Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2010, Az. 3 ARs 23/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 4030

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 ARs 23/10 vom 17. August 2010 Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja Veröffentlichung: ja __________________ [X.] § 24 Abs. 2, § 9 Abs. 4 Ob im Rahmen der Beweiserhebung eines [X.]es die Ge-genüberstellung von Zeugen durchzuführen ist, entscheidet gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1, § 24 Abs. 2 [X.] der [X.] mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen abschließend. Das [X.]gesetz räumt der qualifizierten Minderheit von einem Viertel der Mitglieder nicht die Befugnis ein, gegen den Willen der Ausschussmehrheit die Gegenüberstellung durchzusetzen oder die Entscheidung der Mehrheit gerichtlich überprüfen zu lassen. [X.], [X.]. vom 17. August 2010 - 3 ARs 23/10 in dem Verfahren - 2 - der Minderheit von einem Viertel der Mitglieder des Verteidigungsausschusses als 1. [X.] der 17. Wahlperiode des [X.], bestehend aus den [X.]

- Antragstellerin - gegen den Verteidigungsausschuss als 1. [X.] der [X.] des [X.], Platz der [X.], 11011 [X.], - Antragsgegner - Verfahrensbevollmächtigter: wegen: Antrag auf Durchführung einer Gegenüberstellung Der 3. Strafsenat des [X.] hat am 17. August 2010 beschlos-sen: Die Anträge werden zurückgewiesen. Gründe: Mit ihren Anträgen auf gerichtliche Entscheidung will die Minderheit von einem Viertel der Mitglieder des Verteidigungsausschusses als [X.] - 3 - chungsausschuss der 17. Wahlperiode des [X.] eine Ge-genüberstellung des [X.] mit den Zeugen Staatssekretär a. [X.] und General a. [X.] erzwingen, die von der Ausschussmehrheit als unzulässig [X.] worden ist. Die Anträge bleiben ohne Erfolg. [X.] In der Nacht vom 3. auf den 4. September 2009 veranlasste der militäri-sche Leiter des [X.] ([X.]) in [X.] ([X.]) einen [X.] auf zwei Tanklastwagen, die entführt worden waren und auf einer Sandbank im Fluss [X.] feststeckten. Dieser Luftschlag führte zu einer Vielzahl von Todesopfern. 2 Auf der Grundlage der [X.] konstituierte sich zur Aufklärung des [X.]s selbst und zum jeweiligen [X.] über den [X.] innerhalb der [X.]esregierung und der [X.] in der 7. Sitzung des Verteidigungsausschusses vom 16. Dezember 2009 ge-mäß Art. 45a Abs. 2 GG der 1. [X.] der 17. Wahlperiode des [X.]. Dieser hat den Auftrag, den [X.] selbst, die diesbezügliche Aufklärungs- und Informationspraxis der [X.]esregierung sowie die Vereinbarkeit der beim [X.] gewählten Vorgehensweise mit nationalen und internationalen politischen, rechtlichen und militärischen Vorgaben für den Einsatz in [X.] umfassend zu untersuchen und dabei u. a. zu klären, welche Informationen über den [X.] zu welchem Zeitpunkt an die politi-sche Leitung des [X.] weitergegeben wurden (Frage 2 des Untersuchungsauftrags), auf welcher Informationsgrundlage der frühere [X.]esminister der Verteidigung Dr. [X.] und sein Nachfolger Dr. Frei-3 - 4 - [X.] ihre öffentlichen Bewertungen des Angriffs vornahmen ([X.] 3 des Untersuchungsauftrags) und ob durch die [X.]esregierung falsch oder unvollständig über die Militäraktion informiert wurde (Frage 5 des [X.]). 