Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2008, Az. IX ZR 38/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5573

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 14. Februar 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 10 Abs. 1 Nr. 1, 4; [X.] § 17 Abs. 2 a) Die schleppende Zahlung von [X.] und Gehältern ist ein Anzeichen für eine Zahlungseinstellung. b) Erzwungene "Stundungen", die dadurch zustande kommen, dass der Schuldner die fälligen Löhne mangels liquider Mittel nicht mehr oder nur noch mit [X.] begleicht, die Arbeitnehmer aber nicht sofort klagen und vollstrecken, ste-hen der Berücksichtigung der Lohnforderungen bei der Prüfung der Zahlungsunfä-higkeit nicht entgegen. c) Die in einem Darlehensvertrag enthaltene Bestimmung, wonach die an den [X.] Insolvenzschuldner ausgereichte Darlehensvaluta mittelbar an den [X.] zurückfließen soll, kann den Schluss auf den [X.] rechtfertigen. [X.], Urteil vom 14. Februar 2008 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2008 durch [X.] Ganter, [X.], Dr. [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] - 7. Zivilsenat - vom 22. Dezember 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die [X.] gewährte der [X.](nachfolgend: Gemeinschuldnerin) am 6. März und 8. April 1998 zwei Darlehen über insgesamt 550.000 DM. Zur Besicherung der Kredite übereignete die Gemeinschuldnerin der [X.]n jeweils Gegenstände ihrer Betriebsausstattung. Durch [X.]uss des [X.] vom 1. Dezember 1998 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das [X.] eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt. Dieser verwertete die der [X.]n sicherungsübereignete [X.]. 1 - 3 - Mit der vorliegenden Klage begehrt der Verwalter die Feststellung, dass der [X.]n aus den Sicherungsübereignungen keine durchsetzbaren Rechte an dem Verwertungserlös zustehen. Er ist der Auffassung, die Sicherungsüber-eignungen seien nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 4 [X.] anfechtbar. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich dieser mit seiner - vom Senat zu-gelassenen - Revision. 2 Entscheidungsgründe Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. 3 I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Anfechtungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Im Februar 1998 sei die Gemeinschuldnerin weder überschul-det noch zahlungsunfähig gewesen. Zwar seien die Löhne mit Verzögerungen von einem bis zwei Monaten gezahlt worden. Die Arbeitnehmer seien jedoch über die schlechte finanzielle Situation der Gemeinschuldnerin informiert gewe-sen und hätten die schleppenden Lohnzahlungen hingenommen, ihre Forde-rungen somit gestundet. Der Annahme der Zahlungsunfähigkeit stehe weiter entgegen, dass die Gemeinschuldnerin die Produktion nur noch eingeschränkt aufrecht erhalten, nämlich nur noch so viele Waren bestellt habe, wie sie auch habe bezahlen können. 4 - 4 - Die für § 10 Abs. 1 Nr. 1 [X.] erforderliche Gläubigerbenachteiligungs-absicht der Gemeinschuldnerin sei nicht festzustellen. Diese habe der [X.] keine inkongruente Deckung gewährt. Zwar hätten die [X.] nicht nur der Besicherung der Kredite vom 6. März und 8. April 1998, sondern aller bestehenden Ansprüche der [X.]n gegen die Gemeinschuld-nerin gedient. Der Kläger habe jedoch nicht substantiiert dargetan, dass die [X.] damals noch weitere Ansprüche gehabt habe. Die Besicherung sei auch nicht deshalb inkongruent, weil ein beachtlicher Teilbetrag der gewährten Darlehen nicht der Gemeinschuldnerin, sondern der [X.]

