Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2016, Az. 5 AZR 172/15

5. Senat | REWIS RS 2016, 17072

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Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. Februar 2015 - 15 Sa 1464/14 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Juni 2014 - 6 Ca 11423/13 - abgeändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung für den [X.]raum August 2009 bis Februar 2013 und Versorgungsansprüche.

2

Der Kläger war seit 1979 bei der [X.] und ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Anlässlich der Ausgliederung des [X.] beurlaubte die [X.] ihn. Gleichzeitig begründete der Kläger ein Arbeitsverhältnis zunächst mit der [X.], später mit der [X.] (im Folgenden [X.]). Mit Auflösungsvertrag vom 1. Juni 2004 beendeten die Parteien ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 30. September 2004. Am 30. April 2005 vereinbarten sie ein - gegenüber dem Auflösungsvertrag - modifiziertes Rückkehrrecht des [X.] nach Maßgabe der zwischen der [X.], der [X.] [X.] und mehreren [X.] (darunter der [X.]) geschlossenen „[X.] vom 8. April 2005“ (im [X.]). Diese lautet auszugsweise:

        

„1.     

Die [X.] räumt den Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Rückkehrrecht zur [X.] ein

                 

a.    

innerhalb eines [X.]raums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),

                 

b.    

nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht).

                 

…       

        
        

2.    

Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn

                 

a.    

das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff [X.] aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird

                          

oder …

        

3.    

Der Arbeitnehmer kann von seinem Rückkehrrecht nach der Ziffer 1 frühestens 6 Monate nach Beginn des Rückkehrzeitraums für das allgemeine Rückkehrrecht Gebrauch machen. Es ist bei dem Rückkehrrecht nach Ziffern 1 a. und b. eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten. Im Falle des besonderen Rückkehrrechts nach Ziffer 1 b. i.V.m. 2 a. findet eine Rückkehr jedoch erst nach Ablauf der für den Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) geltenden jeweiligen individuellen Kündigungsfrist statt, soweit diese länger ist als die dreimonatige Ankündigungsfrist.“

3

Am 9. Dezember 2008 kündigte die [X.] das Arbeitsverhältnis des [X.] wegen Wegfalls seines Arbeitsplatzes außerordentlich unter Einhaltung einer [X.] Auslauffrist. Im Kündigungsschutzprozess einigten sich der Kläger und die [X.] auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Juli 2009.

4

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 kündigte der Kläger an, von seinem besonderen Rückkehrrecht Gebrauch zu machen. Die [X.] lehnte ab.

5

Am 13. Februar 2009 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht eine auf Abgabe eines Vertragsangebots durch die [X.] gerichtete Klage ein. Er beantragte zuletzt:

        

Die [X.] wird verurteilt, dem Kläger ein Vertragsangebot als vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer ab dem 1. August 2009 mit der Vergütungsgruppe T 5 Stufe 4 gemäß § 10 des [X.] zu unterbreiten, wonach für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen der Tarifverträge der [X.] in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den Parteien vereinbart gelten.

6

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das [X.] wies die Berufung der [X.] zurück. Die Entscheidung ist seit dem 5. Februar 2013 rechtskräftig.

7

Datierend auf den 6. März 2013 reichte der Kläger verschiedene Unterlagen zur Begründung des Arbeitsverhältnisses bei der [X.] ein. Er wird seit März 2013 von der [X.] vergütet.

8

Im August 2013 vereinbarten die Parteien und die [X.] ua.:

        

„1.     

Für Herrn K, …, besteht bei der bisherigen [X.] eine tarifvertraglich / betrieblich geregelte Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach dem [X.]. Die neue [X.] übernimmt zum [X.] mit schuldbefreiender Wirkung die aus der in Satz 1 bezeichneten Anwartschaft resultierende [X.] der bisherigen [X.] und führt sie mit der Maßgabe fort, dass [X.] in Ablösung der übernommenen [X.] mit Wirkung ab dem [X.] bei der neuen [X.] eine ebenfalls tarifvertraglich geregelte betriebliche Altersversorgung nach dem [X.] erhält.

        

…“    

        

9

Der Kläger hat geltend gemacht, die [X.] sei wegen Annahmeverzugs zur Zahlung verpflichtet. Das wiederholte Angebot seiner Arbeitsleistung und der Antrag im Vorprozess seien von Anfang an auf das endgültige Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses gerichtet gewesen. Jedenfalls schulde ihm die [X.] Schadensersatz, weil sie die vertragliche Pflicht, ihm ein Arbeitsvertragsangebot zu unterbreiten, schuldhaft verletzt habe. Zudem sei die [X.] verpflichtet, ihn so zu stellen, als habe sie für den Streitzeitraum unter Zugrundelegung der ihm zustehenden Vergütung Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung nach dem Tarifvertrag über eine betriebliche Altersversorgung bei der [X.] (im Folgenden TV [X.]) auf das für ihn geführte Versorgungskonto entrichtet.

Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die [X.] zu verurteilen, an ihn 112.011,43 Euro brutto abzüglich 16.849,80 Euro Arbeitslosengeld zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. August 2013 zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die [X.] verpflichtet ist, ihn so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn die [X.] in der [X.] vom 1. August 2009 bis zum 28. Februar 2013 entsprechende Beiträge auf das auf seinen Namen lautende Konto mit der Nummer der betrieblichen Altersversorgung nach dem [X.] gezahlt hätte.

Die [X.] hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ein Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs könne bei einem rückwirkend begründeten Arbeitsverhältnis nicht entstehen. Ein Anspruch aus § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB oder §§ 280, 286 BGB komme nicht in Betracht. Der Kläger habe sich, wie seine Antragstellung im Vorprozess belege, nicht binden wollen, sondern bewusst offengelassen, ob er das von ihm begehrte Vertragsangebot annehme oder nicht. Etwaige Ansprüche seien nach § 31 [X.] verfallen und für das [X.] verjährt. Der Feststellungsantrag könne keinen Erfolg haben. Er sei unbestimmt. Auch stünde dem Kläger für den Streitzeitraum keine Vergütung zu.

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist begründet. Das [X.] hat die Berufung der [X.] gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist insgesamt unbegründet.

A. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Vergütung für den Zeitraum 1. August 2009 bis 28. Februar 2013.

I. Ein Vergütungsanspruch folgt nicht aus Annahmeverzug, § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 [X.]. Der Anspruch setzte ein erfüllbares, dh. tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Daran fehlt es bei einem rückwirkend begründeten Arbeitsverhältnis für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum ([X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 22). Zwar ist ein Vertragsschluss mit Rückwirkung möglich, nicht aber eine rückwirkende tatsächliche Beschäftigung (vgl. [X.] 17. März 2015 - 9 [X.] - Rn. 15).

1. § 615 Satz 1 [X.] gewährt keinen eigenständigen Anspruch, sondern hält den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aufrecht ([X.] 24. September 2014 - 5 [X.] - Rn. 23, [X.]E 149, 169). Die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611 Abs. 1 [X.] an die Leistung der „versprochenen“ Dienste an. In Annahmeverzug kann ein Arbeitgeber nur geraten, wenn zum Zeitpunkt des Angebots der Arbeitsleistung ein erfüllbares Arbeitsverhältnis besteht, aufgrund dessen der Arbeitnehmer berechtigt ist, die Arbeitsleistung zu erbringen und es dem Arbeitgeber obliegt, die Arbeitsleistung anzunehmen (vgl. [X.] 25. Februar 2015 - 5 [X.] - Rn. 14).

2. Vor Abschluss des Arbeitsvertrags bestand keine Obliegenheit der [X.], die Arbeitsleistung des [X.] anzunehmen.

a) Mit der Ankündigung im Schreiben vom 15. Dezember 2008, von seinem besonderen Rückkehrrecht Gebrauch machen zu wollen, konnte der Kläger allein die Ankündigungsfrist nach Nr. 3 Satz 2 [X.] wahren, nicht aber die erneute Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der [X.] erreichen. Nr. 1 [X.] räumt den Arbeitnehmern „einzelvertraglich“ ein Rückkehrrecht zur [X.] ein. Die [X.] begründet den Anspruch damit nicht normativ mit unmittelbarer und zwingender Wirkung. Sie trifft lediglich eine vereinheitlichende Regelung für individualvertragliche Umsetzungsakte ([X.] 9. Februar 2011 - 7 [X.] -; 13. Juni 2012 - 7 [X.] - Rn. 23; 19. Oktober 2011 - 7 [X.] - Rn. 24). Die Rückkehr zur [X.] erforderte den erneuten Abschluss eines Arbeitsvertrags.

b) Das Zustandekommen eines Arbeitsvertrags konnte der Kläger nur mit übereinstimmenden Willenserklärungen - Antrag und Annahme (§§ 145 bis 147 [X.]) - erwirken. Beide Voraussetzungen waren bis zum 28. Februar 2013 nicht erfüllt. Die Angebotserklärung der [X.] galt gemäß § 894 Satz 1 ZPO erst mit Rechtskraft des Berufungsurteils am 5. Februar 2013 als abgegeben. Eine Annahme iSv. § 147 ff. [X.] war vorher nicht möglich (zum Zugang des Angebots als Voraussetzung einer Verurteilung zur Annahme vgl. [X.] 15. Oktober 2013 - 9 [X.] - Rn. 25). Ein Arbeitsverhältnis konnte erst begründet werden, als der Kläger das durch rechtskräftiges Urteil fingierte Vertragsangebot der [X.] annahm.

