Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2012, Az. VIII ZR 107/12

8. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2467

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Gegenstand

Wohnraummietvertrag: Ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges


Leitsatz

1. Eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist auch unterhalb der für die fristlose Kündigung geltenden Grenze des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB möglich. Eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters liegt jedoch nicht vor, wenn der Mietrückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt.

2. § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB findet keine entsprechende Anwendung auf die ordentliche Kündigung.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 1. März 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der [X.] ist seit 1972 Mieter einer Wohnung in [X.]. Die Klägerin, eine aus zwei Gesellschaftern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ist durch Eigentumserwerb im Jahr 2003 in die Vermieterstellung eingetreten.

2

Gemäß § 4 des Mietvertrags ist die Miete monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag, zu entrichten. Nach § 5 des Mietvertrags kann der Mieter gegenüber Mietforderungen mit Gegenforderungen nur aufrechnen, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens eine Woche vor Fälligkeit angekündigt hat.

3

Nach dem [X.] der ursprünglich nur mit Einzelöfen ausgestatteten Wohnung des [X.]n an die Fernwärmeversorgung verlangte die Klägerin ab März 2008 neben der Grundmiete (252,81 €) monatliche Heizkostenvorschüsse in Höhe von 70 €. Dem [X.]n waren zu diesem Zeitpunkt vom Jobcenter monatliche Leistungen von 302,81 € für Heizung und Unterkunft bewilligt, wovon das Jobcenter 252,81 € direkt an die Klägerin und 50 € monatlich auf ein vom [X.]n benanntes Konto überwies.

4

Der [X.] zahlte die von der Klägerin ab März 2008 verlangten Vorschüsse zunächst nicht. Mit anwaltlichem Schreiben vom 6. Mai 2009 teilte er mit, er sei davon ausgegangen, dass das Jobcenter monatliche Vorschüsse von 50 € an die Klägerin gezahlt habe, und kündigte Zahlungen in dieser Höhe für die Zukunft an; für Mai und Juni 2009 zahlte er am 1. Juli 2009 100 € und danach monatlich 50 €.

5

Mit Anwaltsschreiben vom 5. Oktober 2009 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristgemäß zum 31. Juli 2010, weil der [X.] die Heizkostenvorauszahlungen von März 2008 bis April 2009 (14 x 70 € = 980 €) nicht gezahlt hatte. Die rückständigen Vorschüsse für diesen Zeitraum waren Gegenstand eines Zahlungsprozesses, in dem der [X.] mit Urteil des Amtsgerichts vom 12. November 2009 antragsgemäß verurteilt wurde. Der [X.] leistete die ausstehenden Zahlungen am 30. Juli 2010. Das Urteil des Amtsgerichts wurde durch Zurückweisung der Berufung am 15. November 2010 rechtskräftig.

6

Mit Schreiben vom 12. November 2010 kündigte die Klägerin erneut fristgemäß, weil der [X.] zu diesem Zeitpunkt die Miete für den laufenden Monat noch nicht gezahlt hatte.

7

Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das [X.] hat die Berufung des [X.]n zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der [X.] sein Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

9

Das Berufungsgericht ([X.], [X.] 2012, 548) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Die Kündigung vom 5. Oktober 2009 scheitere zwar nicht daran, dass sie nicht von der Klägerin, sondern von deren [X.]ern persönlich erklärt worden sei. Ungeachtet der Teilrechtsfähigkeit der [X.] sei es den [X.]ern unbenommen, persönlich die Kündigung des Mietverhältnisses zu erklären.

