Bundespatentgericht, Urteil vom 16.04.2013, Az. 4 Ni 1/12

4. Senat | REWIS RS 2013, 6620

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – „Arretiervorrichtung“ – zur Amtsermittlungspflicht – keine Untersuchung unkommentiert vorgelegter Schriften durch den Senat


Leitsatz

1. Der Senat ist trotz des auch im neu gestalteten Patentnichtigkeitsverfahren nach § 87 Abs. 1 Satz 1 PatG geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes nicht gehalten, unkommentiert vorgelegte Schriften auf ihre Relevanz im Hinblick auf die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe zu untersuchen.

2. Die Obliegenheiten der Parteien zu einem konkretisierten Sachvortrag im Nichtigkeitsverfahren korrespondieren mit den Grenzen, die an die Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts bestehen, wie auch mit den Anforderungen, die unter Berücksichtigung des reformierten Verfahrens an die Anerkennung als Tatsachenvortrag der ersten Instanz in der Beru-fungsinstanz zu setzen sind.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das [X.] Patent 102 62 182

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 16. April 2013 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] agr. [X.], die Richterin Friehe, [X.] und die Richterin [X.]. Prasch

für Recht erkannt:

[X.] Die Klage wird abgewiesen.

I[X.] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des [X.] 182 (Streitpatent), das als Teilanmeldung aus der am 14. September 2002 unter Inanspruchnahme der (inneren) Prioritäten der Patentanmeldungen [X.] 774 vom 28. November 2001 und [X.] vom 15. Januar 2002 angemeldeten [X.] 825 hervorgegangen ist. Die Erteilung des Streitpatents wurde am 19. Oktober 2006 veröffentlicht; es ist in [X.]. Es betrifft eine Arretiervorrichtung einer Längsverstellvorrichtung eines [X.]fahrzeugsitzes mit gerillten [X.] und weist 14 Patentansprüche auf, die sämtlich angegriffen sind.

2

Patentanspruch 1 der geltenden B4-Schrift lautet:

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3

nen Patentansprüche 2 bis 14 wird auf die [X.] 182 B4 Bezug genommen.

4

Die Klägerin ist der Ansicht, das Streitpatent sei gegenüber den ursprünglichen Anmeldeunterlagen (der [X.], [X.]) unzulässig erweitert, § 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.].

5

Der Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents sei nicht patentfähig, da er an dessen [X.] nicht mehr neu, sondern bereits vorbekannt gewesen sei aufgrund offenkundiger Vorbenutzung im [X.] der Baureihe [X.], seit 1993 produziert und verkauft. Hierzu legt sie Unterlagen ([X.] bis [X.]) betreffend ein bestimmtes Auto dieser Baureihe vor (Mercedes-Benz [X.], [X.]. [X.] 022 1A 277829), benennt zwei Zeugen und beantragt die Einnahme eines Augenscheins und die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

6

Sie ist weiter der Ansicht, der Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents sei nicht patentfähig, und beruft sich insbesondere auf folgende Schriften:

7

D1 [X.] 299 10 720 U1

8

D2 [X.] 00 866 U1

9

D7 [X.] 197 09 149 A1

D9 GB 2 355 399 A

[X.] [X.] 5 918 846 A.

In der Patentschrift sind darüber hinaus noch die Druckschriften

D3 EP 0 408 932 A2

D4 [X.] 27 29 770 A1

D5 [X.] 42 42 895 C1

D6 [X.] 44 44 075 A1

sowie unter den Bezeichnungen [X.], [X.], [X.] bis [X.] weitere Druckschriften genannt, hinsichtlich derer die Klägerin keine Ausführungen macht, inwiefern diese für das Streitpatent nichtigkeitsbegründend seien. Dasselbe gilt hinsichtlich der Schriften D3 bis D6.

Die Klägerin macht ferner geltend, die nachgeordneten Patentansprüche enthielten nichts die Patentfähigkeit Begründendes.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Klage abzuweisen, soweit das Patent mit den [X.] 1 bis 6 vom 20. Januar 2011 verteidigt wird.

Hinsichtlich der Hilfsanträge wird auf die Akten, insbesondere den Schriftsatz vom 20. Januar 2011, Bezug genommen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht unzulässig erweitert sei; im Übrigen könnten weder die von der Klägerin in Bezug genommenen Druckschriften noch die behauptete offenkundige Vorbenutzung den Gegenstand des Streitpatents vorwegnehmen oder nahelegen.

Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis gemäß § 83 [X.] zugeleitet. Auf [X.]. 199 ff. der Akten wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn der Senat konnte nicht feststellen, dass dem Gegenstand des [X.] der von der Klägerin geltend gemachte [X.] der unzulässigen Erweiterung nach §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 4 [X.] oder der fehlenden Patentfähigkeit nach §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 [X.] entgegensteht, insbesondere, dass die beanspruchte Lehre gegenüber dem Stand der Technik nicht neu ist oder nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

II.

1. Nach den Abschnitten [0002] ff. der Beschreibungseinleitung des [X.] sind [X.] nach dem Oberbegriff von Patentanspruch 1 im Stand der Technik bekannt; bei diesen sei jedoch im allgemeinen nur ein [X.] für die Arretierung einer Verschieberichtung verantwortlich, auf den und auf den entsprechenden [X.] bei einer unfallbedingten Belastung die gesamten [X.] wirken. Das könne zum Verbiegen des [X.], zum Verlust der Selbsthemmung und letztlich zur Freigabe der Arretierung führen.

Die Beschreibung bezeichnet es demgegenüber als Aufgabe der Erfindung, derartige [X.] so weiterzubilden, dass einem unfallbedingten Hochdrücken der [X.] aus einer Arretierstellung heraus besser entgegen gewirkt wird (Abschnitt [0005]).

