Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.04.2016, Az. 5 C 32/15

5. Senat | REWIS RS 2016, 12143

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Gegenstand

Keine Erstattung der Kosten für Medikament zur Behandlung erektiler Dysfunktion im Rahmen der freien Heilfürsorge für Polizeivollzugsbeamte nach § 113 Abs. 2 Satz 2 BG NW 2009


Leitsatz

1. Die Regelung über die freie Heilfürsorge für Polizeivollzugsbeamte in Nordrhein-Westfalen enthält eine wirksame gesetzliche Leistungsbegrenzung auf Aufwendungen, die der Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit dienen (§ 113 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW ).

2. Diese Regelung steht jedenfalls deshalb mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Art. 33 Abs. 5 GG) in Einklang, weil das Landesrecht für Polizeivollzugsbeamte einen Rückgriff auf das insoweit subsidiäre Beihilferecht zulässt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob das beklagte Land im Rahmen der freien [X.] der Polizei verpflichtet ist, dem Kläger die Aufwendungen zu erstatten, die ihm für die medikamentöse Behandlung einer erektilen Dysfunktion entstanden sind.

2

Der Kläger, der als [X.] im Dienst des [X.] steht, erwarb nach ärztlicher Verordnung das Arzneimittel "[X.]". Hierfür wandte er insgesamt 323,89 € auf, die ihm am 3. Februar 2011 in Rechnung gestellt wurden. Der Beklagte lehnte die Erstattung dieser Aufwendungen ab.

3

Der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Der Anspruch des [X.] folge aus der Gewährleistung der freien [X.] für Polizeivollzugsbeamte des [X.] (§ 113 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.]). Die Aufwendungen für das Medikament "[X.]" seien notwendig und angemessen im Sinne dieser Regelung. Bei der erektilen Dysfunktion handle es sich um ein krankhaftes Leiden, das mit dem Medikament jedenfalls gelindert werden könne. Dem Anspruch stehe nicht entgegen, dass § 113 Abs. 2 Satz 2 [X.] auf die Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit abstelle. Damit sei keine Einschränkung im Leistungsumfang verbunden. Die Formulierung sei allein dem Umstand geschuldet, dass die Vorschrift ausweislich ihres Satzes 1 die Gewährung freier [X.] nur für solche Polizeivollzugsbeamten vorsehe, denen Besoldung zustehe, die Elternzeit in Anspruch nähmen oder denen Sonderurlaub gewährt worden sei.

4

Auf die Berufung des [X.] hat das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Klage abgewiesen. Unbeschadet des Krankheitswertes der Beeinträchtigung des [X.] wirke sich diese auf seine Verwendbarkeit als [X.] nicht aus. Deshalb bestehe kein Anspruch auf freie [X.]. Denn dieser knüpfe als Voraussetzung an die Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit an, was sich hier als Leistungseinschränkung darstelle.

5

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren, Aufwendungsersatz im Rahmen der [X.] zu erhalten, weiter. Er rügt insbesondere eine Verletzung des § 113 Abs. 2 [X.]. Dazu trägt er unter anderem vor, eine Einschränkung des Leistungsumfangs der freien [X.] widerspräche deren gesetzlichem Zweck und sei mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn unvereinbar. Zudem fehle der Einschränkung, die mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der Erhaltung und Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit verbunden sei, die hinreichende Bestimmtheit. Weil genügende Präzisierungen der Leistungs- wie auch der Ausschlusstatbestände im Verordnungsrecht fehlten, genüge dieses Regelungssystem auch nicht dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes.

6

Das beklagte Land verteidigt die angegriffene Entscheidung des Berufungsgerichts.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des [X.] verletzt nicht revisibles Recht (§ 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 127 Nr. 2 BRRG, § 191 Abs. 2 VwGO).

8

Maßgeblich für die Beurteilung des im Streit stehenden heilfürsorgerechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, hier also des Zeitpunkts, in welchem dem Kläger das Medikament "[X.]" in Rechnung gestellt wurde (vgl. [X.], Urteil vom 12. September 2013 - 5 [X.] 33.12 - [X.]E 148, 1 Rn. 9 m.w.[X.]). Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch kommt deshalb die Regelung des § 113 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Beamtengesetzes für das [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2009 (GV. [X.]. [X.]) - LBG [X.] -, für den hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. November 2009 (GV. [X.]. [X.]), in Betracht. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger der streitgegenständliche Anspruch auf freie [X.] nach dieser Vorschrift nicht zusteht.

