Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.01.2022, Az. 9 AZR 146/21

9. Senat | REWIS RS 2022, 1811

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Gegenstand

Schlussformulierung eines Arbeitszeugnisses - kein Anspruch auf Dankes- und Wunschformel


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 12. Januar 2021 - 3 [X.]/20 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung des [X.] das Urteil des [X.] vom 27. Oktober 2020 - 1 Ca 1729/20 - abgeändert und der Klage stattgegeben hat.

2. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 27. Oktober 2020 - 1 Ca 1729/20 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berichtigung eines Arbeitszeugnisses.

2

Der Kläger war vom 1. März 2017 bis zum 31. März 2020 als Personaldisponent bei der [X.], einer Personaldienstleisterin, tätig. In einem zur Erledigung eines Kündigungsschutzverfahrens geschlossenen gerichtlichen Vergleich verpflichtete sich die Beklagte ua., dem Kläger ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis zu erteilen, das sie unter dem Datum des 31. März 2020 mit folgendem Wortlaut erstellte:

        

„Arbeitszeugnis

        

[X.], geboren am 1977 war vom 01.03.2017 bis zum 31.03.2020 als Personaldisponent an unserem Standort [X.] in unserem Unternehmen tätig.

        

P ist mit derzeit 5 Geschäftsstellen einer der führenden Personaldienstleister der Region und hat seinen Hauptsitz in M. Zu unseren Kernaufgaben gehören die Arbeitnehmerüberlassung, die Personalvermittlung sowie das [X.] und Projekt-Management. Unsere Dienstleistungen nutzen Kunden aus allen Wirtschaftszweigen.

                 
        

In seiner Position als Personaldisponent war [X.] im Wesentlichen für folgende Aufgaben verantwortlich:

        

●       

Persönliche und telefonische Akquise von [X.]eukunden

        

●       

Betreuung der Bestandskunden

        

●       

Angebotserstellung und Vertragsverhandlungen bis zum Abschluss

        

●       

Personalbeschaffungsmaßnahmen

        

●       

Führen von Vorstellungs- und Einstellungsgesprächen

        

●       

Durchführen erforderlicher personeller Maßnahmen im Rahmen bestehender Arbeitsverhältnisse

        

●       

Abschluss von Arbeitsverträgen und Festlegung der vertraglichen Konditionen auf Grundlage des Tarifvertrages [X.]

        

●       

Disposition und Überwachung des Personaleinsatzes beim Kunden

        

●       

Disziplinarische Führung der Zeitarbeitnehmer

        

[X.] arbeitete sich aufgrund seiner guten Auffassungsgabe schnell in die neuen Aufgabenstellungen ein. Die Aufgaben führte er selbständig, effizient und sorgfältig aus.

        

Er verfolgte die vereinbarten Ziele nachhaltig und erfolgreich. Dabei war er auch hohem Zeitdruck und Arbeitsaufwand gewachsen.

        

[X.] verstand es, unser Unternehmen bei unseren Kunden gut zu repräsentieren. Er war ein guter Gesprächspartner und verstand es, sich auf die unterschiedlichen Persönlichkeiten einzustellen.

        

Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Externen war einwandfrei.

        

Zusammenfassend bestätigen wir [X.], dass er die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigte.

        

[X.] scheidet mit dem heutigen Tage aus unserem Unternehmen aus.

        

M, 31.03.2020

        

P       

                 
                 
        

M       

        

Geschäftsführer“

3

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, das Zeugnis mit einer Schlussformel zu versehen, in der sie ihm für die geleistete Arbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünscht.

4

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm [X.] gegen Rückgabe des ihm bereits unter dem Datum des 31. März 2020 erteilten Arbeitszeugnisses ein neues, um einen Schlusssatz mit folgendem Text ergänztes Arbeitszeugnis zu erteilen:

        

„Wir danken [X.] für die geleistete Arbeit und wünschen ihm für die weitere berufliche und private Zukunft weiterhin alles Gute und viel Erfolg.“

5

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts, soweit für die Revision von Bedeutung, abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der [X.] ist begründet. Das [X.] hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des [X.] zu Unrecht teilweise abgeändert und die Beklagte zur Aufnahme einer Dankes- und Wunschformel in den [X.] verurteilt.

