Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.02.2014, Az. 2 AZR 248/13

2. Senat | REWIS RS 2014, 7672

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Parteibezeichnung - Prozessstandschaft


Leitsatz

Geht aus der Klageschrift oder ihren Anlagen deutlich hervor, dass der klagende Arbeitnehmer "zivile Arbeitskraft" im Sinne von Art. 56 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut ist, kann als die wahre Beklagte einer gegen den Entsendestaat als Arbeitgeber gerichteten Klage die Bundesrepublik Deutschland als Prozessstandschafterin anzusehen sein.

Tenor

1. Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des [X.] vom 5. September 2012 - 2 [X.] - und das Urteil des [X.] vom 25. Januar 2012 - 1 Ca 1235/11 - einschließlich des Versäumnisurteils vom 11. November 2011 aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren - an das [X.] zurückverwiesen.

3. Das [X.] ist nicht verklagt und wird aus dem Rechtsstreit entlassen. Seine außergerichtlichen Kosten trägt der Kläger.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

2

Der Kläger war seit 2001 bei den [X.] Stationierungsstreitkräften am Standort [X.] beschäftigt. Mit Schreiben vom 17. Mai 2011 wurde er darüber unterrichtet, es sei beabsichtigt, seinen Einsatzbereich „Facilities Management“ mit Wirkung zum 8. August 2011 auf ein privates Unternehmen zu übertragen. Am 10. Juni 2011 widersprach er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses.

3

Mit Schreiben vom 20. September 2011 kündigte die „[X.] Office Gütersloh Garrison [X.] - [X.]“ das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 29. Februar 2012.

4

Mit seiner am 10. Oktober 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen, gegen das [X.] gerichteten Klage hat sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Kündigung gewandt. In der Klageschrift gab er an, im Betrieb als Bauingenieur tätig zu sein. Der Klageschrift waren von den „[X.], vertr. durch [X.] - Lohnstelle“ ausgestellte Entgeltabrechnungen beigefügt. Sie wiesen die Zahlung von „Tariflohn“ sowie die nach dem [X.] und Steuerrecht vorgesehenen gesetzlichen Abzüge aus. In dem ebenfalls beigefügten Kündigungsschreiben wurde darauf hingewiesen, dass „das Mitwirkungsverfahren mit der örtlichen Betriebsvertretung … vor Ausspruch dieser Kündigung ordnungsgemäß durchgeführt und abgeschlossen [worden sei]“ und „der Tarifvertrag über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz ([X.]) … entsprechend Anwendung [finde]“.

5

In seiner Klageerwiderung vom 3. November 2011 wies das beklagte [X.] darauf hin, dass die Klage gem. Art. 56 Abs. 8 Satz 2 des [X.] zum NATO-Truppenstatut (ZA-NTS) gegen die [X.] zu richten sei. Der Kläger hat daraufhin beantragt, das Passivrubrum entsprechend zu berichtigen. Er hat die Ansicht vertreten, eine Auslegung der Klageschrift nebst ihrer Anlagen ergebe, dass sich die Klage von Anfang an gegen die [X.] als Prozessstandschafterin für das Vereinigte [X.] gerichtet habe. Er habe die richtige Beklagte lediglich unrichtig bezeichnet. Die ihm gegenüber erklärte Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt, sein Arbeitsplatz sei nicht weggefallen.

6

Der Kläger hat beantragt, nach Berichtigung des [X.]

1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung seitens der [X.] vom 20. September 2011 nicht aufgelöst worden ist;

2. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist oder werden wird;

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung als Bauingenieur weiter zu beschäftigen.

