Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.11.2017, Az. 25 W (pat) 114/14

25. Senat | REWIS RS 2017, 2624

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "KÖ BOGEN ZUKUNFT FÜR DÜSSELDORF (Wort-Bild-Marke)" – keine bösgläubige Markenanmeldung - markenrechtliches Löschungsverfahren dient nicht dem Schutz von Urheberrechten


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 075 160

(hier: Löschungsverfahren [X.]/13)

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 9. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Löschungsantragstellerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.]ie am 23. [X.]ezember 2010 angemeldete Wort-Bildgestaltung

Abbildung

2

ist am 14. Juni 2011 für die [X.]ienstleistungen der

3

Klasse 36:

4

Immobilienwesen; Gebäudeverwaltung; Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von Gewerbeflächen und Büroräumen; Verwaltung, Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien, nämlich von Cafés, Restaurants, Bars, Weinlokalen und anderen gastronomischen Betrieben; Vermittlung und Vermietung von Wohnräumen;

5

Klasse 37:

6

Bauwesen; Errichtung von Bauten, Straßen, Brücken, [X.]ämmen und Verlegen von Leitungen sowie deren Instandhaltung;

7

Klasse 41:

8

Unterhaltung; Organisation und [X.]urchführung von Sport- und Kulturveranstaltungen;

9

Klasse 42:

[X.]planung und -entwicklung; Planung und technische Vorbereitung von Bauprojekten; [X.]ienstleistungen des Architektur- und Bauingenieurwesens; Verkehrsplanung;

Klasse 43:

[X.]ienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen;

Klasse 44:

[X.]ienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- und Forstwirtschaft, insbesondere [X.]ienstleistungen eines Gartenbauarchitekten, [X.], Gartenarbeiten

unter der Nummer 30 2010 075 160 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister eingetragen worden.

Mit Löschungsantrag vom 9. April 2013, der am 10. April 2013 beim [X.] eingegangen ist, hat die Antragstellerin die Löschung der Marke gemäß § 50 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 8 [X.] beantragt und mit der Bösgläubigkeit der Anmelderin bei der Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] begründet. Zur Begründung der Bösgläubigkeit hat die Antragstellerin ausgeführt, der die angegriffene Wort-/Bildmarke prägende Bestandteil [X.]-BOGEN sei im Jahr 2003 von dem geschäftsführenden Gesellschafter der Antragstellerin entwickelt worden. [X.]ie markenrechtlichen Aktivitäten der Markeninhaberin seien nur dahingehend motiviert gewesen, die Antragstellerin davon abzuhalten, ihr zustehende Rechte an der Bezeichnung [X.]-BOGEN gegenüber der Markeninhaberin geltend zu machen.

[X.]ie Inhaberin der angegriffenen Marke hat dem Löschungsantrag, der ihr am 7. Mai 2013 zugestellt worden ist, mit Schriftsatz vom 4. Juli 2013, vorab per Telefax eingegangen am selben Tag beim [X.], widersprochen.

Mit Beschluss vom 8. August 2014 hat die Markenabteilung 3.4 des [X.]s den Löschungsantrag ohne Kosten aufzuerlegen zurückgewiesen.

Zur Begründung ist ausgeführt, es fehle bereits ein schlüssiger Vortrag der Antragstellerin zur Bösgläubigkeit der Anmeldung. Soweit die Antragstellerin umfangreich zu einem ihr zustehenden und mit der Markeninhaberin verhandelten "Kompensationsgeschäft", zu dem es letztlich nicht gekommen sei, vortrage, ergäben sich daraus keinerlei Anhaltspunkte und schon gar keine Belege dafür, dass die beschwerdegegenständliche Marke am 23. [X.]ezember 2010 [X.] angemeldet worden sei.

Jegliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Bösgläubigkeit der Markeninhaberin im Zeitpunkt der Anmeldung der verfahrensgegenständlichen Marke fehlten, so dass der Löschungsantrag ohne Kostenauferlegung zurückzuweisen gewesen sei.

