Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.01.2022, Az. 25 W (pat) 588/19

25. Senat | REWIS RS 2022, 1967

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Gegenstand

Markenbeschwerdesache – "ITR 4.0 it remarketing 4.0 (international registrierte Wort-/Bildmarke)" – Teilrücknahme – Unterscheidungskraft – keine Freihaltebedürftigkeit


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die internationale Markenregistrierung IR 1 437 163

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 18. Januar 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] Dr. [X.] sowie der Richterin k. A. Fehlhammer

beschlossen:

Auf die Beschwerde der [X.] wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 ([X.]) des [X.] vom 30. Juli 2019 aufgehoben, soweit der [X.] 1 437 163 der Schutz für die nachfolgenden Dienstleistungen verweigert worden ist:

Klasse 35:

Advertising; online advertising; marketing;

Klasse 42:

Design of computer hardware; professional advisory services relating to the design and development of computers; professional advisory services relating to the design and development of computer hardware; expert consultancy services in [X.].

Gründe

I.

1

Die [X.] sucht für die am 25. Mai 2018 international registrierte Wort-/Bildmarke 1 437 163

Abbildung

2

mit [X.] vom 29. November 2018 um Schutz in der [X.] nach. Die [X.] ist international registriert für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 36, 37, 39, 40 und 42.

3

Mit Beschluss vom 30. Juli 2019 hat die Markenstelle für [X.] ([X.]) des [X.] durch einen Beamten des gehobenen Dienstes der [X.] 1 437 163 teilweise den Schutz gemäß §§ 119 Abs. 1, 124, 113 und 37 Abs. 1 und Abs. 5 [X.] i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6

4

Klasse 09:

5

Peripheral devices for data reproduction; computer hardware; computer networking hardware; data communication equipment; data processing equipment;

6

[X.]:

7

Advertising; online advertising; marketing; retail services in relation to computer software; retail services in relation to computer hardware; retail services in relation to wearable computers;

8

[X.]:

9

[X.]; design of computer hardware; technological consultancy; consulting services relating to security software; consulting services relating to computer database programs; information technology [IT] consultancy; consultancy services relating to computer networks; consultancy services relating to computer programming; professional consultancy relating to information technology; professional advisory services relating to computer software; professional advisory services relating to the design and development of computers; engineering consultancy relating to computer programming; engineering consultancy relating to data-processing; professional consultancy relating to computer security; professional advisory services relating to the design and development of computer hardware; advisory services relating to computer based information systems; professional consultancy relating to computer software care; advice and consultancy in relation to computer networking applications; IT consultancy, advisory and information services; consultancy in [X.]; consultation services relating to computer systems; advisory services relating to computer software used for graphics; advisory services relating to updating computer software; computer security consultancy; expert consultancy services in [X.]; computer software support services.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Wortbestandteil "it remarketing 4.0" der schutzsuchenden Marke vom angesprochenen Verkehr als sachbeschreibender Hinweis auf eine fortentwickelte, vierte Stufe des Remarketings verstanden werde, die auf der Informationstechnik basiere. Der Sinngehalt der Zeichenelemente "IT" und "4.0" sei allgemein bekannt. Die weitere Wortkomponente "remarketing" bezeichne im Bereich des Marketings die gezielte Steuerung von [X.], bei der bereits erfasste Kunden erneut mit gezielt ausgesuchter Werbung angesprochen würden. Darüber hinaus werde auch der Verkauf von gebrauchten und wiederaufbereiteten Waren als "Remarketing" bezeichnet. Der angesprochene Verkehr werde entgegen der Auffassung der Inhaberin der [X.] nicht nur den Wortbestandteil "it remarketing 4.0", sondern auch die diesen abkürzende Buchstaben-/[X.] "[X.] 4.0" als Sachhinweis auf ein IT-basiertes Remarketing verstehen. Auch die Bildelemente der [X.] rechtfertigten keine andere Entscheidung. Die gewählte Schriftart, die quadratische Umrahmung und die weiße Unterlegung der Wortbestandteile auf blauem Grund seien werbeübliche Gestaltungsmittel, die keine hinreichende, den schutzunfähigen Charakter der Wortbestandteile aufhebende Verfremdung des Gesamteindrucks der schutzsuchenden Marke bewirkten. In ihrer maßgeblichen Gesamtheit beschreibe sie damit nichts anderes als die Vernetzung und Verzahnung von marketingspezifischen Prozessen, Objekten sowie Kunden durch Informations- und Kommunikationstechnologien und damit die thematische Ausrichtung der von der Schutzverweigerung umfassten Waren und Dienstleistungen.