7

Das Vereinigte [X.] hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, es sei mit Blick auf Art. 56 Abs. 8 ZA-NTS zu Unrecht verklagt worden. Eine Berichtigung des [X.] komme nicht in Betracht. Die Kündigung gelte bereits wegen Versäumung der Klagefrist nach § 4 Satz 1, § 7 [X.] als wirksam. Überdies sei sie sozial gerechtfertigt. Durch die Auslagerung des Bereichs „Facilities Management“ sei der Arbeitsplatz des [X.] entfallen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Versäumnisurteil abgewiesen und dieses nach Einspruch des [X.] aufrechterhalten. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das [X.] durfte die Klage nicht mit der Begründung abweisen, die Kündigung gelte nach § 4 Satz 1, § 7 [X.] als sozial gerechtfertigt, weil die Klage nicht fristwahrend erhoben worden sei. Diese Begründung ist selbst dann unrichtig, wenn sich die Klage - wie das [X.] angenommen hat - tatsächlich gegen das [X.] richten sollte. Diesem gegenüber wäre sie nicht wegen Fristversäumnis, sondern mangels seiner Prozessführungsbefugnis abzuweisen gewesen. In Wirklichkeit ist indessen nicht das [X.], sondern die [X.] als dessen [X.]in die Beklagte des Rechtsstreits. Die bisher gegenüber dem [X.] ergangenen Urteile waren aufzuheben. Die Sache war zur Verhandlung und Entscheidung über die Klage gegen die [X.] an das [X.] zurückzuverweisen.

I. Wahre Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits ist die [X.] als [X.]in für das [X.]. Die unzutreffende [X.]bezeichnung ist unschädlich. Sie kann mit der Folge berichtigt werden, dass die Klage als von Anfang an gegen die [X.] gerichtet anzusehen ist.

1. Der Kläger stand zum [X.] in einem Beschäftigungsverhältnis als „zivile Arbeitskraft“ bei dessen in [X.] stationierten [X.]. Mit seiner Klage wehrt er sich gegen die Wirksamkeit einer von seinem Arbeitgeber erklärten Kündigung. Eine solche Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis unterliegt nach Art. 56 Abs. 8 Satz 1 des [X.] der [X.] Gerichtsbarkeit. Nach Satz 2 der Bestimmung sind Klagen gegen den Arbeitgeber nicht gegen diesen, sondern gegen die [X.] zu richten. Als beklagte [X.] ist deshalb bei der Klage einer zivilen Arbeitskraft aus dem Arbeitsverhältnis mit dem [X.] die [X.] als gesetzliche [X.]in aufzuführen.

2. Die [X.]en eines Prozesses sind vom Kläger in der Klageschrift zu bezeichnen. Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, so ist die [X.] durch Auslegung zu ermitteln.

a) Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als [X.] angesprochen, die nach der Rechtslage die „richtige“ ist und mit der [X.]bezeichnung erkennbar gemeint sein soll. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden [X.] in der Klageschrift gewählten [X.]bezeichnung bei objektiver Würdigung des [X.] beizulegen ist ([X.] 28. August 2008 - 2 [X.] - Rn. 14; 1. März 2007 - 2 [X.] - Rn. 12). Entscheidend für die Möglichkeit einer Berichtigung ist die Wahrung der rechtlichen Identität der [X.]. Ist die „wirkliche“ [X.] nicht dieselbe, liegt keine „Berichtigung“ vor, sondern es wird im Wege der [X.]änderung eine andere [X.] in den Prozess eingeführt.

