Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.04.2019, Az. Notz (Brfg) 9/18

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2019, 8454

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Gegenstand

Examensnote bei Besetzung einer Notariatsanwärterstelle als maßgebliches Eignungskriterium


Leitsatz

Zum Erlöschen des Bewerbungsverfahrensanspruchs eines Bewerbers um die Aufnahme in den notariellen Anwärterdienst durch Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens.

Tenor

Der Antrag des [X.], die Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des [X.] vom 20. Juli 2018 - 1 Not 1/18 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens, einschließlich die der Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Kosten, zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Entscheidung des [X.]n, ein [X.] abzubrechen. Er begehrt die Ernennung auf eine Stelle im notariellen Anwärterdienst des beklagten Landes.

2

Der im Jahr 1980 geborene Kläger bestand im Oktober 2011 das Zweite juristische Staatsexamen mit der Note Ausreichend (6,02 Punkte) und arbeitet seit Juli 2014 als juristischer Mitarbeiter in einem Notariat in Offenburg.

3

Das [X.] des beklagten Landes (im Folgenden nur noch "[X.]") schrieb am 11. September 2017 elf Stellen für den notariellen Anwärterdienst aus. Der Kläger bewarb sich auf eine dieser Stellen. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2017 teilte das [X.] dem Kläger mit, dass zum 1. Januar 2018 acht Bewerber und zum 1. April 2018 eine Bewerberin eingestellt würden und hinsichtlich der zwei verbleibenden Stellen das Verfahren abgebrochen werde. Der zu dieser Entscheidung erstellte [X.] führt unter anderem aus, dass der Kläger zwar über berufliche Erfahrungen mit notariellem Bezug verfüge, aufgrund der in der [X.] juristischen Staatsprüfung gezeigten Leistungen jedoch nicht uneingeschränkt geeignet erscheine.

4

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, das beklagte Land zu verurteilen, das Bewerbungsverfahren fortzuführen und ihn auf eine der beiden Stellen im notariellen Anwärterdienst zu ernennen, hilfsweise, über seine Bewerbung erneut zu entscheiden.

5

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Auswahlverfahren sei aus sachlichen Gründen abgebrochen worden. Das beklagte Land habe ausweislich des [X.]s Bedenken an der Eignung des [X.] und dreier weiterer Bewerber für das Amt gehabt. Es habe in seinem weiten organisatorischen Ermessen gelegen, das Auswahl- und [X.] abzubrechen. Soweit der Kläger meine, sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei verletzt, weil allein auf seine Examensnote abgestellt worden sei, treffe das nicht zu. Seine beruflichen Erfahrungen mit notariellem Bezug seien im [X.] gewürdigt worden. Darauf komme es aber auch nicht an, weil für eine Verletzung des dem [X.]n zustehenden Ermessens nichts ersichtlich sei. Es seien insbesondere keine Tatsachen ersichtlich, wonach der Abbruch erfolgt sei, um den Kläger aus sachfremden Erwägungen als unerwünschten Kandidaten von der weiteren Auswahl auszuschließen.

6

Der Kläger beantragt, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen.

II.

7

Ein Grund zur Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]) besteht nicht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]) oder besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]) sind nicht ersichtlich. Auch ein von dem Kläger in der Sache geltend gemachter Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]) ist nicht gegeben.

8

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nicht. Zu Recht hat das [X.] angenommen, dass der Kläger durch die Ablehnung der Übertragung einer Stelle im notariellen Anwärterdienst nicht in seinen Rechten verletzt worden ist (§ 6 Abs. 1, § 7 Abs. 2 [X.] i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG). Der Bewerbungsverfahrensanspruch des [X.] ist erloschen, weil der [X.] das im September 2017 eingeleitete [X.] rechtswirksam aus sachlichem Grund abgebrochen hat.

