Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.05.2014, Az. V ZB 102/13

5. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5812

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Gegenstand

Kostenfestsetzung im Wohnungseigentumsverfahren: Erstattungsfähigkeit der Kosten der Beauftragung des Verwalters mit der Verteidigung gegen eine Beschlussanfechtungsklage; Berücksichtigung eines materiellen Kostenerstattungsanspruchs


Leitsatz

1. Die Kosten der Beauftragung der Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Verteidigung gegen eine Beschlussanfechtungsklage werden als Aufwand für die allgemeine Prozessführung von dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch nicht erfasst. Erstattungsfähig sind nur die Kosten der Terminswahrnehmung.

2. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist ein materieller Kostenerstattungsanspruch nur zu berücksichtigen, wenn über Bestand und Höhe des Anspruchs kein Streit besteht. Ansonsten ist er in diesem Verfahren nicht zu prüfen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 12. Juni 2013 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Festsetzung weiterer 187,42 € abgelehnt worden ist.

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers werden unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der 2. Kostenfestsetzungsbeschluss des [X.] vom 4. Oktober 2011 abgeändert und die den Beklagten von dem Kläger zu erstattenden Kosten auf 312, 37 € festgesetzt.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Beklagten zu 75% und der Kläger zu 25%.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 1.141,92 €.

Gründe

I.

1

Der Kläger focht mehrere Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft an, der die [X.]en angehören. Die [X.] ließen sich durch die Verwalterin der Anlage vertreten, die dafür eine Sondervergütung von 75 € je Stunde erhalten sollte. Die Klage war nur teilweise erfolgreich. In dem rechtskräftigen Urteil wurden dem Kläger 70 % der Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

2

Die [X.] haben beantragt, als zu erstattende Kosten des Rechtsstreits 19,35 Arbeitsstunden der Verwaltung zu dem vereinbarten Stundensatz (= 1.451,25 € netto) und Aufwendungen für vier Schreiben der Verwaltung an die [X.] (= 69,90 € netto) nebst Mehrwertsteuer entsprechend der Kostenquote des Urteils festzusetzen. Das Amtsgericht hat dem Antrag entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde des [X.] hat das [X.] die zu erstattenden Kosten auf 124,95 € festgesetzt. Mit der von dem [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde möchten die [X.] die Wiederherstellung der Kostenfestsetzung durch das Amtsgericht erreichen.

II.

3

Das Beschwerdegericht hält den Festsetzungsantrag für weitgehend unbegründet. Die geltend gemachten Auslagen für Briefe der Verwaltung an die [X.] beträfen deren interne Kommunikation. Kosten hierfür seien nach der Rechtsprechung des [X.] nicht erstattungsfähig. Die Sondervergütung sei ebenfalls nicht zu erstatten. Es handele sich um allgemeinen Prozessaufwand, der nicht ersatzfähig sei. [X.] seien nur die Kosten für die Wahrnehmung des [X.] durch die Verwalterin. Ob den [X.] ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger zustehe, sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen.

III.

4

Diese Erwägungen treffen im Wesentlichen zu. Das Beschwerdegericht hat lediglich übersehen, dass die [X.] sich nicht nur bei einem, sondern bei zwei Gerichtsterminen durch die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft haben vertreten lassen und Erstattung auch für die Wahrnehmung des zweiten Termins verlangen können.

5

1. Ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch, dessen vereinfachter Geltendmachung das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO dient, steht den [X.] nur hinsichtlich der Kosten der Vertretung bei den Gerichtsterminen in dem vorausgegangenen Klageverfahren zu. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann die (teilweise) obsiegende [X.] von der (teilweise) unterlegenen [X.] im Umfang der in der [X.] festgelegten Erstattungspflicht Ersatz der zur Rechtsverfolgung oder - wie hier - Rechtsverteidigung notwendigen Kosten verlangen.