4 In der Folgezeit vernahm der [X.] eine Vielzahl von Zeugen vorwiegend in öffentlicher Sitzung. Die öffentlichen Vernehmungen der zentralen Zeugen wurden in der Reihenfolge General a. [X.] - Staatssekretär a. [X.] - [X.]esminister Dr. Frei[X.] am 18. März 2010 und 22. April 1010 durchgeführt. Die Vertreter der Minderheit im [X.] beantragten - nach zwischenzeitlicher Zurücknahme eines gleichlautenden Antrags vom 17. Mai 2010 - am 14. Juni 2010 eine Vernehmungsgegenüberstellung der [X.] General a. [X.] und Staatssekretär a. [X.] mit Bun-desverteidigungsminister Dr. Frei[X.] zur Klärung von Wider-sprüchen in den Aussagen dieser Zeugen vor dem [X.], die in der [X.] 17-220 vom 14. Juni 2010 unter II[X.] im Einzelnen dargestellt wurden. Der Antrag wurde in der 23. Sitzung des [X.] am 17. Juni 2010 mit den Stimmen von 18 [X.] der Fraktionen von [X.] und [X.] gegen die Stimmen von 15 [X.] der Fraktionen der [X.], [X.]/[X.] und DIE LINKE [X.], weil die Gegenüberstellung unzulässig sei. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, eine Vernehmungsgegenüberstellung, die nur [X.] in Betracht komme, sei zur Sachaufklärung des Untersuchungsgegenstan-des nicht geboten, sie solle vielmehr aus rein parteipolitischen Motiven durch-geführt werden, um ein "Spektakel Guttenberg" zu inszenieren. 5 - 5 - Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Klärung der in den Vernehmungen der drei zentralen Zeugen aufgetretenen Widersprüche betreffe [X.] des [X.], verlässliche Informationen als Grundlage für die Be-nennung politischer Verantwortlichkeit zu erlangen. Die Gegenüberstellung [X.] im Vergleich zum bloßen Vorhalt die einzig geeignete und wirksame Methode dar, um die sich widersprechenden Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen und damit dem Untersuchungszweck gerecht zu werden. Der Unter-suchungsausschuss habe durch die Ablehnung der zulässigen und gebotenen Vernehmungsgegenüberstellung neben dem Verfassungsgebot der Effektivität parlamentarischer Untersuchungsverfahren das verfassungsrechtliche Recht der Ausschussminderheit auf angemessene Beteiligung an der Sachaufklärung in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise nachhaltig verletzt. Die Ausschuss-minderheit habe einen gesetzlichen Anspruch auf Durchführung der Verneh-mungsgegenüberstellung. Über das positiv formulierte Recht der qualifizierten Minderheit auf Einsetzung eines [X.]es hinaus sei dieser auch hinsichtlich des Beweisverfahrens die "maßgebliche Geltungsmacht" [X.]. 6 - 6 - Die Antragstellerin beantragt festzustellen, 7 1. dass der Verteidigungsausschuss als 1. [X.] gemäß § 45a Abs. 2 GG der 17. Wahlperiode des [X.] mit seinem [X.]uss vom 17. Juni 2010, den Antrag der Minderheit auf Durchführung einer Vernehmungsgegenüberstellung ([X.] 17-220) als unzulässig abzulehnen, gegen § 24 Abs. 2 i. V. m. § 17 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des [X.] ([X.]gesetz - [X.]) verstoßen hat, 2. dass der Verteidigungsausschuss als 1. [X.] gemäß § 45a Abs. 2 GG der 17. Wahlperiode des [X.] gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] verpflichtet ist, die [X.] der Vernehmung der Zeugen so festzulegen, dass am 30. September 2010 die von der Minderheit mit [X.] 17-220 begehrte Vernehmungsgegenüberstellung durchgeführt wird, hilfsweise festzustellen, 1. dass die mit [X.] 17-220 beantragte Vernehmungsge-genüberstellung zulässig ist im Sinne von § 24 Abs. 2 [X.] und 2. dass der Verteidigungsausschuss als 1. [X.] gemäß § 45a Abs. 2 GG der 17. Wahlperiode des [X.] verpflichtet ist, die zulässige Vernehmungsgegenüberstel-lung in einer durch den Ausschuss festzulegenden Sitzung zur Be-weisaufnahme durchzuführen. - 7 - Der Antragsgegner beantragt, die Anträge zurückzuweisen. 