b) Eine nur ungenaue oder erkennbar falsche [X.]bezeichnung ist unschädlich und kann jederzeit von Amts wegen richtig gestellt werden ([X.] 28. August 2008 - 2 [X.] - Rn. 14; 1. März 2007 - 2 [X.] - Rn. 12). Die durch das Grundgesetz gewährleisteten Verfassungsgarantien verbieten es, den Zugang zu den Gerichten in einer aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren. Dementsprechend darf eine Klageerhebung nicht an unvollständigen oder fehlerhaften Bezeichnungen der [X.]en scheitern, solange diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen (vgl. [X.] 9. August 1991 - 1 [X.] -; [X.] 28. August 2008 - 2 [X.] - aaO). Für die [X.]stellung in einem Prozess ist deshalb nicht allein die formelle Bezeichnung der [X.] in der Klageschrift maßgebend ([X.] 1. März 2007 - 2 [X.] - Rn. 13; 21. September 2006 - 2 [X.] - Rn. 25). Ergibt sich in einem Kündigungsschutzprozess aus den gesamten erkennbaren Umständen, etwa aus dem der Klageschrift beigefügten [X.], wer als beklagte [X.] gemeint ist, ist die Berichtigung des Rubrums regelmäßig möglich ([X.] 28. August 2008 - 2 [X.] - Rn. 15; 1. März 2007 - 2 [X.] - aaO). Eine Rubrumsberichtigung ist auch vorzunehmen, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche [X.] tatsächlich gemeint ist ([X.] 12. Februar 2004 - 2 [X.] - zu [X.] b der Gründe). Das ist etwa der Fall, wenn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Klage gegen die Schuldnerin anstatt - richtigerweise - gegen den Insolvenzverwalter gerichtet wird und sich aus der Klageschrift oder den beigefügten Unterlagen entnehmen lässt, dass das Insolvenzverfahren gegen die Schuldnerin eröffnet worden ist ([X.] 21. September 2006 - 2 [X.] - Rn. 25).

3. Das Revisionsgericht hat die in der Klageschrift enthaltene [X.]bezeichnung als prozessuale [X.]enserklärung selbst auszulegen ([X.] 28. August 2008 - 2 [X.] - Rn. 16; 1. März 2007 - 2 [X.] - Rn. 16). Hierbei kommt es darauf an, welchen Sinn diese Erklärung aus objektiver Sicht hat, welchen Inhalt ihr also Gericht und Prozessgegner bei objektiver Betrachtung beilegen mussten ([X.] 28. August 2008 - 2 [X.] - aaO; [X.] 15. Mai 2006 - II [X.]). Der Auslegung ist das tatsächliche Vorbringen der klagenden [X.] zugrunde zu legen. Auf deren Rechtsauffassung kommt es nicht an ([X.] 28. August 2008 - 2 [X.] - aaO; 1. März 2007 - 2 [X.] - aaO; so auch schon [X.] 25. Mai 1938 - II 165/37 - [X.]Z 157, 369).

4. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die Klage nach ihrem objektiven Sinngehalt von vornherein gegen die [X.] als [X.]in für das [X.] gerichtet.

a) Dies ergibt sich allerdings nicht bereits aus der Klageschrift als solcher. Dort ist als beklagte [X.] das [X.] von Großbritannien und Nordirland angegeben. Dieses ist, wie dort ferner ausgeführt, der Arbeitgeber des [X.]. Die Bezeichnung der beklagten [X.] gibt deshalb keinen Anlass zu der Annahme, der Kläger habe die Klage tatsächlich gegen eine andere Person richten wollen. Auch die in der Klageschrift angegebenen [X.] auf Beklagtenseite sind eindeutig. Sie enthalten keinen Hinweis auf die (prozessführungsbefugte) [X.].

b) Die Klage war auch nicht schon aufgrund des Rechts der Prozessstandschaft von vornherein gegen die [X.] gerichtet. Die Zivilprozessordnung sieht nicht vor, dass der [X.], ohne dass gegen ihn Klage erhoben würde, mit der Klageerhebung gegen den materiell Berechtigten automatisch dessen Position einnähme ([X.] 13. Juli 1989 - 2 [X.] -).

c) Aus den der Klageschrift beigefügten Anlagen ergeben sich dagegen deutliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zivile Arbeitskraft iSv. Art. 56 [X.] ist. Bei Berücksichtigung dieses Umstands wiederum bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Kläger die Klage in Wirklichkeit nicht gegen das [X.], sondern entsprechend Art. 56 Abs. 8 Satz 2 [X.] gegen die [X.] als dessen [X.]in richten wollte.