Der [X.] könne gegen die Kündigung auch nicht mit Erfolg einwenden, dass ihn kein Verschulden an den Zahlungsrückständen treffe. Der [X.] habe selbst eingeräumt, dass das Jobcenter an ihn 50 € monatlich für Heizkosten überwiesen habe, was ihm jedenfalls im Juni 2009 durch einen entsprechenden Ausdruck der Zahlungen des [X.] klar gewesen sein müsse. Allerdings könne die Kündigung unwirksam sein, wenn die Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 3 [X.] auf die ordentliche Kündigung anzuwenden sei. Dies könne indes dahinstehen, weil jedenfalls die weitere Kündigung vom 12. November 2010 das Mietverhältnis beendet habe. Der [X.] sei im [X.]punkt dieser weiteren Kündigung mit der vollen [X.] in Rückstand gewesen. Dies rechtfertige eine ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 [X.], denn es handele sich angesichts der Höhe des Rückstands um eine erhebliche Pflichtverletzung. Der Rückstand mit einer Monatsmiete genüge für die ordentliche Kündigung. Auf die in § 543 Abs. 2 Nr. 3 [X.] in Verbindung mit § 569 Abs. 3 Nr. 1 [X.] genannte Grenze könne für die ordentliche Kündigung nicht abgestellt werden, denn sonst liefe diese bei Verletzung der Hauptleistungspflicht leer.

II.

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung lediglich im Ergebnis stand. Die Kündigung vom 12. November 2010 ist unwirksam, weil Zahlungsrückstände des Mieters die ordentliche Kündigung nicht rechtfertigen, wenn sie - wie hier - den Betrag einer Monatsmiete nicht übersteigen und im [X.]punkt der Kündigung weniger als einen Monat angedauert haben. Gleichwohl hat das Berufungsgericht die Berufung des [X.]n im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, denn das Mietverhältnis der Parteien ist bereits durch die Kündigung vom 5. Oktober 2009 beendet worden.

1. Die Kündigung der Klägerin vom 12. November 2010 ist unwirksam, weil die Pflichtverletzung des [X.]n, auf die sie gestützt ist - die Nichtzahlung der neun Tage zuvor fälligen Miete - keine "nicht unerhebliche Pflichtverletzung" im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 1 [X.] darstellt.

a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Miete für den Monat November 2010 gemäß § 4 des Mietvertrags am 3. November 2010 fällig wurde. Zwar wurde der Mietvertrag noch unter Geltung von § 551 [X.] aF abgeschlossen, wonach die Miete jeweils am Monatsende zu zahlen war. Eine [X.], die hiervon abweichend eine Zahlung jeweils bis zum dritten Werktag eines Monats im Voraus verlangt, ist nach der Rechtsprechung des Senats gleichwohl wirksam (Senatsbeschluss vom 26. Oktober 1994 - [X.] 3/94, [X.], 245, 249 f.). Entgegen der Ansicht der Revision gilt dies auch dann, wenn die [X.] - wie hier - mit einer sogenannten Ankündigungsklausel kombiniert ist (Senatsurteil vom 4. Mai 2011 - [X.], NJW 2011, 2201 Rn. 15; Senatsbeschluss vom 7. September 2011 - [X.], [X.], 676 Rn. 3).

b) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der mietrechtlichen Literatur ist streitig, wie hoch ein vom Mieter verschuldeter Zahlungsrückstand sein und wie lange er angedauert haben muss, um die ordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

aa) Nach einer teilweise vertretenen Auffassung soll den in § 543 Abs. 2 Nr. 3 [X.] für die fristlose Kündigung festgelegten Voraussetzungen eine allgemeingültige Bedeutung zukommen. Deshalb setze auch eine auf Zahlungsverzug gestützte ordentliche Kündigung voraus, dass sich der Mieter mit einem Betrag in Höhe von zwei vollen Monatsmieten oder für zwei aufeinanderfolgende Monate mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete in Verzug befinde ([X.]t-Futterer/Blank, Mietrecht, 10. Auflage, § 573 [X.] Rn. 27; [X.]/Häublein, 6. Aufl., § 573 Rn. 59).

