Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2014, Az. V ZB 172/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5538

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB
172/13

vom

15. Mai
2014

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 15. Mai
2014
durch die Vorsitzende Richterin [X.], die
Richter [X.] und Dr.
[X.], die Richterin Dr.
Brückner
und [X.]
Kazele

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 13. August 2013 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 928,08

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Zahlung von rückständigem Hausgeld verurteilt. Gegen das ihnen am 13. Februar 2013 zugestellte Urteil haben die Beklagten zunächst mit einem am 13. März 2013 eingegangenen Schriftsatz bei
dem unzuständigen [X.] und sodann mit ei-nem am 14. Juni 2013 eingegangenen Schriftsatz bei dem zuständigen [X.] Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Das [X.] hat diesen Antrag zurückgewiesen und die Beru-fung als unzulässig verworfen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
1
2
3
-
3
-
1. Sie ist zwar nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO von Gesetzes wegen statthaft. Zulässig ist sie aber nach § 574 Abs. 2 ZPO nur, wenn auch die dort bestimmten weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Das ist nicht der Fall.
2. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Eine Entscheidung des [X.] ist weder zur Fortbil-dung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfor-derlich (§ 574 Abs. 2 Nr.
2 ZPO), und zwar auch nicht deshalb, weil die [X.], die das Berufungsgericht stellt, überzogen wären und den Beklagten den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung unzumutbar erschwerten (vgl. Senat, Beschluss vom 12. April 2010

[X.], NJW-RR 2010, 1096
Rn.
4
mwN).
a) Die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten hing, da wegen des Ein-reichens der Berufungsschrift
am Nachmittag des letzten Tages der Frist bei dem unzuständigen [X.] mit einer fristgerechten Weiterlei-tung an das zuständige [X.] im normalen Geschäftsgang (zu diesem Erfordernis: [X.], Beschluss vom 27. Juli 2000

III ZB 28/00, NJW-RR 2000, 1730, 1731) nicht mehr zu rechnen war, entscheidend davon ab, ob die Berufungsfrist durch eine fristgerechte Einreichung bei dem unzuständigen [X.] gewahrt werden konnte und verneinendenfalls, ob den
Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren war. Beides hat das Berufungsgericht verneint.
b) Das entspricht der Rechtsprechung des [X.], die we-der fortzubilden noch zu ergänzen ist,
und
überspannt auch nicht die [X.] an die Einlegung von Rechtsmitteln.
4
5
6
7
-
4
-

aa) Der Senat hat entschieden, dass die Berufung in einer Streitigkeit nach §
43 Nr. 2 [X.] fristwahrend nur bei dem nach § 72 Abs. 2 GVG zustän-digen Berufungsgericht eingelegt werden kann. Etwas anderes gilt nur in dem

hier nicht gegebenen -
Fall,
dass
das Vorliegen einer wohnungseigentums-rechtlichen Streitigkeit im Sinne dieser Regelungen für bestimmte Fallgruppen höchstrichterlich noch nicht geklärt ist und über deren Beantwortung mit guten Gründen gestritten werden kann
(Senat,
Beschluss vom 12. April 2010

V
ZB
224/09, NJW-RR 2010, 1096 Rn. 9 f. mwN).
bb) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht der Beklagten auch [X.] in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist versagt. An den mit der Berufungseinlegung betrauten Rechtsanwalt sind

wovon auch die Rechtsbeschwerde ausgeht

mit Blick auf die Ermittlung des zuständigen Rechtsmittelgerichts hohe Sorgfaltsanforderungen zu stellen ([X.], Beschluss vom 24. Juni 2010

[X.]/09, [X.], 592 Rn. 5). Die Prüfung der [X.] obliegt dem Rechtsanwalt und kann von ihm nicht delegiert werden (Senat, Beschluss vom 12. April 2010

[X.], NJW-RR 2010, 1096
Rn.12; Beschluss vom 5.
März 2009

V ZB 153/08, [X.], 1750, 1751). Bei einer bundesrechtlichen Zuständigkeitsregelung, die abweichende Regelungen durch das Landesrecht zulässt, umfasst die Prüfung auch die Frage, ob das betreffende Land hiervon Gebrauch gemacht hat ([X.], Beschluss vom 14. April 2010

[X.], aaO, mwN). Ein Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts ist regelmäßig nicht unverschuldet. Er muss die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen (Senat, Beschluss vom 9. Juli 1993

[X.], NJW 1993, 2538, 2539),
oder diese anhand geeigneter Quellen, etwa von [X.] (Senat, [X.] vom 14. April 2010

[X.], NJW-RR 2010, 1096 Rn. 10), [X.].
Diesen Maßstäben entsprach das Vorgehen der
Prozessbevollmächtigten
der Beklagten nicht.