aa) Den Anlagen zur Kündigungsschutzklage ist mit ausreichender Sicherheit zu entnehmen, dass der Kläger zivile Arbeitskraft iSv. Art. 56 Abs. 1a [X.] ist. Die Entgeltabrechnungen weisen aus, dass der Kläger bei den britischen [X.] beschäftigt ist, sein Arbeitsverhältnis aber den [X.] sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Regelungen unterliegt. Da gem. Art. 56 Abs. 3 [X.] auf die bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge beschäftigten Arbeitskräfte die Vorschriften des [X.] Rechts über die Sozialversicherung Anwendung findet, spricht dieser Umstand dafür, dass der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis als zivile Arbeitskraft iSv. Art. 56 Abs. 1a [X.] steht. Dies wird durch den im [X.] enthaltenen Hinweis darauf bestätigt, dass das Mitwirkungsverfahren mit der örtlichen Betriebsvertretung durchgeführt worden sei. Eine Mitwirkungsbefugnis der Betriebsvertretung kommt nur in Betracht, wenn der Stelleninhaber als zivile Arbeitskraft iSd. Art. IX Abs. 4 NTS, Art. 56 Abs. 1a [X.] eingestellt worden ist (vgl. [X.] 28. Mai 2002 - 1 [X.] - zu [X.] 2 c cc der Gründe, [X.]E 101, 232; 23. Juli 1981 - 6 [X.] - zu II 2 a der Gründe, [X.]E 35, 370). Aus dem [X.] ergibt sich überdies, dass auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz ([X.]) entsprechend Anwendung findet. Dieser Tarifvertrag gilt gem. § 1 Abs. 1 für alle Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des [X.] fallen. Dieser wiederum gilt nur für die bei den Stationierungsstreitkräften in der [X.] beschäftigten Arbeitnehmer als „zivile Arbeitskräfte“ iSd. Art. 56 [X.]. Der Kläger konnte damit ausweislich der Klageschrift und ihren Anlagen nicht etwa ebenso gut zu einer Gruppe von Beschäftigten gehören, die den Regelungen des Art. 56 [X.] nicht unterfällt.

bb) Angesichts dieser Umstände besteht bei objektiver Betrachtung kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger seine Klage - wie in Art. 56 Abs. 8 [X.] vorgesehen - von Anfang an gegen die allein prozessführungsbefugte [X.] richten wollte. Dies konnten auch das [X.] und das [X.] erkennen. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Prozessstandschaft der [X.] oder deren förmliche Bezeichnung als beklagte [X.] bedurfte es nicht. Dadurch würde der Zugang zum Gericht in einer aus [X.] nicht gerechtfertigten Weise erschwert (dazu [X.] 9. August 1991 - 1 [X.] -; [X.] 12. Februar 2004 - 2 [X.] - zu [X.] b der Gründe).

(1) Durch die Bestimmung des Art. 56 Abs. 8 [X.] rückt die [X.] - anders als etwa der Insolvenzverwalter - ohnehin nicht von Amts wegen in die Stellung des Arbeitgebers ein. Sie übernimmt aufgrund dieser Regelung lediglich die Prozessstandschaft. Die Arbeitgeberstellung des [X.] bleibt erhalten. Mit einer gegen ihn erhobenen Klage wegen Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis ist folglich durchaus der materiell-rechtlich „richtige“ Gegner erfasst. Umso näher liegt die Annahme, dass der Kläger lediglich aus diesem Grund das [X.] und nicht die [X.] als Beklagte aufgeführt hat.

(2) Schutzwürdige Interessen der Beteiligten stehen der Klarstellung des [X.] nicht entgegen. Für das [X.] als Arbeitgeber wurde durch die ihm zugestellte Kündigungsschutzklage zeitnah hinreichend deutlich, dass der Kläger die ihm gegenüber erklärte Kündigung nicht hinzunehmen bereit ist. Die gesetzlich mit der Prozessführung betraute [X.] muss mangels eigener materiell-rechtlicher Interessen nicht davor geschützt werden, erst geraume Zeit nach Ausspruch der Kündigung mit einer ihr bis dato unbekannten Klage konfrontiert zu werden (so auch [X.]/Gallner 4. Aufl. § 4 [X.] Rn. 41).

cc) Diese Auffassung steht nicht im Widerspruch zur Senatsentscheidung vom 13. Juli 1989 (- 2 [X.] -). Dort war - anders als hier - aus keinerlei Umstand, auch nicht aus den Anlagen zur Klageschrift erkennbar, dass der Kläger als zivile örtliche Arbeitskraft iSv. Art. 56 Abs. 1a, Abs. 8 [X.] beschäftigt war.