8

I. Die Revision ist zulässig.

9

1. Mit den Anträgen, die angefochtene Entscheidung teilweise aufzuheben und die Klage abzuweisen, hat die Beklagte hinreichend deutlich ihr Begehren zum Ausdruck gebracht, dass das Urteil des [X.]s aufgehoben wird, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Berufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts insgesamt zurückgewiesen wird. Maßgebend für die Auslegung prozessualer Erklärungen ist entsprechend § 133 BGB der in der Erklärung verkörperte [X.]. Im Zweifel sind prozessuale [X.]nserklärungen so auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des [X.] zu berücksichtigen (vgl. [X.] 25. März 2021 - 8 [X.] - Rn. 43; 25. Februar 2021 - 8 [X.] - Rn. 38). Die so ausgelegten Anträge entsprechen der in der Revisionsbegründung geäußerten Rechtsaufassung der [X.], nicht zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit der vom [X.] ausgeurteilten Schlussformel verpflichtet zu sein.

2. Die Begründung der Revision entspricht den Anforderungen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Sie setzt sich in gebotener Weise (vgl. dazu [X.] 15. Juni 2021 - 9 [X.] - Rn. 13) mit der aus ihrer Sicht fehlerhaften Annahme des [X.]s auseinander, dass wegen des Wortlauts des § 109 Abs. 1 Satz 3 [X.] kein Anspruch auf eine Dankes- und Wunschformel bestehe.

II. Die Revision hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Annahme des [X.]s, die Beklagte sei gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 [X.] iVm. § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, das Zeugnis mit einer Schlussformel zu versehen, in der sie dem Kläger für die geleistete Arbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünscht, hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

1. Das [X.] hat zunächst zutreffend erkannt, dass ein Arbeitnehmer unmittelbar aus § 109 Abs. 1 Satz 3 [X.] keinen Anspruch auf eine Dankes- und Wunschformel ableiten kann. An dieser Rechtsprechung ([X.] 11. Dezember 2012 - 9 [X.] - Rn. 9 ff., [X.]E 144, 103; 20. Februar 2001 - 9 [X.] der Gründe, [X.]E 97, 57, jeweils mit ausführlicher Begründung) hält der [X.] uneingeschränkt fest. Auch eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift führt zu keinem anderen Ergebnis.

a) Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts die durch die Grundrechte gezogenen Grenzen zu beachten. Sie müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die die konkurrierenden Grundrechte der verschiedenen Grundrechtsträger beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet. Sind bei der gerichtlichen Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht und die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Einfluss der Grundrechte auf die Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Normen ist nicht auf Generalklauseln beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle auslegungsfähigen und -bedürftigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften (vgl. [X.] 30. März 2021 - 1 [X.]/19 - Rn. 18; 18. Februar 2019 - 1 BvR 2556/17 - Rn. 9; [X.] 21. September 2011 - 7 [X.] - Rn. 29, [X.]E 139, 213).

b) Bei der Beurteilung, ob der Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses aus § 109 [X.] auch die Formulierung einer gegebenenfalls auf die Gesamtnote abgestimmten Schlussformel umfasst, sind auf Seiten des Arbeitsgebers die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG und seine durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Unternehmerfreiheit und auf Seiten des Arbeitnehmers aufgrund der durch eine Schlussformel erhöhten [X.] (vgl. [X.] 11. Dezember 2012 - 9 [X.] - Rn. 12, [X.]E 144, 103) dessen [X.] (Art. 12 Abs. 1 GG) und - gegebenenfalls - das aus Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht betroffen. Das Interesse des Arbeitgebers, seine innere Einstellung zu dem Arbeitnehmer sowie seine Gedanken- und Gefühlswelt nicht offenbaren zu müssen, ist dabei höher zu bewerten als das Interesse des Arbeitnehmers an einer Schlussformel.

aa) Der Arbeitnehmer ist durch die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ohne Schlussformel nur in geringem Maße in seinen grundrechtlich geschützten Positionen betroffen. Der Grad seiner Betroffenheit ist in erster Linie unter Berücksichtigung des [X.]s zu bewerten. Je stärker die Realisierung des [X.]s durch das Fehlen der Schlussformel gefährdet ist, desto näher liegt eine wesentliche Beeinträchtigung grundrechtlicher Positionen des Arbeitnehmers. [X.] betrachtet ist der Arbeitgeber nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gehalten, das Zeugnis mit einem den [X.] überschießenden Inhalt zu versehen.

