Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2001, Az. IX ZR 188/98

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 2538

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:17. Mai 2001PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:nein KO § 30 Nr. 1Zur Feststellung der Zahlungseinstellung und der Kenntnis hiervon.[X.], Urteil vom 17. Mai 2001 - [X.] - [X.]LG Frankfurt a.M.- [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 29. März 2001 durch [X.] Kreft und die [X.], Dr. Zugehör, [X.] und [X.] erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] [X.] vom 31. März 1998aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung [X.] - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens -an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der klagende Konkursverwalter verlangt im Wege der Anfechtung dieAuszahlung einer Überweisung von 1 Million DM zur Masse, welche die [X.] am 10. April 1996 dem Kontokorrentkonto (Rahmenkreditkonto)der - späteren - Gemeinschuldnerin [X.] und gegen den dortigen [X.] verrechnet hatte.Die Gemeinschuldnerin geriet im Jahre 1995 in finanzielle Schwierig-keiten, die sich in den nächsten Monaten verstärkten. Ihre Hauptgesellschafte-rin befürchtete erhebliche Konzernhaftungsrisiken und beschloß am 29. März1996, die Beteiligung an der Gemeinschuldnerin zu veräußern. Die Hauptge-sellschafterin leistete hierfür der Erwerberin, mit der ein symbolischer [X.] 3 -von 1 DM vereinbart wurde, eine Zahlung von 1 Million DM und legte eineweitere Million DM in die Gemeinschuldnerin als Rücklage ein. Diese - [X.] für das Rahmenkreditkonto der Gemeinschuldnerin bei [X.] - so bezeichnete "augmentation de capital" vom 10. April 1996 ([X.]) glich das Tagessoll des [X.] annähernd aus. Die [X.] ist Gegenstand der mit der Klage geltendgemachten Konkursanfechtung.Die Gemeinschuldnerin leistete auch nach dem 10. April 1996 noch [X.] Zahlungen. Am 17. Juni 1996 beantragte sie den Vergleich; [X.] September 1996 wurde der [X.] wegen Überschuldung eröff-net.Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der [X.] der Kläger sein Begehren weiter. Die [X.] beantragt, die Revisionzurückzuweisen.Entscheidungsgründe:Die Revision ist [X.] -I.Das Berufungsgericht hat die Klagabweisung des [X.] bestätigt,weil der Kläger nicht ausreichend dargelegt habe, daß die spätere Gemein-schuldnerin am Tage der angefochtenen Rechtshandlung der [X.]n schonobjektiv zahlungsunfähig gewesen sei. Denn aus der Forderungsaufstellungdes [X.] (Anlage [X.]) lasse sich insbesondere zur Berechtigung und zu [X.] der [X.] nichts entnehmen.Mit dieser Begründung kann der Anfechtungstatbestand des § 30 Nr. 1Fall 2 KO im Streitfall nicht verneint werden.[X.] Eine Bank, die ihrem Kunden (Gemeinschuldner) zwischen [X.] und Konkurseröffnung auf sein Girokonto überwiesene Beträge miteigenen Forderungen verrechnet, muß diese Beträge auf Anfechtung nach§ 30 Nr. 1 Fall 2 KO dem Konkursverwalter herausgeben, sofern ihr bei [X.] die Zahlungseinstellung bekannt war (vgl. [X.]Z 58, 108). Die Fest-stellung der Voraussetzungen der Zahlungseinstellung im Einzelfall liegt imwesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Ihre Nachprüfung ist daher der Revi-sion nur in beschränktem Umfange zugänglich (vgl. [X.], Urt. v. 