Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2007, Az. I ZR 98/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3992

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 98/05 Verkündet am: 3. Mai 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 3. Mai 2007 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Bergmann und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 18. Mai 2005 unter Zu-rückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und in-soweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über einen Betrag von 8.633,66 • (Summe der für die Schadensfälle 1, 3, 4, 5 gel-tend gemachten Ersatzbeträge) nebst 5% über dem Basiszinssatz aus 4.438 • seit dem 21. August 2001 und aus 4.195,66 • seit dem 21. September 2001 hinaus zum Nachteil der [X.] er-kannt und dabei ein Mitverschulden verneint hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Die Klägerin ist Transportversicherer der S.

GmbH in [X.] (Versenderin). Sie nimmt die Beklagte zu 1, die einen Paketbeförde-rungsdienst betreibt, und die Beklagte zu 2 als deren persönlich haftende Ge-sellschafterin aus abgetretenem und übergegangenem Recht der Versenderin wegen Verlusts von Transportgut in sieben Fällen in Anspruch. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur die Schadensfälle 2, 6 und 7. Schadensfall 2: Am 23. April 2001 übergab die Versenderin der [X.] zu 1 sechs Pakete mit [X.] im Gesamtwert von 20.565 DM (10.514,72 •) zur Beförderung nach [X.]. Ein Paket ging auf dem Transport verloren. Die Klägerin verlangt 5.453,95 • Schadensersatz. 2 Schadensfall 6: Am 3. Mai 2001 übergab die Versenderin der [X.] zu 1 drei Pakete mit [X.] im Gesamtwert von 17.287,50 DM (8.838,96 •) zur Beförderung nach [X.]. Zwei Pakete gingen auf dem [X.] verloren. Die Klägerin verlangt 6.970,95 • Schadensersatz. 3 Schadensfall 7: Am 7. Mai 2001 übergab die Versenderin der [X.] zu 1 zwölf Pakete mit [X.] im Gesamtwert von 65.712 DM (33.598,01 •) zur Beförderung nach [X.]. Zwei Pakete gingen auf dem Transport verloren. Die Klägerin verlangt 6.135,50 • Schadensersatz. 4 Den Transportaufträgen lagen die Beförderungsbedingungen der [X.] zu 1 (Stand November 2000) zugrunde, die auszugsweise folgende Rege-lungen enthielten: 5 - 4 - "... 2. Serviceumfang Sofern keine besonderen Dienstleistungen vereinbart werden, beschränkt sich der von U. angebotene Service auf Abholung, Transport, Zollabfertigung (sofern zutreffend) und Zustellung der Sendung. Um die vom Versender gewünschte kurze Beförderungsdauer und das niedrige Beförderungsentgelt zu ermöglichen, werden die Sendungen im Rahmen einer Sammelbeförderung transpor-tiert. Der Versender nimmt mit der Wahl der Beförderungsart in Kauf, dass aufgrund der Massenbeförderung nicht die gleiche Obhut wie bei einer Einzelbeförderung gewährleistet werden kann. Der Versender ist damit einverstanden, wenn eine Kontrol-le des [X.], insbesondere durch Ein- und Ausgangs-dokumentation, an den einzelnen Umschlagstellen innerhalb des [X.] nicht durchgeführt wird. Soweit der [X.] weitergehende Kontrolle der Beförderung wünscht, wählt er die Beförderung als Wertpaket. 9. Haftung – 9.2 Gelten keine Abkommensbestimmungen oder sonstige zwingen-de nationale Gesetze, wird die Haftung ausschließlich durch [X.] geregelt.
In [X.] ist die Haftung für Verlust oder Beschädigung [X.] auf nachgewiesene direkte Schäden bis maximal DM 1.000,00 pro Sendung oder 8,33 [X.] für jedes Kilogramm, je nachdem welcher Betrag höher ist. – Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die U. , seine gesetzlichen Vertreter, oder Erfüllungsgehilfen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, dass der Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen ha-ben. – - 5 - 9.4 Die Haftungsgrenze nach Ziffer 9.2 wird angehoben durch kor-rekte Deklaration eines höheren Wertes der Sendung auf dem Frachtbrief und durch Zahlung des in der "[X.] und Servi-celeistungen" aufgeführten Zuschlages auf den angegebenen Wert (Wertpaket). In keinem Fall dürfen die in Absatz 3 (a) (ii) festgesetzten Grenzen überschritten werden. Der Versender er-klärt durch Unterlassung einer [X.], dass sein [X.] an den Gütern die in Ziffer 9.2 genannte Grundhaftung nicht übersteigt. U. kann Wertzuschläge namens und im Auftrag des Versen- ders als Prämie für die Versicherung der Interessen des [X.] an eine Versicherungsgesellschaft weitergeben. In diesem Fall werden etwaige Ansprüche des Versenders auf [X.] durch U. gestellt und im Namen der [X.] schaft bezahlt. Die von U. für diese Zwecke eingesetzten Poli- cen können bei der oben genannten Anschrift eingesehen wer-den. –" Die Klägerin ist der Auffassung, die [X.] würden für den Verlust des Transportgutes in voller Höhe haften. 