9

a) Das [X.] hat die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch auf Zuweisung einer der am 11. September 2017 ausgeschriebenen Anwärterstellen zusteht, zutreffend unter Anwendung der ständigen Rechtsprechung des Senats über das Erlöschen des Bewerbungsverfahrensanspruchs bei Beendigung des [X.]s aus sachlichem Grund (vgl. Senat, Beschlüsse vom 23. Juli 2012 - [X.]([X.]) 2/12, [X.], 358 ff.; vom 25. November 2013 - [X.]([X.]) 9/13, D[X.] 2014, 307 ff.; vom 24. November 2014 - [X.]([X.]) 7/14, [X.], 113 ff.) beurteilt. Danach hat der Bewerber um eine ausgeschriebene Stelle nur dann einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung unter umfassender Würdigung aller seiner Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsmerkmale, wenn eine Ernennung vorgenommen wird. Die Ausschreibung einer Stelle zwingt den Dienstherrn indessen noch nicht, die Stelle mit einem ursprünglichen Bewerber auch tatsächlich zu besetzen. Vielmehr darf der Dienstherr ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit beenden und von einer (ursprünglich) geplanten Stellenbesetzung absehen. [X.] sind dabei solche Gründe, die nicht aus Art. 33 Abs. 2 GG abgeleitet werden können, etwa wenn mit dem Abbruch des Auswahlverfahrens das Ziel verfolgt wird, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen. Als eine aus dem Organisationsrecht des Dienstherrn erwachsende verwaltungspolitische Entscheidung berührt der Abbruch des Auswahlverfahrens grundsätzlich nicht die Rechtsstellung von Bewerbern. Das für den Abbruch des Auswahlverfahrens maßgebliche [X.] und verwaltungspolitische Ermessen ist ein anderes als das bei einer Stellenbesetzung zu beachtende Auswahlermessen (Senat, Beschluss vom 24. November 2014 - [X.]([X.]) 7/14, [X.], 113 Rn. 10 mwN).

Als sachliche Gründe für den Abbruch des Verfahrens zur Besetzung von Notar- oder [X.]stellen sind dabei solche anzusehen, die entweder aus § 4 [X.] oder aus §§ 5 bis 7 [X.] abgeleitet werden können. Der Abbruch eines Auswahlverfahrens kann allerdings nur dann rechtmäßig sein, wenn neben dem Vorliegen eines sachlichen Grundes sichergestellt ist, dass die von dem Verfahren Betroffenen von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen. Dies kann unter anderem durch Mitteilungen an die im Verfahren bisher beteiligten Personen geschehen (Senat, Beschluss vom 24. November 2014 - [X.]([X.]) 7/14, [X.], 113 Rn. 11 mwN).

b) Das [X.] hat in Anwendung dieser Grundsätze zutreffend einen sachlichen Grund für die Beendigung des Bewerbungs- bzw. Auswahlverfahrens trotz zweier noch offener Anwärterstellen darin gesehen, dass das beklagte Land den Kläger sowie die verbliebenen Mitbewerber angesichts ihrer Prüfungsergebnisse im [X.] juristischen Staatsexamen als fachlich nicht ausreichend geeignet angesehen hat (§ 6 Abs. 1, § 7 Abs. 2 [X.]). Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich ein die Beendigung eines Bewerbungsverfahrens sachlich rechtfertigender Grund (vgl. nur Senat, Beschluss vom 23. Juli 2012 - [X.]([X.]) 2/12, [X.], 358 Rn. 6). Dass der [X.] das durch die Ausschreibung vom September 2017 begonnene [X.] nach Besetzung von neun der ausgeschriebenen Stellen im Hinblick auf die von den verbleibenden Bewerbern erzielten Punktzahlen im [X.] juristischen Staatsexamen, die einen deutlichen Abstand zu der erzielten Punktzahl der letzten ausgewählten Bewerberin aufwiesen, beendet hat, ist nicht zu beanstanden. [X.]e und leistungsfremde Erwägungen sind darin nicht zu erkennen.

