Abmahnung betrauten Re[X.]htsanwalt ni[X.]ht wahrgenommen werden konnten ([X.], Urteil vom 10.
Mai 2012

I
ZR
70/11, [X.], 759 Rn.
14 ff. -
Kosten des Patentanwalts IV). Die Mitwirkung eines Patentanwalts bei sol[X.]hen Abmahnungen kann hingegen ni[X.]ht s[X.]hon deshalb als typis[X.]herweise notwendig angesehen werden, weil die Ange-legenheit komplex oder bedeutsam ist. Die Frage,
ob eine komplexe oder be-deutsame Angelegenheit vorliegt, entzieht si[X.]h nämli[X.]h einer typisierenden und generalisierenden Betra[X.]htungsweise ([X.], Urteil vom 21.
Dezember 2011

I
ZR
196/10, [X.], 756 Rn.
27 -
Kosten des Patentanwalts III).
[X.])
In der hier zu beurteilenden Konstellation ist eine typisierende Be-tra[X.]htungsweise -
entgegen der Auffassung, die derzeit von zwei [X.]en des Patentgeri[X.]hts vertreten wird (B[X.], Bes[X.]hluss vom 23.
Juli 2012

1
ZA
(pat)
14/11, juris Rn.
17; Bes[X.]hluss vom 29.
Januar 2009

4
ZA
(pat)
81/08, [X.], 555, 556),
und in Übereinstimmung mit der in der angefo[X.]htenen Ents[X.]heidung vertretenen Auffassung, die von anderen Se-naten des Patentgeri[X.]hts geteilt wird
(B[X.], Bes[X.]hluss vom 21.
November 2008 -
1
ZA
(pat)
15/07, B[X.]E 51, 67, 71 = [X.], 706, 707; Bes[X.]hluss vom 10.
August 2010 -
2
ZA
(pat)
8/10, juris Rn.
17; Bes[X.]hluss vom 24.
Februar 2011 -
3
ZA
(pat)
29/10, [X.], 436, 437; Bes[X.]hluss vom 18.
Januar 25
26
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9
-
2011 -
5
ZA
(pat)
20/10, B[X.]E 52, 154, 157 f. = [X.] 2011, 258),
-
mögli[X.]h und geboten. Die Zuziehung eines Re[X.]htsanwalts neben einem Patentanwalt ist typis[X.]herweise als zur zwe[X.]kentspre[X.]henden Re[X.]htsverfolgung oder Re[X.]hts-verteidigung notwendig im Sinne von §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO anzusehen, wenn zeitglei[X.]h mit dem [X.] ein das Streitpatent betreffender Ver-letzungsre[X.]htsstreit anhängig ist, an dem die betreffende [X.] oder ein mit ihr wirts[X.]haftli[X.]h verbundener Dritter beteiligt ist.
(1)
Die glei[X.]hzeitige Anhängigkeit eines Verletzungsre[X.]htsstreits und einer
dasselbe Patent betreffenden Ni[X.]htigkeitsklage stellt an eine [X.], die unmittelbar oder mittelbar an beiden Verfahren beteiligt ist, besondere Anforde-rungen.
Eine [X.] ist zwar ni[X.]ht von Re[X.]hts wegen gehindert, in den einzelnen Verfahren unters[X.]hiedli[X.]he Standpunkte zur Auslegung des Streitpatents oder zum Offenbarungsgehalt von Unterlagen, die für die Auslegung oder den [X.] des S[X.]hutzre[X.]hts von Bedeutung sind, einzunehmen. Denno[X.]h liegt es in aller Regel in ihrem eigenen Interesse, wenn sie ihr Vorbringen in den beiden Verfahren aufeinander abstimmt, also zum Beispiel davon absieht, im einen Verfahren eine enge und im anderen Verfahren eine weite Auslegung des [X.] zu postulieren, nur weil dies ihrem Begehren im einzelnen Verfahren ver-meintli[X.]h förderli[X.]h ist. Darüber hinaus haben beide Seiten eine bes[X.]hränkte Verteidigung ni[X.]ht nur unter dem Bli[X.]kwinkel der Zulässigkeit und des Vorlie-gens von Ni[X.]htigkeitsgründen zu prüfen, sondern au[X.]h die mögli[X.]hen Auswir-kungen auf den Verletzungsre[X.]htsstreit zu bedenken.
(2)
Dieser Abstimmungsbedarf erfordert zur zwe[X.]kentspre[X.]henden Re[X.]htsverfolgung oder Re[X.]htsverteidigung im [X.] typis[X.]her-weise die Mitwirkung derjenigen anwaltli[X.]hen Vertreter, die mit der Vertretung der [X.] im Verletzungsre[X.]htsstreit betraut sind.
27
28
29
-
10
-
Zwar ist ni[X.]ht anzunehmen, dass ein Patentanwalt typis[X.]herweise ni[X.]ht in der Lage wäre, die Auswirkungen eines bestimmten Vorbringens oder einer bes[X.]hränkten Verteidigung des Patents auf den Verletzungsre[X.]htsstreit zuver-lässig abzus[X.]hätzen. Eine zwe[X.]kentspre[X.]hende Abstimmung der [X.] in zwei glei[X.]hzeitig anhängigen Verfahren erfordert aber ni[X.]ht nur eine abstrakte Beurteilung der Sa[X.]h-
