Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2008, Az. I ZR 7/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3136

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 7/06 Verkündet am: 26. Juni 2008 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 26. Juni 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 21. Dezember 2005 auf-gehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision einschließlich des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Die Klägerin ist Transportversicherer der K.

(im Weite- ren: [X.]) in [X.]. Sie nimmt die [X.], die einen Paketbeför-derungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht der [X.] wegen Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch. Die [X.] übergab der [X.]n am 2. Dezember 2003 zwölf Pa-kete zum Transport. Der [X.] wurde im sogenannten [X.] abgewickelt. Hierbei handelt es sich um ein EDV-gestütztes Verfahren, bei dem die [X.] die zu befördernden Pakete mittels einer von der [X.] zur Verfügung gestellten Software selbst im System erfassen kann. Dieses System teilt sodann jedem Paket eine Kontrollnummer zu und erstellt einen Aufkleber, den die [X.] auf das Paket aufbringen kann. Die [X.] werden auf elektronischem Wege an die [X.] übermittelt. Der [X.] der [X.]n nimmt die Vielzahl der von der [X.] übli-cherweise in einen sogenannten Feeder verladenen Pakete entgegen und [X.] die Gesamtzahl der übernommenen Pakete auf einem Absendemanifest. Einen Abgleich zwischen der [X.] und dem Inhalt des Feeders nimmt der [X.] nicht vor. 2 Dem Transportauftrag vom 2. Dezember 2003 lagen die [X.] der [X.]n mit Stand 2003 zugrunde, die auszugsweise fol-gende Regelungen enthielten: 3 - 4 - – 2. Serviceumfang – – Der Versender ist damit einverstanden, wenn eine Kontrolle des [X.], insbesondere durch Ein- und Ausgangsdokumentation, an den einzelnen Umschlagstellen innerhalb des U. -Systems nicht durchgeführt wird. Soweit der Versender eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünscht, wählt er die Beförderung als Wertpaket. – 9. Haftung – 9.2 Gelten keine Abkommensbestimmungen oder sonstige zwingende nationale Gesetze, wird die Haftung ausschließlich durch diese Be-dingungen geregelt.
In [X.] ist die Haftung für Verlust oder Beschädigung [X.] auf nachgewiesene direkte Schäden bis maximal • 510 pro Sendung oder 8,33 [X.] für jedes Kilogramm, je nachdem, welcher Betrag höher ist. – Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Scha-den auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die U. , seine gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen vorsätz- lich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass der Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen haben. – 9.4 Die Haftungsgrenze nach Ziffer 9.2 wird angehoben durch korrekte Deklaration eines höheren Wertes der Sendung auf dem Frachtbrief und durch Zahlung des in der "[X.] und Serviceleistungen" aufgeführten Zuschlages auf den angegebenen Wert (Wertpaket). – Der Versender erklärt durch Unterlassung einer [X.], dass sein Interesse an den Gütern die in Ziffer 9.2 genannte [X.] nicht übersteigt. – - 5 - Die Klägerin hat behauptet, unter den der [X.]n am 2. Dezember 2003 übergebenen Paketen hätten sich auch die Pakete mit den [X.] -460559, -430162 und -482777 befunden, die bei der in [X.] ansässigen Empfängerin nicht angekommen seien. Jedes Paket habe 70 Mobiltelefone im Wert von je 215 • enthalten. Sie habe die [X.] un-ter Berücksichtigung einer Ersatzleistung der [X.]n in Höhe von 1.533 • mit 36.686,08 • entschädigt. Die Klägerin ist der Auffassung, die [X.] müsse für den [X.] in voller Höhe haften, da sie keine Aufklärung über den Verbleib der Pakete leisten könne. 4 Die [X.] hat demgegenüber insbesondere geltend gemacht, die Klä-gerin müsse sich ein die Haftung ausschließendes Mitverschulden der Versen-derin anrechnen lassen, weil diese eine [X.] unterlassen habe. Im Falle einer [X.] behandele sie die Pakete sorgfältiger, sofern deren Wert 2.500 • übersteige. Dies gelte auch, wenn der Transport im sogenannten EDI-Verfahren abgewickelt werde. 5 Das [X.] hat die [X.] zur Zahlung von 36.686,08 • nebst Zinsen verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der [X.]n ist ohne [X.] geblieben. 6 Der Senat hat die Revision der [X.]n beschränkt auf die Frage des Mitverschuldens zugelassen. Mit der Revision verfolgt die [X.] ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel [X.]. 7 - 6 - Entscheidungsgründe: 8 I. Das Berufungsgericht hat eine unbeschränkte Haftung der [X.]n für den Verlust der Pakete nach § 425 Abs. 1, § 435 HGB angenommen. Zur Begründung hat es - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausge-führt: Ein Mitverschulden der [X.] gemäß § 254 Abs. 1 BGB am [X.] der Pakete sei der Klägerin nicht zuzurechnen. Aufgrund der Regelungen in Ziffer 2 der Beförderungsbedingungen der [X.]n habe die [X.] zwar gewusst, dass die [X.] [X.] mit größerer Sorgfalt behandele. Die Annahme eines Mitverschuldens wegen unterlassener [X.] scheitere jedoch daran, dass die verlorengegangenen Pakete im sogenannten EDI-Verfahren versandt worden seien. Bei diesem Verfahren sei auf der [X.] des Vorbringens der [X.]n nicht ersichtlich, dass die [X.] die ihr übergebenen Pakete mit zusätzlicher Sorgfalt behandelt hätte, wenn die [X.] ihren Wert deklariert hätte. Die Notwendigkeit einer Übergabe der Pa-kete an den [X.] "als Wertpaket" habe sich der [X.] nicht er-schließen oder gar aufdrängen müssen. 9 II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverwei-sung der Sache an das Berufungsgericht. Entgegen der Auffassung des [X.]s kommt ein Mitverschulden der [X.] am Verlust der streit-gegenständlichen Pakete in Betracht. 10 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der [X.] auch im Falle des qualifizierten Verschuldens i.S. von 11 - 7 - § 435 HGB zu berücksichtigen ist (vgl. [X.], Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, [X.] 2003, 467, 471 = NJW 2003, 3626; Urt. v. 30.1.2008 - I ZR 146/05, [X.] 2008, 117 [X.]. 34). 12 2. Ein mitwirkender Schadensbeitrag des Versenders kann sich daraus ergeben, dass dieser eine [X.] unterlassen oder von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens abgesehen hat ([X.], Urt. [X.], NJW-RR 2007, 28 [X.]. 23 = [X.] 2006, 394; [X.] [X.] 2008, 117 [X.]. 34). a) Die Annahme eines Mitverschuldens wegen unterlassener [X.] setzt voraus, dass der Versender wusste oder hätte wissen müssen, dass das Paket im Falle der [X.] sicherer befördert worden wäre (vgl. [X.], Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, [X.] 2006, 205, 206 f.; Urt. v. 30.1.2008 - I ZR 165/04, [X.] 2008, 122 [X.]. 28). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die [X.] aufgrund der Regelungen in Ziffer 2 der Beförderungsbedingungen der [X.]n hätte erkennen können und müssen, dass nach der Betriebsorganisation der [X.]n bei [X.] eine erhöhte Beförderungssicherheit gewährleistet werden soll (vgl. [X.], Urt. v. 22.11.2007 - I ZR 74/05, [X.] 2008, 30 [X.]. 32 f. = [X.], 508; [X.] [X.] 2008, 122 [X.]. 28). 13 b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts und der bislang getroffenen Feststel-lungen ein Mitverschulden der [X.] gemäß § 254 Abs. 1 BGB in [X.]. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, es könne nicht fest-gestellt werden, dass die [X.] Pakete bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandele, also besonderen Sicherungen unterstelle. 14 - 8 - aa) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die [X.] nicht dargetan, auf welche Weise sie sicherstellt, dass [X.] auch im EDI-Verfahren mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert werden. Es hat angenommen, bei dem in Rede stehenden Verfahren trete eine etwaige gesonderte Wertdeklara-tion weder auf der Übernahmequittung noch auf dem Paketaufkleber in Er-scheinung. Die [X.] mit den Einzeldaten, aus der möglicherweise eine [X.] ersichtlich sei, werde per Datenfernübertragung übermittelt und sei dem [X.] nicht zugänglich. Deshalb könne der Fahrer den Wert ei-nes Pakets nicht erkennen und wisse auch nicht, dass es sich um ein wert-deklariertes Paket handele. Ob und inwieweit eine gesonderte Übergabe eines Pakets an den [X.] der [X.]n für [X.] zumutbar sei, könne offen bleiben. Jedenfalls sei weder ersichtlich noch dargetan, dass die [X.] der [X.] mitgeteilt habe, dass wertdeklarierte Pakete dem [X.] separat "als Wertpaket" übergeben werden müssten. Ohne eine der-artige Information habe sich der [X.] die Notwendigkeit einer separaten Übergabe an den [X.] nicht erschließen müssen. 