Bundesgerichtshof, Vorlagebeschluss vom 14.05.2013, Az. 3 StR 69/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 5893

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Tenor

1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden:

Eine Verurteilung wegen vollendeter Hehlerei durch Absetzen setzt die Feststellung eines Absatzerfolges voraus.

2. Der Senat fragt bei den anderen Strafsenaten an, ob an entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.

Gründe

1

I. Das [X.] hat den Angeklagten wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen diese Verurteilung richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensbeanstandungen sowie der nicht näher ausgeführten Sachrüge.

2

Nach den Feststellungen des [X.]s bemühte sich der Angeklagte im Einverständnis mit dem [X.]      sowie in dessen Interesse selbständig um den Verkauf mehrerer Gemälde im Gesamtwert von mindestens 1,5 Mio. Euro. Diese waren Jahre zuvor von Unbekannten aus dem [X.] des Malers entwendet und von [X.]in Kenntnis des Diebstahls entgegengenommen worden. Nach dem Tod des Malers hatte [X.]den Angeklagten damit beauftragt, einen Käufer für die Bilder zu suchen, und ihm dreizehn der Bilder überbracht. Der Angeklagte hielt es für möglich, dass es sich bei [X.]entgegen dessen Behauptung nicht um den Eigentümer der Bilder, sondern einen Hehler handelte. Dies war ihm aber vor allem wegen der versprochenen Provision in Höhe von 10 % des Verkaufserlöses gleichgültig. Im Rahmen seiner Bemühungen fertigte er Fotografien von den Werken und sprach verschiedene ihm bekannte Personen an, von denen er hoffte, dass sie ihm beim Verkauf dienlich sein könnten. Die Bemühungen des Angeklagten hatten keinen Erfolg.

3

Das [X.] hat das Verhalten des Angeklagten als (vollendete) Hehlerei durch Absetzen der von [X.]hehlerisch erworbenen Bilder gewürdigt. Es sei zwar zu keinem Verkauf gekommen. Dies sei jedoch nicht erforderlich; vielmehr sei für die Vollendung das bloße Tätigwerden durch vorbereitende oder ausführende Tätigkeiten zum Zwecke des Absatzes ausreichend.

4

II. Der Senat beabsichtigt, auf die Revision des Angeklagten, die mit den Verfahrensrügen unbegründet ist und auch insofern keinen Erfolg haben kann, als sie sich gegen die Beweiswürdigung wendet, den Schuldspruch des angefochtenen Urteils dahin zu ändern, dass der Angeklagte der versuchten Hehlerei schuldig ist, den Strafausspruch aufzuheben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an den Tatrichter zurückzuverweisen. Er ist der Auffassung, dass die Annahme einer vollendeten Hehlerei in der Form des [X.] - wie auch der [X.], für die nichts anderes gelten kann - entgegen der Würdigung des [X.]s einen Erfolg der Absatzbemühungen voraussetzt.

5

1. Mit seiner abweichenden Würdigung befindet sich das [X.] allerdings im Einklang mit der bisherigen ständigen Rechtsprechung. Diese Rechtsprechung gründet auf mehrere Entscheidungen des [X.]. Dieses hat wiederholt die Auffassung vertreten, dass für die [X.] der Eintritt eines [X.] nicht erforderlich sei. Zur Begründung hat das [X.] unter Hinweis auf die damalige Fassung des § 253 StGB, in der die Tathandlung - abweichend von der heutigen Fassung ("absetzt oder absetzen hilft") - mit "zu deren Absatze bei anderen mitwirkt" beschrieben war, betont, dass danach nicht die Mitbewirkung des Absatzes, sondern die Mitwirkung zum Absatz unter Strafe gestellt sei. Ein weiteres Argument für das [X.] war die fehlende Strafbarkeit des Versuchs ([X.], 241, 242 f.; [X.], 199; [X.]5, 58, 59; [X.]6, 191 f.). An dieser Rechtsprechung hielt der [X.] - trotz der mit Wirkung vom 15. Juni 1943 erfolgten Einführung der Versuchsstrafbarkeit - fest ([X.], Urteile vom 24. Januar 1952 - 3 StR 927/51, [X.]St 2, 135, 136 f. - und vom 7. Dezember 1954 - 2 StR 471/54, NJW 1955, 350, 351).