bb) Nach der Gegenauffassung kommt auch bei einem Zahlungsverzug unterhalb der Schwelle des § 543 Abs. 2 Nr. 3 [X.] eine ordentliche Kündigung in Betracht. Dabei werden an die Höhe des Rückstands und die Dauer des Verzugs unterschiedliche Anforderungen gestellt. Teilweise soll jeder Zahlungsverzug zur Kündigung berechtigen, soweit es sich nicht um einen solchen handele, der auch bei jedem gutwilligen Vertragspartner einmal auftreten könne und nur zu einer kurzfristigen Störung des Vertragsverhältnisses führe ([X.], [X.] 1982, 77, 84); auch Rückstände unterhalb einer Monatsmiete und einer Verzugsdauer unterhalb eines Monats werden gelegentlich als ausreichend angesehen (Grapentin in: Bub/[X.], Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rn. [X.] 64).

Überwiegend wird jedoch eine erhebliche Pflichtverletzung erst bei einem Rückstand von einer Monatsmiete und einer Verzugsdauer von mindestens einem Monat angenommen ([X.], 713: rückständige titulierte Monatsmiete; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2011, § 573 Rn. 47; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 573 Rn. 28; [X.]/[X.], Miete, 2006, § 573 Rn. 22; [X.]/Lützenkirchen, [X.], 13. Aufl., § 573 Rn. 24; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., § 573 Rn. 16: mindestens ein halber Monat Verzugsdauer).

cc) Der Auffassung, dass auch unterhalb der in § 543 Abs. 3 Nr. 2 [X.] festgelegten Grenzen eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs möglich ist, gebührt der Vorzug. Die fristlose Kündigung setzt voraus, dass dem Vermieter unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung des Vertrags nicht bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist zugemutet werden kann. Demgegenüber knüpft die ordentliche Kündigung an eine nicht unerhebliche Vertragsverletzung des Mieters an, die dem Vermieter die Lösung vom Vertrag nur unter Beachtung gesetzlicher oder vereinbarter Kündigungsfristen erlaubt. Angesichts dieser unterschiedlichen Anforderungen an die fristlose und die ordentliche Kündigung besteht kein Grund, die vom Gesetzgeber für die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs festgelegten Grenzen auf die ordentliche Kündigung zu übertragen.

Hiervon geht auch das Berufungsgericht im Ansatzpunkt zutreffend aus. Allerdings muss bei der Bewertung einer Pflichtverletzung als "nicht unerheblich" die Dauer und die Höhe des Zahlungsverzugs berücksichtigt werden. Nicht jeder geringfügige oder nur kurzfristige Zahlungsverzug rechtfertigt die Annahme einer nicht unerheblichen Pflichtverletzung. In Anlehnung an die überwiegend vertretenen Auffassungen erscheint dem Senat die Erheblichkeitsgrenze nicht überschritten, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und zudem die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt. Hier befand sich der [X.] im [X.]punkt der Kündigung vom 12. November 2010 mit der Miete für November neun Tage in Verzug, so dass die Grenze zur "nicht unerheblichen" Pflichtverletzung noch nicht überschritten war.

2. Das Urteil des Berufungsgerichts erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, denn das Mietverhältnis der Parteien ist bereits durch die Kündigung der Klägerin vom 5. Oktober 2009 beendet worden.

a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Kündigung vom 5. Oktober 2009 nicht deswegen unwirksam, weil sie nicht im Namen der Vermieterin erklärt worden wäre. Auf die - nach Ansicht der Revision zu verneinende - Frage, ob die [X.]er einer [X.] ein von der [X.] persönlich kündigen können, kommt es nicht an, weil die anwaltliche Kündigung vom 5. Oktober 2009 im Namen der [X.] ausgesprochen worden ist. Denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat darin auf eine von beiden [X.]ern erteilte Vollmacht und das mit dem [X.]n bestehende Mietverhältnis Bezug genommen. Hieraus ergibt sich hinreichend, dass die Kündigung im Namen der [X.] als Vermieterin erfolgte.

b) Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses (§ 573 Abs. 1 [X.]), weil der [X.] seine Pflichten aus dem Mietvertrag schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), indem er in der [X.] von März 2008 bis April 2009 keine Zahlungen auf die in Höhe von 70 € monatlich geschuldeten [X.] leistete.