GmbH (M. ) habe zugute kommen sollen, an der die [X.] mittelbar beteiligt sei. Die von der [X.]n gewährten Darlehen hätten zwar nicht ausgereicht, um die Krise der Gemeinschuldnerin auf Dauer zu überwin-den. Sie hätten jedoch zusammen mit weiteren, später erfolgten [X.] die Chance geboten, in geordnete Verhältnisse zurückzukehren. Da die [X.] nicht zahlungsunfähig gewesen sei, fehle es auch an einer Voraussetzung für die Anfechtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.]. 5 Der Kläger könne sein Begehren schließlich nicht auf die §§ 30, 31 GmbHG stützen. Eine zumindest mittelbare Beteiligung der [X.]n an der Gemeinschuldnerin habe der Kläger nicht dargetan. Mit seinem in einem Schriftsatz vom 11. November 2003 enthaltenen Vortrag, dass die [X.] Gesellschafterin einer [X.] sei, die ihrerseits Geschäftsanteile der Ge-meinschuldnerin halte, sei der Kläger gemäß § 296a ZPO ausgeschlossen. 6 - 5 - II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in [X.] nicht stand. 7 1. Nach derzeitigem Sach- und Streitstand ist die Anfechtbarkeit der Si-cherungsübereignung nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 und 4 [X.] nicht auszuschlie-ßen. 8 a) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Gemeinschuldnerin sei zum damaligen Zeitpunkt zahlungsfähig gewesen, entbehrt einer tragfähigen Be-gründung. 9 aa) Der Kläger hat für seine Behauptung, die Gemeinschuldnerin sei be-reits Anfang 1998 zahlungsunfähig gewesen, Beweis angetreten durch [X.] der beiden Zeugen [X.]und [X.], die damaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. Das [X.] hat lediglich [X.]vernommen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger sein Beweisangebot insge-samt wiederholt. Das Berufungsgericht hat die Beweisaufnahme jedoch nicht ausgeweitet. Es hat damit gegen die Pflicht zur Erschöpfung der Beweismittel (§ 286 ZPO) verstoßen. 10 Dies rügt die Revision mit Recht. Der Kläger hat auf seinen zweiten [X.] nicht verzichtet, und er hatte dazu auch keinen Anlass, nachdem die [X.] - jedenfalls nach dem Verständnis des Tatrichters - den notwendigen Beweis noch nicht erbracht hatte. 11 - 6 - bb) Die Würdigung des Beweisergebnisses dahin, die Gemeinschuldne-rin sei bei Vereinbarung der Sicherungsübereignungen zahlungsfähig gewesen, krankt daran, dass das Berufungsgericht auf den Zeitpunkt "Februar 1998" [X.] hat. Die Sicherungsübereignungen erfolgten jedoch im März und April 1998. 12 cc) Außerdem hat das Berufungsgericht bei der Feststellung der objekti-ven Zahlungsunfähigkeit den [X.] nicht ausgeschöpft. § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.] stellt zwar auf die Zahlungseinstellung ab. Damit wird jedoch nur das äu-ßerliche Verhalten des Schuldners beschrieben, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt ([X.] 149, 100, 108; [X.], Urt. v. 30. April 1959 - [X.], [X.] 1960, 38, 39; v. 3. April 1974 - [X.], [X.], 451; v. 17. April 1986 - [X.] ZR 54/85, NJW-RR 1986, 848, 850). 13 (1) Im rechtlichen Ausgangspunkt kann dem Berufungsgericht noch ge-folgt werden. 14 Der Begriff der Zahlungseinstellung in § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.] ist dersel-be wie in § 30 KO ([X.] 149, 100, 108; [X.], Urt. v. 24. Oktober 1996 - [X.] ZR 284/95, [X.], 2080, 2082; v. 8. Oktober 1998 - [X.] ZR 337/97, [X.], 2345, 2346; v. 13. April 2000 - [X.] ZR 144/99, [X.], 363). Er setzt einmal die objektive Zahlungsunfähigkeit und zum anderen deren Kundgabe nach au-ßen voraus. Nicht gefordert wird die Einstellung aller Zahlungen. Dass der Schuldner vereinzelt - auch wenn es sich dabei insgesamt um eine beachtliche Summe handelt - noch solche leistet, steht der Annahme der Zahlungsunfähig-keit nicht entgegen; es genügt, dass das Unvermögen zur Zahlung den [X.] Teil der Verbindlichkeiten des Schuldners betrifft ([X.] 149, 100, 108; 15 - 7 - [X.], Urt. v. 1. März 1984 - [X.] ZR 34/83, NJW 1984, 1953; v. 10. Januar 1985 - [X.] ZR 4/84, NJW 1985, 1785; v. 11. Juli 1991 - [X.] ZR 230/90, NJW 1992, 624; v. 27. April 1995 - [X.] ZR 147/94, NJW 1995, 2103, 2104; v. 8. Oktober 1998 - [X.] ZR 337/97, aaO; v. 13. April 2000 - [X.] ZR 144/99, aaO; v. 17. Mai 2001 - [X.] ZR 188/98, [X.], 417; v. 20. Juni 2002 - [X.] ZR 177/99, [X.], 486, 489; [X.]. v. 19. Juli 2007 - [X.] ZB 36/07, [X.], 1796, 1798). (2) Bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit hat das Berufungsge-richt die Tatsachen jedoch unvollständig gewürdigt. 16 Der erstinstanzlich vernommene Zeuge [X.], dem das Berufungsge-richt ausweislich der Entscheidungsgründe hat folgen wollen, hat bekundet, die Gemeinschuldnerin habe bereits seit 1997 Schwierigkeiten gehabt, ihre finan-ziellen Verpflichtungen gegenüber den Lieferanten und den Beschäftigten zu erfüllen. Mitte Januar 1998 sei dem Gesellschafter mitgeteilt worden, dass eine geordnete Weiterführung des Geschäfts nicht mehr möglich sei. Drei Wochen danach habe er, der Zeuge, sich zusammen mit dem Zeugen [X.]