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Arretiereinrichtung einer [X.] eines Kraftfahrzeugsitzes;

2. mit einer Rastenleiste;

2.1 die periodisch angeordnete [X.] und [X.] aufweist und

2.2 einer [X.] der [X.] zugeordnet ist;

3. mit einer Sperreinheit;

3.1 die einer [X.] der [X.] zugeordnet ist und

3.2 die mindestens zwei [X.] aufweist, welche

3.2.1 unabhängig voneinander in [X.] einrastbar sind und

3.2.2 gemeinsam ausrastbar sind und

3.2.3 eine Einzelrille aufweisen;

4. die [X.] sind in einem [X.] angeordnet,

4.1 das für jeden [X.] eine Stiftbohrung aufweist;

wobei

5. mindestens einer der [X.] einen [X.] aufweist,

5.1 mit zwei [X.];

6. dieser [X.] sich in der Nähe eines unteren Endes der zugehörigen Stiftbohrung befindet, wenn der [X.] in eine der [X.] eingerastet ist;

7. die [X.] beabstandet sind und

8. zur Verfügung stehen, mit dem Material des [X.] am unteren Ende der Stiftbohrung in Wechselwirkung zu treten.

2. Der maßgebliche Fachmann ist hier ein Ingenieur des allgemeinen Maschinenbaus mit zumindest Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung von [X.], wie [X.] von Fahrzeugsitzen.

3. Nach dessen maßgeblichem Verständnis und einer am Gesamtzusammenhang sich orientierenden Betrachtung (st. Rspr., vgl. [X.], Urt. v. 18.11.2010, [X.]/07 - Rn. 29, GRUR 2011, 129 - [X.]; Urt. v. 3.6.2004, [X.], [X.], 845 - Drehzahlermittlung, m. w. N.) ist zu beurteilen, welche technische Lehre Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist und welcher technische Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs 1 im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt.

Die gattungsbildenden Merkmale der Arretiereinrichtung einer [X.] eines Kraftfahrzeugsitzes nach dem erteilten Patentanspruch 1 beschreiben notwendige Merkmale einer derartigen Arretiereinrichtung, nämlich eine Rastenleiste (Merkmalsgruppe 2.) eine Sperreinheit (Merkmalsgruppe 3.) sowie ein [X.] für die [X.] (Merkmalsgruppe 4.), während die kennzeichnenden Merkmale auf die Ausgestaltung (Merkmale 5. bis 7.) und Wirkung der [X.] (Merkmal 8.) gerichtet sind. Demnach soll mindestens einer der [X.] einen [X.] aufweisen mit zwei [X.] (Merkmale 5. und 5.1), wobei sich der [X.] im eingerasteten Zustand des [X.] in der Nähe des unteren Endes der zugehörigen Stiftbohrung befindet (Merkmal 6.) und die (zwei) [X.] beabstandet sind (Merkmal 7.). Dies hat nach Merkmal 8. den Zweck, dass die (beabstandeten) [X.] zur Verfügung stehen - dies bedeutet vor dem Hintergrund der Beschreibung gemäß Abschnitt [0008] der [X.]chrift, dass die zwei [X.] im Falle einer unfallbedingten Ausbiegung des [X.] bereit stehen - mit dem Material des [X.] am unteren Ende der Stiftbohrung in Wechselwirkung zu treten, um so eine Aufwärtsbewegung des [X.] zu blockieren.

Diese Wirkung soll nach Anspruch 1, Merkmal 5.1 mit genau zwei [X.] erreicht werden. Eine solche Ausführungsform mit genau zwei [X.] ist in der Beschreibung des [X.] in Abschnitt [0039] beschrieben.

mit dem unteren Ende der Stiftbohrung (vgl. Merkmal 8.) herbei zu führen. Insoweit ist dem Vertreter der Beklagten darin zuzustimmen, dass eine andere Wechselwirkung als ein Verhaken nicht am unteren Ende der Stiftbohrung entstehen könne, sondern [X.]falls an einem unteren Endbereich. Eine derartige Offenbarung findet sich aber in Beschreibung und Anspruchstexten des [X.], das sein eigenes Lexikon darstellt, nicht. Nachdem aber die Gesamtheit der [X.] in Beschreibung und Zeichnung auch keinen anderen oder weiteren Festlegungsmechanismus für die [X.] erkennen lässt, ist daher unter sachgerechter Würdigung des Inhalts der Patentschrift ein anderer Festlegungsmechanismus als das Verhaken oder Verkr[X.] nicht zu Grunde zu legen. Insoweit unterscheidet sich das Verständnis des Senats hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „in Wechselwirkung treten“ von der in der Entscheidung über den Widerruf des Europäischen Patents 1 316 465 ([X.]age [X.]) dargelegten Auffassung der zuständigen Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts.