8 Der Antragsgegner bezweifelt die Zulässigkeit der beim [X.] gestellten Anträge, weil es sich im [X.] um eine verfassungsgerichtliche Streitigkeit handele, für die das [X.] zuständig sei. Er meint, die Vernehmungsgegenüberstellung sei zur Beseitigung der in den [X.]aussagen aufgetretenen Ungereimtheiten nicht geeignet und deshalb für den Untersuchungszweck nicht geboten, sodass er diese zu Recht mit der Mehrheit der Stimmen zurückgewiesen habe. Die von der Antragstellerin be-haupteten Widersprüche in den Zeugenaussagen seien nicht relevant; diese wolle vermeintliche Minderheitenrechte für parteipolitische Zwecke missbrau-chen. Bei der Vernehmungsgegenüberstellung handele es sich um die Modali-tät der Zeugenvernehmung und damit eine Verfahrensfrage, für die das [X.] keinen Minderheitenschutz vorsehe. Auch ein unmittelbar aus Art. 44 GG her-geleiteter Minderheitenschutz komme nicht in Betracht, weil die [X.] den Antrag der Minderheit auf Gegenüberstellung mit einleuchtenden Sachargumenten zurückgewiesen hätten. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze verwiesen. 9 I[X.] Die Anträge der Minderheit des [X.]es sind zuläs-sig, aber unbegründet. 10 - 8 - 1. Zulässigkeit der Anträge 11 12 a) Der [X.] ist gemäß § 36 Abs. 1 [X.] für die Ent-scheidung des Streits über die Vernehmungsgegenüberstellung zwischen der Minderheit von einem Viertel der Mitglieder des Verteidigungsausschusses als [X.] und dem [X.] selbst zuständig, weil eine Streitigkeit im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines [X.] des [X.] vorliegt und eine vorrangige Zustän-digkeit des [X.]s für das Begehren der Antragstellerin nicht besteht. b) Die Antragstellerin ist im vorliegenden Organstreitverfahren als [X.] anzusehen (vgl. Glauben/[X.], Das Recht der parlamentari-schen Untersuchungsausschüsse in [X.] und Ländern, 2005, § 28 Rn. 32). Sie ist in mehreren Vorschriften des [X.] (vgl. § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 1 Satz 1, § 17 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4, § 18 Abs. 3 und 4 Satz 2, § 27 Abs. 2, § 29 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 [X.]) mit eigenen Rechten ausgestattet und macht geltend, sie sei durch die Ablehnung der von ihr beantragten Verneh-mungsgegenüberstellung durch die Ausschussmehrheit in ihren Rechten als qualifizierte Ausschussminderheit von einem Viertel des [X.]es verletzt. Ob sie durch die Ablehnung in ihren Rechten verletzt und deswegen tatsächlich befugt ist, den [X.] anzurufen, ist eine Frage der Begründetheit. 13 2. Begründetheit der Anträge 14 Die Anträge sind unbegründet. Die Vernehmungsgegenüberstellung ei-nes Zeugen mit anderen Zeugen betrifft die Art und Weise der Beweisaufnah-me. Über die Frage, ob sie gemäß § 24 Abs. 2 [X.] für den Untersuchungs-zweck geboten und zur Sachverhaltsaufklärung zweckmäßig ist, entscheidet 15 - 9 - der [X.] mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 9 Abs. 4 [X.]). Seine qualifizierte Minderheit von einem Viertel der Mitglieder ist nicht befugt, die von der Ausschussmehrheit getroffene Entscheidung vom [X.] rechtlich überprüfen zu lassen. Eine Antragsberechtigung der Antragstellerin sieht das [X.]gesetz nach seinem Wortlaut insoweit nicht vor. Sie ist ihm auch im Wege der Auslegung nicht zu entnehmen. Dies begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Im [X.]) Durch das Recht zur Einrichtung eines [X.]es erhält das Parlament die Möglichkeit, unabhängig von Regierung, Behörden und Gerichten mit hoheitlichen Mitteln, wie sie sonst nur Gerichten und beson-deren Behörden zur Verfügung stehen, selbständig solche Sachverhalte aufzu-klären, die es in Erfüllung seines Verfassungsauftrags als Vertretung des Vol-kes für aufklärungsbedürftig hält. Aufgabe eines [X.]es ist