Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.07.2014, Az. 9 AZR 946/12

9. Senat | REWIS RS 2014, 3896

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Gegenstand

Altersteilzeit - Entgelterhöhung in der Freistellungsphase


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 12. September 2012 - 4 Sa 1380/12 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der in der Freistellungsphase des [X.] von der Beklagten zu zahlenden Teilzeitvergütung.

2

Am 27. November 2006 vereinbarten die Parteien als Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 1. April 1974 Altersteilzeit im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 1. Febr[X.]r 2007 bis zum 28. Febr[X.]r 2010 und einer Freistellungsphase vom 1. März 2010 bis zum 31. März 2013. Nach § 1 dieser Vereinbarung richtete sich das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach dem Altersteilzeitgesetz und dem Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 ([X.]) in seiner jeweils geltenden Fassung. Außerdem fand auf das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Entgelttarifvertrag für die [X.] - [X.] vom 1. Jan[X.]r 2007 idF vom 1. Juli 2011 (ETV-[X.]) Anwendung, der [X.]. eine Entgelterhöhung ab dem 1. Juli 2011 regelt. In § 9 Abs. 1 ETV-[X.] heißt es:

        

„Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis am 1. Juni 2011 bestanden hat, haben Anspruch auf eine mit der Entgeltzahlung für Juni 2011 fällige Einmalzahlung in Höhe von 300,00 Euro. Die Einmalzahlung deckt den Zeitraum vom 1. Jan[X.]r 2011 bis 30. Juni 2011 ab.“

3

Die Klägerin hat von der Beklagten die Hälfte dieser Einmalzahlung iHv. 150,00 Euro und die zum 1. Juli 2011 in [X.] getretene Entgelterhöhung ohne Erfolg beansprucht. Sie hat die Auffassung vertreten, gemäß § 4 Abs. 1 [X.] habe sie Anspruch auf die Bezüge, die sich für entsprechende Teilzeitkräfte bei Anwendung der tariflichen Vorschriften ergäben. Dies habe zur Folge, dass ihr die in § 9 Abs. 1 ETV-[X.] geregelte Einmalzahlung iHv. 300,00 Euro zur Hälfte zustehe und ihr aufgrund der reduzierten Arbeitszeit entsprechend vermindertes Entgelt nach Maßgabe des ETV-[X.] ab dem 1. Juli 2011 zu erhöhen sei. Dieser Tarifvertrag nehme Teilzeitbeschäftigte und damit auch [X.] nicht aus.

4

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 150,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie ab dem 1. Juli 2011 bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Hälfte der im Entgelttarifvertrag für die Charité vereinbarten Vergütungserhöhungen zu zahlen.

5

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag gemeint, es entstehe im Blockmodell kein Zeitguthaben, sondern ein Geldguthaben. Dies bewirke, dass Arbeitnehmer in der Freistellungsphase nicht an tariflichen Verbesserungen teilnähmen. Aus der Entscheidung des [X.] vom 22. Mai 2012 (- 9 [X.] -) folge schon deshalb nichts anderes, weil für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Parteien nicht der [X.] des [X.], sondern der ETV-[X.] maßgebend gewesen sei. Im Grundsatz habe das [X.] die bisherige Spiegelbildtheorie bestätigt, indem es angenommen habe, das während der Freistellungsphase ausgezahlte Entgelt sei Gegenleistung für die bereits während der Arbeitsphase geleistete Arbeit.

6

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der [X.]eklagten ist unbegründet. Das [X.] hat mit Recht das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben.

8

I. Der Anspruch der Klägerin auf eine Einmalzahlung iHv. 150,00 Euro brutto folgt aus § 1 des [X.] vom 27. November 2006 iVm. § 4 Abs. 1 TV [X.] und § 9 Abs. 1 [X.]. Gemäß § 4 Abs. 1 TV [X.] erhält der Arbeitnehmer als [X.]ezüge die sich für entsprechende Teilzeitkräfte bei Anwendung der tariflichen Vorschriften (z[X.] § 34 [X.]/[X.]-O) ergebenden [X.]eträge mit der Maßgabe, dass die [X.]ezügebestandteile, die üblicherweise in die [X.]erechnung des Aufschlags zur Urlaubsvergütung/Zuschlags zum [X.] einfließen, sowie Wechselschicht- und Schichtzulagen entsprechend dem Umfang der tatsächlich geleisteten Tätigkeit berücksichtigt werden. Darüber, dass sich die Vergütung der Klägerin nach dem [X.] richtet, das Arbeitsverhältnis am 1. Juni 2011 bestanden hat und der Klägerin für die Dauer des [X.] Entgelt entsprechend der während der Altersteilzeit auf die Hälfte der bi[X.]erigen wöchentlichen Arbeitszeit reduzierten Arbeitszeit zusteht, besteht kein Streit. § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] begründet auch für Teilzeitbeschäftigte und damit auch für Arbeitnehmer in Altersteilzeit einen Anspruch auf die Einmalzahlung, die nach § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2011 abdeckt.