        

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Das [X.] selbst ist gemäß [X.]chrift Abschnitt [0028] sowie den Darstellungen gemäß [X.]uren 3 und 5 zwar ein eigenständiges Bauteil, das an der [X.] befestigt ist. Dieser Umstand kommt im erteilten Anspruch 1 jedoch nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck, denn nach Merkmal 3. und 3.1 soll eine Sperreinheit - diese weist nach Merkmal 3.2 die [X.] auf, welche dann nach Merkmal 4. und 4.1 in einem [X.] mit Stiftbohrung angeordnet sind - der [X.] der [X.] zugeordnet sein. Der Ausdruck „zugeordnet“ wird im Anspruch 1 des [X.] auch in anderem Zusammenhang, nämlich in Merkmal 2.2, wonach eine Rastenleiste einer [X.] der [X.] zugeordnet ist, so verstanden, dass das einzelne Bauteil (hier: Rastenleiste) mit dem größeren Bauteil, dem es zugeordnet ist (hier: [X.]) einstückig ausgebildet ist, wie aus dem Ausführungsbeispiel nach [X.]. 1 ersichtlich ist. Nach alledem schließt der Text des Anspruchs 1 in erteilter Fassung auch bezüglich der Merkmale 3., 3.1, 4. und 4.1 nicht aus, dass das [X.] ein von der [X.] getrenntes und eigenes Bauteil darstellt, jedoch umfasst er auch eine Ausführungsform, bei der Teile der [X.] bzw. diese selbst das [X.] bilden.

[X.]

Der Senat konnte nicht feststellen, dass der Gegenstand des Patents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus geht (§ 21, Abs. 1, Satz 4 [X.]).

1. Die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 sind in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart. Patentanspruch 1 ist daher zulässig.

Soweit die Klägerin die redaktionellen Einfügungen „… mit drei [X.] pro [X.] und daher nicht nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 …“ in den Kurzbeschreibungen zu [X.]ur 2 und [X.]ur 6 als unzulässige Änderung rügt, weil der Patentanspruch 1 noch die maßgeblichen Beschreibungsteile der Patentschrift einen Anhaltspunkt dafür bieten könnten, dass unter einem [X.] „mit genau zwei [X.]“ gerade ein [X.] mit „genau zwei [X.]“ verstanden werden könne, teilt der Senat diese Auffassung nicht.

Nach dem ursprünglichen Anspruch 2 gemäß [X.] ([X.]. [X.]) wurde der [X.] des [X.] derart definiert, dass er mindestens eine Einzelrille, vorzugsweise mehrere [X.] aufweist. Aus dieser ursprünglich offenbarten Bandbreite hat die Patentinhaberin für das vorliegende Streitpatent einen [X.] ausgewählt, der aus zwei [X.] besteht. Damit liegt sie bereits im Bereich dessen, was sie ursprünglich schon offenbart hatte. Hinzu kommt aber noch, dass auch dem im hiesigen Streitpatent weiterverfolgten Gedanken der Ausgestaltung des [X.]s mit zwei [X.] bereits in den ursprünglichen Unterlagen ein eigenes Ausführungsbeispiel gewidmet war (Abs. [0037] der [X.]. [X.]). Damit steht zweifelsfrei fest, dass eine Ausführung eines [X.]s mit genau zwei [X.] in den ursprünglichen Unterlagen (Stammanmeldung) sowohl verbal als auch zeichnerisch dargestellt offenbart war.

Nach alledem kann der im Streitpatent gegebene Zusatz in den Kurzbeschreibungen der [X.]uren 2 und 6, wonach die dort dargestellten [X.]e mit drei [X.] nicht dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 entsprechen, nicht zu einer unzulässigen Änderung des [X.] und noch weniger zu einer unzulässigen nachträglichen Verschiebung des Schutzbereichs führen.

2. Die Merkmale der ebenfalls angegriffenen erteilten [X.] 2 bis 14 sind in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart, was von der Klägerin auch nicht bestritten wird.

Die Merkmale der [X.] finden ihre Stütze in Textstellen der ursprünglichen Beschreibung gemäß Stammanmeldung ([X.]. [X.]) (Anspruch 2 in Abschnitt [0039]; Anspruch 3 in Abschnitt [0029]; Anspruch 10 in Abschnitt [0039]; Anspruch 11 in Abschnitt [0006]; Anspruch 12 in Abschnitt [0026]; Anspruch 13 in Abschnitt [0034]; Anspruch 14 in Abschnitt [0037]) bzw. beruhen auf den ursprünglichen Ansprüchen (erteilte Ansprüche 4 bis 9 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 4 bis 9).

IV.

Der Senat konnte nicht feststellen, dass der aufgrund seiner Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik vorweggenommen und deshalb nicht neu ist (§ 3 Abs. 1 [X.]) oder sich hieraus in naheliegender Weise ergibt (§ 4 [X.]).

1. Der Beurteilung waren die Druckschriften [X.] bis [X.], [X.], [X.], [X.] bis [X.] nicht zu Grunde zu legen. Denn auf diesen druckschriftlichen Stand der Technik ist die Klägerin weder in ihren schriftlichen Einlassungen noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingegangen, so dass der Senat keine Veranlassung sah, diese auf ihre Relevanz zu untersuchen.

