Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.06.2019, Az. B 5 R 92/19 B

5. Senat | REWIS RS 2019, 6291

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - rechtlicher Hinweis - Rechtsanwalt - Beschwerdebegründung


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 28. Februar 2019 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt [X.], S., zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom [X.] hat das [X.] einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung der Zeiten der Erziehung ihrer Kinder D., geboren 1970 und B., geboren 1971 als Kindererziehungszeiten verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim [X.] eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) und Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] SGG). Für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt [X.], S. beantragt.

3

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.] SGG),

-       

das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

-       

ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 [X.] SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 [X.] iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6

a) Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.] SozR 3-1500 § 160a [X.]4 S 70 mwN).

7

Die Klägerin misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei,

        

"warum die Kindererziehungszeiten von Kindern die zwar im Ausland geboren sind jedoch in [X.] erzogen worden sind lediglich als Berücksichtigungszeiten bei der Berechnung der Rente anzuerkennen sind und nicht als Kindererziehungszeiten".

8

Mit dieser Formulierung wird die Klägerin bereits dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Sie hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 SGG) gestellt (vgl [X.]sbeschluss vom [X.] - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 Rd[X.]0; [X.] Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 [X.]/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7), sondern begehrt die Klärung der gesetzgeberischen Motive für die von ihr beschriebene, vermeintlich bestehende Rechtslage. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage im obigen Sinn ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ([X.], [X.] 2007, 261, 265; [X.]/[X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.] Rd[X.]81).

9

Zudem hat die Klägerin nicht dargetan, dass der von ihr angesprochene [X.] klärungsfähig, dh entscheidungserheblich ist.

Entscheidungserheblichkeit liegt nur vor, wenn die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits von der Beantwortung der aufgeworfenen Frage abhängt. Ob der Klägerin ein Anspruch auf Anerkennung der Zeiten der Erziehung ihrer Kinder als Kindererziehungszeiten nach dem [X.] zusteht, hängt davon ab, ob sie die hierfür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Diese ergeben sich im Fall der Klägerin, die seit dem 1.12.2011 eine Altersrente für Frauen bezieht und deren Kinder vor dem [X.] geboren sind, aus § 249 Abs 1 [X.] in der bis zum [X.] geltenden Fassung (Bekanntmachung vom [X.], [X.] 754) und § 307d [X.] (vgl zur Anerkennung und Fortentwicklung der Kindererziehungszeiten durch den Gesetzgeber Urteil des [X.]s vom 28.6.2018 - B 5 R 12/17 R - Juris Rd[X.]2 und 20 ff). Weder die Anspruchsgrundlagen noch die dazu ergangene Rechtsprechung finden in der Beschwerdebegründung auch nur Erwähnung. Aus welchen Gründen der Gesetzgeber den maßgeblichen Normen ihren jeweiligen Regelungsgehalt beigemessen hat, ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hingegen unerheblich.

b) Ebenso wenig ist der Zulassungsgrund der Divergenz dargetan. Eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 [X.] SGG liegt vor, wenn das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Die Klägerin zeigt indes bereits keine Abweichung des Berufungsurteils von einer derartigen Entscheidung auf.

2. Die Bitte der Klägerin in der Beschwerdebegründung um einen rechtlichen Hinweis, soweit weitere Ausführungen als nötig erachtet würden, führt nicht dazu, dass eine Entscheidung über die unzureichend begründete Beschwerde zurückzustellen wäre. Der [X.] ist nicht verpflichtet, eine anwaltlich vertretene Klägerin vor einer Entscheidung auf Mängel der Beschwerdebegründung hinzuweisen. Die Bestimmung des § 106 Abs 1 SGG gilt insoweit nicht. Das Gesetz unterstellt vielmehr, dass ein Rechtsanwalt auch ohne Hilfe des Gerichts in der Lage ist, eine Nichtzulassungsbeschwerde formgerecht zu begründen (ua [X.]sbeschluss vom [X.] RS 40/11 B - sowie [X.] Beschlüsse vom 31.5.2011 - [X.] R 103/11 B - und vom [X.] - [X.] [X.] 60/10 B - Juris RdNr 7). Gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang des § 73 Abs 4 SGG ([X.] Beschluss vom 16.11.2011 - [X.] R 317/11 B).

3. Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, kann der Klägerin für das Beschwerdeverfahren vor dem [X.] Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt [X.], S. nicht gewährt werden (vgl § 73a Abs 1 [X.] SGG iVm § 114 Abs 1 [X.], § 121 Abs 1 [X.] ZPO).

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Meta

B 5 R 92/19 B

17.06.2019

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Braunschweig, 19. Mai 2017, Az: S 70 R 324/16

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 4 S 1 SGG, § 169 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 106 Abs 1 SGG, § 73 Abs 4 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 17.06.2019, Az. B 5 R 92/19 B (REWIS RS 2019, 6291)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6291

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