9

II. Auch der Feststellungsantrag der Klägerin ist begründet. Nach § 4 Abs. 1 TV [X.] iVm. § 2 Abs. 1 [X.], wonach [X.]eschäftigte ein monatliches Entgelt nach den Tabellen gemäß den Anlagen A und [X.] erhalten, ist die [X.]eklagte verpflichtet, ab dem 1. Juli 2011 das der Klägerin während der Altersteilzeit zustehende Entgelt zu erhöhen. Die Tarifvertragsparteien des [X.] haben weder Arbeitnehmer in Altersteilzeit geschweige denn alle Teilzeitbeschäftigten von der Entgelterhöhung ab dem 1. Juli 2011 ausgeschlossen. Ein genereller Ausschluss [X.] wäre aufgrund des Diskriminierungsverbots in § 4 Abs. 1 Satz 2 Tz[X.]fG gemäß § 134 [X.]G[X.] auch nicht wirksam.

III. Der Hinweis der [X.]eklagten auf die sog. [X.] geht fehl.

1. Wenn nach der Rechtsprechung des Senats ein [X.] im [X.]lockmodell während der Freistellungsphase Anspruch auf die durch seine Vorarbeit in der Arbeitsphase erworbenen [X.] hat ([X.]AG 22. Mai 2012 - 9 [X.] - Rn. 26; 11. April 2006 - 9 [X.] - Rn. 50, [X.]AGE 118, 1; 4. Oktober 2005 - 9 [X.] - Rn. 16, [X.]AGE 116, 86; 24. Juni 2003 - 9 [X.] - zu [X.] 1 b [X.] (2) der Gründe, [X.]AGE 106, 353), hindert dies eine Erhöhung des Entgelts in der Freistellungsphase nicht. Dies hat der Senat zuletzt in seiner Entscheidung vom 22. Mai 2012 (- 9 [X.] - Rn. 25 ff.) nochmals eingehend begründet.

a) Er hat ausgeführt, im [X.]lockmodell der Altersteilzeit trete der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase mit seiner vollen Arbeitsleistung im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase in Vorleistung und erarbeite hierdurch Entgelte, die nicht im Monat der Arbeitsphase ausgezahlt, sondern für die spätere Freistellungsphase zeitversetzt angespart würden. Die Vorleistungen führten zu einem Zeitguthaben. Komme es in der Freistellungsphase zu Lohnerhöhungen, einem Einfrieren oder einer Kürzung von [X.] sei (mindestens) das auszuzahlen, was der [X.] erarbeitet habe ([X.]. hierzu [X.]AG 4. Oktober 2005 - 9 [X.] - Rn. 30, [X.]AGE 116, 86). § 4 Abs. 1 TV [X.] regele die [X.]emessung der Teilzeitvergütung. Danach erhalte der [X.] während der gesamten Zeit des [X.] die [X.]ezüge in Höhe der sich für entsprechende Teilzeitkräfte bei Anwendung der tariflichen Vorschriften ergebenden [X.]eträge. Nicht vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer erhielten von der Vergütung, die für entsprechende vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer festgelegt sei, den Teil, der dem Maß der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspreche (vgl. hierzu [X.]AG 4. Oktober 2005 - 9 [X.] - Rn. 14, aaO). § 4 Abs. 1 TV [X.] enthalte mit Ausnahme einer Ergänzung für bestimmte [X.]ezügebestandteile keine eigenständige Regelung der Vergütung im Altersteilzeitarbeitsverhältnis. § 4 Abs. 1 TV [X.] verweise lediglich auf „die sich für entsprechende Teilzeitkräfte bei Anwendung der tariflichen Vorschriften … ergebenden [X.]eträge“ ([X.]AG 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 20). Daraus folge, dass auch ein [X.] im [X.]lockmodell grundsätzlich die [X.]ezüge erhalte, die eine entsprechende Teilzeitkraft bei Anwendung der tariflichen Vorschriften erhalten würde ([X.]AG 4. Mai 2010 - 9 [X.]/09 - Rn. 30, [X.]AGE 134, 202).