(1) Ein qualifiziertes Zeugnis enthält gemäß § 109 Abs. 1 Satz 3 [X.] Angaben über Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers. Es dient dem Arbeitnehmer regelmäßig als Bewerbungsunterlage und dadurch Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern, als Grundlage für die Personalauswahl. Dem Arbeitnehmer gibt es zugleich Aufschluss darüber, wie der Arbeitgeber sein Verhalten und seine Leistung beurteilt. Daraus ergeben sich als inhaltliche Anforderungen das Gebot der Zeugniswahrheit und das in § 109 Abs. 2 [X.] auch ausdrücklich normierte Gebot der [X.] (st. Rspr., vgl. [X.] 27. April 2021 - 9 [X.] - Rn. 11). Als individuelle Beurteilung der beruflichen Verwendbarkeit des Arbeitnehmers muss das Arbeitszeugnis seinem Leser Auskunft über Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis geben ([X.] 27. April 2021 - 9 [X.] - Rn. 17).

(2) Positive [X.] können zwar geeignet sein, die [X.] des Arbeitnehmers zu erhöhen. Ein Zeugnis wird durch einen Schlusssatz aufgewertet, in dem der Arbeitgeber seinen Dank für die guten Leistungen zum Ausdruck bringt und dem Arbeitnehmer für die berufliche Zukunft weiterhin alles Gute wünscht ([X.] 11. Dezember 2012 - 9 [X.] - Rn. 12, [X.]E 144, 103; 20. Februar 2001 - 9 [X.] 2 b bb (3) der Gründe, [X.]E 97, 57).

(3) Der materielle Aussagegehalt von auf die Gesamtnote abgestimmten [X.]n beschränkt sich allerdings im Wesentlichen darauf, dass der Arbeitgeber die bereits abgegebene Leistungs- und Verhaltensbeurteilung mit anderen Worten nochmals formelhaft wiederholt (vgl. [X.] 11. Dezember 2012 - 9 [X.] - Rn. 13, [X.]E 144, 103, 20. Februar 2001 - 9 [X.] [X.]E 97, 57). Damit trägt eine Schlussformel nicht zur Realisierung des [X.]s bei. Aus ihr ergeben sich für den [X.] bei objektiver Betrachtung keine über die eigentliche Leistungs- und Verhaltensbeurteilung hinausgehenden Informationen zur Beurteilung, inwieweit der Arbeitnehmer für eine zu besetzende Stelle geeignet ist. Durch eine Dankes- und Wunschformel bringt der Arbeitgeber vielmehr nur Gedanken und Gefühle zum Ausdruck, die weder Rückschlüsse auf die Art und Weise, in der der Arbeitnehmer die ihm übertragenen Aufgaben erledigt hat, noch auf dessen für das Arbeitsverhältnis wesentlichen Charaktereigenschaften und Persönlichkeitszüge zulassen.

bb) Wäre eine Dankes- und Wunschformel integraler Bestandteil eines qualifizierten Zeugnisses, wäre der Arbeitgeber verpflichtet, innere Gedanken über und Gefühle für den aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmer zu äußern. Hierdurch würde seine durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte negative Meinungsfreiheit beeinträchtigt, die Freiheit also, eine Meinung nicht zu haben, nicht zu äußern und insoweit zu schweigen und nicht gezwungen zu werden, eine fremde Meinung als eigene zu verbreiten (vgl. [X.] 2. Mai 2018 - 1 [X.]/17 - Rn. 17; 22. Januar 1997 - 2 BvR 1915/91 - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 95, 173; [X.] 24. Oktober 2018 - 10 [X.] - Rn. 26; [X.] 19. Juli 2018 - [X.]/18 - Rn. 18 mwN). Entgegen der Ansicht des [X.]s handelt es sich bei einer Dankes- und Wunschformel nicht um eine bloße Höflichkeitsformel ohne Beziehung zur Wirklichkeit. Selbst wenn Arbeitgeber die Schlussformel teilweise nur floskelhaft aus Gründen der Höflichkeit verwenden, ohne die mitgeteilten Gefühle zu empfinden, enthält sie überprüfbare innere Tatsachen ([X.] 20. Februar 2001 - 9 [X.] 2 b bb (4) der Gründe, [X.]E 97, 57). Der Arbeitgeber kann Dank empfinden und dem Arbeitnehmer für die Zukunft alles Gute und viel Erfolg wünschen oder auch nicht. Ist die Tatsachenbehauptung wahr, unterfällt ihre Äußerung wie ihre [X.] dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit ([X.] 27. August 2019 - 1 BvR 811/17 - Rn. 16; 22. Juni 2018 - 1 [X.] - Rn. 20). Der Eingriff in den Schutzbereich wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass eine Vielzahl von Arbeitgebern dazu übergegangen ist, [X.] in ihre Arbeitszeugnisse aufzunehmen, und deshalb entsprechendes von anderen Zeugnisverfassern erwartet. Erst recht kann ein Arbeitgeber, der seinem ausscheidenden Arbeitnehmer gegenüber weder Dank empfindet noch ihm eine positive Zukunft wünscht, nicht gezwungen werden, aus Höflichkeit oder aufgrund einer Erwartungshaltung Dritter eine unwahre Erklärung über seine innere Haltung abzugeben. Dies stände weder im Einklang mit dem einfachgesetzlichen Verbot der Zeugniswahrheit noch mit der negativen Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.