es, das Parlament bei seiner Arbeit zu unterstützen und seine Entscheidungen vorzubereiten. Das Schwergewicht seiner Untersuchungen liegt dabei in der parlamentarischen Kontrolle von Regierung und Verwaltung, insbesondere in der Aufklärung von in den Verantwortungsbereich der Regierung und ihrer [X.] fallender Vorgänge, die Missstände vermuten lassen. Da in der parla-mentarischen Demokratie die Regierung regelmäßig von der Parlamentsmehr-heit getragen wird, sind Untersuchungsausschüsse in erster Linie ein [X.] Instrument der Opposition, als Minderheit die Regierungsarbeit zu kon-trollieren ([X.], [X.]uss vom 2. August 1978 - 2 BvK 1/77, [X.]E 49, 70, 85 f.; [X.], Entscheidung vom 10. Oktober 2006 - [X.]. 19-IVa-06, BayVBl 2007, 171; vgl. auch [X.], Das [X.]gesetz, 1. Aufl., S. 28 f.). 16 - 10 - Im parlamentarischen Regierungssystem ist das Untersuchungsverfah-ren als [X.] im Rahmen der politischen Kontroverse angelegt ([X.], Urteil vom 2. August 1978 - 2 [X.], [X.]E 105, 197, 225 f.). Es geht um die Feststellung eines objektiven Sachverhalts mit parlamentarischen Mitteln auf der Grundlage der jeweiligen politischen Interessenlagen zum [X.] der politischen Bewertung und der Zuweisung politischer Verantwortlichkeit (vgl. BT-Drucks. 7/5924, [X.] ff., 52 f.). In einem Untersuchungsverfahren be-steht daher ein Spannungsverhältnis zwischen der Sachverhaltsaufklärung [X.]seits und der politischen Auseinandersetzung andererseits (vgl. [X.], aaO, S. 29 f. mwN). Seine politische Bedeutung ergibt sich aus dem Vorgang der Sachaufklärung selbst, der Information der Öffentlichkeit über politische Missstände und vor allem der darüber öffentlich ausgetragenen politischen Auseinandersetzung. Da im Untersuchungsverfahren die politische Bewertung im Vordergrund steht und häufig Tatsachen mit Bewertungen eng verknüpft sind, kann es eine vollständige und in jeder Hinsicht objektive Aufklärung des zu untersuchenden Sachverhalts nicht gewährleisten (vgl. [X.], [X.], 435, 438 mwN; [X.], Das Beweiserhebungsverfahren parlamentarischer [X.] des [X.], 2003, S. 164 f.). 17 b) Ein [X.] ist nicht nur berechtigt, sondern ver-pflichtet, den ihm erteilten Untersuchungsauftrag möglichst effektiv zu erfüllen und alle mit ihm zusammenhängenden Umstände aufzuklären, die für die politi-sche Bewertung von Bedeutung sind ([X.], Urteil vom 17. Juli 1984 - 2 [X.], 15/83, [X.]E 67, 100, 124; [X.], Entscheidung vom 10. Oktober 2006 - [X.]. 19-IVa-06, BayVBl 2007, 171; [X.], [X.] (1980) 105, 564, 603; Glauben/[X.], aaO, § 15 Rn. 1). Bei seiner Tätigkeit entscheidet er im [X.] mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen; bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt (§ 9 Abs. 4 [X.]). Damit gilt das in der parlamentari-schen Demokratie konstitutive Mehrheitsprinzip grundsätzlich auch in dem vom 18 - 11 - Parlament eingesetzten [X.]. Anders verhält es sich nur, wenn das [X.]gesetz aus Gründen des Minderheiten-schutzes eine abweichende Regelung trifft. Dies ist hinsichtlich der hier in Rede stehenden Frage, ob Zeugen einander gegenüberzustellen sind, indessen nicht der Fall. 19 aa) Allerdings regelt das [X.]gesetz in mehrfacher Hinsicht die Rechte der Ausschussminderheit. Damit insbesondere die im [X.] in Opposition zur Regierung stehenden Fraktionen ihre Aufgaben sach-gerecht erfüllen und auch Vorgänge aufklären lassen können, deren Aufde-ckung der Parlamentsmehrheit und der von dieser getragenen Regierung un-angenehm sind, werden schon für die Einsetzung eines [X.]es der regelmäßig aus [X.] der Oppositionsparteien beste-henden