a. Der Senat ist trotz des auch im neu gestalteten Patentnichtigkeitsverfahren nach § 87 Abs. 1 Satz 1 [X.] geltenden [X.], wonach das Patentgericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht, nicht gehalten, unkommentiert vorgelegte Schriften auf ihre Relevanz im Hinblick auf die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe zu untersuchen. Denn die im [X.] Ermessen stehende Amtsermittlungspflicht (Busse/[X.], [X.], 7. Auflage, Rn. 261, 271 zu § 59) ist nicht unbegrenzt; sie findet ihre Grenze in der Zumutbarkeit zu treffender Ermittlungen, die durch den Aufwand und die Erfolgsaussichten einerseits, aber auch die Erforderlichkeit und Möglichkeit der Mitwirkung der Beteiligten - der [X.] - anderseits bestimmt wird (Busse/[X.], a. a. [X.], Rn. 266 und 267 zu § 59; zum alten Recht: [X.]/[X.], [X.] 10. Aufl. Rn. 9 zu § 87) und im Kontext des jeweiligen Verfahrens zu sehen sind. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das als kontradiktorisches Streitverfahren ausgeprägte [X.] in besonderem Maße der Disposition der [X.]en Rechnung trägt und es dem Kläger obliegt, vorzutragen und geltend zu machen, auf welchen technischen Sachverhalt er sein Vorbringen stützt, und er insoweit seinen Vortrag zu den verfahrensgegenständlichen Nichtigkeitsgründen zu [X.] hat (Busse/Keukenschrijver, a. a. [X.], Rn. 61 zu § 82 [X.]; vgl. auch Busse/[X.], a. a. [X.], Rn. 267 zu § 59). Ebenso suspendiert § 82 Abs. 2 [X.] die Untersuchungspflicht, wenn der Beklagte der Klage nicht widerspricht, da die vom Kläger behaupteten Tatsachen für erwiesen angenommen werden. Die Obliegenheiten der [X.]en im [X.] zur Substantiierung ihres Vorbringens korrespondieren deshalb mit den Grenzen, die an die Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen bestehen (vgl. Busse/Keukenschrijver, a. a. [X.], Rn. 11 zu § 87 [X.]), wie auch mit den Anforderungen, die unter Berücksichtigung des reformierten Verfahrens an die Anerkennung als Tatsachenvortrag der ersten Instanz in der Berufungsinstanz zu setzen sind (hierzu auch [X.] [X.], 996): dort ist nach der Rechtsprechung des [X.] (Urt. v. 28.8.2012, [X.], [X.], 1236 ff., Rn. 36 - Fahrzeugwechselstromgenerator) eine Druckschrift als Angriffsmittel i. S. v. § 117 [X.], § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eine neue Tatsache, wenn sie zwar in erster Instanz erwähnt und/oder zu den Akten gereicht wurde, der technische Sachvortrag, für den sich die [X.] auf das Dokument stützen will, aber nicht in hinreichend konkreter Form bereits in der ersten Instanz gehalten wurde. Die eine Amtsermittlung erst auslösende Konkretisierung des [X.] ist deshalb auch für das neue [X.] im Berufungsverfahren vorausgesetzt.

b. Den danach bestehenden Grenzen gebotener Amtsermittlung steht nicht entgegen, dass der [X.] grundsätzlich nicht gehalten ist, den Angriff gegen die Patentfähigkeit des [X.] auf alle denkbaren Gesichtspunkte zu stützen, insbesondere mit einer Vielzahl unterschiedlicher Argumentationslinien zu begründen, warum der Gegenstand der Erfindung durch den Stand der Technik vorweggenommen oder nahelegt ist ([X.] Fahrzeugwechselstromgenerator a. a. [X.], Rn. 38). Denn die Frage einer vernünftigen Begrenzung des klägerischen Tatsachenvorbringens im Hinblick auf eine patentrechtlichen Bewertung des Inhalts von Druckschriften und etwaige Risiken verspäteten Vorbringens sind davon zu unterscheiden, dass es insbesondere unter Berücksichtigung des neu gestalteten [X.]s trotz Beibehaltung des [X.] nicht Aufgabe des Senats ist, unkommentierte Druckschriften auf ihre Relevanz als möglichen Stand der Technik hin zu untersuchen.

c. Zudem hat der Senat vorliegend in seinem Hinweis nach § 83 [X.] darauf hingewiesen, dass er nach dem Vortrag der Klägerin weder eine unzulässige Erweiterung erkennen könne noch die Lehre des [X.] als nicht neu und nahegelegt ansehe, und dieses ausführlich begründet. Weiter ist in diesem Bescheid darauf hingewiesen, dass keine Veranlassung bestehe, auf den verbleibenden Stand der Technik einzugehen, da dessen Relevanz für das Streitpatent für den Senat nicht ersichtlich sei und auch die Klägerin keinen Sachvortrag gehalten habe, der den Senat zu einer Untersuchung von Amts wegen veranlassen könnte (2.1.2 des gerichtlichen Hinweises). Hiernach hätte für die Klägerin spätestens aufgrund des Hinweises Veranlassung bestanden, hierzu substantiiert vorzutragen, sofern sie die Relevanz der weiteren kommentarlos vorgelegten Druckschriften für die Nichtigkeit des [X.] geltend machen wollte. Das hat sie mit Ausnahme der [X.] nicht getan.

2. Die Arretiereinrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist gegenüber dem entgegengehaltenen druckschriftlichen Stand der Technik sowie gegenüber dem Gegenstand der behaupteten [X.] neu.

[X.] ([X.] 00 866 [X.]) der [X.] ([X.] 197 09 149 [X.]) und der [X.] ([X.] 2 355 399 A) unterscheidet sich die Arretiereinrichtung nach Patentanspruch 1 jeweils zumindest durch seinen aus zwei beabstandeten Rillen bestehenden [X.] (Merkmal 5.1 und 7.; vgl. [X.] gemäß Punkt II.1) sowie dadurch, dass die zwei Rillen zur Verfügung stehen, mit dem Material des Führungsteils am unteren Ende der Stiftbohrung in Wechselwirkung zu treten (Merkmal 8.).

[X.]1 ([X.] 5 918 846 A) lassen keinerlei Rillen erkennen, so dass sich der [X.] hiervon in den Merkmalen 3.2.3 und 5. bis 8. des Patentanspruchs 1 unterscheidet.

