Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.03.2018, Az. StB 32/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11756

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Gegenstand

Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung: Alltagsleben von IS-Anhängerinnen im Herrschaftsgebiet des IS als mitgliedschaftliche Betätigungs- und Unterstützungshandlung


Tenor

Die Beschwerde des [X.] gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des [X.] vom 18. Oktober 2017 (2 [X.] 936/17) wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Staatskasse.

Gründe

I.

1

1. Der [X.] führt gegen die Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts, sich in der [X.] von März 2016 bis Mitte August 2017 dem sog. Islamischen Staat ([X.]) und damit einer ausländischen [X.], deren Zwecke oder Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB) sowie Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 [X.]) zu begehen, als Mitglied angeschlossen und sich anschließend mitgliedschaftlich betätigt zu haben, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StG[X.]

2

a) In tatsächlicher Hinsicht legt der [X.] der Beschuldigten im Wesentlichen Folgendes zur Last:

3

Die Beschuldigte reiste am 1. März 2016 gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten [X.]    aus [X.] aus, nachdem [X.]     sich im [X.] über Reisemöglichkeiten zum [X.] informiert und eine Kontaktperson ausfindig gemacht hatte. Die Beschuldigte und [X.]    , die seit 2015 nach muslimischem Recht verheiratet sind, flogen in die [X.] und gelangten von dort aus mit Hilfe eines Schleusers nach [X.]. Sie wurden zunächst an verschiedene vom [X.] kontrollierte Orte in [X.] und später in den [X.] nach [X.] gebracht.

4

Nachdem sie anfangs getrennt voneinander untergebracht worden waren, lebten sie in [X.] seit Mitte/Ende März 2016 zusammen in der Wohnung einer Person namens "A.          ", der als Bürge fungierte. Das hatte der [X.] als Voraussetzung dafür verlangt, dass [X.]    seinem Wunsch ent-sprechend als Krankenpfleger in einem vom [X.] verwalteten Krankenhaus arbeiten durfte. Im Juli 2015 bezogen beide eine Wohnung im vom [X.] kontrollierten [X.], wo [X.]     wiederum eine Stelle als Pflegekraft in einem Krankenhaus antrat.

5

Für seine Arbeit in den Krankenhäusern erhielt [X.]     aufgrund des vom [X.] festgelegten [X.] monatlich jeweils 50 US-Dollar pro Familienmitglied, für sich selbst und für die Beschuldigte mithin insgesamt 100 US-Dollar. Während [X.]     seiner Tätigkeit als Krankenpfleger nachging, kümmerte sich die Beschuldigte um den Haushalt und erledigte die für ihre gemeinsame Lebensführung notwendigen Einkäufe. Aus der Beziehung der Beschuldigten mit [X.]    ging ein am 2. November 2016 geborener [X.] hervor, den sie "J.     " ([X.] bzw. [X.]) nannten.

6

Während der folgenden Monate wechselten die Beschuldigte und [X.]    mit Rücksicht auf die jeweilige Sicherheitslage wiederholt ihren Aufenthaltsort. Schließlich entschlossen sie sich dazu, sich in ein von den kurdischen "[X.]" kontrolliertes Gebiet zu begeben, was ihnen Mitte August 2017 mit Hilfe eines Schleusers gelang. Dort wurden sie festgenommen. Zu diesem [X.]punkt war die Beschuldigte erneut schwanger.

7

b) Der [X.] stützt seine Auffassung, wonach sich die Beschuldigte mitgliedschaftlich am [X.] beteiligt hat, im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

8

Die Beschuldigte habe sich bereits dadurch in das [X.] der [X.] integriert und diese von innen heraus gefördert, dass sie sich in das Herrschaftsgebiet des [X.] begeben und dort gemeinsam mit [X.] gelebt habe. Durch ihre Anwesenheit im Gebiet des [X.], ihre Unterwerfung unter das mit der Einreise verbundene [X.] und durch ihre Teilnahme am [X.] der [X.] habe sie diese gefördert, der Vorstellung des [X.] von einem "Kalifat", einem Staat nach islamischem Vorbild, neben anderen Verbandsmitgliedern "Leben eingehaucht" und die [X.] damit in ihrer personellen Ausdehnung sowie in deren "Sogwirkung" insbesondere auf Gleichgesinnte in [X.] unterstützt.

