Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2009, Az. 1 BGs 29/09

Ermittlungsrichter | REWIS RS 2009, 4647

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[X.] Ermittlungsrichter I [X.] [X.] 29/2009 In dem Verfahren der Mitglieder des [X.] der 16. Wahlperiode des [X.] 1. Dr. S., 2. Prof. Dr. P. und 3. S. Platz der [X.], 11011 [X.] - Antragsteller zu 1 bis 3 - gegen den [X.] der 16. Wahlperiode des [X.], Platz der [X.], 11011 [X.] - Antragsgegner - Verfahrensbevollmächtigter: Prof. Dr. W. - 2 - erlässt der Ermittlungsrichter I beim [X.] am 10. März 2009 folgenden [X.]: Die Anträge vom 30. Januar 2009 werden zurückgewiesen. Gründe: [X.] 1 Die Begehren der Antragsteller richten sich gegen die Ablehnung eines im [X.] der 16. Wahlperiode des [X.] gestell-ten Antrags auf Vernehmung einer Journalistin als Zeugin. 2 1. Der [X.] der 16. Wahlperiode des [X.] wurde am 7. April 2006 eingesetzt, um unter anderem zu klären, —wer wann [bezüglich der im Bericht vom 26. Mai 2006 des Sachverständigen Dr. [X.]unter-suchten Sachverhalte] innerhalb des [X.] und der Leitungsebene des [X.] – Kenntnis davon hatte, dass der [X.] Journalisten überwacht und ausgeforscht hat bzw. überwachen und ausfor-schen ließfi ([X.] der [X.]. 16/3191 und 16/3028), und ferner zu klären, —wie si-chergestellt ist bzw. wird, dass künftig eine Wiederholung von rechtswidrigen Über-wachungen von Journalisten – durch den [X.] ausgeschlossen istfi ( a.a.O V[X.] 3.). 3 Mit Schreiben vom 21. Januar 2009 beantragte der Abgeordnete [X.] als Mitglied der [X.] des [X.]es zu beschließen: —Es wird Beweis erhoben – insbesondere zu Punkt V. und V[X.] des [X.], durch Vernehmung von [X.] als Zeugin. - 3 - Begründung: Die –.-Journalistin [X.]soll, wie im Frühjahr 2008 bekannt wurde, bereits 2006 sechs Monate lang vom [X.] ausgespäht worden sein. Ihr Mailverkehr mit dem afghanischen [X.] soll mitgelesen und abgespeichert worden sein. Die Vernehmung der Zeugin kann zur Erfüllung des [X.] beitragen, da sie beispielsweise darüber Aufschluss geben kann, wie es um die interne Kontrolle des [X.] bestellt ist.fi 4 Zu dem als Drucksache ([X.].) 635 erfassten Antrag unterbreitete das Sekre-tariat des [X.] am 29. Januar 2009 einen —[X.], der die Ablehnung als unzulässig vorsah, weil die Vernehmung der Zeugin vom Untersuchungsauftrag nicht gedeckt sei. In der 114. Sitzung des [X.] vom 29. Januar 2009 lehnte die Mehrheit —mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Oppositionfi den Antrag ab (in Abwesenheit der [X.] zu 2 und 3, bei Anwesenheit eines [X.] der [X.]; vgl. die [X.] und S. 7 des Protokolls der 114. Ausschusssitzung). Begründet wurde die Ablehnung mit der Unzulässigkeit des Beweisantrags, die sich (insbesondere) daraus ergebe, dass die Vernehmung der Zeugin nicht vom Untersuchungsauftrag gedeckt sei. 5 2. Die Antragsteller sind ist der Ansicht, der vom [X.] [X.]gestellte Antrag stelle einen zulässigen Beweisantrag dar, der von der Ausschussmehrheit nicht abgelehnt werden durfte. Zwar umfasse der Untersuchungsauftrag des Sach-verständigen Dr. [X.] lediglich den Zeitraum bis zum 26. Mai 2006, auch habe das [X.] mit Erlass vom 15. Mai 2006 klargestellt, dass künftig keine ope-rativen Maßnahmen mehr gegen Journalisten als Zielpersonen durchgeführt werden. Gleichwohl sei aber der Mailverkehr der Zeugin [X.]von Juni bis November 2006 mitgelesen und gespeichert worden und dies, obwohl der damalige Präsident des [X.] erklärt habe, dass —derzeit [Journalisten] in keinem Falle observiert oder sonst ausgeforschtfi würden. Der Antrag ziele darauf festzustellen, ob es sich hierbei um eine Wiederholung bzw. Fortsetzung der gemäß dem Untersuchungsauftrag Ziffer V. aufzuklärenden Geschehnisse gehandelt habe, sowie gemäß Ziffer V[X.]3. des [X.] zu klären, welche Maßnahmen —zur Vermeidung einer [X.] notwendig seien. Der Beweisantrag sei auch im Übrigen zulässig, [X.] 4 - besondere bestehe ein hinreichender Inlandsbezug; ferner sei die Zeugin ein geeig-netes Beweismittel, zumal Ziffer V[X.]3. des Untersuchungsauftrags auf das künftige Verhalten den [X.] abstelle. Die Ausschussmitglieder der Fraktionen von [X.]