Dass er diese Pflichtverletzung mangels Verschulden nicht zu vertreten hätte (§ 280 Abs. 1 Satz 2 [X.]), lässt sich dem Vorbringen des [X.]n entgegen der Auffassung der Revision nicht entnehmen. Zu Recht hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass eine unverschuldete wirtschaftliche Notlage, die den Beklagen an der Zahlung der Vorschüsse gehindert hätte, schon deshalb nicht vorlag, weil er im fraglichen [X.]raum monatlich 50 € für [X.] vom Jobcenter erhielt. Dass er diese Beträge "versehentlich" zur Tilgung anderer Verbindlichkeiten verwendete, ändert nichts daran, dass dem Beklagen zumindest Fahrlässigkeit zur Last fiel. Selbst wenn nur monatliche Vorauszahlungen von 50 € berücksichtigt würden, wäre in dem [X.]raum von März 2008 bis April 2009 ein erheblicher, zwei Monatsmieten übersteigender und vom [X.]n auch zu vertretender Rückstand aufgelaufen.

Soweit der [X.] geltend macht, er sei irrig davon ausgegangen, dass er die Vorauszahlungen nicht leisten müsse, könnte ihn dies nur unter den Voraussetzungen eines unvermeidbaren [X.] entlasten (vgl. Senatsurteile vom 25. Oktober 2006 - [X.], [X.], 35 Rn. 25, 27 sowie vom 11. Juli 2012 - [X.], [X.], 499 [X.]). Für das Vorliegen eines unvermeidbaren [X.] bestehen nach dem Sachvortrag des [X.]n jedoch keine Anhaltspunkte. Der Umstand, dass der [X.] nach eigenen Angaben davon ausging, dass die Zahlungen in Höhe von monatlich 50 € für ihn vom Jobcenter erbracht worden seien, und er Zahlungen in dieser Höhe ab Mai 2009 tatsächlich auch leistete, spricht im Gegenteil dafür, dass er sich darüber im Klaren war, nach dem [X.] seiner Wohnung an die Fernwärmeversorgung [X.] entrichten zu müssen. Entgegen der Auffassung der Revision rechtfertigt der Umstand, dass dem [X.]n im Zahlungsprozess in der ersten Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, keine andere Beurteilung.

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revision steht der Kündigung vom 5. Oktober 2009 auch nicht die "Sperrwirkung" des § 569 Abs. 3 Nr. 3 [X.] entgegen. Diese Vorschrift bestimmt für die fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.], dass im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung des Mieters zur Zahlung einer erhöhten Miete nach §§ 558 bis 560 [X.] das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung gekündigt werden kann, wenn nicht die Voraussetzungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher geschuldeten Miete erfüllt sind.

Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf die ordentliche Kündigung kommt nicht in Betracht. Es besteht schon keine Regelungslücke, die eine solche analoge Anwendung rechtfertigen könnte.

aa) Wie der Senat für den ähnlich gelagerten Fall der in § 569 Abs. 3 Nr. 2 [X.] geregelten Schonfristzahlung ausgeführt hat (Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - [X.], [X.], 334 unter [X.] a, c), sprechen bereits die unterschiedlichen Kündigungsvoraussetzungen für die außerordentliche fristlose Kündigung in § 543 [X.] und für die ordentliche Kündigung in § 573 [X.] dagegen, dass der Gesetzgeber die in § 569 Abs. 3 [X.] enthaltenen Schutzvorschriften nur versehentlich auf die außerordentliche Kündigung beschränkt haben könnte. Der Zweck der Schutzvorschriften besteht darin, in bestimmten Konstellationen eine Obdachlosigkeit des Mieters infolge einer fristlosen Kündigung zu vermeiden; eine solche Gefahr der Obdachlosigkeit besteht angesichts der bei der ordentlichen Kündigung einzuhaltenden Kündigungsfrist nicht oder jedenfalls nicht in gleichem Maße (Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - [X.], aaO unter [X.]). Im Übrigen kann von einem gesetzgeberischen Versehen, die Schutzvorschriften des § 569 Abs. 3 [X.] entgegen der eigentlichen Intention nicht auch auf die ordentliche Kündigung bezogen zu haben, auch deshalb nicht (mehr) ausgegangen werden, weil der Gesetzgeber im Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 ([X.]l. I S. 1149) zwar die Schonfrist bei der fristlosen Kündigung auf zwei Monate verlängert, gleichwohl aber bei dieser Gelegenheit für die ordentliche Kündigung keine anderweitige Regelung getroffen hat, obwohl die obergerichtliche Rechtsprechung schon in den 1990er Jahren eine analoge Anwendung der Regelung über die Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung verneint hat (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - [X.], aaO unter [X.] b).