b) Für [X.], für die - wie für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Parteien - die Regelungen des TV [X.] maßgebend sind, hat der Senat im Urteil vom 22. Mai 2012 (- 9 [X.] - Rn. 28) angenommen, die Protokollerklärung zu § 5 Abs. 2 TV [X.] belege, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien des TV [X.] [X.] auch in der Freistellungsphase des [X.]lockmodells von [X.]ezügeerhöhungen nicht ausgeschlossen werden sollten. Nach dieser Protokollerklärung seien für die [X.]erechnung des Aufstockungsbetrags im [X.]lockmodell allgemeine [X.]ezügeerhöhungen zu berücksichtigen, soweit die zugrunde liegenden [X.]ezügebestandteile ebenfalls an allgemeinen [X.]ezügeerhöhungen teilnähmen (vgl. zum sog. Hätte-Entgelt: [X.]AG 4. Oktober 2005 - 9 [X.] - Rn. 21 ff., [X.]AGE 116, 86). Damit werde deutlich, dass die Tarifvertragsparteien des TV [X.] die [X.]erücksichtigung von [X.]ezügeerhöhungen auch für die gesamte Dauer des [X.]lockmodells nicht ausschließen wollten. Sie hätten in der Protokollerklärung nicht zwischen der Arbeits- und der Freistellungsphase des [X.]lockmodells differenziert. Ob die [X.]ezüge in der Freistellungsphase an allgemeinen Tariflohnerhöhungen teilnähmen, sollte sich vielmehr nach den für die Erhöhung der [X.]ezüge maßgeblichen Regelungen richten.

2. Die [X.]eklagte hat keine Argumente vorgebracht, die die tragenden Ausführungen des Senats im Urteil vom 22. Mai 2012 (- 9 [X.] -) infrage stellen könnten.

a) Es trifft zwar zu, dass in jenem Fall die Entgelterhöhung nicht im [X.], sondern im Lohn- und Vergütungstarifvertrag Nr. 1 zum Anwendungs-TV Land [X.]erlin vom 12. November 2008 ([X.]) geregelt war. Maßgebend ist jedoch, dass der [X.] ebenso wie der [X.] [X.] von der Entgelterhöhung nicht ausnimmt.

b) Das Argument der [X.]eklagten, die Tarifvertragsparteien des [X.] hätten anders als die Tarifvertragsparteien des [X.] nicht in einer Protokollerklärung geregelt, dass der Sockelbetrag an Teilzeitbeschäftigte anteilig entsprechend der regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitszeit gezahlt wird, trägt nicht. Dies gilt auch für den Einwand der [X.]eklagten, die Regelungen im [X.] hätten der Rückkehr des Landes [X.]erlin in den Flächentarifvertrag der [X.] gedient, während der [X.] schlicht die aktuellen Ansprüche der [X.]eschäftigten regele, ohne eine Angleichung an andere Tarifsysteme oder einen Ausgleich für in der Vergangenheit nicht gewährte Ansprüche anzustreben. Wenn ein Tarifvertrag festlegt, dass, wie und ab wann die [X.]ezüge der [X.]eschäftigten erhöht werden, und Teilzeitbeschäftigte von der [X.]ezügeerhöhung nicht ausnimmt, ist es für den Anspruch der Teilzeitbeschäftigten ohne [X.]edeutung, ob der Tarifvertrag außer der [X.]ezügeerhöhung noch andere Regelungen enthält.

IV. Die [X.]eklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    [X.]rühler    

        

  Kras[X.]öfer    

        

    Klose    

        

        

        

    Heilmann    

        

    Matth. [X.]    

                 

Meta

9 AZR 946/12

22.07.2014

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 10. Mai 2012, Az: 50 Ca 18370/11, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.07.2014, Az. 9 AZR 946/12 (REWIS RS 2014, 3896)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3896

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