Gegen den ihr am 1. September 2014 zugestellten Beschluss der Markenabteilung hat die Löschungsantragstellerin am 30. September 2014 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr durch Erteilung eines gültigen [X.] Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung führt sie aus, die angegriffene Marke sei allein in der Absicht angemeldet worden, die Antragstellerin von Rechten an der Bezeichnung "[X.]-BOGEN" auszuschließen. [X.]enn die unstreitig von dem geschäftsführenden Gesellschafter der Löschungsantragstellerin entwickelte Bezeichnung "[X.]" für das Bauprojekt "[X.] und [X.]" sollte ausschließlich für dieses aktuelle Prestigeobjekt verwendet werden. [X.]ie Bezeichnung sollte nicht bei anderen Projekten zum Einsatz kommen und erst recht nicht bundesweit als Marke eingesetzt werden. [X.]ie Benutzung der Bezeichnung als Marke mache für die Markeninhaberin als juristische Person des öffentlichen Rechts keinen Sinn, denn die Markeninhaberin würde die beanspruchten [X.]ienstleistungen gar nicht – und schon gar nicht bundesweit – anbieten. [X.]aher habe zum Zeitpunkt der Anmeldung keine [X.] der Markeninhaberin vorgelegen. Sofern die Markeninhaberin [X.]ienstleistungen der beanspruchten Art für [X.]ritte anbieten wollte, träte sie in den Wettbewerb mit privaten Anbietern ein, was den strengen Anforderungen der Gemeindeordnung bezüglich einer privat-rechtlichen Betätigung unterliege. [X.]iese Aspekte habe die Markenabteilung nicht berücksichtigt. Soweit die Markeninhaberin zur beabsichtigten Benutzung der Marke vortrage, mache sie Umstände geltend, die erst nach der Anmeldung der angegriffenen Marke entstanden seien. [X.]ie von der Markeninhaberin hierzu vorgelegten Zeitungsberichte über Veranstaltungen und ähnliche Aktivitäten seien ohne Aussagekraft. [X.]ie [X.] sei ein auf die Zukunft gerichtetes Element, so dass eine ex-post Betrachtung hier unzulässig sei. [X.]as Fehlen der [X.] könne als bewiesen angesehen werden.

[X.]ie Markenabteilung habe zudem die Hintergründe und konkreten Umstände, die zu der Markenanmeldung am 23. [X.]ezember 2010 geführt hätten, nicht ausreichend gewürdigt. [X.]enn Ausgangspunkt von markenrechtlichen Aktivitäten der Markeninhaberin sei das Interview mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der Antragstellerin vom 9. [X.]ezember 2006 in der R… Post gewesen, in dem dieser ausgeführt habe, dass er die Bezeichnung "[X.]" entwickelt habe und ihm entsprechend die Rechte an der Bezeichnung zustünden. Als Reaktion hierauf habe die Markeninhaberin am 11. Mai 2007 die Wortmarke "[X.]" angemeldet und am 21. Mai 2007 den geschäftsführenden Gesellschafter der Antragstellerin abgemahnt. Mit der geforderten Unterlassungserklärung sollte der geschäftsführende Gesellschafter bestätigen, dass weder Ansprüche auf Unterlassung noch auf eine Lizenzzahlung der Löschungsantragstellerin gegen die Markeninhaberin bestünden. [X.]ie Markeninhaberin handelte hier zweifellos in der Absicht, sich die Monopolrechte an der Bezeichnung "[X.]" zu sichern, um [X.]ritte und dabei insbesondere die Antragstellerin, vom Erwerb von Rechten an der Bezeichnung abzuhalten. Nachdem die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben worden war, erfolgten zunächst keine weiteren Aktionen der Markeninhaberin. Erst nachdem das Bauprojekt der [X.] in den beteiligten Gremien der Markeninhaberin positiv verbeschieden worden war (Entscheidungsfindung sei zwischen den Jahren 2007 und 2009 erfolgt), habe die Markeninhaberin die [X.]iskussion um den Begriff "[X.]" wieder aufgenommen. Am 12. Oktober 2010 sei zwischen den Beteiligten von einer einvernehmlichen Beilegung des Konflikts gesprochen worden und über eine geeignete Kompensation der Antragstellerin nachgedacht worden. [X.]ieser Austausch der Beteiligten zeige, dass der Markeninhaberin durchaus bewusst war, dass sie für die Entwicklung der Bezeichnung "[X.]" durch die Antragstellerin bzw. deren geschäftsführenden Gesellschafter eine Gegenleistung zu erbringen habe. [X.]rei Tage nach einem erneuten Gespräch der Beteiligen über eine Kompensation der Antragstellerin am 20. [X.]ezember 2010, in welchem [X.]etails zu der geplanten Kompensation vereinbart werden sollten, habe die Markeninhaberin die verfahrensgegenständliche Marke angemeldet. [X.]iese Umstände, die unmittelbar vor dem Anmeldezeitpunkt lägen und ein unlauteres Verhalten der Markeninhaberin begründeten, habe die Markenabteilung nicht ausreichend berücksichtigt. Zum Zeitpunkt der Anmeldung sei zwischen den Parteien nicht das "ob" einer Kompensation, sondern nur deren Höhe streitig gewesen. Im Nachhinein betrachtet, hätten die Aktivitäten der Markeninhaberin vor der Markenanmeldung einer Ruhigstellung der Antragstellerin gedient, um die Anmeldung der angegriffenen Marke durchführen zu können. [X.]ie streitgegenständliche Marke sei mit der Bezeichnung "[X.]" ähnlich und verwechslungsfähig, so dass die Frage, ob der Begriff "[X.]" schutzfähig sei, keine Rolle spiele. Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit sei ebenso wenig von Belang, ob die Bezeichnung nach dem Urheberrecht schutzfähig sei oder nicht. [X.]ie Bezeichnung sei eigentümlich und die Antragstellerin habe einen schützenswerten Besitzstand daran erworben. Wäre dies nicht der Fall, hätte die Markeninhaberin keine Abmahnung ausgesprochen bzw. wäre diese wirkungslos gewesen, was die Markeninhaberin sicher selbst nicht behaupten wolle.