[X.] sowie aus den mit Maßangaben versehenen Zeichnungen und Bilddarstellungen gemäß [X.]age [X.] ersichtlich ist, kann - anders als die Klägerin vorträgt - eine neuheitsschädliche Wirkung nicht entfalten. Wenn nämlich als wahr unterstellt wird, dass eine derartige [X.] in dem Fahrzeug [X.], welches sich im Zeitraum vom 12. Oktober 1995 bis 26. Mai 2010 im Besitz von Herrn R… befunden hatte, verbaut war, ist bei vergleichender Betrachtung mit dem [X.] bereits festzustellen, dass die untere Kante der oberen Rille des [X.] des Benutzungsgegenstandes unter Zugrundelegung der in [X.]age [X.] angegebenen Maße bei vollständig eingerastetem [X.] zumindest um 0,1 mm innerhalb der Stiftbohrung des Führungsteils liegt. Bei zusätzlicher Berücksichtigung der Tatsache, dass die [X.] häufig nicht um das weitest mögliche Maß in die Rastöffnungen der Rastenleiste einrasten, sondern aufgrund ihrer konischen Anformung an der Spitze, individuell unterschiedlich tief einrasten, liegt die untere Kante der oberen Rille noch wesentlich weiter innerhalb der Stiftbohrung des Führungsteils. Somit weist eine derartige Arretiereinrichtung nicht einen [X.] aus zwei [X.] auf, bei dem die [X.] zur Verfügung stehen, mit dem Material des Führungsteils am unteren Ende der Stiftbohrung in Wechselwirkung zu treten, denn die obere Rille ist in jedem Falle so tief innerhalb der Stiftbohrung, dass sie aus diesen Positionen heraus keinesfalls mit dem Material des Führungsteils am unteren Ende der Stiftbohrung zusammenwirken kann. Somit unterscheidet sich die patentgemäße Arretiereinrichtung nach Patentanspruch 1 von dem Gegenstand der behaupteten [X.], wie aus [X.]age 13 und 14 ersichtlich, zumindest in Merkmal 8. des Patentanspruchs 1.

[X.] mit „[X.]“ gekennzeichnet) bei diesem Modell mit dem Führungsteil bündig abschließt, wie die Klägerin hierzu vorträgt, würde dies im [X.] nicht zu einer Wechselwirkung i. S. v. Merkmal 8. führen. Jedenfalls kann auch ein Gegenstand gemäß dem vorgelegten Modell die Neuheit der patentgemäßen Arretiereinrichtung nicht in Frage stellen.

3. Die Arretiereinrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 1 war dem Fachmann durch den entgegengehaltenen druckschriftlichen Stand der Technik und den Gegenstand der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung auch nicht nahe gelegt.

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[X.] offenbart eine [X.] einer Längsverstellvorrichtung eines Kraftfahrzeugsitzes (vgl. Beschreibung, Seite 1, 1. Abs. und [X.]. 1) (Merkmal 1., vgl. [X.] gemäß Punkt 1.). Die [X.] (1) (vgl. [X.]. 1) weist ebenfalls wie beim [X.] eine Rastenleiste (4) mit periodisch angeordneten Rastöffnungen (84, 85, 86, 87, 88) und (dazwischen liegenden) [X.]n auf (vgl. [X.]. 2) und ist der Längsverstellvorrichtung zugeordnet (Merkmale 2., 2.1 und 2.2). Die entgegengehaltene [X.] nach [X.] weist auch eine Sperreinheit auf ([X.]. 1, 2), die einer [X.] (carriage 10) der Längsverstellvorrichtung zugeordnet ist und mindestens zwei [X.] (plunger 24, 25, 26, 27) aufweist ([X.]. 1, 2) (Merkmale 3., 3.1 und 3.2). Die [X.] (24 bis 27) sind dabei unabhängig voneinander in Rastöffnungen einrastbar (vgl. [X.]. 2; Seite 8, 1. Abs.) und gemeinsam ausrastbar (vgl. Seite 8, 2. Abs. bis S. 9, 1. Abs.) und weisen eine Einzelrille (annular groove or recess 31) ([X.]. 2 bis 4) auf (Merkmale 3.2.1, 3.2.2 und 3.2.3).

Auch sind die [X.] der [X.] nach [X.] in einem [X.] angeordnet (Merkmal 4.), welches gemäß Merkmal 4.1 für jeden [X.] eine Stiftbohrung bereithält, wie aus [X.]ur 2 ersichtlich ist. Das [X.] wird dabei sowohl durch die Wandteile einer hohlen aufrechten Kammer (38) als auch durch den horizontalen unteren Teil (11) der [X.] (10) gebildet, jedenfalls bei der Auslegung des Anspruchstextes wie in Punkt I. 3. dargelegt, wobei diese Strukturen, wie in [X.]. 2 ersichtlich, jeweils fluchtende Bohrungen für jeden [X.] aufweisen. Jeder dieser [X.] (24, 25, 26, 27) weist auch einen [X.] (um 31) auf (Merkmal 5.). Dieser [X.] befindet sich aber nicht - wie in Merkmal 6. gefordert - in der Nähe eines unteren Endes der zugehörigen Stiftbohrung (z. B. Öffnung (80) des unteren Teils (11) der [X.] (10)), wenn der [X.] (29) in eine der [X.] (z. B. 84) (der Rastenleiste 4) eingerastet ist (vgl. hierzu [X.]. 3 und 4). Die lediglich eine einzige Rille (31) steht zwar auch zur Verfügung, mit dem Material des [X.] in der Stiftbohrung in Wechselwirkung zu treten (im Crashfall) (vgl. [X.]. 4; Seite 9, 4. Abs. bis Seite 10, 1. Abs.). Anders als in Merkmal 8. zum Ausdruck gebracht wird, bedeutet diese Wechselwirkung bei der Arretiereinrichtung nach [X.] aber eine Deformation des Materials der unteren Bereiche der [X.] (11) durch den Eingriff der Rille (31) (Seite 9, 4. Abs.). Daher ist die Rille (31) auch nicht am unteren Ende der Stiftbohrung (80) angeordnet, sondern - bezogen auf die Materialstärke des unteren Teils (11) der [X.] (10) - in der Mitte dieser Bohrung (vgl. [X.]. 2, 3, 4).

