Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.12.2019, Az. 4 BN 30/19

4. Senat | REWIS RS 2019, 344

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Gegenstand

Unwirksame Konzentrationszonenplanung wegen fehlender hinreichender Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen bezüglich Landschaftsschutzgebieten; Auslegung eines Klageantrags


Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr die Antragsgegnerin beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]E 13, 90 <91>).

4

a) Die [X.]eschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob

ein Normenkontrollantrag mit dem wörtlich beantragt wird, eine Flächennutzungsplanänderung (insgesamt) für unwirksam zu erklären, vor dem Hintergrund des Urteils des [X.] vom 13. Dezember 2018 - 4 [X.]N 3.18 - dahingehend ausgelegt werden darf, dass sich der Antrag nur insoweit auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Flächennutzungsplanänderung richtet, wie mit dieser die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.]auG[X.] herbeigeführt werden sollen,

dies gegebenenfalls selbst dann gilt, wenn der anwaltlich vertretene [X.] in der mündlichen Verhandlung in Ansehung des Urteils des [X.] vom 13. Dezember 2018 - 4 [X.]N 3.18 - an seinem Antrag auf uneingeschränkte Feststellung der Unwirksamkeit der Flächennutzungsplanänderung festhält,

ein anwaltlich vertretener Kläger gegebenenfalls offenlassen darf, ob sein Normenkontrollantrag als vollständiger Angriff auf die Flächennutzungsplanänderung zu verstehen ist oder sich nur gegen dessen Rechtswirkungen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.]auG[X.] richtet, mit der Folge, dass er in jeder Auslegungsvariante eine teilweise (kostenpflichtige) Klageabweisung verhindern kann,

ein anwaltlich vertretener Kläger wegen einer bestehenden Rechtsunsicherheit offenlassen darf, wie sein Klageantrag zu verstehen ist, oder ob in diesem Falle die Klage wegen Unbestimmtheit des [X.] abzulehnen ist, oder ob das Gericht in dieser Situation bei der Auslegung des [X.] nicht wenigstens an dessen Wortlaut festhalten muss, wenn der Kläger seine Klage nicht teilweise zurücknimmt.

5

Diese Fragen sind allein auf die [X.]esonderheiten des Einzelfalles zugeschnitten und führen schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung ([X.], [X.]eschluss vom 16. April 2019 - 4 [X.] 51.18 - juris Rn. 13). In der Rechtsprechung des [X.] ist im Übrigen geklärt, dass bei der [X.]estimmung des Rechtsschutzziels eines Klägers sämtliche Umstände, insbesondere die Gesamtheit des Vorbringens des [X.]eteiligten, zu berücksichtigen sind ([X.], [X.]eschluss vom 13. Januar 2012 - 9 [X.] - [X.] 310 § 88 VwGO Nr. 42 Rn. 7). Insoweit sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133 und 157 [X.]G[X.]) anzuwenden. Wesentlich ist der geäußerte Wille des [X.]eteiligten, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und sonstigen Umständen ergibt; der Wortlaut der Erklärung tritt hinter deren Sinn und Zweck zurück ([X.], Urteile vom 27. April 1990 - 8 [X.] 70.88 - [X.] 310 § 74 VwGO Nr. 9 S. 5 und vom 21. Februar 2019 - 2 [X.] 50.16 - [X.] 230 § 126 [X.]RRG Nr. 27 Rn. 17; [X.]eschluss vom 19. Juni 2010 - 6 [X.] 12.10 - [X.] 422.2 Rundfunkrecht Nr. 55 Rn. 4). Neben dem Klageantrag und der Klagebegründung ist auch die Interessenlage des Klägers zu berücksichtigen, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen für das Gericht und den [X.]eklagten als Empfänger der Prozesserklärung erkennbaren Umständen ergibt (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 21. Januar 2015 - 4 [X.] 42.14 - SächsV[X.]l. 2015, 164 Rn. 12 m.w.N.). Der gestellte Antrag ist danach so auszulegen bzw. umzudeuten, dass er den zu erkennenden Interessen des rechtsschutzsuchenden [X.]ürgers bestmöglich Rechnung trägt ([X.], [X.]eschluss vom 29. Oktober 2015 - 2 [X.]vR 1493/11 - NVwZ 2016, 238 Rn. 34; [X.], Urteil vom 1. September 2016 - 4 [X.] 4.15 - [X.]E 156, 94 Rn. 9). Ist der Kläger bei der Fassung des [X.] anwaltlich vertreten worden, kommt der Antragsformulierung allerdings gesteigerte [X.]edeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Antragswortlaut abweichen, wenn die Klagebegründung, die beigefügten [X.]escheide oder sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Klageziel von der Antragsfassung abweicht ([X.], [X.]eschluss vom 13. Januar 2012 - 9 [X.] - [X.] 310 § 88 VwGO Nr. 42 Rn. 8). § 88 VwGO ermächtigt das Gericht dagegen nicht, den Wesensgehalt der Auslegung zu überschreiten und anstelle dessen, was ein [X.]eteiligter erklärtermaßen will, etwas anderes anzunehmen ([X.], [X.]eschlüsse vom 29. August 1989 - 8 [X.] - [X.] 310 § 88 VwGO Nr. 17 S. 1 und vom 10. November 1998 - 2 [X.] - juris Rn. 7). Mehr ist verallgemeinernd nicht auszuführen.