Ein gewichtiges Indiz der Bösgläubigkeit sei die Anmeldung in Kenntnis der früheren Marke der Antragstellerin. Insoweit werde auch bestritten, dass die Antragstellerin das Zeichen nicht benutzt habe, was diese auch nie behauptet habe.

[X.]ie Beschwerdeführerin und Löschungsantragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des [X.]s vom 8. August 2014 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke 30 2010 075 160 anzuordnen.

[X.]ie zunächst hilfsweise beantragte [X.]urchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Löschungsantragstellerin auf die Ladung mit rechtlichem Hinweis des Senats vom 26. Juni 2017 am 13. Juli 2017 zurückgenommen.

[X.]ie Beschwerdegegnerin und Markeninhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Hilfsweise hat sie die [X.]urchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Auch sei mit der angegriffenen Marke keine Sperrwirkung in Bezug auf die Bezeichnung "[X.]-BOGEN" verbunden. [X.]ie angegriffene Marke sei für [X.]ienstleistungen eingetragen, die das Geschäftsfeld der Antragstellerin, das die [X.]ienstleistungen der Werbung der Klasse 35 umfasse, nicht berührten. Auch sei keine Ähnlichkeit der Zeichen gegeben. [X.]ie angegriffene Marke werde visuell schon aufgrund der Größe von dem Bestandteil "[X.]" dominiert. [X.]iese geläufige Abkürzung für [X.] sei als Ortsangabe rein beschreibender Natur, zudem werde durch die konkrete Art der Gestaltung von "[X.]" ein beträchtlicher Abstand der Zeichen herbeigeführt. [X.]er Markeninhaberin fehle zudem die Behinderungsabsicht, sie habe der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt die Nutzung des Zeichens "[X.]" verwehrt. Anders als die Antragstellerin meint, sei die streitbefangene Marke auch mit der Absicht sie zu benutzen, angemeldet worden. [X.]ie Marke sei für [X.]ienstleistungen eingetragen worden, die mit den Tätigkeiten einer Gemeinde typischerweise zusammenhängen, wenn ein Bauprojekt entstehe bzw. ein Innenstadtareal einen Namen erhalte. Eine Gemeinde sei regelmäßig bei Veranstaltungen von Festen, Weihnachtsmärkten, Thementagen und ähnlichem im gesamten Innenstadtbereich aktiv und dementsprechend sowohl mit den [X.]ienstleistungen der Klassen 41 und 43 als auch den weiteren [X.]ienstleistungen befasst. Im Übrigen könne die Nutzung der Marke auch durch [X.]ritte erfolgen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten, den Ladungszusatz des Senats vom 26. Juni 2017 und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

[X.]ie nach § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Löschungsantragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. [X.]ie Beschwerde war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen für eine Löschung der angegriffenen Marke wegen Bösgläubigkeit bei der Markenanmeldung im Sinn des § 50 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] nicht hinreichend dargetan und auch ansonsten nicht ersichtlich oder feststellbar sind. Insoweit teilt der Senat die Auffassung der Markenabteilung.

