Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.04.2016, Az. 27 W (pat) 41/13

27. Senat | REWIS RS 2016, 13481

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren - "Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung des Löschungs-Beschwerdeverfahrens" – fehlende Aussicht auf Erfolg - keine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe – bösgläubige Markenanmeldung


Tenor

In dem Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren

betreffend die Marke …

hier: Verfahrenskostenhilfe

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 6. April 2016 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] [X.] und [X.] am Landgericht Dr. Söchtig

beschlossen:

Der Antrag der [X.] auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren wird gerichtsgebührenfrei ohne Erstattung außergerichtlicher Auslagen zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Mit Eingabe vom 15. Februar 2012 hat die Antragsgegnerin Antrag auf Löschung der Wort-/Bildmarke

2

3

gestellt, die am 27. November 2011 für die Waren

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Klasse 25: Textilien, nämlich Bekleidungsstücke; Lingerie ([X.]), Dessous, BH´s, Pantys, [X.], Bodys

5

in das Markenregister eingetragen worden war.

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Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, die Marke sei [X.] als Sperrmarke angemeldet worden, um die Antragsgegnerin (Löschungsantragsstellerin) und deren Besitzstand zu schädigen (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.]).

7

Das [X.], Markenabteilung 3.4, hat mit Beschluss vom 6. März 2013 die Marke antragsgemäß gelöscht. Zur Begründung ist ausgeführt: Die [X.] habe die angegriffene Marke am 26. Dezember 2010 auf eigenen Namen angemeldet, aber schon keinen eigenen Benutzungswillen bei Anmeldung dargelegt. Auch derjenige, der zwar eine eigene Benutzungsabsicht habe, die angemeldete Marke aber im Wesentlichen zur Behinderung der Tätigkeit eines anderen einsetzen wolle, handele [X.]. Hierfür spreche, dass die [X.] zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens noch für die Löschungsantragsstellerin tätig gewesen sei, die Marke aber ohne ersichtlichen Grund in eigenem Namen angemeldet habe, obwohl die Löschungsantragstellerin nach dem eigenen Vortrag der [X.] auf eine „Eigenmarke“ gedrängt, die angegriffene Marke auf ihrer Homepage angekündigt und darüber in einem Businessplan informiert habe. Der behauptete [X.] vom 3. Januar 2011 sei in seiner Echtheit fragwürdig, zumal die [X.] in ihrem Schreiben vom 7. Dezember 2011 die weitere Verwendung der Marke verböte, ohne sich auf den Lizenzvertrag zu beziehen und ohne danach vermeintlich geltende Kündigungsfristen einzuhalten.

8

Auch die zeitliche Nähe zwischen der Planung zur Investition in die Eigenmarke der Löschungsantragsstellerin (November 2010), der Anmeldung durch die [X.] (Dezember 2010), der Berichterstattung über die Einführung der Marke (April 2011), der Beendigung der Zusammenarbeit zwischen den Parteien (November 2011) und schließlich der Geltendmachung des angegriffenen Zeichens am 7. Dezember 2011 spreche für eine Behinderungsabsicht.

9

Gegen diesen Beschluss wendet sich die [X.] mit ihrem Rechtsmittel vom 26. Mai 2013. Zur Begründung trägt sie vor, ihr Ehemann sei Urheber des Logos, was der Gegenseite bewußt sei, weshalb ihr Ehemann auch Strafanzeige erstattet habe.

Die [X.] und hiesige Antragstellerin beantragt,

ihr Verfahrenskostenhilfe für das beabsichtigte Beschwerdeverfahren zu bewilligen.

Die Löschungsantragstellerin und hiesige Antragsgegnerin beantragt,

dem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht stattzugeben.

Sie verteidigt den anzufechtenden Beschluss.

II

Der [X.] ist statthaft, er ist jedoch zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Beschwerde der Antragstellerin ohne Erfolgsaussicht ist, §§ 82 Abs. 2 S. 1 [X.] i. V. m. § 114 S. 1 ZPO. Es kann daher dahinstehen, ob die Antragstellerin aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausserstande ist, die Verfahrenskosten aufzubringen.

Das [X.], Markenabteilung 3.4, hat in dem mit der beabsichtigten Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 6. April 2013 überzeugend die Löschung der streitbefangenen Marke angeordnet.

Die Eintragung einer Marke wird nach § 50 Abs. 1 [X.] auf Antrag wegen Nichtigkeit unter anderem dann gelöscht, wenn sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] böswillig angemeldet worden ist.

Es ist der Zeitpunkt der Markenanmeldung für die Beurteilung der Böswilligkeit maßgeblich, was eine Berücksichtigung des Verhaltens des Anmelders vor und nach der Markenanmeldung nicht ausschliesst. Aus diesem Verhalten können sich Anhaltspunkte für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht ergeben (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 848)