Hiergegen wendet sich die Inhaberin der [X.] mit ihrer Beschwerde, zu der sie vorträgt, dass der angesprochene Verkehr der schutzsuchenden Marke in Verbindung mit den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen keinen beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen werde. Sie bestehe nicht aus gebräuchlichen Wörtern der [X.] oder einer anderen Sprache. Auch das Markenelement "remarketing" sei kein gebräuchlicher oder genau definierter Begriff. Vielmehr variiere die Vorstellung davon, was darunter zu verstehen sei, von Anbieter zu Anbieter. Unter der Bezeichnung "remarketing" würden daher sehr verschiedene Dienstleistungen angeboten. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, inwiefern der Wortbestandteil der Marke die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen beschreiben könne. Wenn man "Remarketing" als Schlagwort für eine besondere Art der Werbung verstehen wolle, so könne ein sachbeschreibender Zusammenhang allenfalls mit den rein werbebezogenen Dienstleistungen der [X.] bestehen. Die Argumentation der Markenstelle erscheine konstruiert und finde im tatsächlichen Verkehrsverständnis keinen Niederschlag. Die Markenkomponenten "[X.]" bzw. "[X.] 4.0" seien von der Markeninhaberin erdacht worden. Es sei deshalb nicht verwunderlich, dass die Markenstelle lediglich Recherchebelege aufgefunden habe, die die Abkürzung "IT 4.0" beträfen, jedoch keine Belege zu der hier zu beurteilenden Abkürzung. Deswegen sei es letztlich unerheblich, ob der angesprochene Verkehr die Buchstabenkombination "[X.]" als Abkürzung des Begriffs "IT Remarketing" verstehe. Die einschlägige Rechtsprechung des [X.] zum Verständnis von [X.] sei vorliegend nicht anwendbar, da seine Entscheidungen nur Wortmarken betroffen hätten. Weiterhin sei im Gegensatz zu den vom [X.] beurteilten Zeichen vorliegend nur der Buchstabe "R" im Sinne eines Akronyms in eine bereits bestehende Abkürzung aufgenommen worden. Selbst wenn die Wortbestandteile der schutzsuchenden Marke für sich genommen als nicht schutzfähig angesehen werden sollten, begründe ihre charakteristische Gestaltung deren Schutzfähigkeit.

Die Bildelemente, insbesondere die besonderen Schriftarten, die spezielle Formatierung, die unterschiedlichen Schriftgrößen sowie der blaue Hintergrund mit abgerundeten Ecken, führten zu einer charakteristischen und für sich genommen unterscheidungskräftigen Gestaltung.

Der [X.] hat der Inhaberin der [X.] mit schriftlichem Hinweis vom 16. Juni 2021 seine vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass der schutzsuchenden Marke in Verbindung mit den meisten beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Der angesprochene Verkehr werde sie insoweit als sachbeschreibenden Hinweis dahingehend verstehen, dass die so bezeichneten Produkte Gegenstand des Handels mit gebrauchter Hard- und Software seien oder für den Handel mit gebrauchter Hard- und Software bestimmt und geeignet seien. Lediglich in Verbindung mit den im Tenor genannten Dienstleistungen sei der Sachzusammenhang mit dem Handel mit gebrauchter Hard- und Software so weit gelockert, dass ein Schutzhindernis wohl nicht mehr zu bejahen sei.