1. Zunächst ist festzustellen, dass die Voraussetzung für die [X.]urchführung des Löschungsverfahrens mit inhaltlicher Prüfung nach § 54 Abs. 2 Satz 3 [X.] erfüllt ist, nachdem die Markeninhaberin dem ihr am 7. Mai 2013 zugestellten Löschungsantrag mit am 4. Juli 2013 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz fristgerecht innerhalb der [X.] des § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] widersprochen hat.

2. Eine Markeneintragung ist zu löschen, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke [X.] war. Von einer [X.]en Markenanmeldung ist auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig und damit unlauter erfolgte. Hierbei ist allein auf den Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke abzustellen (vgl. [X.], 380 Rn. 13 – [X.]; [X.], 378 Rn. 14 Liquidrom; GRUR 2014, 565 Rn. 10 – smartbook; [X.], 1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten; [X.] [X.], 763, [X.]. 35, 53 – [X.]/[X.]; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 50, Rn. 14), also vorliegend auf den 23. [X.]ezember 2010. Eine [X.]e Markenanmeldung kommt in Betracht, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke, d. h. als Herkunftshinweis benutzen möchte, sondern nur die formale Rechtstellung als Inhaber eines Monopolrechts lediglich zum Zweck einer markenrechtlich nicht gerechtfertigten, rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung [X.]ritter einsetzen will ([X.], 780 – [X.]; GRUR 2006, 850 Rn. 41 – [X.]; [X.], 581, 582 – [X.]; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 830, 840 [X.]). Es müssen besondere Umstände vorliegen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche Umstände können darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren und/oder [X.]ienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel, den Besitzstand des Vorbenutzers zu stören, oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch des Zeichens zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder dass er die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des [X.] einsetzt (vgl. [X.], 429 Rn. 10 – [X.]; [X.]). [X.]abei ist die maßgebliche Grenze zur Bösgläubigkeit dann überschritten, wenn das Verhalten des [X.] bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen [X.] gerichtet ist ([X.], 621 Rn. 32 – [X.]; [X.], 581 - [X.], [X.], 917 Rn. 23 – [X.]; [X.], 431, 434 – Flasche mit Grashalm). Hierbei muss die Erschwerung der Benutzung der Marke durch den [X.] nicht der einzige Beweggrund für die Markenanmeldung sein; es reicht aus, wenn diese Absicht ein wesentliches Motiv darstellt ([X.], 1032 – [X.] 2000; [X.], 621 Rn. 32 – [X.]; [X.], 917 Rn. 23 – [X.]). [X.]aher ist die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht allein durch den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens des Anmelders ausgeschlossen; vielmehr ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich (vgl. [X.], [X.], 763 Rn. 37 – [X.]/[X.]; [X.], 780 Rn. 18 – [X.]).

[X.]ie Feststellungslast für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 [X.] trifft den Antragsteller des Löschungsverfahrens (vgl. [X.], 138, Rn. 48 - Rocher-Kugel; [X.], 669, Rn. 31 – Post II).

a. Bei Anwendung dieser Grundsätze kann die Markenanmeldung nicht als [X.] angesehen werden. Von einer [X.]en Markenanmeldung unter dem Gesichtspunkt der Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes der Löschungsantragstellerin kann bereits deswegen nicht ausgegangen werden, weil das Vorliegen eines solchen Besitzstandes nicht festgestellt werden kann. [X.]enn ein Eingriff in einen schutzwürdigen Besitzstand setzt zunächst voraus, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder [X.]ienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. [X.]abei muss der schutzwürdige Besitzstand durch eine hinreichende Marktpräsenz und daraus folgende (gewisse) Bekanntheit der Kennzeichnung im Inland belegt sein (vgl. [X.], 780 – Liquidrom; [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 877; [X.]/[X.], [X.], 3. Auflage, § 8 Rn. 308). [X.]as erfordert, dass der Vorbenutzer das betreffende Zeichen tatsächlich für seine geschäftliche Betätigung im Zusammenhang mit den in Rede stehenden [X.]ienstleistungen, also als Marke benutzt und das Zeichen dadurch eine hinreichende Bekanntheit im Verkehr erlangt hat.