6

a) aa) Zu diesen Kosten gehört der allgemeine Aufwand für die Prozessführung nicht. Das ergibt sich mittelbar aus § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO, wonach der erstattungsberechtigten [X.] nicht jeder Zeitaufwand für die Prozessführung, sondern nur derjenige ersetzt wird, der für die Wahrnehmung von Gerichtsterminen und die Anreise zu diesen Terminen entsteht (Musielak/[X.], ZPO, 11. Aufl., § 91 Rn. 39). Der Aufwand für die Durchsicht der Schriftsätze des Gegners und die Reaktion hierauf ist dagegen nicht erstattungsfähig ([X.], Urteil vom 9. März 1976 - [X.], [X.]Z 66, 112, 114; KG, [X.] 1985, 414 f.; [X.], Justiz 2000, 87; [X.], NJW-RR 2012, 430, 432; ähnlich BSG, Urteil vom 24. April 1996, 5 [X.], juris Rn. 16 f.; weitere Einzelheiten bei [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., § 91 Rn. 13 Stichwort ‚allgemeiner Prozessaufwand‘). Das gilt auch dann, wenn die [X.] einen Dritten mit dieser Aufgabe betraut ([X.], [X.] 2012, 1491, 1492; [X.], NJW-RR 2012, 916, 917 [X.] für nicht gesondert erstattungsfähige Sachaufklärung durch einen Rechtsanwalt). Etwas anderes gilt nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wenn die [X.] mit der Prozessführung einen Rechtsanwalt beauftragt, und nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die Beauftragung Dritter mit Aufgaben, die die [X.] nicht selbst wahrnehmen kann, für die Prozessführung aber durchführen lassen muss, wie z.B. die Einholung eines Sachverständigengutachtens ([X.], [X.] 2012, 1491, 1492).

7

bb) Danach ist hier nur der Zeitaufwand erstattungsfähig, den die Verwalterin auf die Wahrnehmung der Gerichtstermine verwandt hat. Der im Übrigen geltend gemachte Zeitaufwand betrifft die allgemeine Prozessführung der [X.] und ist unabhängig davon nicht erstattungsfähig, ob sie ihn selbst betrieben oder damit die Verwaltung beauftragt haben.

8

Für den ersten Gerichtstermin hat das Beschwerdegericht den [X.] einen Aufwand von zwei Stunden zu jeweils 75 € zuzüglich Mehrwertsteuer zu der in der [X.] festgelegten Quote von 70 % zuerkannt. Das ist nicht zu beanstanden. Die [X.] haben zwar dargelegt, dass die Verwalterin für diesen Termin 4,5 Stunden angesetzt hat. Dieser Zeitaufwand umfasst aber nicht nur den eigentlichen Gerichtstermin, sondern auch die Vorbereitung auf den Termin und die Abfassung des Berichts an die [X.] über den Termin. Beides ist nicht erstattungsfähig. Den erstattungsfähigen Aufwand hat das Beschwerdegericht nach § 287 ZPO mit zwei Stunden geschätzt. Diese Schätzung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüfbar und in diesem Rahmen nicht zu beanstanden.

9

Zu beanstanden ist aber, dass das Berufungsgericht den [X.] nicht auch die Kosten für die Wahrnehmung des zweiten - umfangreicheren - [X.] in dem Verfahren zuerkannt hat. Diese Kosten sind nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO ebenso zu ersetzen wie die Kosten für die Wahrnehmung des ersten Termins. Der [X.] schätzt sie nach § 287 ZPO auf drei Stunden. Die Verwalterin hat hierfür 3,5 Stunden angesetzt. Darin ist aber auch die Vorbereitung auf den Termin enthalten. Der Aufwand hierfür ist nicht erstattungsfähig. Ihn schätzt der [X.] auf eine halbe Stunde, da die Verwalterin nach der Vorbereitung auf den ersten Termin schon weitgehend vorbereitet war und der zweite Termin nach dem Protokoll umfangreicher war als der erste. Damit sind den [X.] weitere drei Stunden zu je 75 € zuzüglich Mehrwertsteuer im Umfang der Kostenquote von 70 % zu erstatten.

b) Nicht erstattungsfähig sind die Kosten der Unterrichtung der einzelnen beklagten Wohnungseigentümer durch die Verwalterin. Sie stellen Kosten der internen Kommunikation dar, die nach der Rechtsprechung des [X.]s grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind ([X.], Beschluss vom 14. Mai 2009 - [X.], [X.], 2135 Rn. 11). Eine Ausnahme hat der [X.] für die Kosten der Erstunterrichtung in dem Fall anerkannt, dass die Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft von der erhobenen Klage selbst betroffen ist oder zu befürchten ist, sie werde die Wohnungseigentümer nicht ordnungsgemäß unterrichten ([X.], Beschluss vom 14. Mai 2009 - [X.], [X.], 2135 Rn. 12). Diese Ausnahmefälle liegen hier nicht vor.