qualifizierten Minderheit von einem Viertel der Mitglieder des [X.]es-tages durch Art. 44 Abs. 1 Satz 1, Art. 45a Abs. 2 Satz 2 GG und § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 [X.] besondere Befugnisse übertragen. Ent-sprechend räumt das [X.]gesetz im Interesse einer wirk-samen parlamentarischen Kontrolle der von der [X.]estags- und Ausschuss-mehrheit gestützten Regierung und ihrer [X.] der qualifizierten [X.] von einem Viertel (teilweise auch von mehr als einem Drittel; vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2, § 25 Abs. 1 Satz 3 2. Halbsatz [X.]) der Mitglieder eines [X.]es im Rahmen der Arbeit dieses Gremiums vielfältige Rechte ein, die sie unabhängig von der [X.] wahrnehmen und - gegebenenfalls gerichtlich - durchsetzen kann (vgl. § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 1 Satz 1, § 17 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4, § 18 Abs. 3 und 4 Satz 2, § 27 Abs. 2, § 29 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 [X.]). Vor allem steht der qualifizierten Minderheit von einem Viertel ein [X.] und [X.] zu. Vom [X.] 20 - 12 - sind Beweise zu erheben, wenn sie von mindestens einem Viertel seiner [X.] beantragt sind, es sei denn, die Beweiserhebung ist unzulässig oder das Beweismittel ist auch nach Anwendung der im [X.]gesetz vorgesehenen Zwangsmittel unerreichbar (§ 17 Abs. 2 [X.]). Bei Widerspruch eines Viertels der Mitglieder des [X.]es gegen die von der Mehrheit beschlossene Reihenfolge der Vernehmung der Zeugen und Sachver-ständigen gelten die Vorschriften der Geschäftsordnung des [X.]estages (§ 28 [X.]) zur Reihenfolge der Reden entsprechend (§ 17 Abs. 3 [X.]), sodass bei der Festlegung der Reihenfolge der Beweiserhebung auch die Vorstellun-gen der Opposition Berücksichtigung finden (vgl. [X.]ussempfehlung [X.], BT-Drucks. 14/5790, [X.]). Verweigert ein Zeuge das Zeugnis ohne gesetzlichen Grund oder verweigert eine Person die Heraus-gabe eines Gegenstandes, die für die Untersuchung von Bedeutung sein kann, kann der Ermittlungsrichter des [X.] auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des [X.]es zur Erzwingung des Zeugnisses oder der Herausgabe die Haft anordnen (§ 27 Abs. 2, § 29 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Werden als Beweismittel in Betracht kommende Gegenstände nicht freiwillig vorgelegt, so entscheidet nach § 29 Abs. 3 Satz 1 [X.] auf Antrag derselben qualifizierten Minderheit der Ermittlungsrichter des [X.]s über die [X.]agnahme und die Herausgabe an den [X.]. Widerspricht eine Person, die über ein Beweismittel verfügungsberech-tigt ist, der Aufhebung des Geheimhaltungsgrades [X.] durch den Unter-suchungsausschuss, so hat die Aufhebung zu unterbleiben, wenn nicht der Er-mittlungsrichter des [X.] auf Antrag eines Viertels der [X.] sie für zulässig erklärt. Ergänzt wird dies durch die Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz [X.], wonach die Zurückweisung der [X.] an einen Zeugen einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden [X.] des [X.] bedarf. Durch diese Rechte wird die Minderheit im Unter-- 13 - suchungsausschuss in die Lage versetzt, eine möglichst umfassende Aufklä-rung des zu untersuchenden Sachverhalts durchzusetzen (vgl. [X.] Ent-scheidung vom 10. Oktober 2006 - [X.]. 19-IVa-06, BayVBl 2007, 171; [X.]/[X.], Komm. z. GG, Art. 44 Rn. 197 - Stand August 2005). 