cc) Aufgrund der erheblichen Beeinträchtigung der negativen Meinungsfreiheit des Arbeitgebers und der geringen Relevanz bei der Realisierung des [X.]s besteht weder ein Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitszeugnis mit entsprechender Schlussformel noch eine Verpflichtung des Arbeitgebers, ein solches zu erteilen. Ob dies auch dann gilt, wenn der Arbeitgeber in den von ihm erteilten Arbeitszeugnissen standardmäßig entsprechende [X.] verwendet, bedarf keiner Entscheidung. Darauf hindeutende Umstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

2. Entgegen der Ansicht des [X.]s ist ein Anspruch auch bei einer leicht überdurchschnittlichen Bewertung nicht aus dem [X.] des § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 109 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 [X.] abzuleiten.

a) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Im Arbeitsverhältnis können die Vertragsparteien deshalb zur Verwirklichung des [X.] zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem anderen Teil die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, [X.] nicht entstehen zu lassen oder zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen ([X.] 21. Februar 2017 - 1 [X.] - Rn. 16, [X.]E 158, 148; 2. November 2016 - 10 [X.] - Rn. 32, [X.]E 157, 153).

b) Aus dem [X.] lassen sich auch nachwirkende Schutzpflichten ableiten (vgl. MüKoBGB/[X.] 8. Aufl. BGB § 241 Rn. 118; [X.] BGB/Sutschet BGB § 241 Rn. 99). Dazu gehört die Pflicht des Arbeitgebers, auf Wunsch und im Interesse des Arbeitnehmers Dritten gegenüber Auskünfte über den Arbeitnehmer zu erteilen (vgl. bereits vor der Normierung in § 241 Abs. 2 BGB [X.] 18. August 1981 - 3 [X.] - zu I 1 der Gründe; 5. August 1976 - 3 [X.] - zu II der Gründe).

c) Das [X.] kann aber nicht herangezogen werden, um abschließende gesetzliche Regelungen zu erweitern. Die Regelung zum Inhalt eines qualifizierten Arbeitszeugnisses in § 109 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 [X.] ist abschließend. Der Gesetzgeber hat dort ausdrücklich aufgelistet, auf welche Inhalte ein Arbeitnehmer einen Anspruch hat. Der Gesetzgeber kannte bei der Neufassung des § 109 [X.] am 24. August 2002 die kurz zuvor ergangene Entscheidung des [X.]s, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Schlussformel hat (vgl. [X.] 20. Februar 2001 - 9 [X.] der Gründe, [X.]E 97, 57). Im Hinblick auf die gesetzgeberische Entscheidung, § 109 Abs. 1 Satz 3 [X.] nicht um weitere Inhalte zu ergänzen, würde die Ableitung eines Anspruchs aus § 241 Abs. 2 BGB die Grenzen zulässiger Auslegung und richterlicher Rechtsfortbildung (vgl. dazu [X.] 6. Juni 2018 - 1 [X.] - Rn. 72 ff., [X.]E 149, 126) überschreiten. Der [X.] konnte die betroffenen [X.] bereits im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung berücksichtigen.

III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Kiel    

        

    [X.]    

        

    Zimmermann     

        

        

        

    Frank    

        

    Hampel     

                 

Meta

9 AZR 146/21

25.01.2022

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Mönchengladbach, 27. Oktober 2020, Az: 1 Ca 1729/20, Urteil

Art 5 Abs 1 S 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, § 241 Abs 2 BGB, § 109 GewO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.01.2022, Az. 9 AZR 146/21 (REWIS RS 2022, 1811)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1811

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