6

b) Die Grundsatzfragen, die auf die rechtlichen Maßstäbe für die Festlegung harter Tabuzonen zielen, führen nicht zur Zulassung der Revision.

7

aa) Die [X.]eschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob planerische Ermessensspielräume der [X.] bei der Auswahl und [X.]ewertung der harten Tabukriterien bestehen, wie sich diese Spielräume gegebenenfalls bestimmen und welche Rolle dabei die kommunale Planungshoheit aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG spielt, oder ob planerische Ermessensspielräume insoweit von vornherein ausgeschlossen sind.

8

Die Fragen sind auf die Annahme des [X.] bezogen, wonach einer [X.] bei der [X.]estimmung der harten Tabuzonen kein [X.]eurteilungsspielraum im Sinne eines der gerichtlichen Prüfung entzogenen [X.] bei Auswahl und [X.]ewertung der von ihr herangezogenen harten Tabukriterien zuzubilligen ist ([X.]). Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu bestätigen, dass diese Annahme zutrifft. Der [X.] hat bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. etwa [X.], [X.]eschluss vom 30. Januar 2019 - 4 [X.] 4.18 - juris Rn. 6), dass der [X.] nur in [X.]ezug auf die Festlegung von weichen Tabuzonen einen [X.]ewertungsspielraum hat, nicht aber bezüglich der harten Tabukriterien. Denn "harte" und "weiche" Tabukriterien unterliegen unterschiedlichen Rechtsregimen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 [X.]auG[X.] einerseits, § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 [X.]auG[X.] andererseits; vgl. etwa [X.], Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 [X.]N 1.11 - [X.]E 145, 231 Rn. 10 und 12). Der [X.] hat den [X.]n bei der Markierung harter Tabuzonen jedoch eine "Typisierungsbefugnis" zugestanden, wie z.[X.]. im Zusammenhang mit der [X.]estimmung eines den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 [X.]ImSchG Rechnung tragenden [X.] zum Schutz einer Wohnbebauung vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Schallimmissionen von Windenergieanlagen. Danach ist die [X.] berechtigt, den maßgeblichen Parametern, wie etwa Windrichtung und -geschwindigkeit, Leistungsfähigkeit der Anlagen oder Tonhaltigkeit der [X.], in mehr oder weniger pauschaler Weise Rechnung zu tragen ([X.], Urteile vom 17. Dezember 2002 - 4 [X.] 15.01 - [X.]E 117, 287 <300> und vom 13. Dezember 2018 - 4 [X.]N 3.18 - NVwZ 2019, 491 Rn. 26). Das hat auch das Oberverwaltungsgericht anerkannt, wenn es ausführt, dass es der [X.] grundsätzlich nicht verwehrt sei, ihrer Planung realistische, stringente und hinreichend zurückhaltende Szenarien hinsichtlich der in ihrem [X.]gebiet zu erwartenden Art und dem Umfang der Nutzung der Windenergie zugrunde zu legen und hierauf aufbauend etwa Schutzabstände zu definieren ([X.], S. 41 unten).