und Re[X.]htslage. Sie umfasst typis[X.]herweise au[X.]h die Aufgabe, unter mehreren in Betra[X.]ht kommenden Angriffs-
oder [X.] diejenige auszuwählen, die ein mögli[X.]hst konsistentes Vorgehen in beiden Verfahren ermögli[X.]ht und für den Ausgang des Re[X.]hts-streits bedeutsame Argumentationslinien ni[X.]ht ohne Not in Frage stellt. Ni[X.]ht selten stellt si[X.]h zudem die Aufgabe, kurzfristig auf Hinweise eines Geri[X.]hts zu reagieren und die mögli[X.]hen Folgen einer Reaktion für das jeweils andere Ver-fahren abzus[X.]hätzen. Hierzu sind ni[X.]ht nur Kenntnisse und Fertigkeiten erfor-derli[X.]h, über die ein Patentanwalt und ein in Patentsa[X.]hen erfahrener Re[X.]hts-anwalt häufig in verglei[X.]hbarem Maße verfügen, sondern au[X.]h die detaillierte Kenntnis der konkreten Verfahrenssituation im jeweils anderen Re[X.]htsstreit und der für den weiteren Verlauf in Betra[X.]ht kommenden Handlungsalternativen. Wenn diese Aufgaben im Verletzungsre[X.]htsstreit von einem Re[X.]htsanwalt und einem Patentanwalt gemeinsam wahrgenommen werden, entspri[X.]ht es einer zwe[X.]kentspre[X.]henden Re[X.]htsverfolgung oder Re[X.]htsverteidigung, au[X.]h im [X.] beide Vertreter heranzuziehen. Die Beauftragung nur ei-nes Vertreters mit der Maßgabe, dass dieser die erforderli[X.]he Abstimmung [X.] übernehmen soll, ist s[X.]hon deshalb ni[X.]ht ausrei[X.]hend, weil eine Abstim-mung naturgemäß die Mitwirkung des anderen Vertreters au[X.]h im Ni[X.]htigkeits-verfahren erfordert.
(3)
Entgegen der Auffassung der Re[X.]htsbes[X.]hwerde führt die Höhe der in Streit stehenden Kosten ni[X.]ht zu einer abwei[X.]henden Beurteilung.
Die Höhe der geltend gema[X.]hten Kosten beruht auf dem vom [X.] festgesetzten Streitwert, der mit 2,5 Millionen Euro au[X.]h für Patentni[X.]htig-30
31
32
-
11
-
keitsverfahren relativ ho[X.]h ist. Der Höhe des Streitwerts kommt bei der typisie-renden Betra[X.]htung, ob die Zuziehung eines Re[X.]htsanwalts zur
zwe[X.]kentspre-[X.]henden Re[X.]htsverfolgung oder Re[X.]htsverteidigung als notwendig anzusehen ist, in der Regel aber keine auss[X.]hlaggebende Bedeutung zu. Insbesondere ers[X.]hiene es ni[X.]ht angemessen, die Notwendigkeit gerade deshalb zu vernei-nen, weil die wirts[X.]haftli[X.]he Bedeutung des Re[X.]htsstreits besonders ho[X.]h ist.
d)
Die grundsätzli[X.]he Erstattungsfähigkeit der Kosten für einen Re[X.]hts-anwalt und einen Patentanwalt im Falle eines glei[X.]hzeitig anhängigen Verlet-zungsre[X.]htsstreits steht ni[X.]ht in Widerspru[X.]h zu der Ents[X.]heidung des [X.], eine §
143 Abs.
3 [X.] entspre[X.]hende Regelung für das Ni[X.]htigkeits-verfahren ni[X.]ht vorzusehen.
Dem Umstand, dass der Gesetzgeber den Anwendungsberei[X.]h von §
143 Abs.
3 [X.] auf den Verletzungsre[X.]htsstreit bes[X.]hränkt hat, ist allerdings zu entnehmen, dass die Beauftragung eines Re[X.]htsanwalts und eines Patent-anwalts im [X.] ni[X.]ht s[X.]hle[X.]hthin als zur zwe[X.]kentspre[X.]hen-den Re[X.]htsverfolgung oder Re[X.]htsverteidigung notwendig angesehen werden darf. Diese Re[X.]htsfolge ist mit der grundsätzli[X.]hen Anerkennung der Erstat-tungsfähigkeit im Falle eines glei[X.]hzeitig anhängigen Verletzungsre[X.]htsstreits indes ni[X.]ht verbunden. Zwar bildet eine Patentverletzungsklage häufig den [X.] und den Hintergrund für eine Patentni[X.]htigkeitsklage. Denno[X.]h gibt es eine ni[X.]ht unerhebli[X.]he Anzahl von [X.], mit denen kein paralleler Verletzungsre[X.]htsstreit einhergeht und in denen au[X.]h andere [X.]e des Pa-tentgeri[X.]hts die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Doppelvertretung in der ersten Instanz regelmäßig verneinen (vgl. Bes[X.]hluss vom 14.
Juli 2010