15 [X.]) Mit dieser Begründung kann ein Mitverschulden der [X.] we-gen des Unterlassens einer [X.] nicht verneint werden. Das [X.] ist zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die von der [X.] vorgetragenen Kontrollen bei der Beförderung von [X.]n nicht umgesetzt werden können, wenn Kunden, die am EDI-Verfahren teilnehmen, bei der Eingabe der Paketdaten eine [X.] vornehmen, das wertde-klarierte Paket dann aber zusammen mit anderen Paketen in den Feeder ge-ben. Eine gesonderte Behandlung ist aber im Falle einer separaten Übergabe an den Frachtführer möglich ([X.] NJW-RR 2007, 28 [X.]. 32; [X.] 2008, 122 [X.]. 31). Da dies offenkundig ist, war dieser Umstand auch ohne einen aus-drücklichen Vortrag der [X.]n hierzu zu berücksichtigen (vgl. auch [X.], 16 - 9 - Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 85/05, [X.] 2007, 419 [X.]. 22; Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 175/05, [X.] 2007, 414 [X.]. 22; [X.] [X.] 2008, 122 [X.]. 31). 17 Der Annahme eines Mitverschuldens steht nicht entgegen, dass die [X.] die [X.] hierüber nicht informiert hat. Wenn - was mangels ge-genteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der [X.]n zu unterstellen ist - die konkrete Ausgestaltung des Versandverfahrens dem [X.] keinerlei Anhaltspunkte bietet, auf welche Weise wertdeklarierte Pakete einem besonders kontrollierten Transportsystem zugeführt werden, hat er selbst Maßnahmen zu ergreifen, um auf eine sorgfältigere Behandlung des wertdekla-rierten Pakets aufmerksam zu machen (vgl. [X.] NJW-RR 2007, 28 [X.]. 32). Von einem schadensursächlichen Mitverschulden der [X.] ist deshalb auszugehen, weil sie hätte erkennen können, dass eine sorgfältigere [X.] durch die [X.] nur gewährleistet ist, wenn wertdeklarierte Pakete nicht mit anderen Paketen in den Feeder gegeben, sondern dem [X.] der [X.]n separat übergeben werden. Dass eine solche gesonderte Übergabe an den [X.] erforderlich ist, liegt angesichts der Ausgestaltung des [X.] angewandten Verfahrens, das im beiderseitigen Interesse der Be-schleunigung des Versands darauf angelegt ist, dass Paketkontrollen zunächst unterbleiben (vgl. [X.], Urt. [X.] - I ZR 235/02, [X.] 2005, 403, 404 = [X.], 573), für einen ordentlichen und vernünftigen Versender auf der Hand ([X.] NJW-RR 2007, 28 [X.]. 32). Da die Pakete im Falle einer erfolgten [X.] und gesonderten Übergabe an den [X.] im Ergebnis aus dem EDI-Verfahren herausgenommen werden, bedarf es auch keines [X.] Vortrags zur Beförderungssicherheit wertdeklarierter Pakete, für die es keinerlei Frachtpapiere gibt ([X.] [X.] 2008, 122 [X.]. 32). c) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die unterlassene [X.] - 10 - angabe auf den in Verlust geratenen Paketen den Schaden mitverursacht hat, weil die [X.] bei richtiger Wertangabe und entsprechender Bezahlung des höheren Beförderungstarifs ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte. 19 Gelingt der [X.]n dieser Beweis nicht, wird sich das Berufungsge-richt mit dem Einwand des Mitverschuldens nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB (§ 425 Abs. 2 HGB) auseinanderzusetzen haben, der nicht die Feststellung voraussetzt, dass der Frachtführer Wertsendungen generell sicherer befördert. Die Kausalität des [X.]s nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kann nur verneint werden, wenn der Transporteur trotz eines Hinweises auf den ungewöhnlichen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen hätte ([X.], Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 265/03, [X.] 2006, 208, 209 = NJW-RR 2006, 1108; [X.] NJW-RR 2007, 28 [X.]. 34). Ein ungewöhnlich hoher Schaden i.S. dieser Vorschrift ist im Streitfall gegeben, da der Wert des Paketinhalts je-weils 5.000 • erheblich überschritten hat (vgl. [X.] [X.] 2006, 208, 209; NJW-RR 2007, 28 [X.]. 34). - 11 - III. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben, soweit das Berufungsgericht ein Mitverschulden verneint hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten der Revision einschließlich des [X.], an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 20 [X.] Büscher

Schaffert [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.05.2005 - 31 O 105/04 - O[X.], Entscheidung vom 21.12.2005 - [X.] -

Meta

I ZR 7/06

26.06.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.06.2008, Az. I ZR 7/06 (REWIS RS 2008, 3136)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3136

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.