zum Insolvenzgericht aufgemacht, um den Insolvenzantrag zu stellen. Unmittelbar vor dem Gerichtsgebäude habe [X.] auf seinem Mobil-telefon einen Anruf des Gesellschafters entgegengenommen. Dieser habe ihn angewiesen, den Eröffnungsantrag nicht zu stellen, weil frische Mittel in [X.] stünden. Zu diesem Zeitpunkt habe er, [X.], die offenen Verbindlichkei-ten der Gemeinschuldnerin auf etwa 1,5 Mio. DM geschätzt. Davon könnte etwa die Hälfte auf rückständige Löhne und Gehälter entfallen sein. Der Rückstand habe cirka zwei Monate betragen. Die der Gemeinschuldnerin gewährte, sich nur noch auf 50.000 DM belaufende Kreditlinie sei nahezu ausgeschöpft gewe-sen. Die Gemeinschuldnerin habe kurzfristig fällige Forderungen von höchstens 350.000 DM und einen Warenbestand im Wert von ebenfalls höchstens 17 - 8 - 350.000 DM gehabt. Sie sei nach seinem Dafürhalten zahlungsunfähig gewe-sen. Deshalb sei man ja zum Insolvenzgericht gegangen. Das Berufungsgericht hat daraus - ohne sich mit der Aussage im [X.] zu befassen - nur entnommen, dass sich die Gemeinschuldnerin in einer "ernsthaften Krise" befunden habe; die Zahlungsunfähigkeit sei damit jedoch noch nicht eingetreten. Diese Wertung ist mangels näherer Begründung nicht nachvollziehbar. Weshalb die eigene Einschätzung des Geschäftsführers, der die Gemeinschuldnerin zum damaligen Zeitpunkt für zahlungsunfähig hielt, falsch war, hat das Berufungsgericht nicht ausgeführt. Es fehlt insbesondere eine Prüfung, ob die von dem Zeugen angegebenen, ihm selbst nicht als [X.] erscheinenden Aktiva der Gemeinschuldnerin kurzfristig liquidierbar waren. 18 (3) Nicht befasst hat sich das Berufungsgericht auch mit dem Vortrag des [X.], am 31. Oktober 1997 habe der Jahresfehlbetrag 895.149,47 DM, am 30. Juni 1998 bereits 2.396.033,99 DM betragen. Diese Angaben können das Bild einer - ungeachtet der zwischenzeitlichen Geldmittelzufuhr - im stetigen Niedergang begriffenen Gesellschaft bestätigen. 19 [X.]) Die schleppende Zahlung von [X.] und Gehältern ist ein Anzei-chen für eine Zahlungseinstellung (RG Recht 1910 Nr. 3594; [X.]/[X.], [X.]. § 30 Rn. 28; [X.]/[X.], KO 11. Aufl. § 30 Rn. 3c; [X.]/[X.], [X.] 17. Aufl. § 30 KO Anm. 5). Das Berufungsgericht hat dies im vorliegenden Fall deshalb anders gesehen, weil die Arbeitnehmer über die schlechte finanzielle Situation der Gemeinschuldnerin informiert gewesen seien und die Zahlungsverzögerungen hingenommen hätten, so dass von einer Stundung auszugehen sei. 20 - 9 - Diese Ansicht ist ebenfalls rechtlich nicht haltbar. Der Senat hat zwi-schenzeitlich entschieden, an dem - unter der Geltung der Konkursordnung und der Gesamtvollstreckungsordnung anerkannten - Erfordernis des "ernsthaften Einforderns" als Voraussetzung einer die Zahlungsunfähigkeit begründenden oder zu dieser beitragenden Forderung sei sogar für § 17 [X.] festzuhalten ([X.], [X.]. v. 19. Juli 2007 - [X.] ZB 36/07, aaO). Um den richtigen Zeitpunkt für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu finden, müssten auch solche Gläubiger berücksichtigt werden, die den Schuldner zur Zahlung aufgefordert, dann aber weitere Bemühungen eingestellt hätten, ohne damit zum Ausdruck zu bringen, sie seien damit einverstanden, dass der Schuldner seine Verbind-lichkeit vorerst nicht erfülle. Die Forderung eines Gläubigers, der in eine spätere oder nachrangige Befriedigung eingewilligt habe, dürfe hingegen nicht berück-sichtigt werden, auch wenn keine rechtlich bindende Vereinbarung getroffen worden sei oder die Vereinbarung nur auf die Einrede des Schuldners berück-sichtigt werde und vom Gläubiger einseitig aufgekündigt werden könne. Diese Grundsätze können auch auf § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.], § 30 KO übertragen wer-den. 21 Bei der Annahme, ein Gläubiger habe stillschweigend in eine spätere oder nachrangige Befriedigung seiner Forderung eingewilligt, ist Zurückhaltung geboten ([X.]