21 [X.]) Entsprechende Befugnisse einer qualifizierten Ausschussminderheit zur Erzwingung der Gegenüberstellung von Zeugen sieht das Untersuchungs-ausschussgesetz hingegen nicht vor. Gemäß § 24 Abs. 2 [X.] ist die Gegenüberstellung zulässig, wenn es für den Untersuchungszweck geboten ist. Dies ist der Fall, wenn ihre [X.] wegen widersprüchlicher Aussagen von Zeugen zur Aufklärung des zu untersuchenden Sachverhalts beitragen kann. Zweck einer Vernehmungsge-genüberstellung im Untersuchungsverfahren ist es, Widersprüche zwischen den Aussagen von Zeugen durch Rede und Gegenrede, Fragen und Vorhalte zu klären. Der [X.] ist aber nicht verpflichtet, eine für den Untersuchungszweck gebotene Gegenüberstellung anzuordnen. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 24 Abs. 2 [X.], der eine solche Gegenüber-stellung lediglich für zulässig erklärt, ohne ihre Durchführung zum Zwecke der Aufklärung allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen zur Pflicht zu machen. Entgegen der Meinung der Antragstellerin kann eine Pflicht des Unter-suchungsausschusses zur Gegenüberstellung nicht daraus abgeleitet werden, dass diese für den Untersuchungszweck geboten und die einzig geeignete Me-thode zur Aufklärung des zu untersuchenden Sachverhalts ist. Wenn der Ge-setzgeber den [X.] in diesem Fall zu einer solchen Ge-genüberstellung hätte verpflichten wollen, hätte er § 24 Abs. 2 [X.] etwa wie folgt formuliert: "Eine Gegenüberstellung mit anderen Zeugen ist durchzuführen, wenn es für den Untersuchungszweck geboten ist." 22 - 14 - Ob eine Gegenüberstellung durchzuführen ist, entscheidet gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 [X.] die Ausschussmehrheit. Deren Entscheidung ist abschlie-ßend. Das [X.]gesetz enthält keine Bestimmung, die der qualifizierten Minderheit von einem Viertel der Mitglieder des [X.] die Befugnis einräumt, gegen den Willen der Ausschussmehrheit die Gegenüber-stellung durchzusetzen oder die Entscheidung der Mehrheit gerichtlich überprü-fen zu lassen. 23 Dem § 24 Abs. 2 [X.] lässt sich derartiges nicht entnehmen; es kann auch nicht aus sonstigen Vorschriften, insbesondere aus § 17 Abs. 2 und Abs. 4 [X.], hergeleitet werden. Diese Vorschriften bestimmen, dass Beweise zu erheben sind, wenn sie von einem Viertel der Mitglieder des [X.] beantragt sind, und diese qualifizierte Minderheit auf gerichtliche Entscheidung antragen kann, wenn die Mehrheit eine Beweiserhebung den-noch ablehnt. Der auf die Durchführung einer Gegenüberstellung gerichtete verfahrensgegenständliche Antrag ist kein Beweisantrag im Sinne dieser Vor-schrift, weil er nicht die Vernehmung der Zeugen [X.]esverteidigungsminister Dr. Frei[X.], Staatssekretär a. [X.] und General a. [X.], die bereits vernommen worden sind, zu einer bestimmten Be-weisbehauptung zum Gegenstand hat. Vielmehr zielt er als Verfahrensantrag auf die nochmalige Durchführung der Vernehmung in der bestimmten Art und Weise der Vernehmungsgegenüberstellung als besonderer Form der Zeugen-vernehmung ab ([X.], BayVBl. 2007, 173, 174; vgl. für den Strafprozess auch [X.], [X.], 6. Aufl. § 58 Rn. 7; [X.], [X.], 53. Aufl. § 58 Rn. 8, 10). 24 Die eindeutige gesetzliche Regelung im [X.]ge-setz, die bei den weniger wichtigen Verfahrensfragen die [X.] Mehr-heitsregel vorschreibt, kann auch nicht durch die undifferenzierte Annahme [X.] - 15 - ner "maßgeblichen Geltungsmacht" der Minderheit im [X.] unterlaufen werden (vgl. [X.], BayVBl. 