9

Die Auslegung des [X.], wonach der Zweckvorbehalt der Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit (§ 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.]) den Anspruch der Polizeivollzugsbeamten auf freie [X.] einschränkt, ist im Ergebnis zutreffend (1.) und steht mit höherrangigem Recht in Einklang (2.). Nicht zu beanstanden ist auch die Rechtsanwendung im Einzelfall, d.h. die Schlussfolgerung des [X.], dass die Aufwendungen für das vom Kläger erworbene Arzneimittel "[X.]" nicht von der Gewährleistung der freien [X.] umfasst sind (3.).

1. Nach § 113 Abs. 2 Satz 1 LBG [X.] haben Polizeivollzugsbeamte unter anderem Anspruch auf freie [X.], solange ihnen - was auf den Kläger zutrifft - Besoldung zusteht. Die [X.] umfasst nach § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] alle zu Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendigen und angemessenen Aufwendungen des [X.]. Entgegen der vom Verwaltungsgericht und vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung stellt sich das Erfordernis der Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit nicht als eine bloße Verweisung auf die in § 113 Abs. 2 Satz 1 LBG [X.] genannten personenbezogenen Anforderungen dar. Vielmehr nimmt das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis richtig an, dass dieses Merkmal eine Einschränkung des Umfangs der vom Land zu tragenden [X.]leistungen im Sinne eines [X.] beinhaltet.

a) Dafür spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift. Auch wenn dieser noch Auslegungsspielräume bieten mag, weist er doch mit deutlicher Tendenz dahin, dass es sich bei der Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit in § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] um ein eigenständiges, den [X.]anspruch begrenzendes Merkmal handelt. Ansonsten hätte es der Gesetzgeber bei der Formulierung belassen können, dass die [X.] alle dafür notwendigen und angemessenen Aufwendungen des [X.] erfasst. Ebenso wenig hat der Gesetzgeber - wie das Verwaltungsgericht und die Revision die Vorschrift im Ergebnis verstehen wollen - in allgemeiner Weise auf die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit der Polizeivollzugsbeamten abgestellt. Der Begriff der Polizeidienstfähigkeit ist, weil der Vollzugsdienst bekanntlich eine höhere physische und psychische Belastbarkeit erfordert, schon nach dem allgemeinen Sprachverständnis enger als derjenige der Gesundheit der Polizeivollzugsbeamten. Auch im [X.] wird der Begriff der Polizeidienstfähigkeit mit einem bestimmten Inhalt verwendet, der wegen der besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Vollzugsdienstes enger als der Begriff der Gesundheit und der allgemeine Begriff der Dienstfähigkeit verstanden wird (vgl. [X.], Urteil vom 26. April 2012 - 2 [X.] 17.10 - [X.] 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1). Die Polizeidienstfähigkeit setzt danach voraus, dass der Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist ([X.], Urteil vom 3. März 2005 - 2 [X.] 4.04 - [X.] 237.7 § 194 [X.] Nr. 2 S. 1 f.).

b) Insbesondere ergibt sich aus dem [X.], dass der auf die Polizeidienstfähigkeit abstellende Zweckvorbehalt des § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] - entgegen der Ansicht des [X.] und der Revision - nicht allein als Bezugnahme oder Bestätigung der in § 113 Abs. 2 Satz 1 LBG [X.] genannten personenbezogenen Voraussetzungen der freien [X.], sondern als eigenständige Begrenzung des Anspruchsumfangs zu verstehen ist. Wäre der Zweckvorbehalt des § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] als bloße Bekräftigung des Satzes 1 zu werten, hieße dies letztlich, ihn als tautologisch oder überflüssig anzusehen. Für eine solche Deutung des gesetzgeberischen Willens bestehen jedoch keine Anhaltspunkte. Vielmehr hat der Gesetzgeber bereits mit dem Merkmal des § 113 Abs. 2 Satz 1 LBG [X.] ("solange ihnen Besoldung zusteht...") zum Ausdruck gebracht, dass die freie [X.] in erster Linie den im Polizeivollzugsdienst aktiven Beamten zu gewähren ist. Einer weiteren Bekräftigung dieses anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmals des § 113 Abs. 2 Satz 1 LBG [X.] durch die Bezugnahme auf die Polizeidienstfähigkeit in Satz 2 der Vorschrift bedurfte es nicht.