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Nach alledem konnte der Stand der Technik nach [X.] den maßgeblichen Fachmann (vgl. Punkt II. 2.) nicht dazu anregen, im [X.] zwei [X.] vorzusehen (Merkmal 5.1), wobei diese (zwei) [X.] beabstandet sind (Merkmal 7.) und zur Verfügung stehen, mit dem Material des [X.] am unteren Ende der Stiftbohrung in Wechselwirkung zu treten (Merkmal 8.). Vielmehr wird durch [X.] ein anderes als das patentgemäße Konstruktions- und Wirkprinzip dargestellt und beschrieben, welches den Fachmann nicht zu der patentgemäßen Lösung führen konnte.

[X.]) bekannt geworden (vgl. Anspruch 7). Diese weist ebenfalls eine Rastenleiste (20) mit periodisch angeordneten Rastöffnungen (22) und [X.]n (24) auf, wobei die Rastenleiste (20) einer [X.] (26) der Längsverstellvorrichtung zugeordnet ist ([X.]. 1, 2) (Merkmale 2., 2.1, 2.2). Eine Sperreinheit (Stifte 32), die einer [X.] (30) der Längsverstellvorrichtung zugeordnet ist und mindestens zwei [X.] (32) aufweist, ist ebenfalls vorgesehen ([X.]. 1, 2) (Merkmale 3., 3.1 und 3.2). Die [X.] (32) sind ferner unabhängig voneinander in Rastöffnungen einrastbar ([X.]. 1, 2; Anspruch 1) und gemeinsam ausrastbar (Anspruch 1), wie in den Merkmalen 3.2.1 und 3.2.2 des erteilten Patentanspruchs 1 beschrieben. Ferner ist auch denkbar, dass die Stifte (32) eine Einzelrille i. S. v. Merkmal 3.2.3 aufweisen, denn in Spalte 5, Zeilen 49 bis 56 der [X.] wird beschrieben, dass die in Kontakt kommenden Flächen der [X.] (32) bzw. [X.] (24) gegen ein Gleiten bei unfallbedingter Belastung aufgeraut sein können, wobei für das Aufrauen nur pauschal und beispielhaft beliebige Maßnahmen wie Mikrorillen, kleine Rippen oder dergleichen genannt werden. Die plurale Nennung der Strukturen „Mikrorillen“ bzw. kleine Rippen“, insbesondere in der hier vorgenommenen pauschalen Beschreibung, kann dem Vorhandensein einer Einzelrille auch deshalb nicht entgegen stehen, weil die „Rillen“ an zwei unterschiedlichen Bauteilen, nämlich den [X.]n und den [X.]n (der Rastenleiste), angebracht sein sollen, was für den maßgeblichen Fachmann u. a. auch eine dahingehende Deutung erlaubt, dass an jedem dieser Bauteile ([X.], [X.]) lediglich eine Rille vorhanden sein kann.

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Wie aus [X.]uren 1 bis 5 ferner ersichtlich ist, sind die [X.] (32) entsprechend den Merkmalen 4. und 4.1 des erteilten Patentanspruchs 1 in einem (hier blockartig ausgestalteten) [X.] (34) angeordnet, welches für jeden [X.] eine Führungsbohrung aufweist.

Aus der genannten [X.] gemäß Spalte 5, Zeilen 49 bis 56 der [X.] ist auch herzuleiten, dass mindestens einer der [X.] einen [X.] (z. B. versehen mit Mikrorillen) aufweist (Merkmal 5.), wobei im Falle des Vorhandenseins mehrerer Rillen, diese auch beabstandet sein müssen (Merkmal 7.).

Im Unterschied zum [X.] nach dem erteilten Anspruch 1 sind hier allerdings nicht Stifte mit (genau) zwei [X.] direkt oder implizit offenbart. Ferner befindet sich dieser [X.] auch nicht in der Nähe eines unteren Endes der zugehörigen Stiftbohrung (gemeint: des [X.]), wenn der Stift in eine der [X.] eingerastet ist, sondern die gemäß Spalte 5, Zeilen 49 bis 56 der [X.] beschriebene Aufrauhung durch Rillen o. ä. befindet sich im Bereich der Rastenleiste der [X.]. Durch beidseitiges Aufrauen von [X.]n und unterem Ende der [X.] soll letztendlich der Kontakt zwischen Rastenleiste und [X.] bei unfallbedingter Deformation des [X.] in der Rastenleiste verbessert werden, wie dies auch in dem Ausführungsbeispiel nach [X.]ur 2 prinzipiell ersichtlich ist. Jedenfalls sollen die Rillen in den [X.]n nach diesem Ausführungsbeispiel der [X.], also gemäß Spalte 5, Zeilen 49 bis 56, nicht dafür zur Verfügung stehen, mit dem Material des [X.] am unteren Ende der Stiftbohrung in Wechselwirkung zu treten. Von der in der [X.] offenbarten Ausführungsform einer [X.] unterscheidet sich der Gegenstand nach dem erteilten Patentanspruch 1 daher in den Merkmalen 5.1, 6. und 8. Insoweit ist auch der Hinweis der Klägerin auf ihre veränderte Darstellung der [X.]ur 1 der [X.] gemäß ihrem Schriftsatz vom 10. Oktober 2011 nicht hilfreich, denn die dort von der Klägerin eingezeichneten [X.]e sind in ihrer Ausdehnung so in der [X.] nicht beschrieben und dargestellt. Ferner beschreibt die [X.] ein anderes Konstruktions- und Wirkprinzip, nämlich eine Wechselwirkung der gerillten [X.] mit der Rastenleiste.