c) Zwischen den Parteien wurde nicht bereits am 5. Februar 2013 ein Arbeitsverhältnis rückwirkend zum 1. August 2009 begründet. Der Kläger nahm das Vertragsangebot erst an, indem er datiert auf den 6. März 2013 verschiedene Unterlagen zur Begründung des Arbeitsverhältnisses bei der [X.] einreichte. Nach Rechtskraft der Entscheidung waren weder die Erklärung der Annahme des durch Urteil fingierten Vertragsangebots durch den Kläger noch - nach § 151 [X.] - deren Zugang entbehrlich.

aa) Nach § 151 Satz 1 [X.] braucht die Annahme eines Vertragsangebots dem Antragenden gegenüber nicht erklärt zu werden, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Eine derartige Verkehrssitte kann im Allgemeinen bei unentgeltlichen Zuwendungen und bei für den [X.] lediglich vorteilhaften Rechtsgeschäften angenommen werden. Trifft dies zu, wird nur die Verlautbarung der Vertragsannahme gegenüber dem Antragenden entbehrlich, nicht aber die Annahme als solche. Auch im Falle des § 151 Satz 1 [X.] ist ein als Willensbetätigung zu wertendes, nach außen hervortretendes Verhalten des Angebotsempfängers erforderlich, das vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven [X.] aufgrund aller äußeren Indizien auf einen wirklichen Annahmewillen schließen lässt (vgl. [X.] 18. August 2011 - 8 [X.] - Rn. 30, [X.]E 139, 52; 15. Mai 2012 - 3 [X.] - Rn. 56, [X.]E 141, 222; [X.] 12. Oktober 1999 - [X.] - zu II 2 der Gründe; 14. Oktober 2003 - [X.]/02 - zu II 2 a der Gründe).

bb) Danach sind schon die Voraussetzungen für die Entbehrlichkeit einer Erklärung gegenüber der [X.] nicht erfüllt. Die Beklagte hat hierauf nicht verzichtet. Auch aus der Verkehrssitte ergibt sich nicht, dass eine Annahmeerklärung entbehrlich gewesen wäre. Die - sofortige - Annahme des Vertragsangebots und damit Neubegründung des Arbeitsverhältnisses wäre für den Kläger nicht nur vorteilhaft gewesen. Er hätte vielmehr - was mit der von ihm gewählten Geltendmachung des Rückkehrrechts durch Verlangen (nur) der Abgabe eines Angebots und eine hierauf gerichtete Klage gerade vermieden wird (vgl. [X.] 9. Februar 2011 - 7 [X.] - Rn. 20) - unmittelbar die aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Pflichten einhalten müssen.

cc) Es fehlte zudem im Streitzeitraum an einer Annahme durch den Kläger.

(1) In welchen Handlungen eine ausreichende Betätigung des [X.] zu finden ist, kann grundsätzlich nur durch Würdigung des konkreten Einzelfalls entschieden werden.

(2) Eine Annahme iSv. § 147 [X.] war vor der durch Urteil fingierten Abgabe des Vertragsangebots nicht möglich. Sie kann deshalb in den Erklärungen des [X.] vor Rechtskraft des Berufungsurteils nicht gesehen werden. Eine Betätigung des [X.] kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Kläger das Vertragsangebot nach Rechtskraft der Entscheidung nicht ablehnte; der sofortige Vertragsschluss war für den Kläger nicht ausschließlich vorteilhaft.

3. Der nach dem 5. Februar 2013 mit Wirkung zum 1. August 2009 erfolgte Vertragsschluss ermöglichte nicht im Nachhinein die Durchführung des Arbeitsverhältnisses im Rückwirkungszeitraum.

a) Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 [X.] idF des [X.] vom 26. November 2001 ([X.]l. I S. 3138) kommt die Abgabe von Willenserklärungen, mit denen rückwirkend ein Arbeitsverhältnis begründet werden soll, ebenso wie die Verurteilung zur Abgabe solcher Erklärungen in Betracht. Der Zeitpunkt, zu dem die Willenserklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Die Fiktion der Angebotserklärung bewirkt sämtliche Rechtsfolgen, die eine im selben Zeitpunkt abgegebene wirksame Willenserklärung mit entsprechendem Inhalt hätte ([X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 19 f. mwN).