27. [X.] - [X.], [X.], 6; v. 1. März 1984 - [X.], [X.] 1984,1309, 1310; v. 11. Juli 1991 - [X.], [X.] 1991, 1570, 1573). Auch ohne- 5 -Verfahrensrüge prüft das Revisionsgericht aber, ob der Tatrichter die im mate-riellen Recht angelegten Anforderungen an eine substantiierte Darlegung [X.] überspannt hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 2. Aufl. § 559Rn. 13). So liegt es hier. Das Berufungsgericht ist von einem unzutreffendenBegriff der Zahlungseinstellung ausgegangen.2. Zahlungseinstellung im Sinne des § 30 KO besteht, wenn - minde-stens - für die beteiligten Verkehrskreise nach außen hin erkennbar gewordenist, daß der spätere Gemeinschuldner wegen eines voraussichtlich dauerndenMangels an Zahlungsmitteln seine fälligen und vom jeweiligen Gläubiger [X.] eingeforderten Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann (vgl. [X.], Urt. [X.] März 1984 - [X.], aaO; v. 11. Juli 1991 - [X.], aaO, 1571; v.27. April 1995 - [X.], [X.] 1995, 1113, 1114; v. 9. Januar 1997 - [X.], [X.] 1997, 432, 435; vgl. zu § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.] außerdem [X.], [X.]. 24. Oktober 1996 - [X.], [X.], 2080, 2082; v. 8. Oktober 1998 - [X.], [X.], 2008, 2009; v. 13. April 2000 - [X.]/99,[X.] 2000, 1207, 1208; v. 25. Januar 2001 - [X.], [X.] 2001, 689, 690 [X.] Annahme der Zahlungseinstellung steht nicht entgegen, daß der Schuldnervereinzelt noch Zahlungen - sei es auch in beachtlicher Höhe - leistet. Es ge-nügt, daß der Schuldner außerstande ist, den wesentlichen Teil seiner [X.] zu erfüllen ([X.], Urt. v. 11. Juli 1991 - [X.], aaO; v.8. Oktober 1998 - [X.], aaO; v. 13. April 2000 - [X.]/99, aaO; v.25. Januar 2001 - [X.], aaO).Die Zahlungseinstellung der späteren Gemeinschuldnerin am [X.] war deshalb nicht schon dann ausgeschlossen, wenn sie am [X.] noch 30.659,57 DM Restlöhne für den Monat März, am 22. April 1996- 6 -rückständige 53.702,56 DM Umsatzsteuer nebst Säumniszuschlag, am 10. Mai1996 die [X.] in Höhe von 83.512,66 DM und am 14. Juni 1996 die [X.] in gleicher Höhe zuzüglich eines Abschlages von 30.000 DM auf dieLöhne des laufenden Monats gezahlt hat (vgl. dazu [X.], Urt. v. 11. [X.], NJW 1962, 102, 103; v. 27. April 1995 - [X.],aaO, 1114; v. 25. Januar 2001 - [X.], aaO, 691).3. a) Das Berufungsgericht hat bei seinen Erwägungen zu Unrecht an-genommen, daß objektive Zahlungsunfähigkeit als Grundlage der [X.] nur festgestellt werden kann, wenn die Rechtsbeständigkeit dergegen den Schuldner erhobenen Forderungen im einzelnen nachprüfbar ist.Eine solche rechtliche Prüfung der Verbindlichkeiten kann zur Feststellung [X.] allenfalls dann geboten sein, wenn ihre Berechtigung imStreit steht (vgl. Senatsurteil vom 27. April 1995 - [X.], aaO). Das Be-rufungsgericht hat aber gerade im Rahmen seiner weiteren Prüfung unterstellt,daß das tatsächlich erfolgte Bestreiten der [X.]n, welches sich gegen die"inhaltliche" Richtigkeit der vom Kläger vorgetragenen Forderungsaufstellung(Anlage [X.]) richtete, ausgeräumt sei.b) Freilich kann auch dann noch keine Zahlungseinstellung festgestelltwerden, wenn der Schuldner die Zahlungen verweigert hat, weil er die [X.] selbst für unbegründet hält (vgl. [X.], Urt. v. 30. April 1959 - [X.], [X.] 1959, 891). Einen solchen Rechtsstandpunkt der nachmaligenGemeinschuldnerin hat