6 Die Klägerin hat hinsichtlich der im Revisionsverfahren anhängigen Schadensfälle beantragt, die [X.] zu verurteilen, 18.560,40 • nebst Zin-sen zu zahlen. 7 Die [X.] sind der Klage entgegengetreten. Sie haben geltend ge-macht, die Klägerin müsse sich ein haftungsausschließendes Mitverschulden anrechnen lassen, weil die Versenderin eine [X.] unterlassen habe. Im Falle der [X.] behandele sie die Pakete sorgfältiger, sofern de-ren Wert 5.000 DM übersteige. 8 9 Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen die Klage hinsichtlich eines [X.] in Höhe von 654,45 • abgewiesen. - 6 - 10 Der Senat hat die Revision der [X.] beschränkt auf die Fälle 2, 6 und 7 und insoweit beschränkt auf das Mitverschulden zugelassen. In diesem Umfang verfolgen die [X.] mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat eine unbeschränkte Haftung der [X.] für den Verlust der Pakete nach den §§ 425, 435 HGB angenommen. Zur [X.] hat es - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausge-führt: 11 Ein Mitverschulden der Versenderin gemäß § 254 Abs. 1 und 2 BGB an dem Verlust der Pakete sei der Klägerin nicht zur Last zu legen. Ein [X.] wegen unterlassener [X.] sei nicht anzunehmen, da nicht vorgetragen sei, dass eine [X.] dazu geführt hätte, dass die Pakete sorgfältiger behandelt worden wären und die Versenderin hiervon Kenntnis [X.] hätte. Die Pakete seien im so genannten [X.] bzw. [X.] versendet worden. Die [X.] hätten nicht dargetan, auf welche Weise die Beklagte zu 1 sicherstelle, dass auch in diesen Verfahren Wertpake-te mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert werden könnten. Ein [X.] gemäß § 254 Abs. 2 BGB liege erst bei einem Paketwert von mehr als 50.000 US-Dollar vor. 12 I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen im Umfang der Anträge der Revision zur Aufhebung des [X.] - 7 - rufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein Mitverschulden der Versenderin in Betracht kommen. 14 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der [X.]seinwand auch im Fall des qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB zu berücksichtigen ist (vgl. [X.], Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, [X.] 2003, 467, 471; Urt. v. 23.10.2003 - [X.], [X.] 2004, 177, 179). 2. Dem Berufungsgericht kann jedoch in seiner Annahme, ein [X.] der Versenderin nach § 254 Abs. 1 BGB wegen Unterlassens einer [X.] komme im vorliegenden Fall nicht in Betracht, nicht beigetreten werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vortrag der [X.], sie behandelten wertdeklarierte Pakete sorgfältiger als nicht wertde-klarierte, nicht deshalb unerheblich, weil die verlorengegangenen Pakete im vorliegenden Fall im Wege des so genannten [X.] bzw. [X.]s versandt worden sind. 15 a) Nach Ansicht des Berufungsgerichts haben die [X.] nicht darge-tan, auf welche Weise die Beklagte zu 1 sicherstellt, dass [X.] auch in diesem Verfahren mit einer erhöhten Beförderungssicherheit transportiert wer-den. Die von ihr vorgetragenen Kontrollen bei der Beförderung von [X.] könnten nicht umgesetzt werden, wenn Kunden, die am [X.] bzw. [X.] teilnähmen, zwar bei der Eingabe der Paketdaten eine [X.] vornähmen, das wertdeklarierte Paket dann aber zusammen mit anderen Paketen in den Feeder gäben. Denn das Paket werde dann weiter-hin wie eine Standardsendung befördert. Soweit die [X.] vorgetragen [X.], eine Behandlung als Wertpaket im Rahmen des [X.]Verfahrens setze vor-16 - 8 - aus, dass das Paket dem [X.] der [X.] separat als Wertpaket übergeben werde, sei nicht ersichtlich, dass der Versenderin dies bekannt ge-wesen sei. 17 b) Mit dieser Begründung kann ein Mitverschulden der Versenderin we-gen des Unterlassens einer [X.] nicht verneint werden. Wenn - wie mangels Feststellungen des Berufungsgerichts zu Gunsten der [X.] zu unterstellen ist - die konkrete Ausgestaltung des Versandverfahrens dem [X.] keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme bietet, auf welche Weise wert-deklarierte Pakete einem besonders kontrollierten Transportsystem