Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2017, Az. V ZB 137/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 15479

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:160217BVZB137.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 137/16
vom

16. Februar 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 16. Februar 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr.
Kazele und Dr. Hamdorf

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] -
1. Zivilkammer -
vom 27. Juli 2016 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.585

Gründe:

I.
Gegen das der Klägerin am 12. Mai 2016 zugestellte Urteil des [X.] hat sie am 13. Juni 2016, einem Montag, Berufung eingelegt. Diese hat sie mit Schriftsatz vom 13. Juli 2016 begründet und am gleichen Tag per Fax an das [X.] übermittelt.

Die Klägerin hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der [X.] der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass ihr Prozessbevollmächtigter das Ende der [X.] am 12. Mai 2016 versehentlich auf den 13. Juli 2016 notiert habe. Er sei aufgrund eines besonderen Leidensdruckes unkonzentriert gewe-sen. Seine Lebensgefährtin habe am 11. Mai 2016 in der fünften Schwanger-1
2
-
3
-
schaftswoche eine Fehlgeburt erlitten und sich am 12. Mai 2016 im Rahmen eines kurzzeitigen stationären Krankenhausaufenthalts einem Eingriff unterzie-hen müssen.

Das [X.] hat den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurück-gewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin treffe an der Versäumung der Frist ein Verschulden. Dass er nicht hin-reichend konzentriert gewesen sei, habe seine Ursache nicht in einer Erkran-kung, sondern in der Ablenkung durch private Sorgen. Dies reiche nicht aus, um ein Verschulden zu verneinen. Im Übrigen habe es ihm freigestanden, die Unterzeichnung des [X.] zurückzustellen und auch die Fristen erst an einem der folgenden Tage zu notieren.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

1. Sie ist zwar statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Zulässig ist sie aber nur, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer ein-3
4
5
6
-
4
-
heitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO; vgl. auch Senat, Beschluss vom 12. Mai 2016

V
ZB 135/15, NJW 2016, 3789 Rn. 8 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin jedenfalls im Ergebnis zu
Recht zurückgewiesen
und die Berufung als unzuläs-sig
verworfen.

1. Die Klägerin hat die Berufungsbegründungsfrist nicht unverschuldet versäumt, weil sie sich ein eigenes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der Fristversäumung gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Dabei
kann dahinstehen, ob dieser am 12. Mai 2016 einer besonderen seelischen Belastung ausgesetzt war
(vgl. dazu [X.], Beschluss vom 5.
Juni 1981 -
I [X.], [X.], 839; BFH/NV 2007, 244), die zu einer fehlerhaf-ten Bestimmung der Frist zur Berufungsbegründung geführt hat. Mit dieser Be-gründung hat die Klägerin ein eigenes Verschulden ihres [X.] an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht ausgeräumt.

2.
a)
Es entspricht ständiger
Rechtsprechung des [X.], dass der Rechtsanwalt die Prüfung des
Fristablaufs
im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Sache nachprüfen muss, wenn ihm diese zur Vorbereitung einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt wird. Nach den zur anwaltli-chen Fristenkontrolle entwickelten Grundsätzen hat der Rechtsanwalt alles ihm Zumutbare zu tun und zu veranlassen, damit die Fristen zur Einlegung und Be-gründung eines Rechtsmittels gewahrt werden. Die Überwachungspflicht des Rechtsanwalts, dem die Handakten zwecks Fertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, beschränkt sich dabei nicht nur auf die Prüfung, ob die Beru-fungsfrist zutreffend notiert ist, sondern erstreckt sich auch auf die ordnungs-gemäße Notierung der Berufungsbegründungsfrist, die nach § 520 Abs.
2 Satz 7
8
-
5
-
1 ZPO mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils zu laufen beginnt und deren Ablauf daher im Zeitpunkt der Fertigung der Berufungsschrift bereits feststeht. Mit der anwaltlichen Verpflichtung, alle zumutbaren Vorkehrungen gegen [X.] zu treffen, wäre nicht zu vereinbaren,
wenn sich der Anwalt bei der im Zusammenhang mit der Aktenvorlage zwecks Fertigung der Berufungsschrift gebotenen Prüfung der Fristnotierung auf die Berufungsfrist beschränken und die Prüfung der bereits feststehenden Berufungsbegrün-dungsfrist aussparen wollte. Er hat daher bei Vorlage der Handakte zur Ferti-gung der Berufungsschrift auch zu prüfen, dass die Berufungsbegründungsfrist richtig notiert worden ist ([X.], Beschluss vom 15. September 2015

VI
ZB
37/14, [X.], 1383 Rn. 7; Urteil vom 25. September 2014

III
ZR
47/14, NJW 2014, 3452 Rn. 8, 10; Beschlüsse vom 21. April 2004

XII
ZB 243/03, [X.], 1183
f.; vom 1. Dezember 2004 -
XII [X.], NJW-RR 2005, 498, 499).

b)
Hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bei der Fertigung der Berufungsschrift am 13. Juni 2016 kontrolliert, ob die Berufungsbegründungs-frist richtig notiert worden ist, hätte er bemerkt, dass ihm am 12. Mai 2016 in-soweit ein Fehler unterlaufen ist und diesen
korrigieren können. Daher
ist die Belastungssituation am 12. Mai 2016 für die Versäumung der Berufungsbe-gründungsfrist nicht ursächlich geworden.

3. Das Berufungsgericht war auch nicht gehalten, auf die nicht ausrei-chenden Gründe des Wiedereinsetzungsgesuchs
hinzuweisen (§
139 ZPO). Eine Hinweispflicht besteht nur bezogen auf erkennbar unklare oder ergän-zungsbedürftige Angaben (Senat, Beschluss vom 12. Mai 2016 -
V
ZB 135/15, NJW 2016, 3789 Rn. 31 mwN). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Pflicht zur Prüfung der notierten Berufungsbegründungsfrist bei Vorlage der 9
10
-
6
-
Handakten zur Fertigung der Berufungsschrift ist seit längerem anerkannt und muss einem Rechtsanwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein.
Wenn der Vortrag in dem Wiedereinsetzungsgesuch dazu keinerlei Angaben enthält, lässt dies den Schluss zu, dass eine solche Prüfung nicht stattgefunden hat.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des [X.] findet seine Grundlage in § 3 ZPO.

Stresemann Brückner

Weinland

Kazele Hamdorf
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 29.04.2016 -
7 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 27.07.2016 -
1 S 24/16 -

11

Meta

V ZB 137/16

16.02.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2017, Az. V ZB 137/16 (REWIS RS 2017, 15479)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15479

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 S 12945/23 WEG (LG München I)

Prozeßbevollmächtigter, Fristversäumung, Rechtsbeschwerde, Berufungsschrift, Berufungseinlegung, Fristenkontrolle, Rechtsanwaltsgehilfin, Überwachungspflicht des Rechtsanwalts, Rechtsanwaltes, Rechtsanwaltsfachangestellte, Verschulden des Rechtsanwalts, …


VI ZB 37/14 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltsverschulden bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist: Anwaltliche Eigensorgfalt bei der Fristenkontrolle


XII ZB 164/03 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 4/11 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Umfang der anwaltlichen Pflicht zur Fristenkontrolle im Hinblick auf die …


4 U 82/16 (OLG Bamberg)

Fristenkontrollpflicht des Rechtsanwaltes umfasst Notierung der Berufungsbegründungsfrist


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.