9

bb) Ferner möchte die [X.]eschwerde rechtsgrundsätzlich klären lassen,

welche Anforderungen an die Untersuchungstiefe und [X.]egründung der harten Tabukriterien zu stellen sind,

ob die Anforderungen übertragbar sind, die im Rahmen des Abwägungsgebotes an einen ordnungsgemäßen [X.] zu stellen sind,

und welche Grenzen im Hinblick auf Untersuchungstiefe und [X.]egründung durch die Gewährleistung der kommunalen Planungshoheit in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gesetzt werden.

Die Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision, denn sie sind so unbestimmt formuliert, dass sie für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen einer Antwort zugänglich sind. Der [X.] könnte sie deshalb nur im Stil eines Kommentars oder Lehrbuchs beantworten. Das ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens (stRspr, vgl. nur [X.], [X.]eschlüsse vom 11. Februar 2016 - 4 [X.] 1.16 - [X.] 2016, 372 Rn. 2 und vom 21. März 2018 - 4 [X.] 2.18 - [X.] 2018, 469 Rn. 2). Es ist im Übrigen geklärt, dass die [X.] in der dem Flächennutzungsplan nach § 5 Abs. 5 [X.]auG[X.] beizufügenden [X.]egründung u.a. nachvollziehbar darzulegen hat, welche Flächen aus zwingenden rechtlichen oder tatsächlichen Gründen für eine Windenergienutzung ausscheiden (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 7. Mai 2018 - 4 [X.] 23.17 - [X.] 2018, 598 Rn. 26). An dieser Verpflichtung hat sie den Umfang ihrer Ermittlungen auszurichten und die Ergebnisse in der [X.]egründung zu dokumentieren.

c) Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag der Antragstellerin aus mehreren Gründen als begründet angesehen. Soweit es beanstandet hat, dass die von der Antragsgegnerin vorgenommene Differenzierung zwischen "harten" und "weichen" Tabuzonen in verschiedenen Punkten nicht den rechtlichen Anforderungen genüge bzw. nicht nachvollziehbar sei und dass diese [X.] nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 [X.]auG[X.] beachtlich seien und zur Unwirksamkeit des Plans führten, braucht der [X.] nicht [X.] von der [X.]eschwerde geltend gemachten Gründen für die Zulassung der Revision nachzugehen. Denn die Zulassung scheitert jedenfalls daran, dass [X.] nicht hinsichtlich jeder selbständig tragenden [X.]egründung des [X.] aufgezeigt sind und vorliegen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die 125. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt, weil diese in mehrfacher Hinsicht nicht den Anforderungen genüge, die an ein schlüssiges und fehlerfreies gesamträumliches Planungskonzept zu stellen seien. Der Rat der Antragsgegnerin habe weite Teile des Außenbereichs zu Unrecht den harten Tabukriterien zugeordnet. Das gelte für die Waldflächen im Stadtgebiet, regionalplanerisch festgelegte [X.]ereiche zum Schutz der Natur, den dokumentierten Umgang mit Naturschutzgebieten in der Stadt [X.], die Siedlungsgebiete nach dem Flächennutzungsplan und dem Regionalplan mit [X.] nebst einer Pufferzone von 300 m und die [X.]ehandlung der Landschaftsschutzgebiete. Die zu Unrecht als harte Tabuzonen behandelten Gebiete könnten auch nicht als weiche Tabuzonen aufrechterhalten werden. Die genannten Mängel seien als Fehler im [X.] beachtlich. Sie seien offensichtlich und auf das [X.] von Einfluss gewesen.

Nach Ansicht des [X.] ist jeder Abwägungsfehler beachtlich und führt für sich allein zur Unwirksamkeit der verfahrensgegenständlichen 125. Änderung (vgl. hierzu etwa [X.], Urteil vom 18. August 2015 - 4 [X.]N 7.14 - [X.]E 152, 372 Rn. 14; siehe auch [X.], DV[X.]l. 2017, 461 <462>). Ist die vorinstanzliche Entscheidung - wie hier - auf mehrere selbständig tragende [X.]egründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser [X.]egründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 10. Dezember 2015 - 4 [X.] - n.v. Rn. 2 m.w.N. und vom 30. Januar 2019 - 4 [X.] 4.18 - juris Rn. 10). Denn ist nur bezüglich einer [X.]egründung ein Zulassungsgrund gegeben, dann kann diese [X.]egründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Hiernach scheitert die [X.]eschwerde jedenfalls daran, dass in [X.]ezug auf die Annahme des [X.], die [X.]ehandlung der Landschaftsschutzgebiete durch die Antragsgegnerin werde der angesichts der unterschiedlichen Rechtsregime erforderlichen Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen nicht gerecht, weshalb ein beachtlicher Abwägungsfehler gegeben sei, kein Grund für die Zulassung der Revision vorliegt.