5. Im Übrigen musste das [X.] erkennen, dass der Kläger das Verfahren unter keinen Umständen weiter gegen das [X.] betreiben wollte, nachdem dieses ihn zu Recht auf die Prozessstandschaft der [X.] hingewiesen hatte. Sein Antrag auf Rubrumsberichtigung war dahin zu verstehen, dass er hilfsweise einen [X.]wechsel herbeiführen wolle (zu dieser Möglichkeit [X.] 10. März 2011 - [X.]/10 - Rn. 21). Unabhängig von der Frage, was ein solcher Wechsel für die Einhaltung der Klagefrist des § 4 Satz 1 [X.] bedeutet hätte, durfte das [X.] deshalb dem Verfahren gegen das [X.] seit Eingang dieses Antrags nicht weiter Fortgang geben. Im Verhältnis zum [X.] konnte der Kläger in keinem Fall obsiegen.

II. [X.] war unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen zur Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

1. Das [X.] kann den Rechtsstreit - ausnahmsweise - an das [X.] zurückverweisen, wenn schon das [X.] die Sache an das [X.] hätte zurückverweisen dürfen ([X.] 18. Oktober 2006 - 2 [X.] - Rn. 32, [X.]E 120, 27; GMP/[X.] 8. Aufl. § 74 Rn. 133; [X.]/[X.]/[X.] 3. Aufl. § 75 Rn. 8).

a) Zwar ist im [X.]sprozess die Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das [X.] wegen eines Mangels im Verfahren des [X.]s gem. § 68 ArbGG unzulässig. Die Vorschrift schränkt die in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO für diesen Fall vorgesehene Möglichkeit der Zurückverweisung an die erste Instanz ein (vgl. GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 68 Rn. 1). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren hat das Berufungsgericht grundsätzlich selbst in der Sache zu entscheiden. Die Vorschrift dient der Prozessbeschleunigung ([X.] 4. Dezember 1958 - 2 [X.] - zu 3 der Gründe, [X.]E 7, 99). Sie gilt auch bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern (GMP/ Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 68 Rn. 2; [X.]/[X.] 14. Aufl. § 68 ArbGG Rn. 1).

b) Eine Zurückverweisung an das [X.] kommt jedoch - neben den in § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 7 ArbGG genannten Fällen - ausnahmsweise in Betracht, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt, der in der Berufungsinstanz nicht korrigiert werden kann (GMP/Germelmann ArbGG 8. Aufl. § 68 Rn. 4; [X.]/[X.] § 68 Rn. 12; [X.]/[X.]/[X.] 3. Aufl. § 68 Rn. 10; [X.]/[X.]/[X.] ArbGG 4. Aufl. § 68 Rn. 4; [X.]/[X.] 14. Aufl. § 68 ArbGG Rn. 2). Das ist etwa der Fall, wenn das Gericht erster Instanz eine Entscheidung getroffen hat, ohne dass - wirksam - [X.] gestellt worden wären ([X.] 26. Juni 2008 - 6 [X.] - Rn. 20; 18. Oktober 2006 - 2 [X.] - Rn. 34, [X.]E 120, 27).