b) Auch wenn die auf Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichteten Willenserklärungen zurückwirkten, führte dies nicht zu einer Obliegenheit der [X.], die Arbeitsleistung des [X.] für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum anzunehmen. Das Arbeitsverhältnis konnte in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden (vgl. [X.] 9. Februar 2011 - 7 [X.] - Rn. 26 mwN). Der Kläger konnte die Arbeitsleistung für in der Vergangenheit liegende Zeiträume nicht mehr nachholen. Der Zeitablauf führte die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung herbei, weil sich in einem Vollzeitarbeitsverhältnis ohne Möglichkeit zur vertragsgerechten Nachholung der Arbeitsleistung der Fixschuldcharakter der Arbeitspflicht umfassend auswirkt (vgl. [X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 23).

II. Der Vergütungsanspruch folgt auch nicht aus § 611 Abs. 1, § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] iVm. § 275 Abs. 1 [X.]. Das [X.] hat - aus seiner Sicht konsequent - diese Anspruchsgrundlage nicht geprüft. Aufgrund der im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen kann der Senat aber in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Beklagte hat die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung weder allein noch weit überwiegend zu verantworten.

1. Nach § 275 Abs. 1 [X.] führt die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung zum Ausschluss des Leistungsanspruchs des Arbeitgebers. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Gegenleistung entfällt nach § 326 Abs. 1 [X.], bleibt aber gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] erhalten, wenn der Gläubiger für den Umstand allein oder weit überwiegend verantwortlich ist, aufgrund dessen der Schuldner nicht zu leisten braucht. Verantwortlich nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] meint [X.] iSd. §§ 276, 278 [X.], dh. mindestens fahrlässiges Handeln ([X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 26 ff.).

2. Der Anwendung von § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] im Arbeitsrecht steht § 615 [X.] nicht entgegen. Die dienstvertraglichen Regeln des Annahmeverzugs verdrängen § 326 [X.] nicht. Vielmehr ergänzen sich beide. Wird dem Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung unmöglich, bestimmt sich die Rechtsfolge für seinen Vergütungsanspruch nach § 615 [X.], wenn sich der Arbeitgeber bei Eintritt der Unmöglichkeit im Annahmeverzug befindet, ansonsten nach § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.]. Beruht die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung aufgrund ihres Fixschuldcharakters allein auf dem Zeitablauf, wird der Vergütungsanspruch - unabhängig vom Verschulden des Arbeitgebers - nach § 615 [X.] aufrechterhalten, wenn die Voraussetzungen des Annahmeverzugs zur [X.] vorlagen. Fehlt es hieran, zB weil das Arbeitsverhältnis nicht erfüllbar war (vgl. [X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 24 ff.), ein Fall des § 297 [X.] gegeben war (vgl. [X.] 23. September 2015 - 5 [X.] - Rn. 26) oder der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung entgegen §§ 294 ff. [X.] nicht angeboten hatte, kann der Vergütungsanspruch nach § 326 Abs. 2 [X.] aufrechterhalten werden, wenn dessen Voraussetzungen ([X.] 23. September 2015 - 5 [X.] - Rn. 26) erfüllt sind.

3. Die im Streitzeitraum 1. August 2009 bis 28. Februar 2013 fehlende arbeitsvertragliche Bindung der Parteien ist der Umstand iSd. § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.], auf den sich die Verantwortung der [X.] beziehen muss. Sie führte zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung im Rückwirkungszeitraum. Die Beklagte war hierfür weder allein noch weit überwiegend verantwortlich.

a) Die [X.] für eine Wiedereinstellung liegt - vorbehaltlich einer abweichenden Rückkehrregelung (vgl. [X.] 14. Mai 1997 - 7 [X.] - zu 1 der Gründe, [X.]E 85, 367; 29. September 2005 - 8 [X.] - Rn. 27) - beim Arbeitnehmer, also hier beim Kläger. Er gab außergerichtlich kein Vertragsangebot ab und holte dies auch mit der am 13. Februar 2009 eingereichten Klage nicht nach. Der Kläger genügte damit seiner Obliegenheit nicht.

aa) Dem Kläger stand es nach der [X.] frei, der [X.] den Abschluss eines Arbeitsvertrags durch ein eigenes Angebot anzutragen und erforderlichenfalls mit einer Leistungsklage die Abgabe der Annahmeerklärung durch die Beklagte zu erwirken. Im Falle seines Obsiegens hätte mit Rechtskraft des Urteils die Fiktion der Annahmeerklärung der [X.] nach § 894 Satz 1 ZPO unmittelbar zum Vertragsschluss geführt.

