Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2016, Az. 5 AZR 9/15

5. Senat | REWIS RS 2016, 17038

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Gegenstand

Rückkehrzusage - Verlangen eines Vertragsangebots - Annahmeverzug


Leitsatz

Führt bei rückwirkender Begründung des Arbeitsverhältnisses die bisher fehlende arbeitsvertragliche Bindung zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung in der Vergangenheit, ist der Arbeitgeber hierfür regelmäßig nicht verantwortlich iSv. § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB, wenn ihm der Arbeitnehmer den zur Verwirklichung seines Rückkehrrechts erforderlichen Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht angetragen, sondern von ihm nur die Abgabe eines Vertragsangebots verlangt hat.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. November 2014 - 3 [X.] - unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers teilweise aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. März 2014 - 10 [X.] - abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung für den Zeitraum August 2009 bis Mai 2013.

2

Der Kläger war seit Juni 1991 bei der [X.] und ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Anlässlich der Ausgliederung des [X.] beurlaubte die Beklagte ihn. Gleichzeitig begründete der Kläger ein Arbeitsverhältnis mit der [X.] (im Folgenden [X.]). Mit Auflösungsvertrag vom 30. April 2005 beendeten die Parteien ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 31. Dezember 2005. Sie vereinbarten ein zeitlich begrenztes Rückkehrrecht nach Maßgabe der zwischen der [X.], der [X.] [X.] und mehreren [X.] (darunter der [X.]) geschlossenen „[X.] vom 8. April 2005“ (im [X.]). Diese lautet auszugsweise:

        

„1.     

Die [X.] räumt den Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Rückkehrrecht zur [X.] ein

                 

a.    

innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),

                 

b.    

nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht).

                 

…       

        
        

2.    

Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn

                 

a.    

das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff [X.] aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird

                          

oder …

        

3.    

Der Arbeitnehmer kann von seinem Rückkehrrecht nach der Ziffer 1 frühestens 6 Monate nach Beginn des Rückkehrzeitraums für das allgemeine Rückkehrrecht Gebrauch machen. Es ist bei dem Rückkehrrecht nach Ziffern 1 a. und b. eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten. Im Falle des besonderen Rückkehrrechts nach Ziffer 1 b. i.V.m. 2 a. findet eine Rückkehr jedoch erst nach Ablauf der für den Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) geltenden jeweiligen individuellen Kündigungsfrist statt, soweit diese länger ist, als die dreimonatige Ankündigungsfrist.“

3

Am 9. Dezember 2008 kündigte die [X.] das Arbeitsverhältnis des [X.] wegen Wegfalls seines Arbeitsplatzes außerordentlich unter Einhaltung einer [X.] Auslauffrist. Im Kündigungsschutzprozess einigten sich der Kläger und die [X.] auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Juli 2009.

4

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2008 kündigte der Kläger an, von seinem besonderen Rückkehrrecht Gebrauch zu machen. Die Beklagte lehnte ab.

5

Am 19. Januar 2009 reichte der Kläger beim [X.] eine Klage mit dem Antrag ein:

        

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger mit Wirkung vom 1. August 2009 ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags zu unterbreiten, wonach der Kläger als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer in Vergütungsgruppe T 7 Stufe 4 nach § 10 des [X.] zu beschäftigen ist und die Tarifverträge der [X.] in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Parteien vereinbart gelten.

6

Am 8. Juli 2009 bot der Kläger der [X.] schriftlich seine Arbeitskraft ab dem 1. August 2009 an.