2
ZA
(pat)
80/08, juris Rn.
23; Bes[X.]hluss vom 22.
Mai 2012 -
3
ZA
(pat)
44/11, juris Rn.
22; ebenso bei kurzzeitiger Anhängigkeit eines Antrags auf Erlass ei-ner einstweiligen Verfügung Bes[X.]hluss vom 7.
Mai 2012 -
3
ZA
(pat)
6/12, [X.] 2012, 371 sowie -
bezogen auf die Terminsgebühr -
bei re[X.]htskräftigem Ab-33
34
-
12
-
s[X.]hluss des Verletzungsre[X.]htsstreits vor der mündli[X.]hen Verhandlung im Ni[X.]h-tigkeitsverfahren Bes[X.]hluss vom 5.
April 2011 -
2
ZA
(pat)
68/09, juris Rn.
22).
e)
Zu Re[X.]ht hat das Patentgeri[X.]ht dem Umstand, dass die Klägerin des Verletzungsre[X.]htsstreits und die Beklagte des [X.]s ni[X.]ht iden-tis[X.]h sind, keine auss[X.]hlaggebende Bedeutung beigemessen.
Soweit es wie
im Streitfall um die Kosten des [X.] geht, ist die fehlende Personenidentität auf der Gegenseite s[X.]hon deshalb unerheb-li[X.]h, weil der an beiden Verfahren beteiligte [X.] au[X.]h in dieser Konstellation typis[X.]herweise gehalten ist, sein Vorbringen in den beiden Verfah-ren aufeinander abzustimmen. Darüber hinaus könnte au[X.]h auf der Seite des Bere[X.]htigten die Notwendigkeit einer Abstimmung jedenfalls dann typis[X.]her-weise ni[X.]ht verneint werden, wenn der Patentinhaber und der Inhaber des aus-s[X.]hließli[X.]hen Nutzungsre[X.]hts si[X.]h in den beiden Verfahren dur[X.]h dieselben Anwälte vertreten lassen.
3.
Im Streitfall sind die Kosten für die Zuziehung eines Re[X.]htsanwalts antragsgemäß festzusetzen.
Na[X.]h den Feststellungen des Patentgeri[X.]hts ist
zwis[X.]hen den [X.]en ein auf das Streitpatent gestützter Verletzungsre[X.]htsstreit anhängig. Angesi[X.]hts dessen war die Zuziehung eines Re[X.]htsanwalts neben einem Patentanwalt bei der gebotenen typisierenden Betra[X.]htung als zur zwe[X.]kentspre[X.]henden Re[X.]htsverteidigung notwendig anzusehen. Besondere Umstände, aus denen si[X.]h ausnahmsweise etwas anderes ergeben könnte, sind weder dargelegt no[X.]h sonst ersi[X.]htli[X.]h.
Die fehlende Personenidentität auf Seiten des Gegners steht der Erstattungsfähigkeit aus den oben genannten Gründen ni[X.]ht entge-gen.

35
36
37
38
-
13
-
IV.
Die Kostenents[X.]heidung beruht auf §
84 Abs.
2 Satz
2 [X.] und §
97
Abs.
1 ZPO.

Meier-Be[X.]k
Grabinski
Ba[X.]her

[X.]
S[X.]huster
Vorinstanz:
Bundespatentgeri[X.]ht, Ents[X.]heidung vom 12.07.2012 -
10 ZA
(pat) 3/11
39

Meta

X ZB 11/12

18.12.2012

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.12.2012, Az. X ZB 11/12 (REWIS RS 2012, 246)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 246

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