Über die vorgenannten binnensystematischen Erwägungen hinaus sprechen auch Bezüge zu [X.]bestimmungen aus anderen ([X.] Kontexten dafür, dass der [X.]gesetzgeber eine bewusste Entscheidung für eine Begrenzung der von ihm zu tragenden Aufwendungen getroffen hat. Denn er hat mit der Einführung oder Aufrechterhaltung der gesetzlichen Anforderung des § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.], wonach die [X.] der "Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit" dienen muss, eine Formulierung gewählt, die sich von parallelen [X.] unterscheidet, welche diese Einschränkung nicht oder nicht mehr kennen. So hat etwa der Bundesgesetzgeber darauf verzichtet, einen entsprechenden Zweckvorbehalt in das [X.] aufzunehmen und lediglich bestimmt, dass den Polizeivollzugsbeamten der [X.] gewährt wird (§ 70 Abs. 2 des [X.]es in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juni 2009 , geändert durch Gesetz vom 11. Juni 2013 - [X.] -). Die truppenärztliche Versorgung - also die [X.] der [X.] - war zwar ursprünglich auf Maßnahmen begrenzt, welche der Erhaltung oder Wiederherstellung der Dienst- und Einsatzfähigkeit der Soldatinnen und Soldaten dienen (vgl. [X.], Urteil vom 24. März 1982 - 6 [X.] 95.79 - [X.]E 65, 184 <185>). Diese auf Verwaltungsvorschriften basierende und ebenfalls als Begrenzung des Leistungsumfangs verstandene Anforderung wurde jedoch später infolge der Änderung der entsprechenden Vorschriften aufgegeben ([X.], Urteil vom 27. November 2003 - 2 [X.] 38.02 - [X.]E 119, 265 <268>). Eine erneute Einführung dieses Merkmals durch Verwaltungsvorschriften genügte nicht den Anforderungen des Grundsatzes vom Vorbehalt des Gesetzes und war unwirksam, so dass Einschränkungen der [X.] nach Ablauf einer Übergangsfrist nicht mehr darauf gestützt werden konnten ([X.], Urteil vom 10. Oktober 2013 - 5 [X.] 29.12 - [X.]E 148, 116 ff.). Obgleich der Bundesgesetzgeber das einschränkende Merkmal anlässlich der [X.] in die Neufassung des Gesetzes hätte aufnehmen können, hat er darauf verzichtet (vgl. § 69a [X.] in der Fassung des [X.] ). Auch vor dem Hintergrund dieser Entwicklung, die dem [X.]gesetzgeber nicht verborgen geblieben ist, ist davon auszugehen, dass dem Zweckvorbehalt der [X.] in § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] eine eigenständige, auch leistungsbegrenzende Bedeutung zukommen soll.

c) Dem stehen weder teleologische noch historisch-genetische Aspekte entgegen. Vielmehr bestätigen diese den vorgenannten Befund, auch wenn sie vom Gewicht her nicht an dasjenige der systematischen Erwägungen heranreichen.

Die Gewährung der grundsätzlich mit einem Anspruch auf umfassende Kostenerstattung verbundenen freien [X.] für Polizeivollzugsbeamte beruht auf der Würdigung ihrer besonderen gesundheitlichen Gefährdung (vgl. [X.], Urteil vom 26. November 1987 - 2 [X.] 52.85 - [X.] 237.6 § 230 NdsLBG Nr. 1 S. 2). Sinn und Zweck der [X.] sind dementsprechend darauf gerichtet, das erhöhte gesundheitliche Risiko, dem Polizeivollzugsbeamte aufgrund ihrer Tätigkeit ausgesetzt sind, dadurch auszugleichen, dass ihnen - anders als sonst im Beamtenrecht - grundsätzlich die Notwendigkeit abgenommen wird, für den Krankheitsfall auch selbst Vorsorge treffen zu müssen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 1986 - [X.] - [X.] 1988, 95). Mit diesem Kompensationsgedanken steht es in Einklang, wenn die freie [X.] nicht jene besonderen Fälle erfasst, in denen es um Aufwendungen für Maßnahmen geht, die nicht der Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit dienen. Insoweit bedarf es nämlich von der Zwecksetzung der [X.] her keiner Kompensation für eine erhöhte gesundheitliche Belastung. Die Einschränkung stellt sich unter diesem Blickwinkel vielmehr als vom [X.]gesetzgeber vorgesehene Kehrseite der ansonsten im Vergleich zu den [X.] für Beamte besseren Absicherung der Polizeivollzugsbeamten dar.