7

Das [X.] gab der Klage statt. Mit Schriftsatz vom 29. November 2012 erklärte der Kläger, er nehme das vom [X.] ausgeurteilte Vertragsangebot an. Das [X.] wies die Berufung der [X.] zurück. Die Entscheidung ist seit dem 26. April 2013 rechtskräftig. Am 9. Mai 2013 unterzeichnete der Kläger einen ihm von der [X.] vorgelegten „Anstellungsvertrag für tarifliche Arbeitnehmer vom 7. Mai 2013“ (im Folgenden [X.]). Darin heißt es ua.:

        

„Präambel

        

Auf der Basis der [X.] vom 08.04.2005 zwischen der [X.], den [X.] und der [X.] [X.] zu Rückkehrrechten der zu den [X.] gewechselten Arbeitnehmer steht dem Arbeitnehmer ein Wiedereinstellungsanspruch bei der [X.] zu. Dieser Anspruch wurde in dem Verfahren - [X.] - vor dem [X.] [X.] ausgeurteilt.

        

Der nachstehende Arbeitsvertrag regelt abschließend die Bedingungen des auf der Grundlage des [X.] wieder zu begründenden Arbeitsverhältnisses.

        

§ 1 Tätigkeit

        

1.    

Sie werden für die Gesellschaft als Arbeitnehmer in [X.] tätig.

        

2.    

[X.] ist - nach Abwägung der beiderseitigen Interessen - berechtigt, Ihnen auch eine andere, Ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende, mindestens gleichwertige Tätigkeit zu übertragen und Sie im Unternehmen der Gesellschaft an einem anderen Ort innerhalb der [X.] zu beschäftigen.

        

§ 2 Beginn und Dauer des Anstellungsverhältnisses

        

Das Anstellungsverhältnis beginnt am 01.08.2009 und gilt unbefristet.“

8

Auf der Grundlage des [X.] wird der Kläger seit dem 1. Juni 2013 beschäftigt und vergütet.

9

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte sei wegen Annahmeverzugs zur Zahlung verpflichtet. Das wiederholte Angebot seiner Arbeitsleistung und der Antrag im Vorprozess seien von Anfang an auf das endgültige Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses gerichtet gewesen. Jedenfalls schulde ihm die Beklagte Schadensersatz, weil sie die vertragliche Pflicht, ihm ein Arbeitsvertragsangebot zu unterbreiten, schuldhaft verletzt habe.

Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Vergütung für die Monate August 2009 bis Mai 2013 iHv. 199.773,59 Euro brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds iHv. 27.751,22 Euro und erhaltener Entgeltsicherung gemäß § 421j SGB III iHv. 15.068,10 Euro sowie erzielten Arbeitsentgelts iHv. 42.277,56 Euro nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen mit der Maßgabe, dass hiervon 6,65 Euro monatlich auf den Bausparvertrag des Klägers bei der [X.] einzuzahlen sind.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ein Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs könne bei einem rückwirkend begründeten Arbeitsverhältnis nicht entstehen. Ein Anspruch aus § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB oder §§ 280, 286 BGB komme nicht in Betracht. Der Kläger habe sich, wie seine Antragstellung im Vorprozess belege, nicht binden wollen, sondern bewusst offengelassen, ob er das von ihm begehrte Vertragsangebot annehme oder nicht. Nach Begründung des Arbeitsverhältnisses fehle es am erforderlichen Angebot der Arbeitsleistung.

Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das Urteil des [X.]s teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit der Kläger Vergütung für den Zeitraum 26. April bis 31. Mai 2013 und eine vor dem 10. Mai 2013 beginnende Verzinsung der Klageforderung begehrte. Die Beklagte verfolgt mit der vom [X.] zugelassenen Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt mit seiner Anschlussrevision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist begründet (A.), die Anschlussrevision des [X.] unbegründet (B.). Das [X.] hat die Berufung der [X.] gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht teilweise zurückgewiesen. Die Klage ist insgesamt unbegründet.

A. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Vergütung für den Zeitraum 1. August 2009 bis 25. April 2013.

I. Ein Vergütungsanspruch folgt nicht aus Annahmeverzug, § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 [X.]. Der Anspruch setzte ein erfüllbares, dh. tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Daran fehlt es bei einem rückwirkend begründeten Arbeitsverhältnis für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum ([X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 22). Zwar ist ein Vertragsschluss mit Rückwirkung möglich, nicht aber eine rückwirkende tatsächliche Beschäftigung (vgl. [X.] 17. März 2015 - 9 [X.] - Rn. 15).