bb) Die Beklagte war zwar verpflichtet, das vom Kläger geforderte Angebot zum rückwirkenden Abschluss eines Arbeitsvertrags abzugeben. Weil sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, wurde ihre Willenserklärung mit der Rechtskraft des Berufungsurteils fingiert. Der Vertragsschluss setzte jedoch zusätzlich die Annahme des Vertragsangebots durch den Kläger voraus. Diese lag außerhalb des Verantwortungsbereichs der [X.].

b) Die [X.] für den Abschluss des Arbeitsvertrags verblieb damit weiterhin beim Kläger. Die Beklagte war schon aus diesem Grund für den fehlenden Vertragsschluss, der zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung führte, weder allein noch weit überwiegend verantwortlich. Dies gilt erst recht für den Zeitraum nach Rechtskraft des Berufungsurteils. Allein der Kläger war hier für die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung verantwortlich iSv. § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.], indem er erst im März 2013 das durch Urteil fingierte Vertragsangebot annahm.

III. Der Kläger kann auch nicht aufgrund Schuldnerverzugs der [X.] Schadensersatz wegen entgangener Vergütung nach § 280 Abs. 1 und Abs. 2, §§ 286, 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 [X.] verlangen.

1. Hierauf kann für den Zeitraum bis zur Rechtskraft des Berufungsurteils als Anspruchsgrundlage neben § 326 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] nicht zurückgegriffen werden. Die Umstände, die zur Unmöglichkeit der Arbeitsleistung geführt haben, sind identisch mit den Tatsachen, die einen möglichen Verzug der [X.] mit der Abgabe des Vertragsangebots begründen (vgl. [X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 36).

2. Im Zeitraum 5. bis 28. Februar 2013 hat die Beklagte ihre Verpflichtungen aus der [X.] nicht verletzt. Mit Rechtskraft der Berufungsentscheidung galt das Vertragsangebot der [X.] als abgegeben. Der Kläger konnte das Angebot durch einfaches „Ja“ annehmen, ohne dass es weiterer Mitwirkungshandlungen der [X.], insbesondere eines von ihr formulierten Vertragsangebots bedurft hätte.

B. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Es kann dahinstehen, ob hinsichtlich des Antrags ein Feststellungsinteresse des [X.] nach § 256 ZPO gegeben ist. Das Feststellungsinteresse ist Prozessvoraussetzung nur für das stattgebende Urteil (vgl. [X.] 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 13 mwN, [X.]E 128, 73; 15. Juli 2009 - 5 [X.] 921/08 - Rn. 12). Deshalb ist das Revisionsgericht auch bei Fehlen des Feststellungsinteresses jedenfalls dann zu einer Sachentscheidung befugt, wenn gewichtige prozessökonomische Gründe gegen eine Prozessabweisung sprechen, etwa wenn die Klage eindeutig und unzweifelhaft abweisungsreif ist (vgl. [X.] 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - aaO; 6. Oktober 2011 - 6 [X.] 172/10 - Rn. 16; 16. Dezember 2015 - 5 [X.] 567/14 - Rn. 39). Dies ist hier der Fall. Der vom Kläger geltend gemachte Verschaffungsanspruch besteht nicht. Die Beklagte ist zur Beitragsentrichtung nicht verpflichtet. Voraussetzung hierfür wäre nach § 2 [X.] iVm. Nr. 1.1 und 1.2 Versorgungsordnung [X.] ein Gehaltsanspruch des [X.] im fraglichen Zeitraum. Dem Kläger steht für den Zeitraum 1. August 2009 bis 28. Februar 2013 keine Vergütung zu. Die Vereinbarung zwischen den Parteien und der [X.] begründet keine weitergehende Beitragspflicht der [X.]. Bei einer solchen Konstellation ist dem Ziel der Feststellungsklage, den Rechtsfrieden unter Beachtung des Gebots prozessökonomischen Verhaltens zu sichern, mit einer Abweisung der Feststellungsklage durch das Revisionsgericht besser gedient als mit einem Prozessurteil (vgl. [X.] 24. September 2008 - 6 [X.]/07 - Rn. 14, [X.]E 128, 73; 6. Oktober 2011 - 6 [X.] 172/10 - Rn. 17).

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Kremser     

        

    Pollert     

                 

Meta

5 AZR 172/15

27.01.2016

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 20. Juni 2014, Az: 6 Ca 11423/13, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2016, Az. 5 AZR 172/15 (REWIS RS 2016, 17072)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17072

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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