zugeführt werden, hat er selbst Maßnahmen zu ergreifen, um auf eine sorgfältigere Be-handlung des wertdeklarierten Pakets aufmerksam zu machen (vgl. [X.], Urt. [X.], NJW-RR 2007, 28 Tz 32 = [X.] 2006, 394). Ein schadensursächliches Mitverschulden der Versenderin kommt deshalb in [X.], weil sie hätte erkennen können, dass eine sorgfältigere Behandlung durch die Beklagte zu 1 nur gewährleistet ist, wenn wertdeklarierte Pakete nicht mit anderen Paketen in den Feeder gegeben, sondern dem [X.] der [X.] zu 1 gesondert übergeben werden. Dass eine solche gesonderte Übergabe an den [X.] erforderlich ist, liegt angesichts der Ausgestal-tung des vorliegend angewandten Verfahrens, das im beiderseitigen Interesse der Beschleunigung des Versands darauf angelegt ist, dass Paketkontrollen zunächst unterbleiben (vgl. [X.], Urt. [X.] - I ZR 235/02, [X.] 2005, 403, 404), für einen ordentlichen und vernünftigen Versender auf der Hand ([X.] NJW-RR 2007, 28 Tz 32). c) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die unterlassenen Wert-angaben auf den in Verlust geratenen Paketen die Schäden mit verursacht ha-ben, weil die Beklagte zu 1 bei richtiger Wertangabe und entsprechender [X.] - 9 - zahlung des höheren Beförderungstarifs ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte. 19 3. Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein anspruchsminderndes [X.] der Versenderin ergebe sich auch nicht daraus, dass die Versen-derin nicht auf einen drohenden besonders hohen Schaden hingewiesen habe (§ 254 Abs. 2 BGB), ist gleichfalls nicht frei von [X.]. a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein ungewöhnlich ho-her Schaden nicht erst bei einem Paketwert oberhalb von 50.000 US-Dollar ge-geben. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, liegt es angesichts des Umstands, dass nach den Beförderungsbedingungen der [X.] zu 1 Beträge von 1.000 DM und 50.000 US-Dollar im Raum stehen, nahe, die Gefahr eines besonders hohen Schadens in solchen Fällen anzu-nehmen, in denen der Wert des Pakets 5.000 • übersteigt, also etwa den zehn-fachen Betrag der Haftungshöchstgrenze gemäß Nr. 9 der [X.] der [X.] zu 1 (vgl. [X.], Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 265/03, [X.] 2006, 208, 209; [X.] NJW-RR 2007, 28 Tz 34). 20 b) Danach hat im Schadensfall 2, bei dem der Handelswert des verloren-gegangenen Pakets nach den tatrichterlichen Feststellungen 5.453,95 • be-tragen hat, die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens bestanden. [X.] der Schadensfälle 6 und 7 kann dies aufgrund der bisherigen [X.] nicht abschließend beurteilt werden. Zwar lag der Wert des verlorenge-gangenen Gutes bei diesen Sendungen insgesamt ebenfalls jeweils über 5.000 •. Es sind in den Schadensfällen 6 und 7 jedoch jeweils zwei Pakete ver-lorengegangen. Nach dem Zweck der Obliegenheit zur Warnung vor der Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens, der darin besteht, den Schädiger auf ei-ne für ihn nicht erkennbare Gefahr hinzuweisen (vgl. [X.].BGB/ 21 - 10 - [X.], 5. Aufl., § 254 Rdn. 70 ff.), kommt es maßgeblich auf den Wert eines Pakets an (vgl. [X.] [X.] 2006, 208, 209). Die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens kann daher nur dann angenommen werden, wenn in einem der Pakete Waren in einem Wert von mehr als 5.000 • enthalten gewesen sind. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. II[X.] Danach kann das angefochtene Urteil, soweit es von der Revision [X.] worden ist, keinen Bestand haben. Es ist daher auf die Revision der [X.] aufzuheben, soweit das Berufungsgericht in den Verlustfällen 2, 6 und 7 ein Mitverschulden verneint hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache 22 - 11 - zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision einschließlich der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen. [X.] Pokrant Ri[X.] Prof. Dr. Büscher ist

in Urlaub und kann deswe-

gen nicht unterschreiben.

[X.] [X.] [X.] ist in Urlaub und kann deswe- gen nicht unterschreiben.

[X.]
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 15.04.2004 - 31 O 83/02 - [X.], Entscheidung vom 18.05.2005 - [X.]/04 -

Meta

I ZR 98/05

03.05.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.05.2007, Az. I ZR 98/05 (REWIS RS 2007, 3992)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3992

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.