1. § 615 Satz 1 [X.] gewährt keinen eigenständigen Anspruch, sondern hält den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aufrecht ([X.] 24. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 23, [X.]E 149, 169). Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 [X.] an die Leistung der „versprochenen“ Dienste an. In Annahmeverzug kann ein Arbeitgeber nur geraten, wenn zum Zeitpunkt des Angebots der Arbeitsleistung ein erfüllbares Arbeitsverhältnis besteht, aufgrund dessen der Arbeitnehmer berechtigt ist, die Arbeitsleistung zu erbringen und es dem Arbeitgeber obliegt, die Arbeitsleistung anzunehmen (vgl. [X.] 25. Februar 2015 - 5 [X.] - Rn. 14).

2. Vor Abschluss des Arbeitsvertrags bestand keine Obliegenheit der [X.], die Arbeitsleistung des [X.] anzunehmen.

a) Mit der Ankündigung im Schreiben vom 10. Dezember 2008, von seinem besonderen Rückkehrrecht Gebrauch machen zu wollen, konnte der Kläger allein die Ankündigungsfrist nach Nr. 3 Satz 2 [X.] wahren, nicht aber die erneute Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der [X.] erreichen. Nr. 1 [X.] räumt den Arbeitnehmern „einzelvertraglich“ ein Rückkehrrecht zur [X.] ein. Die [X.] begründet den Anspruch damit nicht normativ mit unmittelbarer und zwingender Wirkung. Sie trifft lediglich eine vereinheitlichende Regelung für individualvertragliche Umsetzungsakte ([X.] 9. Februar 2011 - 7 [X.] -; 13. Juni 2012 - 7 [X.] - Rn. 23; 19. Oktober 2011 - 7 [X.] - Rn. 24). Die Rückkehr zur [X.] erforderte den erneuten Abschluss eines Arbeitsvertrags.

b) Das Zustandekommen eines Arbeitsvertrags konnte der Kläger nur mit übereinstimmenden Willenserklärungen - Antrag und Annahme (§§ 145 bis 147 [X.]) - erwirken. Beide Voraussetzungen waren bis zum 25. April 2013 nicht erfüllt. Die Angebotserklärung der [X.] galt gemäß § 894 Satz 1 ZPO erst mit Rechtskraft des Berufungsurteils am 26. April 2013 als abgegeben. Eine Annahme iSv. § 147 ff. [X.] war vorher nicht möglich (zum Zugang des Angebots als Voraussetzung einer Verurteilung zur Annahme vgl. [X.] 15. Oktober 2013 - 9 [X.] - Rn. 25). Die vom Kläger im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom 29. November 2012 erklärte Annahme des vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Vertragsangebots ging ins Leere. Ein Arbeitsverhältnis konnte erst begründet werden, als der Kläger das durch rechtskräftiges Urteil fingierte Vertragsangebot der [X.] annahm.

3. Der nach dem 25. April 2013 mit Wirkung zum 1. August 2009 erfolgte Vertragsschluss ermöglichte nicht im Nachhinein die Durchführung des Arbeitsverhältnisses im Rückwirkungszeitraum.

a) Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 [X.] idF des [X.] vom 26. November 2001 ([X.]l. I S. 3138) kommt die Abgabe von Willenserklärungen, mit denen rückwirkend ein Arbeitsverhältnis begründet werden soll, ebenso wie die Verurteilung zur Abgabe solcher Erklärungen in Betracht. Der Zeitpunkt, zu dem die Willenserklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Die Fiktion der Angebotserklärung bewirkt sämtliche Rechtsfolgen, die eine im selben Zeitpunkt abgegebene wirksame Willenserklärung mit entsprechendem Inhalt hätte ([X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 19 f. mwN).