Eine weitere Ausführungsform in der [X.] sieht gemäß [X.]ur 3 bis 5 und zugehöriger Beschreibung, Spalte 4, Zeile 68 bis Spalte 5, Zeile 48, vor, ein als blockartiges Bauteil ausgestaltetes [X.] (34) im unteren Bereich verformbar zu gestalten, damit nicht nur der [X.], sondern mit ihm auch der untere Teil des [X.] durch unfallbedingte Krafteinwirkung so verformt werden, dass der verformte [X.] in [X.]age zu einem weiteren sperrenden Stift kommt und den Sitz so stabilisiert (vgl. [X.]. 3,4 und Spalte 5, Zeilen 15 bis 28). Bei dieser Ausführungsform sind jedoch keinerlei Rillen beschrieben oder dargestellt, die in die [X.] eingebracht sind und mit weiteren Strukturen (z. B. des [X.]) in Wechselwirkung treten. Daher unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 von dieser in der [X.] offenbarten zweiten Ausführungsform einer [X.] in [X.] seinen auf [X.] mit Rillen gerichteten Merkmalen, nämlich den Merkmalen 3.2.3 sowie 5. bis 8., weshalb diese Ausführungsform vom [X.] noch erheblich weiter ab liegt als die vorher abgehandelte Ausführungsform.

Nach alledem kann die [X.], auch im Hinblick auf ihre dem [X.] näher kommende Ausführungsform bezüglich mit Rillen versehener [X.] und [X.], eine [X.] mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 nicht nahe legen.

Auch in einer Zusammenschau mit dem Stand der Technik nach [X.] vermag die [X.] die auf zwei beabstandete [X.] gerichteten Merkmale 5.1 und 7. sowie das auf eine Wechselwirkung der Rillen im [X.] mit dem Material des [X.] am unteren Ende der Stiftbohrung gerichtete Merkmal 8. sowie die technische Voraussetzung hierzu gemäß Merkmal 6. nicht zu erbringen.

[X.]) zeigt in einer [X.] gemäß [X.]ur 3 einen [X.] (17) in einem Führungsteil (14), der in die Rastöffnung (12) der Rastenleiste eingreift und mittels einer Feder (16) in Richtung auf die Rastöffnung (12) vorgespannt ist (vgl. hierzu Seite 6, Zeilen 27 bis 29 der [X.]). Der in [X.]ur 3 dargestellte [X.] (17) lässt zwar eine einzige Rille erkennen, die sich ihrerseits aber, selbst in dem nach unten vorgespannten und damit in die Rastöffnung (12) eingerasteten Zustand des [X.] (17), bei weitem nicht in der Nähe des unteren Endes der zugehörigen Stiftbohrung befindet. Daher kann sie auch nicht zur Verfügung stehen, mit dem Material des Führungsteils am unteren Ende der Stiftbohrung in Wechselwirkung zu treten.

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Daher kann die [X.] einem Fachmann die Merkmale 5.1, 6., 7. und 8. des erteilten Patentanspruchs 1 weder vermitteln noch nahe legen.

Somit kann eine Zusammenschau des Standes der Technik nach [X.] mit den Gegenständen gemäß [X.] und [X.] ebenfalls nicht zu einer Arretiereinrichtung mit den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 führen.

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[X.]) zeigt eine gattungsgemäße Arretiereinrichtung (vgl. [X.].1), deren [X.] (2 bis 5) jeweils lediglich eine einzige Rille erkennen lassen, so dass die Merkmale 5.1 und 7. dort nicht verwirklicht sind und auch nicht nahegelegt werden können. In dieser Entgegenhaltung wird die Sitzsicherung in einem [X.] in zwei Varianten beschrieben. Gemäß Seite 12, 3. Absatz bis Seite 13, 1. Absatz der [X.] wird hierzu lediglich ausgeführt, dass zur Sicherung des Sitzes in einem [X.] die auf den Sitz wirkenden Kräfte entweder durch einen vollständig in die Rastöffnung eingeschobenen [X.] oder durch zwei teilweise mit ihrer Flanke ganz in der Rastöffnung befindliche [X.] abgefangen werden sollen. Über eine Sicherung der [X.] gegen ein Hinausdrücken nach oben werden an dieser Stelle keine Angaben gemacht.

Die Sicherung der [X.] selbst gegen unfallbedingtes Hochdrücken wird als weitere Variante der Herstellung einer erhöhten Crash-Festigkeit der beschriebenen Arretiereinrichtung auf Seite 15, 2. Absatz der [X.] dargestellt. Dort wird eine bevorzugte Weiterbildung der in [X.] offenbarten Arretiereinrichtung dahingehend beschrieben, dass sich der Absatz 25a der Rille des [X.] (z. B. 2; vgl. [X.]. 2, 3) in einem [X.] an einer Raste (11) der [X.] (10) verhaken soll. Somit wird hier textlich ein anderes Konstruktions- und Wirkprinzip als beim [X.] beschrieben, denn der [X.] sollte sich gemäß Merkmal 6. in der Nähe des unteren Endes der Stiftbohrung befinden, wenn der [X.] in eine der [X.] eingerastet ist. Dann sollte er gemäß Merkmal 8. mit dem Material des [X.] am unteren Ende der Stiftbohrung in Wechselwirkung treten. Dazu gibt aber die textliche Offenbarung der [X.] weder Hinweise noch Anregungen.