Auf den Hinweis des Gerichts hat die Inhaberin der [X.] die Beschwerde mit Schriftsatz vom 20. Juli 2021 teilweise zurückgenommen, so dass sie sich nunmehr nur noch gegen die Schutzverweigerung der [X.] 1 437 163 in der [X.] für die tenorierten Dienstleistungen richtet.

Demzufolge beantragt sie sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] ([X.]) des [X.] vom 30. Juli 2019 aufzuheben, soweit der [X.] 1 437 163 der Schutz in der [X.] für die folgenden Dienstleistungen verweigert worden ist:

[X.]:

Advertising; online advertising; marketing;

[X.]:

Design of computer hardware; professional advisory services relating to the design and development of computers; professional advisory services relating to the design and development of computer hardware; expert consultancy services in [X.].

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss der Markenstelle für [X.] ([X.]), die Schriftsätze der Inhaberin der [X.], den schriftlichen Hinweis des [X.] vom 16. Juni 2021 und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 [X.] statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat im beschwerdegegenständlichen Umfang Erfolg. Dem Antrag auf Schutzerstreckung stehen insoweit weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] noch das Schutzhindernis des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Der Beschluss der Markenstelle für [X.] ([X.]) vom 30. Juli 2019 war daher im zuletzt beantragten Umfang aufzuheben.

1. Der schutzsuchenden Marke kann in Verbindung mit den nunmehr beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.], 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 731 Rn. 11 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 7 – [X.]; [X.], 270 Rn. 8 – Link economy; [X.], 1100 Rn. 10 – [X.]!; [X.], 825 Rn. 13
– [X.]; [X.], 850 Rn. 18 – [X.]; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – [X.]). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.] GRUR 2003, 604 Rn. 60 – [X.]; [X.], 565 Rn. 17 – Smartbook).

Bei der Beurteilung von [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. [X.] [X.], 411 Rn. 24 –Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944 Rn. 24 – [X.] 2; [X.], 428 Rn. 30 f. – [X.]; [X.] [X.], 850 – [X.]) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. [X.] [X.], 1143, 1144 Rn. 15 – [X.] werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – [X.]; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; [X.] MarkenR 2010, 439 Rn. 41 bis 57  Flugbörse).

Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.] [X.], 850 Rn. 19 – [X.]; [X.] [X.], 674 Rn. 86 – Postkantoor) oder sonst gebräuchliche Wörter der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache, die – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. [X.], a. a. [X.] – Link economy; [X.], 778 Rn. 11 – [X.]; [X.], 640 Rn. 13 – hey!). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.], a. a. [X.] – [X.]).

Den eben genannten Kategorien unterfällt die schutzsuchende Marke im beschwerdegegenständlichen Umfang nicht.

a) Sie weist die Buchstaben-/[X.] "[X.] 4.0" und die [X.]" auf. Erstgenannte ist zweizeilig angeordnet und dominiert durch ihre Größe sowie räumliche Anordnung den Gesamteindruck. Unter ihr ist mit einem deutlichen Abstand Zweitgenannte in einer wesentlich kleineren Schriftgröße einzeilig platziert. Weiterhin findet sich in der schutzsuchenden Marke ein dunkelblauer quadratischer Hintergrund mit abgerundeten Ecken, vor dem sich die Buchstaben und Ziffern in [X.] abheben. Die [X.] wirkt insgesamt wie ein sogenanntes "Icon", also ein auf dem Bildschirm eines Smartphones befindliches Symbol für ein ausführbares Programm (App).