/[X.], aaO § 30 Rn. 23; [X.]/[X.], aaO § 102 KO Rn. 2c; zur [X.] vgl. [X.]/[X.], [X.] § 17 Rn. 10; [X.], [X.] 12. Aufl. § 17 Rn. 8; [X.], [X.] § 17 Rn. 6; FK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 17 Rn. 11). "Erzwungene Stundungen", die [X.] zustande kommen, dass der Schuldner seine fälligen Verbindlichkeiten mangels liquider Mittel nicht mehr oder nur noch mit Verzögerungen begleicht, die Gläubiger aber nicht sofort klagen und vollstrecken, weil sie dies ohnehin für 22 - 10 - aussichtslos halten oder sie nicht den sofortigen Zusammenbruch des [X.] verantworten wollen, stehen der Zahlungsunfähigkeit nicht entgegen. Für "erzwungene Stundungen" der Arbeitnehmer gilt dies in besonderem Maße. Werden sie darüber informiert, dass das Ausbleiben pünktlicher Lohn-zahlungen auf eine ernsthafte finanzielle Krise des Arbeitgebers zurückzuführen ist, werden sie oft aus Sorge, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, still halten. Blieben ihre Lohnforderungen bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit unberücksichtigt, würde nicht selten der richtige Zeitpunkt für die Eröffnung des [X.] verfehlt. 23 Abgesehen davon ergibt sich hier aus den Angaben des [X.], dass die Gemeinschuldnerin nicht von einer Stundung durch die Arbeitnehmer ausgegangen ist. Der Zeuge hat ausgesagt, die Arbeitnehmer hätten ihre [X.] geltend gemacht, es habe allerdings keine Klagen gegeben. Die Ge-schäftsleitung der Gemeinschuldnerin habe diese Forderungen als fällig ange-sehen und einen Insolvenzantrag befürchtet. 24 ee) Falls die Gemeinschuldnerin zu dem Zeitpunkt, als die beiden [X.] sich auf den Weg zum Insolvenzgericht machten, zahlungsunfähig war, hat sich daran durch die fernmündliche Zusage "frischen Geldes" nichts geändert. 25 Der Zeuge [X.] hat ausgesagt, die zugesagten frischen Mittel hätten nicht ausgereicht; sie hätten es jedoch ermöglicht, "Altballast abzuwerfen", und die Chance geboten, geordnete Verhältnisse wieder herzustellen. In dieser [X.] hätte man eigentlich die Produktion hochfahren müssen, um für die 26 - 11 - kommende Saison gerüstet zu sein. Man habe jedoch vorsichtig disponiert und nur noch im Rahmen des sicher Bezahlbaren Waren bestellt. War die Gemeinschuldnerin insolvenzreif, als ihre Geschäftsführer sich auf den Weg zum Insolvenzgericht machten, dann blieb sie es auch nach dem Anruf des Gesellschafters, weil die zugesagten "frischen Gelder" sie nicht in die Lage versetzten, ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufzunehmen (vgl. [X.] 149, 100, 109). Auch nach Ansicht des Berufungsgerichts waren die [X.] Darlehen "nicht ausreichend, um die Krise der Gemeinschuldnerin auf Dauer zu überwinden". Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass die - schon für sich genommen unzureichende - Zufuhr neuer Finanzmittel zu ei-nem wesentlichen Teil gar nicht der Gemeinschuldnerin zugute kommen sollte. Hierauf ist später noch einzugehen. 27 Dass die von dem Zeugen geschilderte Produktionseinschränkung den Ruin der Gemeinschuldnerin beschleunigen musste, hat das Berufungsgericht selbst erkannt, ohne jedoch Folgerungen daraus zu ziehen. 