/[X.] und die [X.] hätten zudem die Absicht gehabt, dem Antrag bei-zutreten; hierzu habe aber keine Möglichkeit bestanden, —da der Antrag bereits von vornherein von der Mehrheit als unzulässig abgewiesen worden warfi. 6 Die Antragsteller beantragen festzustellen: 1. Der Antrag der [X.] im [X.] auf [X.] ist nicht unzulässig und hätte in der 114. Sitzung des [X.] der 16. Wahlperio-de des [X.] am [X.] durch die [X.] nicht als unzulässig abgewiesen werden dürfen, und 2. der Ausschuss ist verpflichtet, die beantragte Zeugin zu laden. Hilfsweise: Der Antrag der [X.] im [X.] auf Aus-schuss-Drucksache 635 ist nicht unzulässig und der 1. Untersuchungs-ausschuss der 16. Wahlperiode des [X.] wird ver-pflichtet, unverzüglich eine Beschlussfassung in der Sache zum Antrag auf [X.] nachzuholen. 7 Der Antragsgegner ist der Ansicht, das vorliegende Antragsverfahren sei be-reits unzulässig, da die Antragsteller nicht postulationsfähig seien, zudem fehle es an der Zuständigkeit des [X.] beim [X.], da dieser nicht [X.] wie von den Antragstellern begehrt [X.] zu einer Entscheidung über die Grenzen des Untersuchungsauftrags bzw. dessen Ausdehnung berufen sei. Eine Verletzung der Minderheitenrechte im Ausschuss sei nicht ersichtlich, da der Beweisantrag lediglich von einem Mitglied des Ausschusses gestellt und damit das notwendige Quorum von einem Viertel der Ausschussmitglieder nicht erreicht worden sei. Ferner ist der An-tragsgegner [X.] unter anderem [X.] der Ansicht, dass der Beweisantrag jedenfalls unbe-- 5 - gründet sei, da er weder zeitlich noch sachlich vom Untersuchungsauftrag gedeckt sei; auch könne die beantragte Zeugenvernehmung —keinerlei Aufklärung im Sinne des Untersuchungsauftragsfi bieten, weshalb das Beweismittel ungeeignet sei. 8 Der Antragsgegner beantragt, die Anträge als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet [X.]. 9 3. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insbesondere auf die Antragsschrift vom 30. Januar 2009 und die Erwiderung des Vertreters des Antragsgegners vom 20. Februar 2009 Bezug genommen. I[X.] 10 Die Anträge haben keinen Erfolg. 11 1. Nach § 17 Abs. 2 des [X.]gesetzes ([X.]) ist auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses ein Beweis zu erheben, wenn dies von (mindestens) einem Viertel der Mitglieder des [X.]es beantragt wurde und weder die Beweiserhebung unzulässig noch das Beweismittel unerreichbar ist. Lehnt der [X.] die Beweiserhebung ab, kann (mindestens) ein Viertel der Mitglieder des [X.]es den Ermitt-lungsrichter beim [X.] anrufen, der dann hierüber entscheidet (§ 17 Abs. 4 [X.]). Beschlüsse des [X.]es werden mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst (§ 9 Abs. 4 Satz 1 [X.]). 12 Auf dieser Grundlage steht das [X.] zwar jedem Mitglied des [X.]es zu (vgl. auch [X.]. 14/2363 S. 13; Glauben/[X.], Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in [X.] und Ländern, 2005, § 16 Rdn. 2). Ein qualifiziertes Antragsrecht hat indes lediglich die Minderheit von (mindestens) einem Viertel der Ausschussmitglieder. Nur bei deren Beweisan-trägen muss die Mehrheit des Ausschusses zustimmen, sofern nicht einer der im - 6 - Gesetz aufgeführten Ablehnungsgründe vorliegt ([X.]. 14/2363 S. 13 f.; 14/5790 S. 17). 13 Bereits hieraus ergibt sich, dass es in Fällen, in denen der Beweisantrag nicht von (mindestens) einem Viertel der Ausschussmitglieder gestellt wurde, zwar der Ablehnung durch die Mehrheit des Ausschusses bedarf ([X.]. 