aa) Die [X.]eschwerde hält insofern für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob

Landschaftsschutzgebiete mit [X.]auverboten für Windenergieanlagen harte Tabuzonen darstellen,

das jedenfalls dann gilt, wenn eine Entlassung aus dem Landschaftsschutz nicht in [X.]etracht kommt oder ob dann zusätzlich geprüft werden muss, ob in eine Ausnahme- oder [X.]efreiungslage hinein geplant werden kann, und

welche Anforderungen gegebenenfalls an den Nachweis zu stellen sind, dass weder Entlassungen aus dem Landschaftsschutz noch Ausnahmen oder [X.]efreiungen möglich sind.

Die Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. In der Rechtsprechung des [X.] ist bereits geklärt, dass harte Tabuzonen nur solche Flächen sind, deren [X.]ereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.]auG[X.] scheitert, weil dem auf unabsehbare [X.] unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 [X.]N 1.11 - [X.]E 145, 231 Rn. 12). Dies muss in der [X.]egründung zum Flächennutzungsplan nachvollziehbar dargelegt werden (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 7. Mai 2018 - 4 [X.] 23.17 - [X.] 2018, 598 Rn. 26). Zudem muss in der [X.]egründung dokumentiert sein, dass sich die [X.] auf der ersten Stufe des Planungsprozesses den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst gemacht hat ([X.], Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 [X.]N 1.11 - [X.]E 145, 231 Rn. 11). Diesen Anforderungen wird die Planung der Antragsgegnerin nach Auffassung des [X.] nicht gerecht. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher bindenden Feststellungen des [X.] kann der Planbegründung und deren Anhang schon nicht entnommen werden, auf [X.] die Antragsgegnerin Fragen des Landschaftsschutzes tatsächlich in den [X.]lick genommen hat und ob sie sich den Unterschied zwischen harten und weichen Tabus und die daraus folgenden unterschiedlichen [X.] vor Augen geführt hat ([X.] f.). Vor diesem Hintergrund kam es darauf, welche Anforderungen an den Nachweis zu stellen sind, dass weder Entlassungen aus dem Landschaftsschutz noch Ausnahmen oder [X.]efreiungen möglich sind, für das Oberverwaltungsgericht entscheidungserheblich nicht an ([X.] 44 f.).

bb) Auch die Fragen, ob

harte Tabukriterien generell hilfsweise als weiche Tabukriterien abgewogen werden dürfen,

die hilfsweise Abwägung weitergehend voraussetze, dass "Zweifel" an der Einordnung bestehen müssen,

es für die hilfsweise Einordnung als weiche Tabukriterien einer sinngemäßen Klarstellung in der Planbegründung bedarf, wonach sich der [X.] vergewissert hat, dass, sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass als hart definierte Kriterien aus planungsrechtlicher Sicht doch nicht als solche zu werten sind, sie nach dem Willen des Rates in gleicher Weise als weiche Tabukriterien gewollt sind,

die hilfsweise Einordnung als weiche Tabukriterien eine auf jedes einzelne weiche Tabukriterium bezogene, eigenständig in den [X.] dokumentierte Abwägung voraussetze,

und schließlich welche Anforderungen ansonsten an die hilfsweise Abwägung zu stellen sind,

