Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2006, Az. IX ZB 129/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 74

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS [X.] vom 21. Dezember 2006 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 8 Abs. 3, [X.] § 4 Abs. 2, § 8 Abs. 3 n.F. a) Nach Inkrafttreten der Änderungsverordnung vom 4. Oktober 2004 können die sächlichen Kosten, die dem Insolvenzverwalter infolge der Übertra-gung des [X.] durch das Insolvenzgericht entstanden sind, neben der allgemeinen Auslagenpauschale geltend gemacht werden. b) Die durch die Besorgung der Zustellungen angefallenen Personalkosten können dem Insolvenzverwalter nicht im Wege des [X.] [X.] werden. [X.], [X.]uss vom 21. Dezember 2006 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.] am 21. Dezember 2006 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wird der [X.]uss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 18. März 2005 aufgehoben und die Sache - auch zur Entschei-dung über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Beschwer-degericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 585,68 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der weitere Beteiligte zu 1 ist Insolvenzverwalter in dem - unter [X.] der Verfahrenskosten (§ 4a [X.]) - am 15. April 2004 eröffneten Insol-venzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Der Insolvenzverwalter wurde gemäß § 8 Abs. 3 [X.] beauftragt, die Zustellungen durchzuführen. 1 - 3 - Am 5. Januar 2005 hat er die Festsetzung seiner Vergütung und des [X.] beantragt. Als Nettovergütung hat er 2.600,-- • verlangt. Als Auslagenersatz hat er pauschal 390,-- • begehrt und daneben für 187 Zustel-lungen zu je 2,70 • den Betrag von 504,90 •. Zusätzlich hat er die jeweilige Umsatzsteuer geltend gemacht. 2 Das Insolvenzgericht hat die Vergütung und den pauschalen Auslagen-ersatz in der beantragten Höhe festgesetzt. Die Festsetzung des Auslagener-satzes für die Zustellungen hat es abgelehnt. Das [X.] hat die hierge-gen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen (sein [X.]uss ist in Rpfleger 2005, 626 veröffentlicht). Insoweit verfolgt der Insolvenzverwalter den Antrag mit seiner Rechtsbeschwerde weiter. 3 I[X.] Das statthafte (§§ 7, 64 Abs. 3 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und zulässige (§ 574 Abs. 2 ZPO) Rechtsmittel des weiteren Beteiligten zu 1 führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. 4 1. Allerdings kann der Insolvenzverwalter nicht verlangen, dass zu sei-nen Gunsten weitere Auslagen für die gemäß § 8 Abs. 3 [X.] ausgeführten Zustellungen in Höhe von 504,90 • zuzüglich Umsatzsteuer (80,78 •) festge-setzt werden. 5 a) Auf den hier in Rede stehenden Sachverhalt findet die [X.] ([X.]) in ihrer nach Inkrafttreten der Änderungs-verordnung vom 4. Oktober 2004 ([X.] I S. 2569) geltenden Fassung [X.] - 4 - dung, weil das Insolvenzverfahren nach dem 1. Januar 2004 eröffnet worden ist (§ 19 [X.]). b) Die Frage, ob der Insolvenzverwalter die ihm auf Grund der Übertragung der Zustellungen nach § 8 Abs. 3 [X.] entstandenen [X.] neben der Auslagenpauschale (§ 8 Abs. 3 [X.]) geltend machen kann, ist für das frühere wie auch das neuere Recht in Rechtsprechung und Schrift-tum umstritten (bejahend: [X.] Z[X.] 2003, 514; [X.] Z[X.] 2004, 200; [X.] Z[X.] 2004, 1196, 1197; [X.] Z[X.] 2004, 1351, 1352; [X.] Z[X.] 2005, 706; [X.]/Wutzke/[X.], [X.] 3. Aufl. § 4 Rn. 6; [X.], [X.] § 4 [X.] Rn. 6; FK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 4 [X.] Rn. 12; HK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 4 [X.] Rn. 8; HmbKomm-[X.]/[X.], § 8 [X.] Rn. 30; [X.], 465, 476; [X.] EWiR 2004, 1045, 1046; verneinend [X.], [X.]. v. 26. April 2006 - 4 T 15/06; [X.] NZI 2006, 47, 48; [X.] in [X.]/[X.]/Goetsch, [X.] § 4 [X.] Rn. 28; [X.], Vergütung in Insol-venzverfahren von [X.] [2005] Rn. 542; [X.] Rpfleger 2006, 115, 117). 7 c) Für das seit Inkrafttreten der Änderungsverordnung vom 4. Oktober 2004 geltende Recht (zum früheren Recht vgl. die Senatsentscheidung vom heutigen Tage [X.] ZB 81/06, z.