b) Auch wenn die auf Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichteten Willenserklärungen zurückwirkten, führte dies nicht zu einer Obliegenheit der [X.], die Arbeitsleistung des [X.] für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum anzunehmen. Das Arbeitsverhältnis konnte in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden (vgl. [X.] 9. Februar 2011 - 7 [X.] - Rn. 26 mwN). Der Kläger konnte die Arbeitsleistung für in der Vergangenheit liegende Zeiträume nicht mehr nachholen. Der Zeitablauf führte die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung herbei, weil sich in einem Vollzeitarbeitsverhältnis ohne Möglichkeit zur vertragsgerechten Nachholung der Arbeitsleistung der Fixschuldcharakter der Arbeitspflicht umfassend auswirkt (vgl. [X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 23).

II. Der Vergütungsanspruch folgt auch nicht aus § 611 Abs. 1, § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] iVm. § 275 Abs. 1 [X.]. Die Beklagte hat die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung weder allein noch weit überwiegend zu verantworten.

1. Nach § 275 Abs. 1 [X.] führt die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung zum Ausschluss des Leistungsanspruchs des Arbeitgebers. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Gegenleistung entfällt nach § 326 Abs. 1 [X.], bleibt aber gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] erhalten, wenn der Gläubiger für den Umstand allein oder weit überwiegend verantwortlich ist, aufgrund dessen der Schuldner nicht zu leisten braucht. Verantwortlich nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] meint [X.] iSd. §§ 276, 278 [X.], dh. mindestens fahrlässiges Handeln ([X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 26 ff.).

2. Der Anwendung von § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] im Arbeitsrecht steht § 615 [X.] nicht entgegen. Die dienstvertraglichen Regeln des Annahmeverzugs verdrängen § 326 [X.] nicht. Vielmehr ergänzen sich beide. Wird dem Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung unmöglich, bestimmt sich die Rechtsfolge für seinen Vergütungsanspruch nach § 615 [X.], wenn sich der Arbeitgeber bei Eintritt der Unmöglichkeit im Annahmeverzug befindet, ansonsten nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.]. Beruht die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung aufgrund ihres Fixschuldcharakters allein auf dem Zeitablauf, wird der Vergütungsanspruch - unabhängig vom Verschulden des Arbeitgebers - nach § 615 [X.] aufrechterhalten, wenn die Voraussetzungen des Annahmeverzugs zur [X.] vorlagen. Fehlt es hieran, zB weil das Arbeitsverhältnis nicht erfüllbar war (vgl. [X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 24 ff.), ein Fall des § 297 [X.] gegeben war (vgl. [X.] 23. September 2015 - 5 [X.] - Rn. 26) oder der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung entgegen §§ 294 ff. [X.] nicht angeboten hatte, kann der Vergütungsanspruch nach § 326 Abs. 2 [X.] aufrechterhalten werden, wenn dessen Voraussetzungen ([X.] 23. September 2015 - 5 [X.] - Rn. 26) erfüllt sind.

3. Die im Streitzeitraum 1. August 2009 bis 25. April 2013 fehlende arbeitsvertragliche Bindung der Parteien ist der Umstand iSd. § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.], auf den sich die Verantwortung der [X.] beziehen muss. Sie führte zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung im Rückwirkungszeitraum. Die Beklagte war hierfür weder allein noch weit überwiegend verantwortlich.

a) Die [X.] für eine Wiedereinstellung liegt - vorbehaltlich einer abweichenden Rückkehrregelung (vgl. [X.] 14. Mai 1997 - 7 [X.] - zu 1 der Gründe, [X.]E 85, 367; 29. September 2005 - 8 [X.] - Rn. 27) - beim Arbeitnehmer, also hier beim Kläger. Er gab außergerichtlich kein Vertragsangebot ab und holte dies auch mit der am 19. Januar 2009 eingereichten Klage nicht nach. Der Kläger genügte damit seiner Obliegenheit nicht.