Auch die Gesetzgebungsgeschichte der Norm lässt erkennen, dass der [X.]gesetzgeber von dem Erfordernis ausgegangen ist, die freie [X.] auf diejenigen Aufwendungen zu erstrecken und zugleich zu begrenzen, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendig sind. Denn in der ursprünglichen Fassung des Beamtengesetzes für das [X.] ([X.]beamtengesetz - LBG) vom 15. Juni 1954 ([X.]. [X.]) war in § 191 Abs. 2 lediglich geregelt, dass der Polizeivollzugsbeamte Anspruch auf freie [X.] hat. Der in Rede stehende Zweckvorbehalt wurde erst im Rahmen einer späteren Neufassung des Gesetzes in dieses aufgenommen, und zwar in § 189 Abs. 2 Satz 2 des Beamtengesetzes für das [X.] ([X.]beamtengesetz - LBG) in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung vom 1. August 1966 (GV. NW. [X.]). Ungeachtet des Umstands, dass der [X.]gesetzgeber die mit dieser Änderung verfolgte Zwecksetzung in den Gesetzesmaterialien nicht gesondert begründet hat (vgl. [X.]. NW 5/1012, [X.], 26), ist der genannte Zweckvorbehalt seither in den weiteren Gesetzesfassungen beibehalten worden.

2. Die vorgenannte Auslegung des [X.] der Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit (§ 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.]) als Leistungseinschränkung im vorgenannten Sinne ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie bedarf keiner Korrektur aus verfassungsrechtlichen Gründen.

a) Entgegen der Rechtsansicht des [X.] steht diese Einschränkung der [X.] mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Einklang.

Die Fürsorgepflicht findet ihre verfassungsrechtliche Verankerung in den durch Art. 33 Abs. 5 GG verbürgten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 13. November 1990 - 2 [X.] - [X.]E 83, 89 <98>; [X.], Urteil vom 24. Januar 2013 - 5 [X.] 12.12 - [X.]E 145, 315 Rn. 24 m.w.[X.]). Sie ergänzt die ebenfalls durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn und fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten bzw. Versorgungsempfänger und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt oder Tod sicherstellt. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von [X.] wegen seiner Entscheidung überlassen (stRspr, vgl. z.B. [X.], Urteile vom 10. Oktober 2013 - 5 [X.] 32.12 - [X.]E 148, 106 Rn. 24 und vom 2. April 2014 - 5 [X.] 40.12 - [X.] 270.1 § 25 [X.] Rn. 19). Im Bereich der [X.] verpflichtet die Fürsorgepflicht den Dienstherrn, den Beamten bzw. Versorgungsempfänger von im Hinblick auf seine Alimentation unzumutbaren und unabwendbaren Belastungen freizuhalten, gebietet aber keine lückenlose Erstattung aller krankheitsbedingten Kosten ([X.], Urteil vom 2. April 2014 - 5 [X.] 40.12 - [X.] 270.1 § 25 [X.] Rn. 19 m.w.[X.]). Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn können grundsätzlich keine Ansprüche hergeleitet werden, die über diejenigen hinausgehen, die in Konkretisierung der Fürsorgepflicht aus dem betreffenden Gebiet im Beamtenrecht selbst speziell und abschließend geregelt sind (stRspr, vgl. [X.], Urteile vom 4. November 1976 - 2 [X.] 40.74 - [X.]E 51, 264 <268> und vom 24. Januar 2013 - 5 [X.] 12.12 - [X.]E 145, 315 Rn. 25 m.w.[X.]). Die Fürsorgepflicht gebietet nur dann die Gewährung von Ansprüchen, wenn sie ansonsten in ihrem nicht zur Disposition des Dienstherrn stehenden Wesenskern betroffen würde ([X.], Beschluss vom 30. November 1994 - 10 B 1.94 - [X.] 262 § 1 [X.] Nr. 2 S. 1, Urteile vom 2. April 2014 - 5 [X.] 40.12 - [X.] 270.1 § 25 [X.] Rn. 19 und vom 26. März 2015 - 5 [X.] 9.14 - [X.]E 151, 386 Rn. 36). Dies wiederum kommt im Bereich der [X.] regelmäßig nur dann in Betracht, wenn es um die Erstattung von Aufwendungen für Maßnahmen geht, deren absehbarer Erfolg für die Erledigung wesentlicher Verrichtungen des täglichen Lebens notwendig bzw. von existentieller Bedeutung für die Betroffenen ist, oder wenn diese infolge eines für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen vorgesehenen Leistungsausschlusses oder einer Leistungsbegrenzung mit erheblichen finanziellen Kosten belastet werden, die sich für sie als unzumutbar darstellen ([X.], Urteile vom 28. Mai 2008 - 2 [X.] 1.07 - [X.] 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 25 f. und vom 26. März 2015 - 5 [X.] 9.14 - [X.]E 151, 386 Rn. 36 m.w.[X.]).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die mit der gesetzlichen Regelung des § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] verbundene Einschränkung des Leistungsumfangs der freien [X.] führt insbesondere weder zur Versagung von Aufwendungsersatz für existenziell bedeutsame Maßnahmen im vorgenannten Sinne noch zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung für die von der Einschränkung betroffenen Polizeivollzugsbeamten. Dabei liegt eine den Wesensgehalt der Fürsorgepflicht berührende unzumutbare Folgewirkung der in Rede stehenden gesetzlichen Einschränkung hier jedenfalls deshalb nicht vor, weil das Gesetz auch für Polizeivollzugsbeamte den Rückgriff auf das Beihilferecht eröffnet.