[X.].) hält es der Senat für zutreffend, dass die sächlichen Kosten, die dem Insolvenzverwalter infolge der Übertragung des [X.] durch das Insolvenzgericht (§ 8 Abs. 3 [X.]) entstanden sind, neben der Auslagenpauschale (§ 8 Abs. 3 [X.]) geltend gemacht wer-den können. 8 aa) Sachkosten des Insolvenzverwalters, die ihm dadurch entstehen, dass er die ihm gemäß § 8 Abs. 3 [X.] übertragenen Zustellungen besorgt, 9 - 5 - sind Auslagen im Sinne des § 4 Abs. 2 [X.] ([X.] aaO; [X.] aaO; [X.] aaO; [X.]/Wutzke/[X.] aaO; [X.], [X.] 12. Aufl. § 8 Rn. 18; FK-[X.]/[X.] aaO; HK-[X.]/[X.] aaO; HmbKomm-[X.]/[X.], § 4 [X.] Rn. 9; [X.]). Es handelt sich nicht um Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (so jedoch [X.] aaO; MünchKomm-[X.]/[X.], § 4 [X.] Rn. 20; [X.] aaO). Die Kosten des Insolvenzverfahrens, zu denen insbesondere die Auslagen des [X.] gehören (§ 54 Nr. 2 [X.]), sind dort ausgenommen. [X.]) [X.], die auf Grund einer Anordnung gemäß § 8 Abs. 3 [X.] entstanden sind, stellen zusätzliche Kosten für die Erledigung einer ge-sondert übertragenen Aufgabe außerhalb der Regeltätigkeit des [X.] dar (so auch [X.] aaO; [X.], aaO). Selbst wenn dafür ein Zuschlag gemäß § 3 [X.] gewährt wird, hat dies auf die allgemeine Auslagenpauschale keinen Einfluss mehr. Damit ist der zum früheren Recht zu erhebende Einwand (vgl. die Senatsentscheidung vom heuti-gen Tage [X.] ZB 81/06, z.[X.].) nicht mehr berechtigt, dass sich erhebliche Ab-grenzungsschwierigkeiten ergäben, ferner Auslagen doppelt erstattet werden könnten, wenn es möglich wäre, die [X.] neben der allgemeinen Auslagenpauschale geltend zu machen. [X.] lassen sich ohne weiteres von den unter die allgemeine Pauschale fallenden Auslagen abgren-zen. 10 Ließe man die gesonderte Geltendmachung der [X.] ne-ben der Inanspruchnahme der allgemeinen Auslagenpauschale nicht zu, wäre der Insolvenzverwalter gezwungen, entweder alle Auslagen einzeln abzurech-nen oder auf die Geltendmachung der [X.] zu verzichten. Beides ist ihm nicht zumutbar. Es ist nicht einzusehen, dass der Insolvenzverwalter auf 11 - 6 - den Ersatz für Auslagen verzichten soll, die ohne die Übertragung gemäß § 8 Abs. 3 [X.] beim Staat angefallen wären. Selbst wenn dem Insolvenzverwalter für die Erledigung der Zustellungen ein Zuschlag gewährt wird, stellt dieser eine tätigkeitsbezogene Vergütung dar ([X.]/Wutzke/[X.], aaO § 3 [X.] Rn. 1; HmbKomm-[X.]/[X.], § 3 [X.] Rn. 1) und umfasst keine Auslagen. d) Eine besondere Auslagenpauschale von 2,70 • für die Zustellungen kann der weitere Beteiligte zu 1 gleichwohl nicht verlangen, weil damit auch der Bearbeitungsaufwand, also der Personaleinsatz, abgegolten werden soll. Der Aufwand durch die Beschäftigung eigenen Personals kann jedoch nicht im We-ge des [X.] geltend gemacht werden. 12 aa) Allerdings ist der personelle Bearbeitungsaufwand, der durch die [X.] entsteht, nicht bereits durch die Vergütung gemäß § 2 [X.] abge-golten. Die Einführung einer von der Zahl der Gläubiger abhängigen Staffelver-gütung in § 2 Abs. 2 [X.] durch die Änderungsverordnung vom 4. Oktober 2004 hat daran nichts geändert. Die Vergütungssätze des § 2 Abs. 2 [X.] n.F. sind lediglich dazu bestimmt, den regelmäßig durch ein Insolvenzverfahren ver-ursachten Aufwand des Insolvenzverwalters abzudecken. Mit der Übertragung der Zustellungen gemäß § 8 Abs. 3 [X.] entsteht diesem hingegen ein zusätz-licher, von der gewöhnlichen Geschäftsführung nicht umfasster Aufwand. Schon in der Insolvenzordnung ist indes der grundsätzliche Unterschied zwi-schen Vergütung und Auslagenersatz angelegt (vgl. §§ 63, 65 [X.]). Die [X.] nimmt diesen Unterschied auf (vgl. § 8 Abs. 1 [X.]). Zwar fallen auch Aufwendungen, die aus der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 [X.] möglichen Beauftragung Dritter zur Erledigung besonderer Aufga-ben für die Masse entstanden sind, unter den Begriff der Auslagen ([X.] 160, 176, 180; vgl. ferner [X.]