aa) Dem Kläger stand es nach der [X.] frei, der [X.] den Abschluss eines Arbeitsvertrags durch ein eigenes Angebot anzutragen und erforderlichenfalls mit einer Leistungsklage die Abgabe der Annahmeerklärung durch die Beklagte zu erwirken. Im Falle seines Obsiegens hätte mit Rechtskraft des Urteils die Fiktion der Annahmeerklärung der [X.] nach § 894 Satz 1 ZPO unmittelbar zum Vertragsschluss geführt.

bb) Die Beklagte war zwar verpflichtet, das vom Kläger geforderte Angebot zum rückwirkenden Abschluss eines Arbeitsvertrags abzugeben. Weil sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, wurde ihre Willenserklärung mit der Rechtskraft des Berufungsurteils fingiert. Der Vertragsschluss setzte jedoch zusätzlich die Annahme des Vertragsangebots durch den Kläger voraus. Diese lag außerhalb des Verantwortungsbereichs der [X.].

b) Die [X.] für den Abschluss des Arbeitsvertrags verblieb damit weiterhin beim Kläger. Die Beklagte war schon aus diesem Grund für den fehlenden Vertragsschluss, der zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung führte, weder allein noch weit überwiegend verantwortlich. Die Überlegung des [X.]s, der Kläger hätte ein vor dem 1. August 2009 abgegebenes Angebot der [X.] mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch vor dem 1. August 2009 angenommen, ist danach nicht entscheidungserheblich. Die Bewertung im Berufungsurteil hält zudem einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie wird, wie von der [X.] zu Recht gerügt, von den tatsächlichen Feststellungen des [X.]s nicht getragen. Die unterlassene Abgabe eines eigenen Vertragsangebots und die Antragstellung des [X.] im Vorprozess lassen die Schlussfolgerungen im Berufungsurteil nicht zu.

aa) Die Prüfung, ob ein verspätetes Angebot allein oder - ggf. in welchem Grad - mitursächlich für einen nur noch rückwirkend möglichen Vertragsschluss war, unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung des Tatsachengerichts. Nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann gewonnene Überzeugung des Berufungsgerichts von der Kausalität im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO mit dem Prozessstoff unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt ([X.] 24. April 2008 - 8 [X.] - Rn. 26 ff.; 27. März 2014 - 6 [X.] - Rn. 37).

bb) Das [X.] hat entgegen § 286 ZPO den von ihm festgestellten Prozessstoff nur unvollständig gewürdigt. Es hat außer [X.] gelassen, dass der Kläger, indem er selbst kein Vertragsangebot abgab, sondern im ersten Schritt nur die Abgabe einer Angebotserklärung von der [X.] verlangte, noch nicht das endgültige Zustandekommen eines Arbeitsvertrags erstrebte. Das seiner Klage stattgebende Urteil ermöglichte es ihm, ohne schon mit dessen Rechtskraft vertraglich gebunden zu sein, unter Berücksichtigung der konkreten Umstände frei über die erneute Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der [X.] zu entscheiden (vgl. [X.] 19. Oktober 2011 - 7 [X.] - Rn. 17, 26). Wäre es dem Kläger um einen unmittelbaren Vertragsschluss gegangen, hätte er von der [X.] die Annahme eines entsprechenden Vertragsangebots verlangt und hierauf geklagt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom 29. November 2012 erklärten Annahme des vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Vertragsangebots. Die - wie bereits ausgeführt - ins Leere gehende Erklärung entfaltete für den Kläger keine Bindungswirkung. Ob der Kläger ein Angebot der [X.] annehmen würde, war bis zum tatsächlichen Vertragsschluss offen.

III. Der Kläger kann auch nicht aufgrund Schuldnerverzugs der [X.] Schadensersatz wegen entgangener Vergütung nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, §§ 286, 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 [X.] verlangen. Hierauf kann im Streitfall als Anspruchsgrundlage neben § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] nicht zurückgegriffen werden. Die Umstände, die zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung geführt haben, sind identisch mit den Tatsachen, die einen möglichen Verzug der [X.] mit der Abgabe des Vertragsangebots begründen (vgl. [X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 36).