die [X.] jedoch gleichfalls nicht behauptet.c) Das Berufungsgericht hat ferner verkannt, daß es auch weiteren [X.] des [X.] zu den Fälligkeitsterminen der Verbindlichkeiten nicht be-- 7 -durfte, die in der eingereichten Forderungsaufstellung (Anlage [X.]) enthaltenwaren. Darauf hätte es nur ankommen können, wenn die [X.] in erkennba-rem Umfang die Fälligkeit der zusammengestellten Forderungen gegen [X.], die nach Gläubiger, Rechnungsdatum und Betrag bezeichnet [X.], bestritten hätte. Auch davon geht das Berufungsgericht jedoch nicht aus.Aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 3. Februar 1998, [X.], in dem die Gläu-biger der Forderungsaufstellung (Anlage [X.]) genannt sind, die ihre Forderun-gen bereits mehrfach angemahnt und teils die spätere [X.] zur Zahlung aufgefordert hatten, hat sich genügend ergeben, daß dienachmalige Gemeinschuldnerin vor dem 10. April 1996 fälligen und von denjeweiligen Gläubigern ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten von [X.] Millionen DM ausgesetzt war.Deckte der restliche Kredit der späteren Gemeinschuldnerin am [X.] die vom Kläger angegebenen fälligen und mehrfach angemahnten [X.] nur noch zu etwa 11 v.H., so konnte dieser Kredit entgegen [X.] des Berufungsgerichts die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin nichtmehr erhalten.d) Die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin hätte durch die ihrem [X.] bei der [X.]n am 10. April 1996 [X.]e Überwei-sung ihrer bisherigen Hauptgesellschafterin in Höhe von 1 Million [X.] erhalten werden können, wenn jener Betrag in ihre freie Verfügunggelangt wäre. Das hat die [X.] jedoch durch die angefochtene Verrech-nung mit dem Schuldsaldo des [X.] vereitelt. Sie hat [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen, die Kreditli-nie der Gemeinschuldnerin sei derzeit weiter offen gewesen. Dazu fehlen aber- 8 -Feststellungen des [X.]. Aus dem berichtigten Tatbestand sei-nes Urteils ergibt sich nur, daß "im April 1996" die "quartalsweise verlängerten"Befristungen für die Kredite der Gemeinschuldnerin bei der [X.]n abge-laufen waren.I[X.] Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO)und daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsge-richt zurückzuverweisen (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).2. Das Berufungsgericht wird zunächst der Frage weiter nachgehenmüssen, ob die Gemeinschuldnerin am 10. April 1996 ([X.]) ihreZahlungen eingestellt hatte. Dazu bedarf es allerdings zuvor einer Klarstellungbzw. Ergänzung des Vorbringens der [X.]n.a) Die [X.] hat selbst vorgetragen, auf Fristenkongruenz ihres [X.] bei der Gemeinschuldnerin und der nur befristet [X.] geachtet zu haben; "im April 1996" hätten Befristungen für [X.] der Gemeinschuldnerin nicht mehr bestanden. Dem hat das [X.] im Zusammenhang mit § 30 Nr. 2 KO nicht ohne Grund entnom-men, daß die [X.] infolge [X.]ablaufs am [X.] einen fälligenDarlehensrückzahlungsanspruch hatte. Anders will indes die [X.] ihr [X.] anscheinend nach ihrer mündlichen Revisionserwiderung verstandenwissen; denn danach hat sie behauptet, die Kreditlinie der Gemeinschuldnerinsei am [X.] noch offen [X.] 9 -b) Die [X.] hat in ihrem Schriftsatz vom 13. März 1998 die "inhaltli-che Richtigkeit" der als Anlage [X.] vom Kläger überreichten [X.] bestritten. Dies kann sich auf buchhalterische Unstimmigkeiten bezie-hen, zumal die Aufstellung bis zum 30. April 1996 reichte. Das Bestreiten [X.] kann aber auch darauf gerichtet gewesen sein, daß sie die [X.] jeder einzelnen gegen die Gemeinschuldnerin hiernach erhobe-nen Forderung im Zweifel ziehen wollte. Gegenwärtig spricht gegen ein [X.] Verteidigungsziel, daß die [X.] nicht auch den Vortrag des [X.]bestritten hat, er habe jene Forderungen im Rahmen seiner Prüfung anerkanntund in die Tabelle aufgenommen (Schriftsatz vom 3. Februar 1998, [X.]). [X.] vertieft die [X.] in diesem Punkt aber ihr bisheriges Bestreiten, mußdas Berufungsgericht dem Kläger Gelegenheit geben, das Ergebnis seinerForderungsprüfung wenn nötig im einzelnen begründet darzulegen.3. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig -keine Feststellungen darüber getroffen, ob der [X.]n zur [X.] der [X.] Rechtshandlung (10. April 1996) die Zahlungseinstellung der [X.] Gemeinschuldnerin bekannt war (vgl. in diesem Zusammenhang [X.], [X.]. 1. März 1984 - [X.], [X.] 1984, 1309, 1311; v. 27. April 1995 - [X.]/94, aaO, 1116; v. 25. September 1997 - [X.], [X.] 1997, 2134,2136; v. 22. Januar 1998 - [X.], [X.] 1998, 569, 572, in [X.]Z 138, 40insoweit nicht abgedruckt). Die Erwägungen des Berufungsgerichts darüber, obdie [X.] bereits Ende Januar oder Anfang Februar 1996 einen wirtschaftli-chen Niedergang der späteren Gemeinschuldnerin habe erkennen können,führen hier allein nicht [X.] 10 -a) Ansatzpunkt der weiteren Sachaufklärung wird nach dem bisherigenVortrag die unter Beweis gestellte Behauptung des [X.] sein müssen, [X.] März 1996 die spätere Gemeinschuldnerin der [X.]n zur [X.] Kündigung ihrer Kredite eine aktuelle Aufstellung der [X.] Verbindlichkeiten aus dem Monat Februar 1996 vorgelegt habe (Schrift-satz vom 3. Februar 1998, [X.]. Jenes Vorbringen wird der Kläger im erneutenBerufungsdurchgang unter Umständen zu ergänzen haben, weil sich aus [X.] Mitte März 1996 überreichten Unterlagen nach ihrem Zweck, Kredit-kündigungen der [X.]n entgegenzuwirken, für die [X.] nicht die Zah-lungsunfähigkeit der späteren Gemeinschuldnerin offenbart haben muß. We-sentliche Bedeutung kann vor diesem Hintergrund dann die weitere Frage ge-winnen, inwieweit die [X.] ein Auslaufen der bisherigen [X.] Kreditsicherheiten der späteren Gemeinschuldnerin "im April 1996" [X.] einer Lösung des bisherigen Konzernverbundes und Erschöpfung ih-rer Zahlungsfähigkeit bewertet hat.b) Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung zu dem Er-gebnis gelangen, daß die [X.] mit Verrechnung der Überweisung vom10. April 1996 auf das debitorische Rahmenkreditkonto der Gemeinschuldnerinwegen Fortdauer einer "offenen" Kreditlinie eine inkongruente Deckung erlangt- 11 -hat und die Gemeinschuldnerin zuvor schon zur Einstellung der Zahlungen [X.] war, werden bei weiterer Prüfung der Voraussetzungen des § 30 Nr. 2KO auch die Senatsentscheidungen [X.]Z 138, 40, 48 (unter III.) und [X.]Z128, 196 zu beachten sein.[X.] Zugehör Ganter Raebel

Meta

IX ZR 188/98

17.05.2001

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.05.2001, Az. IX ZR 188/98 (REWIS RS 2001, 2538)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2538

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.