aa) Soweit der Kläger meint, er sei entgegen der Ansicht des [X.]n geeignet gewesen, weil in der Stellenausschreibung kein bestimmtes [X.] gefordert sei, geht er von einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt aus. Wie bereits dargelegt, zwingt die Ausschreibung einer Stelle den ausschreibenden Dienstherrn nicht, sie mit einem der Bewerber zu besetzen. Er ist vielmehr berechtigt, ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit zu beenden und von der ursprünglich geplanten Stellenbesetzung abzusehen. Fraglich ist damit allein die fehlerfreie Ausübung des angesprochenen [X.] und verwaltungspolitischen Ermessens über die Beendigung des Auswahlverfahrens und nicht (mehr) diejenige hinsichtlich des bei der Stellenbesetzung zu beachtenden Auswahlermessens. Das [X.] und verwaltungspolitische Ermessen betreffende Fehler sind aber im Hinblick auf die Entscheidung, wegen der Ergebnisse des [X.] juristischen Staatsexamens der verbleibenden Bewerber das [X.] abzubrechen, weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Zudem übergeht der Kläger - auch wenn es hier schon nicht darauf ankommt -, dass in der Ausschreibung als Bewerbungsvoraussetzung überdurchschnittliche Rechtskenntnisse gefordert worden sind, während Erfahrungen im notariellen Tätigkeitsbereich lediglich als Zusatzqualifikationen begrüßt werden. In der Note des [X.] juristischen Staatsexamens spiegelt sich wider, was die Bewerber unter Anspannung aller Kräfte fachlich zu leisten vermögen; darin kommt die - ihre Bedeutung unabhängig vom Zeitablauf behaltende - Fähigkeit des Prüflings zum Ausdruck, in juristischen Kategorien zu denken und unbekannte Sachverhalte innerhalb vertretbarer Zeit einer angemessenen Lösung zuzuführen (vgl. Senat, Beschluss vom 13. November 2017 - [X.]([X.]) 2/17, D[X.] 2018, 469 Rn. 27). Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung des [X.]n im [X.], es bestünden angesichts der von den verbleibenden Bewerbern erzielten Punktzahlen in der [X.] juristischen Staatsprüfung Bedenken an ihrer Eignung, nicht zu beanstanden (vgl. auch Senat, Beschluss vom 23. Juli 2012 - [X.]([X.]) 2/12, [X.], 358 Rn. 6 zu einer Examensnote von 5,9 Punkten).

bb) Soweit der Kläger meint, der Umfang und die Qualität seiner Vortätigkeit in einem [X.] Notariat sei nicht ausreichend aufgeklärt worden, die von ihm eingereichten Nachweise über die Teilnahme an Vorbereitungslehrgängen auf die notarielle Fachprüfung seien nicht gewürdigt worden, es sei zu befürchten, dass das [X.] schon deshalb nicht berücksichtigt habe, weil es (möglicherweise) der unzutreffenden Auffassung gewesen sei, dies verstoße gegenüber den anderen Bewerbern gegen den Grundsatz der Chancengleichheit, sowie in Bezug auf den Kläger sei zu seinem Nachteil unvertretbar davon ausgegangen worden, er habe sich vor seiner Tätigkeit im Notariat erst beruflich neu orientieren müssen, zeigt er keinen nach den obigen Grundsätzen relevanten Ermessensfehler im Hinblick auf den Abbruch des [X.]s auf.

Es trifft nicht zu, dass das [X.] zum Nachteil des [X.] davon ausgegangen ist, er habe sich vor der Tätigkeit im Notariat erst beruflich neu orientieren müssen. Der [X.] verhält sich dazu, ob die Vortätigkeit des [X.] genügt, um die Differenz von (mehr als) zwei Notenpunkten zu der letzten erfolgreichen Bewerberin mit 8,5 Punkten zu überwinden. Er verneint dies in Übereinstimmung mit den in bisherigen Auswahlverfahren angelegten Maßstäben, weil Umfang, Quantität und Qualität der juristischen Mitarbeit in einem Notarbüro kaum nachprüfbar seien und sich auch nicht durch Arbeitszeugnisse belegen ließen. Entgegen der Ansicht des [X.] ist dies keine unsachliche oder leistungsfremde Erwägung, sondern kann - wie nach den oben dargestellten Grundsätzen erforderlich - unmittelbar aus § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 2 [X.] abgeleitet werden.

(1) Nach § 7 Abs. 2 [X.] ist die Auswahl verschiedener Bewerber um die Aufnahme in den Anwärterdienst nach der persönlichen und fachlichen Eignung unter besonderer Berücksichtigung der Leistungen in der die juristische Ausbildung abschließenden Staatsprüfung vorzunehmen. Den Prüfungsergebnissen kommt dabei herausragende Bedeutung zu; die Gewichtung und Bewertung der einzelnen Auswahlkriterien liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Landesjustizverwaltung (Baumann in [X.]/Vaasen, [X.], [X.], 4. Aufl., § 7 [X.] Rn. 25; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 7 Rn. 32 f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 7 Rn. 23 ff.). Es besteht keine (verfassungsrechtliche) Verpflichtung, bei der Auswahlentscheidung für den Anwärterdienst nach der [X.] juristischen Staatsprüfung erworbene Berufserfahrungen zu berücksichtigen; die vorrangige Heranziehung der Examensnoten bei der Auswahlentscheidung stellt keinen Verstoß gegen den im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigenden [X.] dar ([X.] 73, 280 unter IV 2).