B. Die Anschlussrevision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat zu Recht die Klage hinsichtlich der für den Zeitraum 26. April bis 31. Mai 2013 geltend gemachten Ansprüche abgewiesen. Der Kläger hat auch für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Vergütung.

I. Ein Vergütungsanspruch folgt nicht aus Annahmeverzug, § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 [X.].

1. Zwischen den Parteien wurde nicht bereits am 26. April 2013 ein Arbeitsverhältnis rückwirkend zum 1. August 2009 begründet. Der Kläger nahm das Vertragsangebot erst mit Unterzeichnung des Arbeitsvertrags am 9. Mai 2013 an. Die mit Schriftsatz vom 29. November 2012 erklärte Annahme war wirkungslos. Nach Rechtskraft der Entscheidung waren weder die Erklärung der Annahme des durch Urteil fingierten Vertragsangebots durch den Kläger noch - nach § 151 [X.] - deren Zugang entbehrlich.

a) Nach § 151 Satz 1 [X.] braucht die Annahme eines Vertragsangebots dem Antragenden gegenüber nicht erklärt zu werden, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Eine derartige Verkehrssitte kann im Allgemeinen bei unentgeltlichen Zuwendungen und bei für den [X.] lediglich vorteilhaften Rechtsgeschäften angenommen werden. Trifft dies zu, wird nur die Verlautbarung der Vertragsannahme gegenüber dem Antragenden entbehrlich, nicht aber die Annahme als solche. Auch im Falle des § 151 Satz 1 [X.] ist ein als Willensbetätigung zu wertendes, nach außen hervortretendes Verhalten des Angebotsempfängers erforderlich, das vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven [X.] aufgrund aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Annahmewillen schließen lässt (vgl. [X.] 18. August 2011 - 8 [X.] - Rn. 30, [X.]E 139, 52; 15. Mai 2012 - 3 [X.] - Rn. 56, [X.]E 141, 222; [X.] 12. Oktober 1999 - [X.] - zu II 2 der Gründe; 14. Oktober 2003 - [X.]/02 - zu II 2 a der Gründe).

b) Danach sind schon die Voraussetzungen für die Entbehrlichkeit einer Erklärung gegenüber der [X.] nicht erfüllt. Die Beklagte hat hierauf nicht verzichtet. Auch aus der Verkehrssitte ergibt sich nicht, dass eine Annahmeerklärung entbehrlich gewesen wäre. Die - sofortige - Annahme des Vertragsangebots und damit Neubegründung des Arbeitsverhältnisses wäre für den Kläger nicht nur vorteilhaft gewesen. Er hätte vielmehr - was mit der von ihm gewählten Geltendmachung des Rückkehrrechts durch Verlangen (nur) der Abgabe eines Angebots und eine hierauf gerichtete Klage gerade vermieden wird (vgl. [X.] 9. Februar 2011 - 7 [X.] - Rn. 20) - unmittelbar die aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Pflichten einhalten müssen.

c) Es fehlte zudem bis zum 9. Mai 2013 an einer Annahme durch den Kläger.

aa) In welchen Handlungen eine ausreichende Betätigung des [X.] zu finden ist, kann grundsätzlich nur durch Würdigung des konkreten Einzelfalls entschieden werden.

bb) Eine Annahme iSv. § 147 [X.] war vor der durch Urteil fingierten Abgabe des Vertragsangebots nicht möglich. Sie kann deshalb in den Erklärungen des [X.] vor Rechtskraft des Berufungsurteils nicht gesehen werden. Eine Betätigung des [X.] kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Kläger das Vertragsangebot nach Rechtskraft der Entscheidung nicht ablehnte; der sofortige Vertragsschluss war für den Kläger nicht ausschließlich vorteilhaft.