2007, 173, 174). Zwar ist der Mitge-staltungsanspruch der qualifizierten Minderheit grundsätzlich dem der Ausschussmehrheit vom Gewicht her gleich zu erachten (vgl. [X.], Urteil vom 8. April 2002 - 2 [X.], [X.]E 105, 197, 222; Glauben/[X.], aaO, § 27 Rn. 5). Jedoch ist es grundsätzlich Sache des einfach-rechtlichen Gesetz-gebers, wie er diesen - verfassungsrechtlich in Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG veran-kerten - Anspruch für das Verfahren vor den Untersuchungsausschüssen im Einzelnen ausformt und mit dem an sich auch für die Arbeit dieser Ausschüsse zu respektierenden [X.]n Grundprinzip der Mehrheitsentscheidung zum Ausgleich bringt. Die hierzu erforderliche Grenzziehung hat der [X.] mit den dargestellten differenzierten Regelungen des [X.]gesetzes zu den Gestaltungs- und Rechtsschutzmöglichkeiten qualifi-zierter Minderheiten im Beweiserhebungsverfahren eines [X.]es vorgenommen. Wenn es der qualifizierten Minderheit der Mitglieder des [X.] danach verwehrt ist, die Gegenüberstellung von Zeugen durch einen entsprechenden Antrag zu erzwingen und gegebenenfalls auch gerichtlich durchzusetzen, so haben die an das Gesetz gebundenen Gerichte (Art. 20 Abs. 3 GG) dies grundsätzlich zu respektieren. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Gesetzgeber dadurch, dass er in diesem Punkt der Ausschussmehrheit die gerichtlich nicht überprüf-bare alleinige Entscheidungskompetenz zugesprochen hat, die [X.] in einer Weise beschränkt hätte, die mit den aus Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG abzuleitenden verfassungsrechtlichen Ge-währleistungen nicht mehr in Einklang stünde. Nur in diesem Fall wäre der Se-nat als Fachgericht berufen zu prüfen, ob nicht unter Beachtung der verfas-sungsrechtlichen Prinzipien doch eine Auslegung des [X.]gesetzes entgegen seinem Wortlaut in Betracht käme, die der [X.] - 16 - ten Ausschussminderheit insoweit eigene Gestaltungsrechte und [X.] einräumt; wäre eine derartige verfassungskonforme Aus-legung nicht möglich, so wäre die Sache dagegen dem [X.]esverfassungsge-richt vorzulegen, damit dieses über die Vereinbarkeit von § 24 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 4 [X.] entscheidet (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG). Der [X.] hält indes § 24 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 4 Satz 1 [X.] mit Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG für vereinbar. Hierzu gilt: Die Bestimmungen des [X.]gesetzes zu den Rech-ten der Ausschussminderheit bleiben in ihrer Gesamtheit nicht hinter dem ver-fassungsrechtlich zu gewährleistenden Minderheitenschutz zurück (vgl. Glau-ben/[X.], aaO, § 27 Rn. 22 f.). Sie enthalten einen angemessenen Aus-gleich zwischen dem notwendigen Minderheitenschutz einerseits und dem in der Demokratie grundsätzlich geltenden Mehrheitsprinzip andererseits (vgl. [X.]/[X.] in: Mangoldt/[X.]/Starck, [X.], Art. 44 Rn. 157 ff.). Sie gewährleisten, dass sowohl die Mehrheit als auch die Minderheit des [X.] ihre Vorstellungen von einer sachgemäßen Aufklärung des zu untersuchenden Sachverhalts in angemessener Weise durchsetzen kann. Ein weitergehender Schutz der qualifizierten Ausschussminderheit dadurch, dass ihr über die ausdrücklich im [X.]gesetz geregelten Gestaltungsbefugnisse und Antragsrechte auf gerichtliche Entscheidung hinaus weitere zugestanden werden, ist daher verfassungsrechtlich nicht geboten. Ein allgemeiner Grundsatz, dass der Minderheit im Untersuchungsverfahren - wie die Antragstellerin meint - umfassend die "maßgebliche Geltungsmacht" [X.] wäre, existiert nicht. Vielmehr bestehen Minderheitenrechte als Aus-nahmen von der in der parlamentarischen Demokratie geltenden Regel der Mehrheitsentscheidung auch im Untersuchungsverfahren nur insoweit, als sie sich zwingend aus der Verfassung - oder den diese konkretisierenden [X.] - 17 - gesetzlichen Regelungen - ergeben (Glauben/[X.], aaO, § 27 Rn. 2 mwN; [X.], BayVBl. 