28 b) Das Berufungsgericht hat auch die für § 10 Abs. 1 Nr. 1 [X.] erfor-derliche Gläubigerbenachteiligungsabsicht rechtsfehlerhaft verneint. 29 aa) Die Gewährung einer inkongruenten Deckung, die insofern ein [X.] hätte sein können, hat es abgelehnt, weil der Kläger nicht sub-stantiiert dargetan habe, dass die Sicherungsübereignungen auch früher [X.] Darlehen besichert hätten. 30 (1) Insoweit hat das Berufungsgericht die Darlegungslast zur [X.] überspannt. Wird eine Sicherheit für einen bereits ausgereichten, bisher 31 - 12 - unbesicherten Kredit bestellt, ist dieses Rechtsgeschäft inkongruent. Im [X.] Fall dienten die Sicherungsübereignungen nach dem Wortlaut der bei-den Verträge vom 6. März und 8. April 1998 nicht nur der Sicherung der jeweils neu gewährten Kredite in Höhe von 300.000 DM und 250.000 DM, sondern auch der Sicherung aller bereits bestehenden Ansprüche der [X.]n gegen-über der Gemeinschuldnerin. Dies spricht dafür, dass es solche gegeben hat. Der Kläger hat weiter vorgetragen, der Geschäftsführer [X.] der [X.] habe ihm gegenüber angegeben, die [X.] habe der [X.] wiederholt sechsstellige Beträge zur Verfügung gestellt, und dies in das Wissen der [X.]und [X.] gestellt. Die [X.] hat diesen Vortrag mit Nichtwissen bestritten. Zumindest die Behauptung, dass [X.] dem Kläger gegenüber solche Angaben gemacht habe, war hinreichend substantiiert. Dazu konnte [X.] ohne weiteres befragt werden. Im Übrigen ist bei der Frage, welche Anforde-rungen an die Darlegungslast zu stellen sind, zu berücksichtigen, ob sich die vorgetragenen Geschehnisse im [X.] der [X.] zugetragen haben und wie sich der Gegner dazu eingelassen hat ([X.], Urt. v. 23. April 1991 - [X.], [X.], 1737, 1739; v. 13. März 1996 - [X.], [X.], 1013, 1015). Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats insbe-sondere im Anfechtungsprozess des Insolvenzverwalters ([X.], Urt. v. 8. Okto-ber 1998 - [X.] ZR 337/97, aaO S. 2347). Diesem steht zur Begründung seiner Klage über die vorgefundenen, häufig unvollständigen schriftlichen Unterlagen hinaus allenfalls die frühere Geschäftsleitung als Auskunftsperson zur Verfü-gung. Deshalb würden zu hohe Anforderungen an die [X.] oft die Erfolgsaussichten einer Anfechtungsklage von vornherein vereiteln. 32 - 13 - (2) Außerdem verweist die Revision zutreffend darauf, dass jedenfalls die zweite Sicherungsübereignung vom 8. April 1998 auch das Darlehen vom 6. März 1998 besichert hat. Auf eine zusätzliche Sicherung des Rückzahlungs-anspruchs aus dem [X.] durch die [X.] vom 8. April 1998 hatte die [X.] keinen Anspruch. Da der spätere [X.] keinen Vorrang für die Forderungen aus dem im [X.] gewährten Kredit enthält, handelt es sich jedenfalls bei der zweiten Siche-rungsübereignung um ein insgesamt inkongruentes Geschäft. 33 bb) Nicht gefolgt werden kann weiter der Ansicht des Berufungsgerichts, die in den Darlehensverträgen jeweils enthaltene [X.] sei für die Prüfung einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht unbeachtlich. 34 Die [X.] hat in den Darlehensverträgen (unter Art. 6.1) mit der Ge-meinschuldnerin vereinbart, dass Teilbeträge von jeweils mindestens 50 % der Darlehensvaluta zur Tilgung von Verbindlichkeiten der [X.] (fortan: M. ) einzusetzen waren. Mit diesen Verwendungs-klauseln wurde bezweckt, dass ein Teil der [X.] mittelbar wieder an die [X.] zurückfloss. Nach dem eigenen Vortrag der [X.]n ist die M. eine Tochtergesellschaft der [X.]