Das Krankenfürsorgesystem des [X.] für Polizeivollzugsbeamte ist so ausgestaltet, dass diesen neben der primären und für sie vorrangigen Regelung der freien [X.] subsidiär auch Beihilfe nach § 77 Abs. 1 Nr. 1 LBG [X.] zustehen kann, soweit die begehrten Aufwendungen von der freien [X.] nicht umfasst werden. Dies erschließt sich bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift und zudem aus ihrer systematischen Stellung im fünften Abschnitt des Gesetzes, der - ohne die Polizeivollzugsbeamten auszunehmen - für alle Beamten des [X.] gilt. Durch den möglichen Rückgriff auf das Beihilferecht werden - unabhängig davon, ob im Einzelfall tatsächlich ein (ergänzender) Beihilfeanspruch des Polizeivollzugsbeamten besteht oder nicht - die Leistungseinschränkungen, die mit dem Zweckvorbehalt der Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit (§ 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.]) verbunden sind, jedenfalls so weit relativiert, dass durch seine etwaigen Folgen der Wesensgehalt der Fürsorgepflicht nicht beeinträchtigt wird.

Das gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass sich Umfang und Gewicht der möglichen Leistungsbeschränkungen - selbst wenn kein Rückgriff auf das Beihilferecht gestattet wäre - als relativ begrenzt darstellen. Etwaige [X.] werden sodann durch den möglichen Rückgriff auf [X.] weiter begrenzt und abgemildert. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Umstands, dass die freie [X.] ansonsten und grundsätzlich eine weitgehende Absicherung in Krankheitsfällen gewährleistet, ist die gesetzliche Einschränkung des § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] insgesamt mit der Fürsorgepflicht vereinbar, zumal im Anwendungsbereich des subsidiär anzuwendenden Beihilferechts bei besonderen Härten im Einzelfall aufgrund einer mit der Fürsorgepflicht konformen Auslegung bzw. unmittelbar aus dieser ein Leistungsanspruch begründet werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 2015 - 5 [X.] 9.14 - [X.]E 151, 386 Rn. 34 m.w.[X.]).