6

Auch die am 1. Januar 1975 in [X.] getretene Neufassung des § 259 StGB mit der noch heute gültigen Formulierung "absetzt oder absetzen hilft" durch Art. 19 Nr. 132 [X.] führte zu keiner Rechtsprechungsänderung. Zwar entschied der 2. Strafsenat unter Bezugnahme auf den Wortlaut zunächst (Urteil vom 26. Mai 1976 - 2 [X.], NJW 1976, 1698, 1699), dass die Tathandlung des [X.] nur bei Eintritt eines [X.] vollendet sei. Diese Rechtsprechung gab er jedoch bereits wenige Monate später auf Anfrage des 4. Strafsenats wieder auf, der unter Verweis auf den "eindeutigen" Gesetzgeberwillen an der bisherigen Auslegung festhielt (Urteil vom 4. November 1976 - 4 StR 255/76, [X.]St 27, 45, 48 ff.).

7

Eine Einschränkung dieser Rechtsprechung fand in der Folgezeit nur insoweit statt, als verlangt wurde, dass das Bemühen um Absatz geeignet sein müsse, die rechtswidrige Vermögenssituation aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen, was bei einer Lieferung an einen verdeckten Ermittler bzw. an eine Vertrauensperson der Polizei nicht der Fall sei ([X.], Urteil vom 17. Juni 1997 - 1 StR 119/97, [X.]St 43, 110 sowie Beschluss vom 19. April 2000 - 5 StR 80/00, [X.], 266).

8

An dieser ständigen Rechtsprechung, die - jedenfalls seit der Neufassung des § 259 StGB - nahezu einhelliger Ablehnung durch die Literatur ausgesetzt ist (statt vieler: [X.], [X.] 1961, 33 ff.; [X.], [X.], 633 ff.; [X.], [X.] für [X.], 2002, 403 ff.; Berz, Jura 1980, 57 ff.; [X.], NJW 1977, 857 f.; S/S-[X.]/[X.], StGB, 28. Aufl., § 259 Rn. 29) und nur vereinzelt befürwortet ([X.], [X.] 1975, 721 f.; [X.], [X.], 352 f.) bzw. mit unterstützender Argumentation als hinnehmbar bezeichnet wird ([X.]/Hillenkamp, Strafrecht, [X.], 35. Aufl., Rn. 864), kann nach Auffassung des Senats nicht festgehalten werden. Er möchte deshalb unter Aufgabe entgegenstehender eigener Rechtsprechung für die Annahme vollendeter Hehlerei in der Form des [X.] - für [X.] könnte sodann nichts anderes gelten (so schon [X.], Urteil vom 4. November 1976 - 4 StR 255/76, [X.]St 27, 45, 51) - die Feststellung eines [X.] verlangen.

9

a) Für die Auslegung des Tatbestands der Hehlerei als [X.] auch in den Fällen des [X.] und der [X.] spricht der Wortlaut der Vorschrift. Schon der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet zwischen dem erfolgreichen Absetzen und bloßen Absatzbemühungen. Im Verkehr unter Kaufleuten, aus dem der Begriff stammt, würde niemand davon sprechen, dass ein Händler Waren abgesetzt hat, wenn er sich nur vergeblich um den Verkauf bemüht hat. Von diesem Verständnis ging auch das [X.] aus, das den Verzicht auf den im Absatzbegriff enthaltenen Erfolg - wie dargelegt - allein aus der [X.] herleitete ([X.], 241, 242 f.).

b) Zudem führt die bisherige Auslegung zu einem systematischen Bruch zwischen den Tathandlungsalternativen des [X.] und der [X.] einerseits sowie des [X.] und des sonstigen sich [X.] andererseits, wenn nur bei letzteren zur Vollendung - wie es einhelliger Auffassung entspricht - der Übergang der Verfügungsgewalt verlangt wird (vgl. [X.], aaO, 409). Wie wenig sachgerecht dieser systematische Bruch ist, wird besonders deutlich beim Blick auf die Konsequenzen für die [X.]: Diese ist vor allem deshalb als eigenständige, täterschaftliche Tatbestandsalternative ausgestaltet, weil die Absatzbemühungen des [X.] ihrerseits § 259 StGB nicht unterfallen, mithin keine taugliche Vortat darstellen können. Kommt jedoch dem Absatzhelfer im Vergleich zum Gehilfen des [X.] schon die zwingende Strafrahmenverschiebung des § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB nicht zugute, sollte dies nicht noch dadurch verstärkt werden, dass ihm die Möglichkeit einer solchen nach § 23 Abs. 2 StGB zusätzlich genommen wird (so auch [X.], aaO, 635 f.).