2. An diesem Ergebnis änderte es nichts, wenn den [X.] gegen den Kläger ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch zustünde. Dieser ist, wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat, im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen und deshalb auch nicht zu prüfen. Ihn müssten die [X.] gesondert einklagen.

a) Die Frage ist allerdings umstritten. Teilweise wird angenommen, ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch sei im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen (KG, NJW-RR 1989, 329, 330; [X.], [X.], 457, 458; [X.], [X.] 2010, 282 f.; [X.]/[X.]/Abramenko, WEG, 3. Aufl., § 50 Rn. 7; wohl auch [X.] in [X.]/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 28 Rn. 221). Nach anderer Ansicht, der das Beschwerdegericht folgt, ist das nicht der Fall ([X.], NJW-RR 2002, 719; [X.], [X.] 2009, 143, 144; [X.], [X.] 2012, 59; [X.]/[X.], ZPO, 30. Aufl., § 104 Rn. 21 Stichwort ‚materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch‘).

b) Der [X.] entscheidet die Frage im zweiten Sinne.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] sind materiell-rechtliche Einwände gegen den prozessualen Kostenerstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; vielmehr sind diese vorrangig mit der [X.] geltend zu machen ([X.], Beschlüsse vom 22. November 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 422 Rn. 8 und vom 9. Dezember 2009 - [X.], NJW-RR 2010, 718 Rn. 9). Die Feststellung zwischen den [X.]en [X.] Tatsachen und die Entscheidung komplizierter Rechtsfragen ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich ([X.], Beschluss vom 23. März 2006 - [X.], [X.], 1962 Rn. 4). Nur Einwände, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne weiteres klären lassen, können ausnahmsweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und beschieden werden ([X.], Beschluss vom 23. März 2006 - [X.], aaO; [X.], Beschlüsse vom 22. November 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 422 Rn. 9 und vom 9. Dezember 2009 - [X.], NJW-RR 2010, 718 Rn. 10). Dementsprechend ist auch die Aufrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn über den Bestand und die Höhe der Gegenforderung und die Aufrechnungslage kein Streit besteht (Musielak/[X.], ZPO, 11. Aufl., § 104 Rn. 9). Für die Berücksichtigung eines materiellen Kostenerstattungsanspruchs im Kostenfestsetzungsverfahren gilt nichts anderes.

bb) Der von den [X.] geltend gemachte materielle Kostenerstattungsanspruch ist danach nicht berücksichtigungsfähig. Ohne Tatsachenaufklärung lässt sich hier nur feststellen, dass der Kläger eine teilweise unbegründete Klage erhoben hat. Die Erhebung einer nicht oder nur teilweise begründeten Klage allein löst indessen nach der Rechtsprechung des [X.] keinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch aus; es hat vielmehr mit der Kostenfolge der §§ 91, 92 und 97 ZPO sein Bewenden ([X.], Urteil vom 16. Januar 2009 - [X.], [X.]Z 179, 238 Rn. 12 mwN). Dass er unabhängig hiervon Pflichten verletzt und dadurch einen Schadensersatzanspruch ausgelöst hat (dazu [X.], Urteil vom 16. Januar 2009 - [X.], [X.]Z 179, 238 Rn. 17 und Beschluss vom 17. Oktober 2013 - [X.], juris Rn. 10) oder dass er wohnungseigentumsrechtlich zur Tragung von Kosten verpflichtet ist (dazu [X.], Beschluss vom 17. November 2011 - [X.] 134/11, [X.], 1152 Rn. 9), hat der Kläger nicht eingeräumt. Diese Frage lässt sich deshalb nur in einem ordentlichen Klageverfahren klären. Sie ist darum im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen.

3. Den [X.] sind deshalb über den bereits zuerkannten Betrag hinaus nur 70 % weiterer drei Stunden für die Vertretung im zweiten Gerichtstermin zu je 75 € zuzüglich Mehrwertsteuer zu erstatten. Das sind 70 % von (225 € zuzüglich 42,75 € Mehrwertsteuer =) 267,75 €, mithin 187,42 €. Zusammen mit den bereits zuerkannten 124,95 € ergibt sich ein festzusetzender Erstattungsbetrag von 312,37 €.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Stresemann                     Lemke                        [X.]t-Räntsch

                   Brückner                  Weinland

Meta

V ZB 102/13

07.05.2014

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Dresden, 12. Juni 2013, Az: 2 T 793/11

§ 91 Abs 1 ZPO, § 104 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.05.2014, Az. V ZB 102/13 (REWIS RS 2014, 5812)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5812

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