Eine Geschäftstätigkeit der Antragstellerin und eine Vorbenutzung der angegriffenen Marke oder eines damit verwechselbaren Zeichens als Marke hat die Löschungsantragstellerin nicht belegt. Es mag zwar sein, dass sie bzw. ihr Geschäftsführer die Idee hatte, das von der Markeninhaberin geplante Bauprojekt zur Verlängerung der [X.] in [X.]…, unter dem Namen "[X.]" zu führen, dies allein begründet für die Löschungsantragstellerin aber keinen schutzwürdigen kennzeichenrechtlichen Besitzstand. Im Übrigen wird noch nicht einmal von der Antragstellerin selbst behauptet, dass die konkret eingetragene Gestaltung der angegriffenen Marke oder die Gestaltung des Bestandteils "[X.]" in der angegriffenen Marke von ihr stammt.

b. Eine Bösgläubigkeit der Markeninhaberin im Zeitpunkt der Anmeldung ergibt sich unabhängig von der Frage eines schutzwürdigen [X.] der Löschungsantragstellerin oder eines [X.] auch nicht unter dem Gesichtspunkt des beabsichtigten zweckfremden Einsatzes der Sperrwirkung der Marke als Mittel des [X.].

bb. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann auch nicht schon deshalb von einer fehlenden [X.] der Markeninhaberin ausgegangen, weil es sich bei der Markeninhaberin um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt. Abgesehen davon, dass allein eine fehlende [X.] die Bejahung einer [X.]en Markenanmeldung nicht rechtfertigen kann, können sich Körperschaften des öffentlichen Rechts wirtschaftlich betätigen und Inhaber von Marken sein, wie dies schon das öffentlich zugängliche Markenregister und die Realität zeigt (z. B. gibt es zahlreiche eingetragene Marken für die [X.] Landeshauptstadt [X.]). Anhaltspunkte, die darüber hinaus dafür sprechen, dass die Markeninhaberin mit Behinderungsabsicht, d. h. ohne ernsthaften eigenen Benutzungswillen die angegriffene Marke nur angemeldet hat, um andere an der Benutzung der Marke zu hindern, fehlen völlig. [X.]a es sich bei der Bezeichnung "[X.]" im Zusammenhang mit einer Vielzahl von denkbaren Waren und [X.]ienstleistungen um eine beschreibende Angabe handelt, stehen der Markeninhaberin Verbietungsrechte hinsichtlich dieser Sachangabe insoweit ohnehin nicht zu.

Anhaltspunkte dafür, dass die Markeninhaberin die Antragstellerin nach der Markenanmeldung aus der für sie registrierten Marke oder der Bezeichnung "[X.]" in Anspruch genommen hat oder Versuche unternommen, sie von der Verwendung der Bezeichnung "[X.]" auszuschließen, fehlen.

[X.]ass es der Markeninhaberin zum Anmeldezeitpunkt ausschließlich oder vorwiegend um die rechtsmissbräuchliche Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes der Antragstellerin ging, kann nicht festgestellt werden.

c. Auch der weitere Vortrag der Beschwerdeführerin und Antragstellerin, wonach ihre Urheberrechte an der Bezeichnung "[X.]" verletzt worden seien, führt zu keiner anderen Beurteilung der Beschwerde, insbesondere nicht dazu, dass das Verhalten der Inhaberin der angegriffenen Marke als [X.] angesehen werden kann.

Abgesehen davon, dass die originär schutzunfähige Bezeichnung "[X.]" keine Schöpfungshöhe aufweist und damit kein Werk im Sinne des Urheberrechts ist, dient das markenrechtliche Löschungsverfahren nicht dem Schutz von Urheberrechten. In Bezug auf Rechtsverletzungen in diesem Bereich ist der Weg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet gemäß den Vorschriften des Urhebergesetzes bzw. der ZPO (siehe zu den Urheberrechten im markenrechtlichen Löschungsverfahren auch den Senatsbeschluss 25 W (pat) 92/14 vom 23. Februar 2017 unter Gliederungspunkt II. 2. e., Seiten 11, 12 der Entscheidung, die über die Homepage des [X.] zugänglich ist).

[X.]ie Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen.

3. Zur Auferlegung von Kosten auf einen Beteiligten aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht kein Anlass.

4. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Eine solche war zunächst hilfsweise von den beiden Beteiligten beantragt worden. [X.]ie unterliegende Beschwerdeführerin und Antragstellerin hat auf die Ladung nebst ausführlichem Ladungszusatz des Senats vom 26. Juni 2017 den Antrag auf mündliche Verhandlung am 13. Juli 2017 zurückgenommen. Eine mündliche Verhandlung war auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 Nr. 1 und [X.] [X.].

Meta

25 W (pat) 114/14

09.11.2017

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.11.2017, Az. 25 W (pat) 114/14 (REWIS RS 2017, 2624)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2624

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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