8
9
-
5
-
(1) Die Beklagten verweisen in der Rechtsbeschwerde darauf, dass ihre Prozessbevollmächtigte die Zuständigkeit des Berufungsgerichts überprüft ha-be,
und beziehen sich insoweit auf den Schriftsatz vom 14. Juni 2013 an das Berufungsgericht. Indessen ergibt sich aus der in Bezug genommenen Stelle dieses Schriftsatzes, dass die in zweiter Instanz tätige Prozessbevollmächtigte die Prüfung nicht selbst vorgenommen, sondern diese ihrer Rechtsanwaltsfach-angestellten überlassen hat. Von dieser sei über ein Anwaltsprogramm das [X.] als Berufungsgericht ermittelt worden. Vorsorglich seien noch Abfragen im [X.] erfolgt. Ob und in welcher Form die nach den [X.] erforderliche eigene Prüfung durch
die Prozessbe-vollmächtigte der Beklagten stattgefunden hat, wird nicht dargelegt und nicht glaubhaft gemacht.
(2) Unabhängig davon ist die Prüfung der Zuständigkeit nicht mit der ge-botenen Sorgfalt vorgenommen worden. Die Rechtsbeschwerde verweist [X.], dass weder das Rechtsanwaltsprogramm noch Abfragen im [X.] einen Hinweis auf die nach § 72 Abs. 2 Satz 2 GVG i. V. m. § 10 der niedersächsi-schen Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten in der Gerichtsbarkeit und der Justizverwaltung vom 18. Dezember 2009 ([X.]. ZustVO-Justiz) bestehende
[X.] des [X.] ergeben hätten. Die [X.] anhand der angeführten Quellen genügen jedoch nicht der anwaltlichen Sorgfaltspflicht. Der Ausdruck der [X.]abfrage in dem [X.], auf den sich die Rechtsbeschwerde bezieht, eignet sich nicht zur Feststellung, ob die [X.] Landesregierung von der nach § 72 Abs. 2 Satz 2 GVG bestehenden Ermächtigung Gebrauch gemacht hat.
Die Abfrage wurde
e-z-darstellung, die in allgemeiner Natur auch den [X.] erläutert und n Sitz des [X.] in dem Bezirk zuständige Landgericht das Berufungsgericht ist. Danach ist die Frage, ob und in welcher Weise in [X.] von der Ermächtigung des §
72 Abs. 2 Satz 2 GVG Gebrauch gemacht wurde, völlig offen. Dies gilt 10
11
-
6
-
auch
für die Abfrage im Orts-
und Gerichtsverzeichnis. Zu der Rechtsmittelzu-ständigkeit in [X.] für das [X.] äußert sich dieses Verzeichnis nicht. Eine Erläuterung des verwandten
Rechtsan-waltsprogramms
ist nicht erfolgt, so dass
schon aus diesem Grunde keine Aus-sage darüber getroffen werden kann, ob dieses in geeigneter und zuverlässiger Weise Auskunft über die Rechtslage in [X.]
geben konnte. Das vor diesem Hintergrund gegebene Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten müssen sich die Beklagten zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 3 ZPO.

Stresemann

Czub

Ri[X.] Dr. [X.] ist

infolge Krankheit an der

Unterschrift gehindert.

[X.], den 4. Juni 2014

Die Vorsitzende

Stresemann

Brückner

Kazele

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.01.2013 -
3 C 54/12 -

LG [X.], Entscheidung vom 13.08.2013 -
4 S 140/13 -

12

Meta

V ZB 172/13

15.05.2014

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2014, Az. V ZB 172/13 (REWIS RS 2014, 5538)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5538

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZB 172/13 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Niedersachsen: Verschuldenszurechnung bei unzureichender anwaltlicher Recherche zur Zentralgerichtsbarkeit in …


V ZB 224/09 (Bundesgerichtshof)


V ZB 224/09 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseigentumsverfahren: Verschuldete Versäumung der Berufungsfrist wegen Berufungseinlegung bei dem sachlich unzuständigen Landgericht


V ZB 237/09 (Bundesgerichtshof)


V ZB 241/09 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

V ZB 224/09

V ZB 170/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.