Es überschreitet damit entgegen der Rechtsansicht der Revision nicht die Schwelle zur verfassungswidrigen Unzumutbarkeit, wenn Polizeivollzugsbeamten des [X.] in dem insgesamt relativ begrenzten Bereich, den die freie [X.] infolge der im Streit stehenden Einschränkung nicht abdeckt, zugemutet wird, selbst Vorsorge zu betreiben bzw. die hierfür anfallenden Kosten aus den Mitteln zu tragen, die ihnen der Dienstherr im Rahmen der Alimentation zuwendet. Wegen des regelmäßig begrenzten Umfangs der etwaigen Selbstkosten ist es entgegen der Ansicht des [X.] auch nicht erheblich, ob insoweit die Möglichkeit besteht, sich gegen derartige Risiken privat zu versichern.

b) [X.]rechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Einschränkung der [X.] auf die Zwecke der Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit (§ 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.]) ergeben sich entgegen der [X.] der Revision schließlich auch nicht im Hinblick auf das Gebot der Normenklarheit oder den im rechtsstaatlichen und [X.] [X.]system des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) verankerten Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes.

Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes, der in Gestalt des sogenannten Parlamentsvorbehalts gebietet, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden normativen Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird (vgl. etwa [X.], Urteil vom 10. Oktober 2013 - 5 [X.] 29.12 - [X.]E 148, 116 Rn. 13 m.w.[X.]), kann im vorliegenden Zusammenhang schon deshalb nicht verletzt sein, weil die im Streit stehende Leistungseinschränkung der freien [X.] gerade durch ein formelles [X.]gesetz, nämlich durch § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.], statuiert wird. Einer ergänzenden Heranziehung des dazu ergangenen Verordnungsrechts, das den Zweckvorbehalt in § 2 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung über die freie [X.] der Polizei (Polizei-[X.]verordnung - [X.]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Dezember 2009 (GV. [X.]. [X.]) wiederholt, bedarf es insoweit nicht. Auf die Frage, ob und inwieweit es für die weitere Ausgestaltung der [X.] im Wege des Verordnungsrechts einer höheren Bestimmtheitsanforderungen genügenden gesetzlichen Verordnungsermächtigung bedarf, kommt es entgegen dem Vorbringen des [X.] im vorliegenden Zusammenhang nicht an.

Aus dem vorgenannten Grund liegt auch die Annahme einer Verletzung des Gebotes der Normenklarheit bzw. des rechtsstaatlichen Gebotes der Gesetzesbestimmtheit (Art. 20 Abs. 3 GG) fern. Bedenken hinsichtlich der hinreichenden Bestimmtheit der in § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] normierten Leistungseinschränkung bestehen jedenfalls nicht. Die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung nimmt ihr noch nicht die Bestimmtheit, die der Rechtsstaat von einem Gesetz fordert (vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 18. Mai 1988 - 2 BvR 579/84 - [X.]E 78, 205 <212> und vom 9. November 1988 - 1 BvR 243/86 - [X.]E 79, 106 <120>, Urteil vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94 u.a. - [X.]E 102, 254 <337>). Dass die hier im Streit stehende Leistungsbeschränkung des § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln einer Konkretisierung zugänglich ist, unterliegt - wie bereits oben aufgezeigt worden und im Folgenden weiter zu konkretisieren ist - keinen Zweifeln.

Sonstige verfassungsrechtliche Bedenken gegen die im Streit stehende Regelung bestehen ebenfalls nicht. Soweit der Kläger im Rahmen seiner Revision noch weitere Aspekte (wie etwa den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes) vorgebracht hatte, hat er daran nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht länger festgehalten.

3. Das Oberverwaltungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 113 Abs. 2 Satz 1 und 2 LBG [X.] für das von ihm erworbene Arzneimittel "[X.]" zu Recht abgelehnt.

a) Die Schlussfolgerung des [X.], dass die Aufwendungen für das vom Kläger erworbene Arzneimittel nicht von dem einschränkenden Zweckvorbehalt der freien [X.] (§ 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.]) umfasst sind, ist nicht zu beanstanden.