Nach der Rechtsprechung ist von der Böswilligkeit des Anmelders im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt. Das [X.] knüpft an die unter der Geltung des [X.] ergangene Rechtsprechung zum außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch aus § 1 UWG aF oder § 826 BGB an. Die dazu entwickelten Grundsätze sind auch zur Beurteilung der Bösgläubigkeit des Anmelders unter Geltung des § 50 Abs. 1 Nr. 4 [X.] aF heranzuziehen ([X.], Beschluss vom 30. Oktober 2003 - [X.], [X.], 510, 511 = [X.], 766 - [X.]; [X.], [X.], 780 Rn. 11 - [X.]; [X.], Beschluss vom 24. Juni 2010 - [X.], [X.], 1034 Rn. 13 = [X.], 1399 - [X.]). Eine böswillige Markenanmeldung kommt danach in Betracht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der [X.] in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder dass der [X.] die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzt (vgl. [X.], [X.], 780 Rn. 13 - [X.]; [X.], 1034 Rn. 13 - [X.]; [X.], Beschluss vom 27. Oktober 2011 - I ZB 23/11, [X.], 429 Rn. 10 = [X.], 555 - [X.]; zu § 4 Nr. 10 UWG vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 10. Januar 2008 - I ZR 38/05, [X.], 621 Rn. 21 = [X.], 785 - [X.]; Urteil vom 26. Juni 2008 - I ZR 190/05, [X.], 917 Rn. 20 = [X.], 1319 - [X.]; zu Art. 51 Abs. 1 Buchst. b [X.] vgl. [X.], [X.], 763 Rn. 53 - [X.]). Als [X.] kann danach eine Markenanmeldung zu beurteilen sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen (vgl. [X.], [X.], 763 Rn. 44 - [X.]; [X.], Urteil vom 23. November 2000 - I ZR 93/98, [X.], 242, 244 = [X.], 160 - Classe E; [X.], [X.], 429 Rn. 10 - [X.]).

Ein Verhalten ist erst dann als böswillig im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] anzusehen, wenn seine Wirkungen über eine als bloße Folge des [X.] hinausgehen und es bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen [X.] gerichtet ist (vgl. [X.], Urteil vom 20. Januar 2005 - I ZR 29/02, [X.], 581, 582 = [X.], 881 - [X.]; Urteil vom 11. Januar 2007 - I ZR 96/04, [X.], 800 Rn. 23 = [X.], 951 - Außendienstmitarbeiter; [X.], [X.], 621 Rn. 32 - [X.]).

Die [X.] war im Zeitraum Oktober 2010 bis November 2011 unstreitig Produktmanagerin der Antragsgegnerin, ihr Ehemann in diesem Zeitraum deren Geschäftsführer. Bereits im Oktober 2010 strebte die Antragsgegnerin die Entwicklung einer Eigenmarke an. Im November 2010 wurde gemeinsam das Logo mit dem Namen „...“ festgelegt, welches nach dem Vortrag der Antragstellerin auf ein älteres Konzept ihres Ehemannes zurückgegangen sei. Dies ergibt sich auch aus der [X.] vom 28. Dezember 2010 ([X.]. [X.]), wonach dieser Markenauftritt ursprünglich für ein anderes Unternehmen vorkonzipiert gewesen sei.

Nachdem Ende November 2011 die Antragstellerin und ihr Ehemann ihre Tätigkeit bei der Antragsgegnerin eingestellt hatten, forderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 die Löschungsantragstellerin auf, die weitere Verwendung der Bezeichnung „...“ zu unterlassen.

Im Löschungsverfahren wurde ein Linzenzvertrag vom 3. Januar 2011 vorgelegt, den die Antragstellerin mit der durch ihren Ehemann vertretenen Antragsgegnerin geschlossen haben soll.

Die Markenanmeldung vom 26. Dezember 2010 erweist sich bereits aufgrund des unstreitigen Geschehens als [X.], wie auch die Markenabteilung zutreffend dargelegt hat.

Die Antragstellerin weist selbst darauf hin, die Antragsgegnerin habe eine Eigenmarke angestrebt. Wenn sie sich darauf in Absprache mit ihrem Geschäftsführer eines Konzeptes bedient, welches dieser bereits vorkonzipiert hatte, ergibt sich ohne ausdrückliche gegenteilige Verabredungen zwanglos, dass das Konzept nun für die Antragsgegnerin umgesetzt werden soll. Wie diese detailliert ausführt, ist sie genau hiervon ausgegangen und erwartete im geplanten weiteren Vorgehen die Anmeldung des Zeichens für sich selbst. Die Antragstellerin hat dies im Amtsverfahren für 'nicht nachvollziehbar' (Schriftsatz 18. August 2012, [X.]. 31 d. AmtsA) gehalten und damit mit Nichtwissen und nicht ausreichend in Abrede gestellt. Den behaupteten und als nachträglich erstellt bestrittenen Lizenzvertrag hat die Antragstellerin auch im [X.] nicht mit ausreichend Substanz versehen. Es ist nicht vorgetragen, wann und warum diese von der ursprünglichen Idee einer Eigenmarke abweichende Einigung zwischen den angeblichen Vertragsparteien getroffen worden sein soll. Es fehlt jegliche Substanz dazu, dass der angebliche Vertrag in der Folgezeit mit Leben ausgefüllt worden wäre. Auf die mangelnde Erwähnung im [X.] vom 7. Dezember 2012 ([X.]. 21 d. AmtsA.) und die fehlende Plausibilität angesichts der zeitlichen Entwicklung hat bereits die Markenabteilung zutreffend verwiesen.

Die Bewertung der Markenanmeldung als [X.] erweist sich daher auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der beabsichtigten Beschwerde als zutreffend, weshalb diese ohne die erforderliche Erfolgsaussicht ist. Verfahrenskostenhilfe konnte daher nicht bewilligt werden.

Meta

27 W (pat) 41/13

06.04.2016

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 114 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.04.2016, Az. 27 W (pat) 41/13 (REWIS RS 2016, 13481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13481

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZB 40/09

I ZB 23/11

I ZR 38/05

I ZR 190/05

I ZR 93/98

I ZR 29/02

I ZR 96/04

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