Abbildung

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Nachdem die zeichnerische Darstellung gemäß [X.]uren 2 und 3 der [X.] im Widerspruch zu der einzigen Textstelle der Beschreibung steht, die die Bedeutung des Absatzes (25a) der einzigen Rille des [X.] (2, 3) erläutert, wird der unvoreingenommene Fachmann die Zeichnung nach [X.]uren 2 und 3 lediglich als Durchgangsstellung der Stifte bzw. als zur Verriegelung des Sitzes in einer bestimmten Position notwendige Konstellation auffassen, bei der die eigentliche Sicherung für den [X.], wie auf Seite 15, 2. Abs. beschrieben, ein anderer und weiterer, hier nicht dargestellter [X.] übernimmt. Insoweit kann auch die Darstellung gemäß [X.]uren 2 und 3 dem Fachmann vor dem Hintergrund der Gesamtoffenbarung der [X.] nicht eine Wechselwirkung der Rille der [X.] mit dem unteren Ende der Stiftbohrung des [X.] i. S. v. Merkmal 8 nahe legen. Eine derartige Betrachtungsweise, wie sie die Klägerin bezüglich der [X.]uren 2 und 3 der [X.] anstellt, wäre lediglich das Ergebnis einer rückschauenden Betrachtung in Kenntnis der Funktion und Wirkung des [X.]es.

So kann auch die [X.] einem Fachmann die Merkmale 5.1, 6., 7. und 8. des erteilten Patentanspruchs 1 nicht nahe legen.

Auch eine Zusammenschau des Standes der Technik nach [X.] mit den Gegenständen gemäß [X.], [X.] und [X.] kann nicht zu einer Arretiereinrichtung mit den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 führen.

[X.]1) liegt weiter ab, weil sie bereits keine mit Rillen versehenen [X.] zum Gegenstand hat.

3.6. Die Frage der Vorbenutzung einer Arretiereinrichtung aus einem bestimmten Fahrzeug ([X.], [X.]. [X.] 022 1A 277829) kann schon aus tatsächlichen Gründen nicht zum Erfolg führen, da es an ausreichender Darlegung samt [X.] zur Situation zur [X.] am 12. Mai 1995 und zum Zeitpunkt der [X.] durch [X.] am 12. Oktober 1995 (vgl. hierzu Fahrzeugbrief gemäß [X.]. [X.]) fehlt, während die Entnahme der [X.] und der entsprechenden [X.] weit nach dem Zeitrang des [X.] erfolgte. Da die Klägerin für den Zeitraum vor der [X.] des maßgeblichen Fahrzeugs durch [X.] weder einen Sachvortrag hält noch Beweis anbietet, kann eine vor dem Zeitrang des [X.] erfolgte [X.], die einem uneingeschränkten Personenkreis zugänglich und kundbar gemacht wurde, nicht nachgewiesen werden. Ferner bestreitet die Klägerin nicht die Ausführungen der Beklagten, wonach der Fahrzeugtyp [X.] serienmäßig mit [X.]n mit nur einer einzigen Rille ausgestattet war. Die Klägerin trägt hierzu lediglich vor, dass nur die „vorbenutzten“ Stifte maßgeblich seien (Schriftsatz vom 10.10.2011), was nicht als relevantes Bestreiten des Beklagtenvorbringens gewertet werden kann. Nach alledem ist selbst bei unterstellter Richtigkeit des Vorbringens der Klägerin durch eine nicht serienmäßige Ausstattung eines PKW’s Öffentlichkeit nicht hergestellt worden. Dies muss zu Lasten der Klägerin gehen.

Im Übrigen könnte eine Arretiereinrichtung gemäß der behaupteten [X.], die hinsichtlich ihrer technischen Einzelheiten in den [X.]agen [X.] und 14 charakterisiert ist, einem Fachmann zumindest die Wechselwirkung der beiden Rillen mit dem Material des [X.] am unteren Ende der Stiftbohrung nach Merkmal 8. nicht nahe legen, denn die von der Klägerin hierzu in [X.]age [X.] vorgelegte Bemaßung lässt eine derartige Wirkung nicht zu, wie bereits zum Neuheitsvergleich ausführlich dargelegt wurde (vgl. [X.] 2.).

Somit hätte eine Zusammenschau eines Gegenstandes nach der behaupteten [X.] mit dem im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik ebenfalls nicht zu einer Arretiereinrichtung mit den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 führen können.

Dies würde umso mehr noch für den Vortrag der Klägerin gelten, wonach die Rille [X.] gemäß [X.]age [X.] allein die Funktion gemäß Merkmal 8. erfüllen könne, da diese Rille [X.]falls bündig mit dem Ende des [X.] abschließt und damit innerhalb des [X.] liegen würde, wie auch an dem vorgelegten Modell zu erkennen war.

Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar, sondern bedurfte darüber hinausgehender Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen.

Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) hat daher Bestand.

4. Die ebenfalls angegriffenen [X.] 2 bis 14, die Ausgestaltungen der Erfindung nach Patentanspruch 1 enthalten, werden vom bestandsfähigen Hauptanspruch getragen, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedarf (B[X.]E 34, 215).

5. Nachdem der Senat bereits die Patentfähigkeit des erteilten Patentanspruchs 1 bejaht und eine unzulässige Erweiterung dort und in den erteilten [X.]n nicht sieht, bedurfte es keines weiteren [X.] mehr auf die von der Beklagten eingereichten Hilfsanträge.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

4 Ni 1/12

16.04.2013

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 16.04.2013, Az. 4 Ni 1/12 (REWIS RS 2013, 6620)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6620

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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