GmbH ([X.]), deren Mehrheitsgesellschafterin wiederum die [X.] ist. Der Kläger hat behauptet, die Gemeinschuldnerin habe mit den von der [X.]n erhalte-nen Darlehen Altverbindlichkeiten der [X.]von 100.278,35 DM getilgt. [X.] hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. 35 Darauf, dass der [X.]n für Leistungen, von denen sie mittelbar selbst profitierte, Sicherheiten übertragen wurden, hatte sie keinen rechtlich schützenswerten Anspruch. Die [X.] deutet somit darauf hin, 36 - 14 - dass die [X.] - unter Inkaufnahme der Benachteiligung anderer Gläubiger - eigensüchtige Motive verfolgte. 2. Nach derzeitigem Sach- und Streitstand hat das Berufungsgericht eine Anwendung der [X.] (§§ 30, 31 GmbHG) auf die [X.] zu-treffend ausgeschlossen. 37 Die [X.] war im Zeitpunkt März/April 1998 nicht (mehr) Gesellschaf-terin der Gemeinschuldnerin. Sie war lediglich mittelbar an dieser beteiligt. Die [X.] wären auf die [X.] nur anwendbar, wenn sie maßgeb-lich, nämlich mit mehr als 50 v. H., an einer Gesellschafterin der [X.] beteiligt gewesen wäre (vgl. [X.], Urt. v. 21. Juni 1999 - [X.], NJW 1999, 2822; v. 13. Dezember 2004 - [X.], [X.], 176; v. 13. Dezember 2004 - [X.], [X.], 332). Ob der Vortrag des [X.] in dem Schriftsatz vom 11. November 2003, dass die [X.] auch Ge-sellschafterin der [X.] sei, aufgrund des von dem Berufungsgericht gewährten [X.] nicht gemäß § 296a ZPO zurückgewiesen werden durfte, kann dahin stehen. Er war nicht erheblich. Die [X.] hatte ausweislich des von der [X.]n vorgelegten notariellen Vertrags weniger als die Hälfte der Geschäftsanteile an der (damals noch als "[X.]" GmbH firmierenden) Gemeinschuldnerin erworben. 38 - 15 - III. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), damit die Anfechtbarkeit der Sicherungsübereignungen erneut geprüft wird. 39 Ganter [X.] [X.]

[X.] [X.]

Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 17.05.2002 - 2/27 O 59/00 - [X.], Entscheidung vom 22.12.2003 - 7 U 104/02 -

Meta

IX ZR 38/04

14.02.2008

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2008, Az. IX ZR 38/04 (REWIS RS 2008, 5573)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5573

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.