bb) Auch bei der Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 3 [X.] handelt es sich um eine Regelung mit Ausnahmecharakter. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt deshalb - mangels Bestehen einer Regelungslücke - eine analoge Anwendung weder für den preisgebundenen Wohnraum (Senatsurteil vom 9. Mai 2012 - [X.], NJW 2012, 2279 Rn. 16) noch für den Fall in Betracht, dass der Vermieter wegen [X.], die aus erhöhten [X.] (§ 560 Abs. 4 [X.]) resultieren, nach § 543 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b [X.] kündigt, ohne zuvor auf Zahlung der Rückstände zu klagen (Senatsurteil vom 18. Juli 2012 - [X.], [X.], 497 Rn. 21). Für die ordentliche Kündigung gilt nichts anderes; auch insoweit ist für eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 569 Abs. 3 Nr. 3 [X.] kein Raum.

d) Entgegen der Auffassung der Revision führt die vom [X.]n am 30. Juli 2010 nachträglich geleistete Zahlung ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Allerdings hat der Senat im Zusammenhang mit der Bedeutung der Schonfristzahlung für eine ordentliche Kündigung ausgeführt, die innerhalb der Frist des § 569 [X.] erfolgte nachträgliche Zahlung könne die Pflichtverletzung des Mieters in einem milderen Licht erscheinen lassen und unter diesem Gesichtspunkt von Bedeutung sein (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - [X.], aaO unter [X.] d cc). Ob dies - wie es im damaligen Senatsurteil möglicherweise anklingt - im Rahmen der Wirksamkeit der Kündigung oder - was aus systematischen Gründen näher liegen dürfte - im Rahmen von § 242 [X.] zu prüfen ist, weil sich die Berufung auf eine wirksam ausgesprochene Kündigung aufgrund nachträglich eingetretener Umstände im Einzelfall als rechtsmissbräuchlich darstellen kann (vgl. hierzu Senatsurteil vom 13. Oktober 2010 - [X.], NJW 2010, 3775 Rn. 14, zur [X.]), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die im Juli 2010 und somit fast neun Monate nach der Kündigung erfolgte Zahlung lässt die schuldhafte Pflichtverletzung des [X.]n, der in der [X.] vom März 2008 bis April 2009 Rückstände in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten hat auflaufen lassen, auch nachträglich nicht in einem milderen Licht erscheinen. Die nachträgliche Zahlung steht daher dem [X.] der Klägerin weder unter dem Gesichtspunkt der Wirksamkeit der Kündigung noch mit Rücksicht auf Treu und Glauben entgegen.

[X.]                                                                 Dr. Milger                                                     Dr. Achilles

                            Dr. Schneider                                                         [X.]

Meta

VIII ZR 107/12

10.10.2012

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 1. März 2012, Az: 67 S 42/11

§ 543 Abs 2 Nr 3 BGB, § 569 Abs 3 Nr 3 BGB, § 573 Abs 2 Nr 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2012, Az. VIII ZR 107/12 (REWIS RS 2012, 2467)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2467

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