Die Markenstelle hat im angegriffenen Beschluss zutreffend festgestellt, dass dem Begriff "Remarketing" im Wesentlichen zwei Bedeutungen zukommen. Zum einen beschreibt er eine Methodik, die im Bereich der [X.] angewendet wird. Dabei wird - durch IT-basierte Techniken - registriert und gespeichert, wie sich Nutzer beim Surfen im [X.] verhalten. Sofern sich ein Nutzer für ein bestimmtes Thema interessiert, wird dies dokumentiert, um ihm später "personalisierte", also auf seine vermeintlichen Bedürfnisse und Interessen zugeschnittene Werbung zukommen zu lassen. Zum anderen bezeichnet der Ausdruck "Remarketing" den Handel mit oder die Vermietung von gebrauchter Computerhard- und -software. Dabei wird nach den Recherchen des [X.] der Begriff "Remarketing" im Rahmen des Handels mit gebrauchter Hard- und Software häufig mit der Buchstabenfolge "IT" kombiniert. Die eben aufgezeigten Bedeutungen sind ausweislich der Feststellungen des [X.] zumindest den inländischen Fachkreisen im Bereich der [X.] sowie des Hard- und Software-Handels hinreichend bekannt.

Weiterhin ist im angegriffenen Beschluss richtig ausgeführt worden, dass es sich bei der [X.] "4.0" um einen allgemein verständlichen Hinweis auf die Digitalisierung bzw. digitale Technik handelt. Sie wird im [X.] Sprachraum seit der [X.] benutzt, auf der unter dem Schlagwort "Industrie 4.0" die Digitalisierung der Industrie mit großem öffentlichen Echo diskutiert wurde.

Das Akronym bzw. die Buchstabenfolge "IT" stammt aus der [X.] und ist mit der gleichen Bedeutung ("Informationstechnologie") seit langem auch in den [X.] Sprachschatz eingegangen. Der [X.] hat - ebenso wie die Markenstelle - hingegen nicht feststellen können, dass der Buchstabenfolge "[X.]" als solcher im einschlägigen Produktzusammenhang ein sachbeschreibender Sinngehalt zukommt.

b) Hiervon ausgehend lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die angesprochenen Durchschnittsverbraucher und Fachleute der [X.] in Verbindung mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der [X.] eine hinreichend konkrete Sachaussage entnehmen werden. Insbesondere verleiht ihr der von Hause aus schutzfähige Markenbestandteil "[X.]" die notwendige Unterscheidungskraft.

Etwas Anderes würde nur dann gelten, wenn zum einen die obere Wort-/Ziffernfolge "[X.] 4.0" in [X.] Umfang als Kürzel der darunter befindlichen [X.] "it remarketing 4.0" aufgefasst werden und diese zum anderen eine beschreibende Angabe darstellen würde. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] führt auch ein für sich genommen schutzfähiger Bestandteil eines Zeichens ausnahmsweise nicht zur Schutzfähigkeit in dessen Gesamtheit, wenn ein anderes Element die Unterscheidungskraft des Gesamtzeichens in Frage stellt. Dies gilt vor allem für Akronyme, die aus den Anfangsbuchstaben mehrerer beschreibender Angaben gebildet sind (vgl. [X.] [X.], 616 – [X.]/[X.] und [X.]/öko-Invest [Multi Markets Fund MMF und [X.] – [X.]]; BPatG 25 W (pat) 508/16 – [X.]; 25 W (pat) 532/18 – [X.]; vgl. auch [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Auflage, § 8 Rn. 235 bis 237 m. w. N.). Gegen die Annahme, dass dem Bestandteil "[X.] 4.0" aufgrund des weiteren Elements "it remarketing 4.0" die Unterscheidungskraft nicht mehr zukommt, sprechen jedoch folgende Umstände:

Zum einen sind nach Auffassung des [X.] einige Gedankenschritte erforderlich, um die Buchstaben-/Ziffernfolge "[X.] 4.0" mit der [X.] "it remarketing 4.0" gleichzusetzen. Da Erstgenannte etwa dreimal so groß ist, in Fettdruck erscheint, aus Großbuchstaben besteht und zweizeilig wiedergegeben ist, wird der Verkehr Zweitgenannter regelmäßig weniger Aufmerksamkeit zukommen lassen. Zudem führt die besagte grafische Ausgestaltung dazu, dass sich der Betrachter erst orientieren und den Bestandteil "[X.] 4.0" mit der weiteren Komponente "it remarketing 4.0" in Verbindung bringen muss, zumal zwischen beiden ein deutlicher Abstand vorhanden ist und verknüpfende Elemente wie Bindestriche oder Klammern fehlen.