führen nicht zur Zulassung der Revision. Die ersten beiden Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil das Oberverwaltungsgericht offengelassen hat, ob es zulässig ist, als hart definierte Kriterien zusätzlich hilfsweise auch als weiche Kriterien heranzuziehen. Es gehört nicht zu den Aufgaben des [X.], Rechtsfragen zu klären, die sich die Vorinstanz nicht gestellt und die sie deshalb auch nicht beantwortet hat ([X.], [X.]eschlüsse vom 25. April 2016 - 4 [X.] 10.16 - juris Rn. 5, vom 11. April 2017 - 4 [X.] 11.17 - [X.] 2017, 587 Rn. 11 und vom 24. Oktober 2018 - 4 [X.] 50.18 - juris Rn. 1). Maßgeblich war für das Oberverwaltungsgericht - wie bereits ausgeführt - die auf die ständige Rechtsprechung des [X.] gestützte Erwägung, dass eine hilfsweise [X.]ehandlung als weiches Tabukriterium zwingend voraussetzt, dass der [X.] sich die Unterschiede zwischen harten und weichen Tabukriterien bewusst macht, den mit einem Wechsel von einem harten zu einem weichen Tabu verbundenen "fundamentalen" Perspektivwechsel auch tatsächlich vollzieht und dies in den Aufstellungsvorgängen hinreichend eindeutig dokumentiert ([X.] 47 f.). Hinsichtlich der dritten und vierten Frage bedarf es keines Revisionsverfahrens. In der Rechtsprechung des [X.]s ist geklärt, dass weiche Tabukriterien [X.] der Abwägung (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 [X.]auG[X.]) zuzuordnen sind und dass folglich der [X.] seine Entscheidung für weiche Tabuzonen rechtfertigen muss. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er einen [X.]ewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen. Andernfalls scheitert seine Planung unabhängig davon, welche Maßstäbe an die Kontrolle des [X.]ses anzulegen sind, schon an dem fehlenden Nachweis, dass er die weichen Tabukriterien auf der Stufe der Abwägung in die Planung eingestellt hat ([X.], Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 [X.]N 1.11 - [X.]E 145, 231 Rn. 13). Dass für eine hilfsweise [X.]ewertung als weiches Tabu etwas anderes gelten könnte, vermag der [X.] nicht zu erkennen und wird von der [X.]eschwerde auch nicht dargelegt. Die letzte Frage ist so unbestimmt formuliert, dass sie für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen einer Antwort zugänglich ist. Der [X.] könnte sie deshalb nur im Stil eines Kommentars oder Lehrbuchs beantworten. Das ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens (vgl. oben).

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen einer Abweichung der vorinstanzlichen Entscheidung von einer Entscheidung des [X.] zuzulassen.

Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz u.a. des [X.] widerspricht (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 [X.] 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712). § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt, dass der Tatbestand der Divergenz durch die Angabe der höchstrichterlichen Entscheidung, von der abgewichen sein soll, sowie durch eine präzise Gegenüberstellung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze dargelegt wird (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 17. Dezember 2010 - 8 [X.] 38.10 - [X.] 2011, 45 und vom 17. Februar 2015 - 1 [X.] 3.15 - juris Rn. 7).

Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Abweichung des vorinstanzlichen Urteils von dem Urteil des [X.]s vom 13. Dezember 2012 - 4 [X.]N 1.11 - ([X.]E 145, 231) ist hiernach nicht dargetan. Einen Rechtssatz, wonach den [X.]n ein [X.]eurteilungsspielraum im Sinne eines der gerichtlichen Prüfung entzogenen [X.] bei Auswahl und [X.]ewertung der von ihr herangezogenen harten Tabukriterien zuzubilligen ist, hat der [X.] nicht aufgestellt.

3. Verfahrensfehler, die zur Zulassung der Revision führen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), liegen ebenfalls nicht vor.

a) Die Auslegung des Antrages durch das Oberverwaltungsgericht (§ 88, § 86 Abs. 3 VwGO) ist nicht zu beanstanden.