In Bezug auf die Aufnahme in den Anwärterdienst ist entgegen der Ansicht des [X.] anderes auch der Entscheidung des [X.] vom 20. April 2004 ([X.] 110, 304 ff.) nicht zu entnehmen. Diese betrifft den Zugang zu dem [X.] als Nebenberuf. In Bezug auf den Notar im Hauptberuf werden den [X.] während des [X.] (§ 7 Abs. 1 [X.]) die erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt; ihr Leistungsstand wird beurteilt, so dass im Zeitpunkt der Bewerbung um ein [X.] im Hauptberuf zwar erneut das Zweite juristische Staatsexamen, aber eben auch die bei der Vorbereitung auf den [X.] gezeigten und beurteilten Leistungen Gewicht haben (vgl. [X.] 110, 304 Rn. 71). Ist das Ergebnis der [X.] juristischen Staatsprüfung von besonderer Bedeutung für die Auswahl unter mehreren Bewerbern um Aufnahme in den Anwärterdienst, gilt dies erst recht für die nach einem weiteren Beurteilungsmaßstab zu treffende Entscheidung über den Abbruch eines [X.]s mangels hinreichender Eignung der (verbliebenen) Bewerber.

(2) Ungeachtet dessen hat der [X.] in die den Kläger betreffende Abwägung über den Abbruch des [X.]s dessen Tätigkeit im notariellen Bereich einbezogen und insbesondere erwogen, ob seine Erfahrungen geeignet sind, "eine Differenz zu einem oberen ‚Befriedigend‘ um zwei Notenpunkte zu überwinden".

Vor diesem Hintergrund geht die Auffassung des [X.] fehl, das [X.] sei in Bezug auf ihn ohne (ausreichende) Berücksichtigung seiner Vortätigkeit und (deshalb) aus unsachlichen und leistungsfremden Gründen abgebrochen worden. Die Gründe für den Abbruch waren vielmehr unmittelbar aus § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 2 [X.] abgeleitet. Entgegen der Ansicht des [X.] ist er weder in seiner Berufswahlfreiheit verletzt (Art. 12 Abs. 1 GG), noch war das [X.] gehalten, den Umfang und die Qualität der von ihm während seiner Tätigkeit als juristischer Mitarbeiter im Notariat erbrachten Arbeitsleistung weiter aufzuklären oder die eingereichten Fortbildungsnachweise zu berücksichtigen.

Der Kläger fordert letztlich die Berücksichtigung von rein quantitativ bestimmten Kriterien (Anzahl und Dauer von wahrgenommenen Fortbildungsveranstaltungen ohne Leistungsnachweis, Zahl in Vertretung vorgenommener Beurkundungen) sowie eine qualitative Bewertung seiner als juristischer Mitarbeiter erbrachten individuellen Arbeitsleistung, für die es jedoch weder Maßstab noch Grundlage gibt. Solche Kriterien bzw. Bewertungen hält der Gesetzgeber aber auch für den Zugang zum Anwaltsnotariat im Interesse der Rechtsuchenden und der Rechtspflege an hoher und umfassender Qualifikation der Anwaltsnotare sowie im Interesse der Bewerber, nach ihrer Eignung, Leistung und Befähigung für das Amt des Notars ausgewählt zu werden, für unzureichend (vgl. [X.]. 16/4972, [X.]). Aus diesem Grund wurde die notarielle Fachprüfung eingeführt (§§ 7a ff. [X.]), deren Ergebnisse zusammen mit denen der [X.] juristischen Staatsprüfung Grundlage der Auswahlentscheidung in Bezug auf das Anwaltsnotariat sind. Auch das zeigt anschaulich, dass der [X.] nicht gehalten ist, die von dem Kläger für maßgeblich gehaltenen Kriterien bzw. Bewertungen - über ihre Berücksichtigung als Zusatzqualifikation hinaus - zum Ausgleich der sich aus einer zu geringen Punktzahl im [X.] juristischen Staatsexamen ergebenden Bedenken an der fachlichen Eignung des [X.] zu berücksichtigen.