2. Für den Zeitraum 26. April bis 8. Mai 2013 wurde das Arbeitsverhältnis damit nur rückwirkend begründet. Es war für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum nicht erfüllbar.

3. Nach Neubegründung des Arbeitsverhältnisses bot der Kläger seine Arbeitsleistung im Zeitraum 9. bis 31. Mai 2013 nicht an.

a) Der Arbeitgeber kommt gemäß § 293 [X.] in Annahmeverzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten, § 294 [X.]. Ein wörtliches Angebot (§ 295 [X.]) genügt, wenn der Arbeitgeber ihm erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen. Streiten die Parteien über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses, genügt ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers. Dieses kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses protestiert und/oder eine Bestandsschutzklage einreicht. Lediglich für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung ist die Rechtsprechung des [X.] davon ausgegangen, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 [X.] entbehrlich. Zudem kann ein Angebot der Arbeitsleistung ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Arbeitgeber auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt, insbesondere er durch einseitige Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit auf das Angebot der Arbeitsleistung verzichtet hat ([X.] 21. Oktober 2015 - 5 [X.] 843/14 - Rn. 19).

b) Danach hätte der Kläger die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten müssen. Der Bestand des neu begründeten Arbeitsverhältnisses stand zwischen den Parteien außer Streit. Die Beklagte erklärte nach Vertragsschluss nicht mehr, sie werde die Leistung des [X.] nicht annehmen oder sei nicht verpflichtet, ihn zu beschäftigen. Ein wörtliches Angebot (§ 295 [X.]) - das der Kläger ebenfalls nicht abgegeben hat - hätte demnach nicht genügt. Ein Angebot war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich, weil die Beklagte vor rechtskräftiger Entscheidung des [X.] dessen Arbeitsleistung nicht angenommen hatte. Als der Kläger seine Arbeitsleistung anbot, bestand mangels eines bestehenden Arbeitsverhältnisses keine Obliegenheit der [X.], diese anzunehmen (zum fehlenden Anspruch auf Beschäftigung vgl. [X.] 17. März 2015 - 9 [X.] - Rn. 27, 28). Nach Rechtskraft des Berufungsurteils stellte die Beklagte die Rückkehr des [X.] nicht mehr in Frage.

II. Der Vergütungsanspruch wurde im Zeitraum 26. April bis 31. Mai 2013 nicht nach § 611 Abs. 1, § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] aufrechterhalten. Nicht die Beklagte, sondern allein der Kläger war für die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung verantwortlich iSv. § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.], indem er erst am 9. Mai 2013 das durch Urteil fingierte Vertragsangebot annahm und nach Vertragsschluss seine Arbeitsleistung nicht anbot.

III. Der Kläger kann auch nicht aufgrund Schuldnerverzugs von der [X.] Schadensersatz wegen entgangener Vergütung nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, §§ 286, 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 [X.] verlangen. Die Beklagte hat ihre Verpflichtungen aus der [X.] im Zeitraum 26. April bis 31. Mai 2013 nicht verletzt. Mit Rechtskraft der Berufungsentscheidung galt das Vertragsangebot der [X.] als abgegeben. Der Kläger konnte das Angebot durch einfaches „Ja“ annehmen, ohne dass es weiterer Mitwirkungshandlungen der [X.], insbesondere eines von ihr formulierten Vertragsangebots bedurft hätte.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Kremser     

        

    Pollert     

                 

Meta

5 AZR 9/15

27.01.2016

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Leipzig, 28. März 2014, Az: 10 Ca 4144/12, Urteil

§ 326 Abs 2 S 1 Alt 1 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 615 S 1 BGB, § 275 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2016, Az. 5 AZR 9/15 (REWIS RS 2016, 17038)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 1530 REWIS RS 2016, 17038

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

10 U 54/20

5 Sa 245/17

11 Sa 296/18

11 Sa 297/18

5a K 854/21

5a K 1163/21

5 K 164/22

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