Dem Argument aus der systematischen Auslegung kann nicht überzeugend entgegengehalten werden, die einzelnen Stadien der auf Absatz zielenden Tätigkeiten - Vorbereitung, Versuch, Vollendung - seien anders als beim Sichverschaffen einer klaren Abgrenzung nicht zugänglich (vgl. hierzu [X.]/Hillenkamp, aaO). Denn gerade durch das Erfordernis eines [X.] wird eine klare Grenze zwischen den Stadien vor und nach Vollendung geschaffen. Die bisherige Rechtsprechung lässt demgegenüber - systemwidrig - die Versuchsstrafbarkeit im Bereich des [X.] und der [X.] weitestgehend leerlaufen. Ihr Anliegen ist es, befürchtete [X.] zu vermeiden, die bei einem Abstellen auf einen Absatzerfolg entstehen könnten (so ausdrücklich [X.]/Hillenkamp, aaO), und die deswegen als besonders misslich angesehen werden, weil die Hehlerei in Form des [X.] durch das Schaffen von Anreizen zur Begehung von (weiteren) [X.] als besonders gefährlich gelten müsse (in diese Richtung [X.], aaO, 353). Solche Lücken entstehen indes nicht, weil, soweit der Täter zum Absetzen (oder der [X.]) unmittelbar angesetzt hat, die dann angemessene Versuchsstrafbarkeit zum Tragen kommt, und, sofern sie - etwa in Fällen des Rücktritts - entfällt, dies dem Willen des Gesetzes entspricht. Im Übrigen ist die Schließung von [X.] nicht Sache der Rechtsprechung, sondern die der Gesetzgebung.

c) Das Verständnis des [X.] als [X.] verdient schließlich auch bei teleologischer Auslegung den Vorzug. Denn wenn das Wesen der Hehlerei in der Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage liegt, "die durch das Weiterschieben der durch die Vortat erlangten Sache im Einverständnis mit dem Vortäter erreicht wird" (BT-Drucks. 7/550, [X.], sogenannte Perpetuierungstheorie), liegt die Annahme von Vollendung fern, wenn diese Weiterschiebung noch nicht abgeschlossen ist (so auch [X.], aaO, 635). Dies stellt keinen Rückfall in das Verständnis der Hehlerei als [X.] dar (so aber [X.], aaO, 352 f.), sondern berücksichtigt, dass der Absetzende im Lager des [X.] steht ([X.], aaO, 411).

d) Der beabsichtigten Auslegung steht der Wille des Gesetzgebers nicht entgegen. Soweit es in der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zum [X.] vom 11. Mai 1973 heißt, die Änderung diene "nur der Klarstellung, dass Hehler auch derjenige ist, der die Sache zwar im Einverständnis mit dem Vortäter, aber sonst völlig selbständig auf dessen Rechnung absetzt" (BT-Drucks., aaO, [X.]), folgt daraus zwar, dass eine Änderung der Rechtslage mit der Neuformulierung nicht beabsichtigt war. Es ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber die bisherige Auslegung durch die Rechtsprechung, die sich von Beginn an systematischer und teleologischer Kritik ausgesetzt sah, festschreiben wollte (vgl. [X.], aaO, 410).

2. Der beabsichtigten Entscheidung stehen solche anderer Strafsenate des [X.]s entgegen (u.a. 1. Strafsenat: Urteil vom 21. Juni 1990 - 1 [X.]; 2. Strafsenat: Urteil vom 1. Februar 1978 - 2 StR 400/77; 4. Strafsenat: Urteil vom 4. November 1976 - 4 StR 255/76; 5. Strafsenat: Urteil vom 15. April 1980 - 5 [X.] zu § 374 AO). Der Senat fragt an, ob an der diesen und gegebenenfalls weiteren Entscheidungen zugrundeliegenden Rechtsansicht festgehalten wird, § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG.

Tolksdorf                       Pfister                       Hubert

                 Schäfer                        Mayer

Meta

3 StR 69/13

14.05.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Vorlagebeschluss

Sachgebiet: StR

nachgehend BGH, 22. Oktober 2013, Az: 3 StR 69/13, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Vorlagebeschluss vom 14.05.2013, Az. 3 StR 69/13 (REWIS RS 2013, 5893)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5893


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 ARs 6/13

Bundesgerichtshof, 1 ARs 6/13, 21.08.2013.


Az. 3 StR 69/13

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Bundesgerichtshof, 3 StR 69/13, 14.05.2013.


Az. 2 ARs 299/13

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