2. Ein solcher nicht behebbarer Verfahrensfehler liegt hier vor. Zwischen dem Kläger und der [X.] als der wahren Beklagten ist bislang kein Prozessrechtsverhältnis zustande gekommen. Das [X.] hat die dafür nach § 253 Abs. 1, § 261 Abs. 1 ZPO erforderliche Zustellung der Klageschrift nicht bewirkt. Das stellt einen wesentlichen Verfahrensfehler dar. Das [X.] konnte diesen nicht wirksam heilen. Es hätte zwar die Zustellung bewirken, aber nicht in der Sache entscheiden können. Eine nach § 528 ZPO der Überprüfung durch das Berufungsgericht unterliegende erstinstanzliche Entscheidung war zwischen den richtigen [X.]en nicht ergangen. Schon das [X.] hätte deshalb die arbeitsgerichtlichen Urteile aufheben und den Rechtsstreit trotz § 68 ArbGG an das [X.] zurückverweisen müssen.

3. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das [X.] die folgenden Erwägungen zu berücksichtigen haben.

a) Gefordert ist zunächst die Zustellung der Klageschrift an die [X.] als die wirkliche Beklagte.

b) In materiell-rechtlicher Hinsicht wird das [X.] prüfen müssen, ob der Kläger die Frist des § 4 Satz 1 [X.] trotz der mittlerweile eingetretenen Verzögerung gewahrt hat oder die Kündigung gem. § 7 [X.] als von Anfang an rechtswirksam gilt.

aa) [X.] ein Arbeitnehmer geltend machen, eine Kündigung sei sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam, muss er gem. § 4 Satz 1 [X.] innerhalb von drei Wochen nach deren Zugang Kündigungsschutzklage beim [X.] erheben. Die Erhebung der Klage erfolgt nach § 253 Abs. 1 ZPO durch Zustellung der Klageschrift. Wegen § 167 ZPO genügt zur Fristwahrung der Klageeingang bei Gericht, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Wird die Rechtsunwirksamkeit nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt die Kündigung nach § 7 [X.] als von Anfang an rechtswirksam.

bb) Der Begriff „demnächst“ in § 167 ZPO kennt keine absolute zeitliche Grenze. Ob davon die Rede sein kann, die Zustellung der Klage sei „demnächst“ erfolgt, ist durch eine wertende Betrachtung der entsprechenden Umstände festzustellen. Verzögerungen im gerichtlichen Geschäftsbetrieb dürfen dabei nicht zu Lasten des [X.] gehen ([X.] 23. August 2012 - 8 [X.] - Rn. 31, [X.]E 143, 50; [X.] 11. Februar 2011 - V ZR 136/10 - Rn. 6). Einen durch die Sachbearbeitung des Gerichts verursachten Aufschub muss der Kläger sich grundsätzlich nicht zurechnen lassen. Dies gilt auch bei längeren Verzögerungen (vgl. [X.] 23. August 2012 - 8 [X.] - aaO; [X.] 11. Februar 2011 - V ZR 136/10 - aaO mwN). Zugleich darf die zeitliche Rückwirkung der Zustellung dem Empfänger nicht unzumutbar sein. Dies ist umso eher der Fall, je länger eine Zustellung durch den Kläger selbst in vorwerfbarer Weise verzögert wird ([X.] 11. Februar 2011 - V ZR 136/10 - aaO; 12. Juli 2006 - IV ZR 23/05 - [X.]Z 168, 306; jeweils mwN). Geht es um [X.], die vom Kläger zu vertreten sind, ist das Merkmal „demnächst“ nur erfüllt, wenn sich diese in einem hinnehmbaren Rahmen halten ([X.] 3. Februar 2012 - V ZR 44/11 - Rn. 7). Das wiederum ist zumindest solange der Fall, wie die Verzögerung den Zeitraum von 14 Tagen nicht überschreitet ([X.] 10. Februar 2011 - [X.]/07 - Rn. 8 mwN). Dabei ist auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit gerade des [X.] verzögert hat ([X.] 10. Februar 2011 - [X.]/07 - aaO).