c) Der Kläger zeigt auch nicht auf, dass das (weite) [X.] und verwaltungspolitische Ermessen des [X.]n bei der Entscheidung über die Beendigung des Bewerbungsverfahrens eingeschränkt oder gar auf null reduziert gewesen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 24. November 2014 - [X.]([X.]) 7/14, [X.], 113 Rn. 15, 18).

aa) Soweit der Kläger meint, der [X.] habe sich hinsichtlich seiner Eignung schon dadurch festgelegt, dass er zu dem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei, greift das nicht durch. Vielmehr hat der [X.] jederzeit die Möglichkeit, das [X.] abzubrechen, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Dementsprechend kann eine bestimmte vorherige Verhaltensweise der ausschreibenden Stelle grundsätzlich keine Einschränkung ihres Ermessens über den Abbruch des [X.]s bewirken. [X.] kann auf Seiten der nicht berücksichtigten Bewerber im Grundsatz kein schutzwürdiges Vertrauen in die Fortführung des [X.]s bis zur Besetzung sämtlicher ausgeschriebener Stellen entstehen (Senat, Beschluss vom 24. November 2014 - [X.]([X.]) 7/14, [X.], 113 Rn. 17). Die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch war ohne - hier nicht erkennbare - weitere Anhaltspunkte nicht geeignet, den Ermessensspielraum des [X.]n im Hinblick auf den Abbruch des [X.]s einzuschränken und einen Vertrauenstatbestand zugunsten des [X.] zu schaffen.

bb) Die Rüge des [X.], der [X.] verhalte sich widersprüchlich, indem er ihn nach wie vor - zuletzt am 17. und 21. Dezember 2018 - zum [X.] bestelle, greift nicht durch. Der Kläger verkennt die unterschiedlichen Maßstäbe, die gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 [X.] in Verbindung mit Nummer 4.4.2.1 der ab dem 1. Januar 2018 geltenden Verwaltungsvorschrift des [X.] zur Ausführung der Bundesnotarordnung und über die Dienstordnung für Notarinnen und Notare (VwV Notarwesen) vom 21. September 2017 ([X.].: 3830/0421, juris) für die Vertreterbestellung einerseits und § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 2 [X.] für die Aufnahme in den Anwärterdienst andererseits gelten (vgl. Senat, Beschluss vom 9. Januar 1995 - [X.] 6/93, D[X.] 1996, 186 unter II 2 a; [X.] in [X.]/Vaasen, [X.], [X.], 4. Aufl., § 39 Rn. 16 ff.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 39 Rn. 15).

cc) Auch soweit der Kläger nunmehr mit [X.] vom 10. Januar 2019 geltend macht, durch die erstmalige Bestellung zum [X.] im [X.] habe der [X.] bereits eine Entscheidung über seine Eignung getroffen, von der er später nur aufgrund neuer Erkenntnisse habe abweichen dürfen, ist ihm kein Erfolg beschieden. Es kann dahinstehen, ob der Kläger insoweit - zulässig - seine Darlegungen in der Zulassungsbegründung nur ergänzt oder - unzulässig, weil verfristet - einen weiteren als die bereits dargelegten Gründe für ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung anführt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO; vgl. dazu [X.], Entscheidung vom 9. Februar 2015 - [X.]. 11-VI-14, juris Rn. 47; [X.], Beschluss vom 14. Januar 2013 - 10 ZB 12.2102, NVwZ-RR 2013, 438, 440; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 24. Aufl., § 124a Rn. 48; [X.] in [X.] VwGO, Stand 1. Januar 2019, § 124a Rn. 71). Denn der Umstand, dass der Kläger im [X.] unter der Geltung der damaligen Nummer 3.2 VwV Notarwesen, wonach zum Vertreter nur bestellt werden durfte, wer - neben der Befähigung zum Richteramt - nach § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] für das Amt des Notars geeignet war, zum [X.] bestellt worden ist, ist nach den genannten Grundsätzen ebenfalls nicht geeignet, den Ermessenspielraum des [X.]n im Hinblick auf den Abbruch des streitgegenständlichen [X.]s einzuschränken. Allein die Vertreterbestellung ist ohne weitere Anhaltspunkte dafür, dass sich der [X.] allgemein oder beschränkt auf den Kläger seines Ermessens, sachlich begründet - im Interesse der Gewinnung eines qualifizierteren Bewerberkreises - ein etwaiges [X.] jederzeit beenden zu können, begeben hätte, nicht geeignet, seine diesbezüglichen Handlungsoptionen einzuschränken. Das gilt umso mehr, als der Präsident des [X.] und nicht das für die Auswahl der [X.] zuständige [X.] die Vertreterbestellung vorzunehmen hat (vgl. Nummer 3.3.1 VwV Notarwesen in der für das [X.] maßgeblichen Fassung). Ein irgendwie geartetes schutzwürdiges Vertrauen des [X.] darauf, seine Bewerbung um die Aufnahme in den Anwärterdienst müsse (allein) wegen seiner Bestellung zum [X.] Erfolg haben, konnte schon aus diesem Grund nicht entstehen.

