Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2004, Az. IX ZR 129/00

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3131

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] [X.] ZR 129/00
Verkündet am: 18. Mai 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2004 durch [X.] Kreft und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des [X.] werden das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 2. Dezember 1999 und das Urteil der 12. Zivilkammer des [X.] vom 27. Mai 1999 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 38.346,89 • (75.000 DM) nebst 4% Zinsen seit dem 26. Oktober 1998 zu [X.].

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt als Verwalter in dem vom [X.] am 25. November 1996 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffneten [X.] über das Vermögen der G. K.

GmbH (im [X.] 3 - genden: GmbH oder Schuldnerin) von der [X.] aufgrund Anfechtung Rückzahlung von 75.000 DM.

Die Schuldnerin wurde am 31. Januar 1992 gegründet; Gesellschafter waren der Ehemann der [X.] [X.]. und der [X.] der [X.] V.

Ku. , der auch Geschäftsführer der Schuldnerin war.

Die Schuldnerin hatte bereits 1994 finanzielle Schwierigkeiten; am Ende des Geschäftsjahres 1994 bestand ein Fehlbetrag von 3.566.242,30 DM, der sich zum Ende des Geschäftsjahres 1995 noch um 280.528,32 DM erhöhte.

Zum 31. Juli 1996 ergab sich für das Rumpfgeschäftsjahr ein weiterer Fehlbetrag von 235.771,85 DM.

Mit Schreiben vom 17. August 1995 kündigte die B.

H.

bank der Schuldnerin einen Kredit von 2.720.712,27 DM. Die Beklagte hatte hierfür mit einer von ihr bestellten Grundschuld über 2,0 Millio-nen DM nebst 16% Zinsen und verpfändeten 500.000 DM einzustehen. Die Schuldnerin sowie ihre Gesellschafter einerseits und die Beklagte andererseits schlossen daraufhin am 28. März 1996 einen Darlehensvertrag über 2,8 Millio-nen DM. [X.] wurde ein monatlicher Rückzahlungsbetrag auf Zinsen und Hauptsache von 25.000 DM. Die Darlehensvaluta wurde zur Tilgung der Schul-den bei der [X.] verwendet.

Mit Schreiben vom 12. April 1996 - beim [X.] eingegan-gen am 17. April 1996 - beantragte die [X.]

aufgrund von Beitrags-rückständen in Höhe von 302.048,11 DM die Gesamtvollstreckung wegen [X.]. - 4 - Einen weiteren Antrag wegen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin stellte deren Geschäftsführer mit Schreiben vom 18. September 1996, das am 25. September 1996 beim zuständigen [X.] einging. Kurz zu-vor hatte der Geschäftsführer der Schuldnerin veranlaßt, daß vom Konto der Schuldnerin 75.000 DM auf das Konto der [X.] überwiesen wurden. Der Betrag wurde mit Wertstellung 19. September 1996 an diesem Tag vom Konto der Schuldnerin abgebucht (Anlage [X.]). Zum Zeitpunkt der Eröffnung des [X.]s wurde eine Überschuldung in Höhe von 5.308.652,93 DM ermittelt.

Die Klage ist vom [X.] und [X.] abgewiesen [X.]. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Über das Rechtsmittel des [X.] ist gemäß § 557 ZPO a.F. durch Ver-säumnisurteil, jedoch aufgrund sachlicher Prüfung zu entscheiden (vgl. [X.], 79).

Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

1. [X.] und Berufungsgericht haben die Anfechtungstatbestände des § 10 Abs. 1 [X.] verneint und zu den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.] ausgeführt: Dieser Anfechtungstatbestand sei nicht gegeben, weil der Kläger nicht hinreichend dargetan habe, daß der [X.] zum Zeitpunkt der Überweisung die Zahlungsunfähigkeit oder der Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung bekannt oder erkennbar gewesen sei. - 5 -

Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Für § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.] ist ausreichend, daß die Handlung gegen-über Personen vorgenommen wurde, denen die Zahlungsunfähigkeit oder der Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung den Umständen nach bekannt sein mußte. Sind dem Gläubiger Tatsachen bekannt, die den Verdacht der [X.] begründen, genügt einfache Fahrlässigkeit ([X.], Urt. v. 8. Ok-tober 1998 - [X.] ZR 337/97, [X.], 2008, 2010 f; v. 19. Juli 2001 - [X.] ZR 36/99, [X.], 1641, 1642 f; v. 4. Oktober 2001 - [X.] ZR 81/99, [X.], 2097, 2098).