Es entsprach ständiger Rechtsprechung des [X.] (vgl. etwa OVG Münster, Urteile vom 1. Juli 2013 - 2 [X.]/12 - DV[X.]l. 2013, 1129, vom 22. September 2015 - 10 [X.]/[X.] - [X.] 2016, 52, vom 5. Juli 2017 - 7 [X.]/[X.] - [X.] 2017, 1653, vom 6. Dezember 2017 - 7 D 100/[X.] - [X.] 2018, 468 und vom 6. März 2018 - 2 D 95/[X.] - [X.] 2018, 171), Flächennutzungspläne mit den Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 [X.]auG[X.] im Falle eines beachtlichen Abwägungsmangels insgesamt für unwirksam zu erklären. Durch Urteil vom 13. Dezember 2018 - 4 [X.]N 3.18 - (NVwZ 2019, 491) hat der [X.] jedoch entschieden, dass sich der Ausspruch der Unwirksamkeit einer fehlerhaften Konzentrationszonenplanung auf die [X.]eseitigung der [X.] zu beschränken hat (so auch schon [X.], Urteile vom 23. Januar 2014 - 12 KN 285/12 - [X.] 2014, 838, vom 3. Dezember 2015 - 12 KN 216/13 - [X.] 2016, 88, vom 23. Juni 2016 - 12 KN 64/14 - [X.] 2016, 706 und vom 5. März 2018 - 12 KN 144/17 - [X.] 2018, 471; OVG [X.]erlin-[X.]randenburg, Urteil vom 10. November 2015 - 10 A 7/13 - [X.] 2016, 617). Im [X.]punkt der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht am 17. Januar 2019 lagen die Entscheidungsgründe dieses Urteils indessen noch nicht vor und es war offen, ob sich das Oberverwaltungsgericht dieser Rechtsprechung anschließen wird. Da die Antragstellerin schriftsätzlich vorgetragen hatte (Schriftsatz vom 7. Januar 2019, [X.]; [X.]l. 122 GA), dass es ihr allein darum gehe, ihr Vorhaben zu verwirklichen, dem aber die verfahrensgegenständliche Flächennutzungsplanänderung entgegenstehe, war ihr Antrag bei dem nach § 88 VwGO gebotenen Verständnis von [X.]eginn an nur auf die [X.]eseitigung der [X.] gerichtet. Vor diesem Hintergrund ist die Antragstellung sachgerecht, bestimmt genug und das Antragsziel i.S.v. § 88 VwGO durch das Oberverwaltungsgericht zutreffend ermittelt.

b) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass das Oberverwaltungsgericht den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

Die Antragsgegnerin rügt, anders als das Oberverwaltungsgericht ([X.] 25) ihr unterstelle, habe sie an keiner Stelle - auch nicht "der Sache nach" - vertreten, für die Wirksamkeit der Flächennutzungsplanung komme es nur darauf an, dass der Windenergie im Ergebnis substantiell Raum eingeräumt werde. Vielmehr sei sie während des gesamten [X.] davon ausgegangen, dass jeder [X.] im Einzelfall planerisch gerechtfertigt werden müsse. Das Oberverwaltungsgericht habe damit das Gegenteil des [X.] angenommen sowie relevanten Vortrag der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt und hierdurch gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen. Ein Verfahrensfehler ist damit nicht dargetan.

Der von der Antragsgegnerin beanstandete Einschub findet sich bei der vorangestellten Darlegung der allgemeinen rechtlichen Anforderungen an die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts für die Planung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung. Die nachfolgende Anwendung dieser Grundsätze auf die streitgegenständliche Änderung des Flächennutzungsplans stellt entscheidungserheblich nicht darauf ab, dass die Abwägung sich als fehlerhaft erweist, weil weitere Flächen für die Windenergienutzung unter Hinweis auf einen dafür bereits an anderer Stelle vorgehaltenen substantiellen Raum ausgeschlossen werden. Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten, seine Entscheidung tragenden Abwägungsfehler betreffen vielmehr die [X.]estimmung der harten Tabuzonen, die [X.]ehandlung der weichen Tabukriterien und die Auswahl unter den Potentialflächen ([X.] 28).

4. Damit sind in [X.]ezug auf die selbständig tragende Annahme des [X.], die [X.]ehandlung der Landschaftsschutzgebiete leide an einem beachtlichen Abwägungsfehler, keine [X.] gegeben. Es kann daher offen bleiben, ob eine der sonstigen Grundsatz-, Divergenz- oder Verfahrensrügen, die sich auf andere selbständig tragende [X.]egründungen des Urteils beziehen, erfolgreich wären.

[X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 30/19

16.12.2019

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 17. Januar 2019, Az: 2 D 63/17.NE, Urteil

§ 35 Abs 3 S 3 BauGB, § 1 Abs 3 S 1 BauGB, § 1 Abs 7 BauGB, § 2 Abs 3 BauGB, § 88 VwGO, § 5 Abs 1 Nr 1 BImSchG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.12.2019, Az. 4 BN 30/19 (REWIS RS 2019, 344)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 344

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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12 KN 144/17

2 BvR 1493/11

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