d) Die im [X.] vom 10. Januar 2019 vorgebrachte Rüge des [X.], der [X.] habe bei den Bewerbern M.S., [X.] und H.B. entgegen der in der Ausschreibung genannten Frist in Verbindung mit § 6b Abs. 4 [X.] die erst nach Ablauf der Frist abgelegte Zweite juristische Staatsprüfung berücksichtigt, ist bereits unzulässig (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Sie greift aber auch in der Sache nicht durch.

aa) Wie ausgeführt, können Zulassungsgründe nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zwar noch ergänzt werden; der Vortrag neuer, selbständiger Zulassungsgründe - und seien es auch nur weitere als die bereits dargelegten Gründe für ernstliche Zweifel - ist nach Ablauf der Frist jedoch ausgeschlossen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO; [X.], Entscheidung vom 9. Februar 2015 - [X.]. 11-VI-14, juris Rn. 47; [X.], Beschluss vom 14. Januar 2013 - 10 ZB 12.2102, NVwZ-RR 2013, 438, 440; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 24. Aufl., § 124a Rn. 48; [X.] in [X.] VwGO, Stand 1. Januar 2019, § 124a Rn. 71). Bei der von dem Kläger mit [X.] vom 10. Januar 2019 vorgebrachten Rüge handelt es sich um einen solchen neuen Grund, mit dem der Kläger ausgeschlossen ist.

bb) Die Rüge griffe aber auch in der Sache nicht durch, weil der Kläger die Vergabe der Stellen an die in der Rüge genannten Bewerber hingenommen hat. Ob bei der Besetzung dieser Stellen die Auswahlkriterien zutreffend angewandt wurden, ist für den vorliegenden Verfahrensgegenstand, dem der Abbruch des [X.]s für die übrigen ausgeschriebenen Stellen zugrunde liegt, unbeachtlich.

2. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]) liegt nicht vor. Eine Rechtssache weist dann besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn sie wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zugrunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen Streitigkeiten deutlich abhebt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 25. November 2013 - [X.]([X.]) 8/13, juris Rn. 5; vom 13. März 2017 - [X.]([X.]) 1/16, juris Rn. 20). Das legt die Antragsschrift nicht ausreichend dar (vgl. Senat, Beschluss vom 25. November 2013 - [X.]([X.]) 10/13, juris Rn. 11) und ist - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - auch im Übrigen nicht ersichtlich.

3. Soweit der Kläger rügt, das angefochtene Urteil leide an einem Begründungsmangel, weil das [X.] seine maßgeblichen Erwägungen entgegen § 111b [X.], § 108 Abs. 1 Satz 2, § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nicht in seinem Urteil niedergelegt habe, macht er sinngemäß einen Verfahrensfehler geltend (vgl. [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 24. Aufl., § 117 Rn. 14). [X.] ist, dass der Kläger in dem Zulassungsschriftsatz die von ihm vorgebrachte Rüge nicht dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, sondern dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.] zugeordnet hat ([X.], NVwZ 2011, 546 Rn. 25). Ein Verfahrensmangel liegt aber nicht vor. Das [X.] hat in seinem Urteil die Gründe angegeben, die für seine - wie oben ausgeführt zutreffende - Entscheidung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO; vgl. auch [X.], DVBl 2012, 1375 Rn. 7).

4. [X.] beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

[X.]     

      

Offenloch     

      

Roloff

      

Brose-Preuß     

      

Strzyz     

      

Meta

Notz (Brfg) 9/18

08.04.2019

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Stuttgart, 20. Juli 2018, Az: 1 Not 1/18

§ 6 Abs 1 BNotO, § 7 Abs 2 BNotO, Art 33 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.04.2019, Az. Notz (Brfg) 9/18 (REWIS RS 2019, 8454)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8454

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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