14/2363 S. 14), dass dabei jedoch keine Bindung an die in § 17 Abs. 2 [X.] genannten Ableh-nungsgründe besteht. Vielmehr darf ein solcher Antrag aus jedem (nicht willkürli-chen) Grund abgelehnt werden, also beispielsweise auch wegen [X.] aus Sicht der Ausschussmehrheit [X.] fehlenden Aufklärungsbedürfnisses (anderer Ansicht ersichtlich Glauben/[X.] a.a.O. § 16 Rdn. 10); dagegen findet § 244 Abs. 3 bis 5 StPO in diesen Fällen - trotz Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG - keine (entsprechende) Anwendung. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut von § 17 Abs. 2 [X.], wonach Beweise (nur) unter den dort genannten Voraussetzungen zu erheben —sindfi, sondern auch aus dem Sinn und Zweck der (insbesondere) in § 17 [X.] getroffenen Regelun-gen. Das qualifizierte [X.] entwickelt nämlich das qualifizierte [X.] für die Einsetzung eines [X.]es fort ([X.]. 14/2363 S. 13; vgl. ferner [X.] 105, 197, 225; [X.], einstweilige Anordnung vom 15. Juni 2005 [X.] 2 BvQ 18/05 [Rdn. 31]), dient mithin dem Schutz der Rechte und den Aufklärungsinteressen dieser qualifizierten Minderheit [X.] in Maunz/[X.], Grundgesetz Kommentar, Art. 44 Rdn. 197, 200; [X.]/[X.] in v. Man-goldt/[X.]/[X.], Kommentar zum Grundgesetz, Art. 44 Rdn. 165 f., 172; Wie-felspütz, Das [X.]gesetz, 2003, [X.] ff.). Lediglich wenn sich eine solche Minderheit schon bei der Stellung eines Beweisantrags zusammenfindet, ist die Möglichkeit zur Ablehnung solcher Anträge durch die Ausschussmehrheit in § 17 Abs. 2 [X.] eingeschränkt. Wie bei der Einsetzung eines Untersuchungsaus-schusses (Art. 44 Abs. 1 Satz 1 GG) besteht mithin auch bezüglich der Ablehnung von Beweisanträgen der besondere —Schutzfi des § 17 Abs. 2, 4 [X.] nur dann, wenn der Antrag von einer qualifizierten Minderheit gestellt wurde und der Schutz von einer solchen begehrt wird (vgl. [X.] 105, 197, 221 ff.; [X.], [X.] vor dem [X.], [X.], 2004, [X.], 82). - 7 - 14 2. Auf dieser Grundlage erfolgte die Ablehnung des Beweisantrags [X.]. 635 durch die Ausschussmehrheit ohne Gesetzesverstoß; deshalb haben die Haupt- oder Hilfsanträgen keinen Erfolg. Der Beweisantrag wurde [X.] wie die Antragsteller selbst vortragen und das Sitzungsprotokoll bestätigt [X.] weder von (mindestens) einem [X.] der Ausschussmitglieder gestellt noch (etwa durch einen —[X.] vor der Ent-scheidung) von einer solchen qualifizierten Minderheit unterstützt. Soweit die [X.] sich im Schreiben vom 5. März 2009 darauf berufen, es habe keine Mög-lichkeit bestanden, dem Antrag beizutreten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, wodurch ihnen [X.] abgesehen von ihrer Abwesenheit [X.] die Mitwirkung an der [X.] verwehrt wurde. Dass der Antrag nicht [X.] wie von ihnen vorgetragen [X.] —bereits von vornherein von der Mehrheit als unzulässig abgewiesen worden warfi, ergibt sich aus dem Protokoll der 114. Ausschusssitzung. II[X.] 15 Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. 16 Ein Gebührentatbestand bezüglich der Gerichtskosten ist weder im [X.] noch in oder für die hier sinngemäß anzuwendende Straf-prozessordnung (Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG) gegeben; zudem würden solche Gebüh-ren nicht erhoben (§ 2 GKG). Auch für die Überbürdung der Kosten und Auslagen des Antragsgegners mangelt es an einer Rechtsgrundlage (vgl. zudem § 35 [X.]). IV. Rechtsmittelbelehrung 17 Gegen diesen Beschluss können die Antragsteller Beschwerde einlegen (§ 36 Abs. 3 [X.]). Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll bei dem Gericht - 8 - einzureichen, das die angegriffene Entscheidung erlassen hat, also beim Ermittlungs-richter des [X.]s. Sie ist an keine Frist gebunden. Auch besteht für die Einlegung der Beschwerde sowie ihre Begründung kein —[X.], [X.] können das Rechtsmittel also auch durch ein selbst verfasstes Schrei-ben einlegen und begründen. Dr. Mutzbauer [X.] am [X.]

Meta

1 BGs 29/09

10.03.2009

Bundesgerichtshof Ermittlungsrichter

Sachgebiet: BGs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2009, Az. 1 BGs 29/09 (REWIS RS 2009, 4647)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4647

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