/Wutzke/[X.], aaO § 4 [X.] Rn. 6: "[X.] - 7 - wendungen für Sach- oder Personaleinsatz"). Der Insolvenzverwalter, der sein vorhandenes Büropersonal einsetzt, um für ein bestimmtes Insolvenzverfahren eine besondere Aufgabe mit zu erledigen, kann die Bürokosten jedoch nicht als Auslagen geltend machen. Dies gilt selbst dann, wenn die dem Personal über-tragene Aufgabe der Erfüllung hoheitlich auferlegter Pflichten dient und der In-solvenzverwalter ansonsten auch einen Dritten damit hätte beauftragen dürfen ([X.] 160, 176, 181; [X.], [X.]. v. 13. Juli 2006 - [X.] ZB 198/05, [X.], 1501, 1502 f). Für den vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten. Hier wie dort ist entscheidend, dass die Verhältnisse weniger durchschaubar würden, wenn die Kosten des eigenen Personals im Wege des [X.] abge-wälzt werden könnten. [X.]) Welcher Teil des für jede Zustellung geltend gemachten Betrages von 2,70 • auf den personellen und welcher auf den sächlichen [X.] entfällt, hat der Antragsteller nicht angegeben. Er hat sich lediglich auf Berechnungen bezogen, die in der Rechtsprechung praktiziert worden sind ([X.] Z[X.] 2004, 200; [X.] Z[X.] 2004, 1351). Dort ist der betreffende Anteil jedoch ebenso wenig beziffert worden (vgl. ferner [X.] Z[X.] 2004, 1196, 1197; [X.] Z[X.] 2005, 706, 707). 14 2. Nicht ausgeschlossen erscheint, dass der sächliche Aufwand der [X.] - insbesondere Kopier- und Portokosten sowie die Kosten der [X.] geschätzt werden kann. Dazu hat wohl auch das Beschwerdegericht tendiert. Es hat von einer Schätzung abgesehen, weil es - rechtsirrig - gemeint hat, eine Auslagenerstattung komme insoweit überhaupt nicht in Betracht, nachdem der Insolvenzverwalter den [X.] nach § 8 Abs. 3 [X.] [X.] habe. Deshalb ist die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverwei-sen. 15 - 8 - 3. Im vorliegenden Fall hat der weitere Beteiligte zu 1 einen Zuschlag entsprechend § 3 Abs. 1 [X.] nicht beantragt, weil er davon ausgegangen ist, im Wege des [X.] sein Ziel zu erreichen. Das Beschwerdegericht hat ihn auf die Möglichkeit eines Zuschlags nicht hingewiesen, weil es gemeint hat, ein erheblicher Mehraufwand im Sinne von § 3 Abs. 1 [X.] könne "bei nur 76 Gläubigern" nicht angenommen werden. Dies erscheint [X.] und nötigt ebenfalls zur Zurückverweisung. 16 a) Die Erledigung der dem Insolvenzverwalter gemäß § 8 Abs. 3 [X.] aufgetragenen Zustellungen kann einen Zuschlag entsprechend § 3 Abs. 1 [X.] rechtfertigen ([X.], [X.]. v. 22. Juli 2004 - [X.] ZB 222/03, [X.], 591, 592; [X.]/Wutzke/[X.] aaO § 3 Rn. 68, 72; MünchKomm-[X.]/ Ganter, § 8 Rn. 36; [X.], aaO § 8 Rn. 16, 18; HK-[X.]/Kirchhof, aaO § 8 Rn. 13; [X.]/[X.]/[X.] § 8 Rn. 20; [X.], 581, 587; [X.] Z[X.] 2005, 752, 753 ff). Denn das Insolvenzgericht hat ihm zur eige-nen Entlastung zusätzliche, dem Verwalter kraft Gesetzes nicht obliegende Aufgaben übertragen. Deren Erledigung darf jedenfalls dann, wenn sie einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert, nicht unvergütet bleiben. Mit dem [X.] ist dann auch der personelle Bearbeitungsaufwand vergütet. Damit ist der Grundsatz gewahrt, dass der Staat für die Erledigung von im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben Staatsbürger im Rahmen ihrer Berufstätigkeit nicht ohne angemessene Vergütung in Anspruch nehmen darf ([X.] 157, 282, 288). 17 b) Im Unterschied zur Erstattung der durch die Zustellungen [X.] sächlichen Auslagen, die grundsätzlich vollen Umfangs - ohne dass ein [X.] Schwellenwert erreicht sein müsste - stattzufinden hat, ist für die [X.] - 9 - währung eines [X.] allerdings zu verlangen, dass durch die Übertragung der Zustellungen ein ins Gewicht fallender Mehraufwand bewirkt worden ist (vgl. [X.], [X.]. v. 22. Juli 2004 aaO). Im Allgemeinen ist dies dann der Fall, wenn der Insolvenzverwalter mindestens 100 Zustellungen hat besorgen müssen (vgl. [X.]/Wutzke/[X.], aaO § 3 Rn. 72). Da der weitere Beteiligte zu 1 geltend macht, er habe 187 Zustellungen erledigt, ist dieser Schwellenwert überschritten. Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.02.2005 - 11 IN 30/04 - [X.], Entscheidung vom 18.03.2005 - 5 [X.]/05 -

Meta

IX ZB 129/05

21.12.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2006, Az. IX ZB 129/05 (REWIS RS 2006, 74)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 74

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