Das Oberverwaltungsgericht geht dabei in Anlehnung an die Rechtsprechung des [X.] ([X.], Urteil vom 3. März 2005 - 2 [X.] 4.04 - [X.] 237.7 § 194 [X.] Nr. 2 S. 1 f.) im Ergebnis zutreffend davon aus, dass mit dem Begriff der Polizeidienstfähigkeit im Sinne von § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] darauf abgestellt wird, ob der Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist. Wegen der Zweckbegrenzung, zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit zu dienen, rechtfertigen daher - wie das Oberverwaltungsgericht des Weiteren zutreffend annimmt - nur solche drohenden oder bereits eingetretenen Erkrankungen die Gewährung von freier [X.], die geeignet sind, die Verwendbarkeit des Beamten für seine vollzugspolizeilichen Aufgaben zu beeinträchtigen. Dementsprechend werden von der freien [X.] wegen der Leistungsbegrenzung des § 113 Abs. 2 Satz 2 LBG [X.] regelmäßig Aufwendungen für solche Medikamente nicht erfasst, die lediglich bezwecken, Beeinträchtigungen des allgemeinen Wohlbefindens entgegenzuwirken. Hierzu gehören grundsätzlich auch Präparate zur Potenzsteigerung (vgl. zum Beihilferecht [X.], Urteil vom 28. Mai 2008 - 2 [X.] 1.07 - [X.] 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 26).

An diesem Maßstab gemessen lässt die Schlussfolgerung des [X.], dass die erektile Dysfunktion des [X.] ungeachtet ihres Krankheitswertes seine polizeiliche Einsatzfähigkeit im vorgenannten Sinne nicht in Frage stellt und dementsprechend die Aufwendungen für das Medikament "[X.]" nicht von der freien [X.] gedeckt sind, keine ([X.] erkennen. Soweit diesem Schluss die tatsächliche Wertung des [X.] zugrunde liegt, dass sich die erektile Dysfunktion auf die Verwendbarkeit des [X.] für seine Aufgaben als [X.] nicht auswirkt, ist diese Feststellung auch weder der Sache nach in Zweifel gezogen worden, noch hat sie der Kläger mit Verfahrensrügen angegriffen. Sie stellt sich mithin schon aufgrund des zuletzt genannten Aspekts für das Revisionsgericht als bindend dar (§ 137 Abs. 2 VwGO).

b) Die Ablehnung eines Aufwendungsersatzanspruchs des [X.] aus § 113 Abs. 2 Satz 1 und 2 LBG [X.] bedarf schließlich auch im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (Art. 33 Abs. 5 GG) keiner einzelfallbezogenen Korrektur.

Gegen eine einzelfallbezogene Heranziehung der Fürsorgepflicht spricht hier, dass Polizeivollzugsbeamten des [X.] - wie oben dargelegt - im Falle des Ausfalls der [X.] der Rückgriff auf das - im vorliegenden Fall mangels streitgegenständlicher Erfassung nicht zu prüfende - Beihilferecht (§ 77 LBG [X.]) möglich ist, das seinerseits grundsätzlich nicht die Möglichkeit verschließt, in Härtefällen entweder im Wege verfassungskonformer Auslegung einer bestehenden Vorschrift oder aufgrund unmittelbarer Anwendung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn zu einem Leistungsanspruch zu gelangen (vgl. etwa [X.], Urteil vom 26. März 2015 - 5 [X.] 9.14 - [X.]E 151, 386 Rn. 39 m.w.[X.]). Es kann jedoch offenbleiben, ob und inwieweit dem [X.] im Rahmen des hier allein streitgegenständlichen Anspruchs auf freie [X.] noch einzelfallbezogene Bedeutung zukommen kann. Auch bei einer einzelfallbezogenen Überprüfung am Maßstab der Fürsorgepflicht des Dienstherrn könnte sich daraus kein Anspruch des [X.] auf Erstattung des für das Medikament "[X.]" aufgewendeten Betrages von 323,89 € ergeben. Denn es ist nicht zu gewärtigen, dass durch die Versagung dieses Anspruchs der Wesensgehalt der Fürsorgepflicht berührt werden könnte. Weder kommt dem Medikament eine für den Betroffenen gleichsam existentielle Bedeutung zu, noch hat der Kläger dargelegt oder ist sonst erkennbar, dass die Höhe der Aufwendungen zu einer unzumutbaren Belastung für ihn geführt hat.

4. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

5 C 32/15

28.04.2016

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 27. November 2014, Az: 6 A 2662/12, Beschluss

§ 113 Abs 2 S 1 BG NW 2009, § 113 Abs 2 S 2 BG NW 2009, § 77 Abs 1 Nr 1 BG NW 2009, Art 33 Abs 5 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.04.2016, Az. 5 C 32/15 (REWIS RS 2016, 12143)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12143

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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