cc) Im Streitfall hat der Kläger durch die fehlerhafte [X.]bezeichnung einen Aufschub von allenfalls sechs Wochen verursacht. Dabei handelt es sich um den Zeitraum, der zwischen dem Eingang der Klage bei Gericht am 10. Oktober und dem Antrag auf Berichtigung des Rubrums vom 23. November 2011 liegt. Den Umstand, dass auch anschließend eine Zustellung an die [X.] unterblieben ist, haben allein die Gerichte zu vertreten. Das [X.] wird zu erwägen haben, ob nicht auch die genannte Verzögerung nicht allein dem Kläger anzulasten ist, weil es möglicherweise selbst seine Hinweispflicht verletzt hat. Gemäß § 139 Abs. 3 ZPO hat das Gericht auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen. Die Vorschrift betrifft ua. die Prozessvoraussetzungen ([X.]/[X.] ZPO 30. Aufl. § 139 Rn. 14). Zu diesen gehört auch die Prozessführungsbefugnis ([X.]/Vollkommer ZPO 30. Aufl. Vor § 50 Rn. 12). Ein entsprechender Hinweis hat gem. § 139 Abs. 4 ZPO „möglichst früh“ zu erfolgen. Eine Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht kann die Annahme rechtfertigen, der Kläger habe die Verzögerung der Zustellung lediglich bis zur ersten Möglichkeit einer Erteilung des gebotenen Hinweises zu vertreten.

c) Sollte das [X.] nach erfolgter Zustellung der Klageschrift zu dem Ergebnis gelangen, die Klagefrist des § 4 Satz 1 [X.] iVm. § 167 ZPO sei gewahrt, wird es zu prüfen haben, ob die Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 [X.] sozial gerechtfertigt ist.

III. Da das [X.] nicht der wahre Beklagte ist, war es aus dem Rechtsstreit zu entlassen. Seine außergerichtlichen Kosten hat jedenfalls im Verhältnis zu ihm der Kläger zu tragen. Er hat die Klagezustellung an den falschen Beklagten veranlasst. Die anwaltliche Vertretung des [X.]s war im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig. Die Vorinstanzen haben es als die wirkliche [X.] angesehen (vgl. dazu [X.] 27. November 2007 - [X.]/06 - Rn. 18). Über die Gerichtskosten hat das [X.] zu entscheiden. Dabei wird es auch das mögliche Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 GKG in den Blick zu nehmen haben.

        

    [X.]    

        

    Berger    

        

    [X.]    

        

        

        

    Sieg    

        

    [X.]    

                 

Meta

2 AZR 248/13

20.02.2014

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Herford, 25. Januar 2012, Az: 1 Ca 1235/11, Urteil

Art 56 Abs 1a NATOTrStatZAbk, Art 56 Abs 3 NATOTrStatZAbk, Art 56 Abs 8 NATOTrStatZAbk, § 4 KSchG, § 7 KSchG, § 68 ArbGG, § 91 Abs 1 S 1 ZPO, § 139 Abs 3 ZPO, § 167 ZPO, § 253 Abs 1 ZPO, § 538 Abs 2 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.02.2014, Az. 2 AZR 248/13 (REWIS RS 2014, 7672)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7672


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 AZR 248/13

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 248/13, 20.02.2014.


Az. 1 Ca 1235/11

Arbeitsgericht Herford, 1 Ca 1235/11, 25.01.2012.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 Sa 398/12 (Landesarbeitsgericht Hamm)


2 AZR 476/16 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsbedingte Kündigung - Stationierungsstreitkräfte - Auflösung einer Dienststelle - Anforderungsprofil - Weiterbeschäftigungsmöglichkeit -Sozialauswahl


2 AZR 61/16 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsbedingte Kündigung - Stationierungsstreitkräfte - Auflösung der Dienststelle - Anhörung der Betriebsvertretung - tariflicher Unterbringungsanspruch


2 AZR 552/11 (Bundesarbeitsgericht)

Betriebsbedingte Kündigung - Stationierungsstreitkräfte


2 AZR 561/11 (Bundesarbeitsgericht)


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.