[X.] und Berufungsgericht gehen zutreffend von dieser Rechtsla-ge aus, meinen aber, die Beklagte habe keinen Verdacht haben müssen. Damit haben sie rechtsfehlerhaft die maßgeblichen Verdachtsgründe unzureichend und einseitig zugunsten der [X.] gewürdigt und die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des [X.] überspannt (vgl. [X.], Urt. v. 19. Juli 2001 aaO S. 1642).

Die Schuldnerin war jedenfalls spätestens am 18. September 1996 zah-lungsunfähig. An diesem Tag verfaßte der Geschäftsführer der Schuldnerin sei-nen Antrag auf Eröffnung der Gesamtvollstreckung wegen Zahlungsunfähigkeit. Die Überweisung erfolgte damit nach Zahlungseinstellung. Maßgebend ist der Eingang der überwiesenen Geldbeträge bei der Bank der [X.] ([X.]Z 135, 140, 148). Zu diesem Zeitpunkt mußte der [X.] bekannt sein, daß die Schuldnerin zahlungsunfähig war.
- 6 - Die Beklagte hat vorgetragen, daß die Schuldnerin zahlungsunfähig und überschuldet war und "Konkursantrag" hätte stellen müssen, wenn sie ihr Ende März 1996 das Darlehen nicht gewährt hätte. Sie hat diesen Sachvortrag in der ersten Instanz zwar später relativiert und behauptet, hiervon nichts gewußt zu haben. Ausgeführt hat sie jedoch, daß die Forderung der [X.] war. In der Berufung hat die Beklagte es wiederum so dargestellt, als [X.] sie nur gewußt, daß die Bank das Darlehen über 2,8 Millionen DM gekündigt hatte.

Jedenfalls wußte die Beklagte von der Kündigung des Darlehens, von finanziellen Schwierigkeiten der Schuldnerin sowie davon, daß die Bank trotz der persönlichen Haftung der Gesellschafter für das Darlehen und der von der [X.] geleisteten Sicherheiten das Kreditengagement nicht fortsetzen [X.]. Sie wußte außerdem, daß die Schuldnerin das sofort fällig gestellte Darle-hen nicht zurückzahlen konnte. Zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung durch die Beklagte war ihr auch bewußt, daß ihr Darlehen der Schuldnerin nur be-schränkt half. An der Schuldensituation der GmbH änderte sich durch den [X.] nichts. [X.] Geld floß der Schuldnerin nicht zu. [X.] der fortbestehenden Schulden mußten weiterhin Bedenken hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit bestehen.

Nachdem die Schuldnerin zunächst schon nicht in der Lage war, ihr ei-genes Darlehen bei der [X.], war sie spätestens Anfang 1996 nicht mehr imstande, die Forderung der Bank zu erfüllen. Anschließend konnte sie über fünf Monate auch den weitaus geringeren Zahlungspflichten gegenüber der [X.] nicht nachkommen und mußte diese selbst für die monatlichen Raten um Stundung bitten. Damit kannte die Beklagte Umstände, die den [X.] - genden Verdacht begründeten, daß die Schuldnerin zahlungsunfähig war und ihre Zahlungen eingestellt hatte.

Diese Verdachtsmomente verstärkten sich noch erheblich, als auch [X.] wiederum keine Zahlung einging, obwohl der [X.] der Schuldnerin spätestens für diesen Zeitpunkt wenigstens die Zahlung der ersten drei Raten zugesagt hatte.

2. Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Der [X.] kann, weil die Sache keiner weiteren Aufklärung bedarf, selbst [X.] (§ 563 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.). Der Klage ist in vollem Umfang statt-zugeben.

Kreft

[X.] Ganter

[X.]

[X.]

Meta

IX ZR 129/00

18.05.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2004, Az. IX ZR 129/00 (REWIS RS 2004, 3131)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3131

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