2007, 173, 174). 28 Die fehlende Berechtigung der qualifizierten Minderheit, bei der Ableh-nung einer Vernehmungsgegenüberstellung den [X.] anrufen zu können, steht vor diesem Hintergrund in Einklang mit dem Sinn und Zweck des parlamentarischen Untersuchungsverfahrens. In diesem geht es um die Aufklä-rung eines Sachverhalts unter politischen Gesichtspunkten, die möglichst zeit-nah und zügig geschehen soll. Bei der Beurteilung, ob wegen Widersprüchen in den Aussagen von Zeugen eine Gegenüberstellung zulässig und zweckmäßig ist, sind die politischen Bewertungen der Zeugenaussagen von [X.] Bedeutung. Diese ist Aufgabe der Mitglieder des [X.]es und nicht der Gerichte, die nur über Rechtsfragen, nicht dagegen über politische Bewertungen zu entscheiden haben. Durch die Ablehnung einer Vernehmungsgegenüberstellung wird das Recht der Ausschussminderheit auf angemessene Beteiligung an der Sachauf-klärung nicht in so gravierender Weise eingeschränkt, dass die Möglichkeit [X.] gerichtlichen Überprüfung aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend erforderlich wäre; denn der Ausschussminderheit bleiben ausreichende [X.] Möglichkeiten, auf sich widersprechende Zeugenaussagen zu reagieren. So kann sie einem Zeugen regelmäßig die gegenteilige Aussage eines anderen Zeugen vorhalten. Entsprechend wurde im vorliegenden Fall der [X.]esvertei-digungsminister Dr. Frei[X.] mit den Aussagen der Zeugen Staatssekretär a. [X.] und General a. [X.] konfrontiert. Außerdem stehen die sich widersprechenden Zeugenaussagen für die politi-sche Bewertung zur Verfügung, sodass die Ablehnung einer Gegenüberstellung im Vergleich zu einer abgelehnten Zeugenvernehmung die Interessen der [X.] nur in geringem Umfang beeinträchtigt. Weiterhin hat die [X.] - 18 - lifizierte Ausschussminderheit des [X.]es die Möglichkeit, durch Presseerklärungen auf Widersprüche in Zeugenaussagen hinzuweisen, um eine Berichterstattung in den Medien zu ereichen. Sie kann zudem die [X.], mit der eine Gegenüberstellung abgelehnt worden ist, der interes-sierten Öffentlichkeit zugänglich machen, die sich selbst ein Bild von der [X.] verschaffen kann. Weiterhin kann sie ein Sondervotum (§ 33 Abs. 1 und 2 [X.]) zum Abschlussbericht des [X.] erstellen und sich in diesem zu den Widersprüchen in den Zeugenaussagen äußern. Weitergehende Befugnisse sind aus verfassungs-rechtlichen Gründen nicht zwingend geboten. 3. Eine Kosten- und Auslagenentscheidung ist nicht veranlasst. [X.] der Gerichtskosten ist ein Gebührentatbestand nicht ersichtlich, zudem wä-re der [X.] von der Bezahlung dieser Gebühren befreit. Auch für die Überbür-dung der Kosten der an dem Verfahren Beteiligten fehlt es an einer Rechts-grundlage (vgl. zudem § 35 Abs. 1 [X.]). Einer entsprechenden Anwendung der VwGO (vgl. hierzu [X.], [X.]uss vom 18. Juli 2006 - 3 ARs 27/06 und [X.]uss vom 17. Februar 2009 - 3 ARs 24/08) steht im vorliegenden Fall ent-gegen, dass sich der [X.] und eine Minderheit seiner [X.] als Beteiligte gegenüberstehen. Die Übertragung der Regelungen der 30 - 19 - §§ 154 ff. VwGO erscheint in dieser einem Organstreit ähnlichen Konstellation grundsätzlich nicht sach- und [X.] (vgl. auch § 34a Abs. 3 [X.]G). [X.]Pfister

von [X.]Hubert

Mayer

Meta

3 ARs 23/10

17.08.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2010, Az. 3 ARs 23/10 (REWIS RS 2010, 4030)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4030

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 ARs 23/10

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