Zum anderen lässt sich nicht feststellen, dass die [X.] "it remarketing 4.0" eine übliche sachbeschreibende Bezeichnung im Bereich der auf dem Surfverhalten von [X.]-Nutzern beruhenden Werbung oder Verkaufsförderung darstellt. Hierbei ist davon auszugehen, dass das Markenelement "remarketing" in Verbindung mit den in Rede stehenden Werbe- und Marketingdienstleistungen der [X.] vorrangig als Fachbegriff für die Methode der gezielten Ansprache von [X.]-Nutzern zum Zwecke der Verkaufsförderung und allenfalls vereinzelt als Bezeichnung der Branche zum Bewerben des Handels mit oder der Vermietung von gebrauchter Computerhard- und -software verstanden wird (vgl. hierzu auch [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 125). Im Kontext der Werbung und des Marketings ist es - anders als im Bereich des Handels mit gebrauchter Hard- und Software - nicht üblich, das Wort "Remarketing" mit der Buchstabenkombination "IT" zu kombinieren. Da die Marketingmethode des "Remarketings" ohnehin auf der Nutzung des [X.]s und damit von Informationstechnologie im weitesten Sinne basiert, liegt die Sinnhaftigkeit einer entsprechenden Kombination auch weniger nahe als im Bereich des Handels mit gebrauchten Waren. Dieser kann sich auf Produkte der "Informationstechnologie" beziehen, aber auch auf alle möglichen Waren aus anderen Bereichen. Insofern liegt es nicht auf der Hand, die Kombination "it remarketing" auch als Fachbegriff im Rahmen der Werbung oder des Marketings anzusehen.

Aus Sicht des [X.] bedarf es damit zu vieler Überlegungen, um das Kürzel "[X.]" als auf der Buchstaben-/Wortfolge "it remarketing" beruhend zu erkennen und diese als Fachausdruck auch im Kontext der Werbung oder des Marketings zu interpretieren. Ausgehend von dem Grundsatz, dass ein für sich genommen schutzfähiger Bestandteil einer zusammengesetzten Marke, der noch als eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst wird, der Marke insgesamt zur Schutzfähigkeit verhelfen kann (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, a. a. [X.], § 8 Rn. 234 ff.), kann der schutzsuchenden Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft in Verbindung mit den tenorierten Dienstleistungen der [X.] abgesprochen werden.

c) Auch in Verbindung mit den zuletzt beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der [X.]

"Design of computer hardware; professional advisory services relating to the design and development of computers; professional advisory services relating to the design and development of computer hardware; expert consultancy services in [X.]"

lässt sich ein beschreibendes Verkehrsverständnis nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen. Im Zusammenhang mit dem Handel mit oder der Vermietung von gebrauchter Hard- und Software spricht zwar einiges dafür, dass der angesprochene Verkehr die Buchstabenfolge "[X.]" als Abkürzung des gebräuchlichen Fachbegriffs "IT-Remarketing" verstehen wird. Die eben genannten Dienstleistungen der [X.] beziehen sich jedoch auf das Design und die Entwicklung von Computer-Hardware. Sie liegen zeitlich vor der Herstellung der betreffenden als Neuware angebotenen Komponenten, so dass ein unmittelbar verständlicher Sinnzusammenhang mit gebrauchter Hardware und hierauf bezogener Dienstleistungen nicht hinreichend naheliegt.

2. Nachdem der schutzsuchenden Marke in Verbindung mit den zuletzt beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen keine eindeutige beschreibende Sachaussage entnommen werden kann, ist auch das Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu verneinen.

Meta

25 W (pat) 588/19

18.01.2022

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.01.2022, Az. 25 W (pat) 588/19 (REWIS RS 2022, 1967)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1967

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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