9

Der Annahme ihrer Mitgliedschaft stehe nicht entgegen, dass die Beschuldigte während ihrer Anwesenheit keine die terroristische Zwecksetzung der [X.] unmittelbar fördernde Handlung verübt habe. Denn auch die Erledigung allgemeiner Aufgaben sei als mitgliedschaftliche Betätigung anzusehen, sofern der Täter sie zur Förderung der Zwecke oder Tätigkeiten der Organisation entfalte, sie Ausfluss seiner Mitgliedschaft seien und in deren [X.] vorgenommen würden. Dies sei hier der Fall, weil Frauen nach dem Rollenverständnis des [X.] ein fester Bestandteil des dortigen "[X.]" seien, deren Aufgabe sich zuvörderst auf klassische Hausarbeiten wie Kochen, Waschen und Kindererziehung beschränke. Den verheirateten Frauen im [X.] komme im Wesentlichen die Aufgabe zu, Kinder zu gebären, sie von klein auf im Sinne der Ideologie des [X.] zu erziehen und den Haushalt zu führen. Vor diesem Hintergrund seien Frauen für den Fortbestand des [X.] unentbehrlich und von grundlegender Bedeutung. Diese ihr als Frau von der [X.] zugewiesene Rolle habe die Beschuldigte im Interesse des [X.] erfüllt, indem sie ihre "häuslichen Pflichten" erfüllt habe, während [X.]     seiner Tätigkeit für die [X.] als Pfleger im Krankenhaus nachgegangen sei. Überdies habe sie durch die Geburt eines Kindes im Herrschaftsgebiet des [X.] sowie durch ihre erneute Schwangerschaft "aktiv einen mitgliedschaftlichen Beitrag" zur personellen Stärkung des "Staatsvolkes" der Organisation geleistet.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung seien auch tatsächliche Umstände feststellbar, die ein organisationsseitiges Interesse an der Mitwirkung der Beschuldigten an der [X.] sowie den einvernehmlichen Willen zu ihrer fortdauernden Teilnahme am [X.] belegten. Insbesondere komme "das beiderseitige Einvernehmen der Anwesenheit und Eingliederung der Beschuldigten im [X.]" darin zum Ausdruck, dass die Beschuldigte seitens der [X.] in Form eines "Familienzuschlags" alimentiert worden sei.

Die Beschuldigte habe auch eine Stellung in der [X.] eingenommen, die sie als zum Kreis der Mitglieder gehörend gekennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar gemacht habe. So habe sie mit dem für den [X.] mitgliedschaftlich tätigen [X.]    , mit dem sie nach muslimischem Recht verheiratet sei, als westeuropäische und daher allein schon sprachlich deutlich erkennbare Ausländerin im Herrschaftsgebiet des [X.] gelebt. Während die überwiegenden Teile der [X.] Bevölkerung den [X.] als eine Art Besatzungsmacht erlebt hätten, habe die Beschuldigte als Ausländerin vor Ort eine Art [X.] wahrgenommen, weil ihrer Anwesenheit im vom [X.] proklamierten Kalifat für alle ersichtlich die bewusste Entscheidung vorausgegangen sei, sich zum [X.] zu begeben und sich zu ihm zu bekennen sowie in dessen Herrschaftsgebiet leben und die terroristische [X.] in ihrem Bestand fördern zu wollen.

2. Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Ermittlungsrichter des [X.] den Antrag des [X.]s, einen Haftbefehl gegen die Beschuldigte zu erlassen, zurückgewiesen, weil es aus rechtlichen Gründen an der die Annahme eines dringenden Tatverdachts rechtfertigenden hohen Wahrscheinlichkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) dafür fehle, dass die Beschuldigte sich mitgliedschaftlich am [X.] beteiligt oder die [X.] unterstützt habe. Die dagegen gerichtete Beschwerde des [X.]s hat keinen Erfolg.

II.

Auf der Grundlage des bisherigen Ermittlungsergebnisses hat der Ermittlungsrichter des [X.] den Antrag des [X.]s auf Erlass eines Haftbefehls gegen die Beschuldigte zu Recht abgelehnt.

1. Entgegen der vom [X.] vertretenen Auffassung ist die Beschuldigte derzeit aus rechtlichen Gründen nicht dringend verdächtig, sich als Mitglied am [X.] beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB).

a) Das gilt sowohl unter Zugrundelegung des zur überwiegenden Tatzeit nach der Rechtsprechung des [X.] maßgeblichen [X.]sbegriffs als auch auf der Grundlage des durch das [X.] zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 17. Juli 2017 ([X.]) in § 129 Abs. 2 StGB legal definierten.

aa) Nach bisheriger Rechtsprechung des [X.] galt:

Eine [X.] ist ein auf gewisse Dauer angelegter organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen (vgl. etwa [X.], Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 216, 221 mwN). Dementsprechend beteiligt sich als Mitglied, wer sich unter Eingliederung in die Organisation deren Willen unterordnet und eine Tätigkeit zur Förderung der kriminellen Ziele der [X.] entfaltet. Notwendig ist dafür eine auf Dauer oder zumindest auf längere [X.] angelegte Teilnahme am [X.] (vgl. etwa [X.], Urteile vom 20. März 1963 - 3 StR 5/63, [X.]St 18, 296, 299 f.; vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 111). In Betracht kommt etwa ein organisationsförderndes oder ansonsten vereinigungstypisches Dauerverhalten von entsprechendem Gewicht (vgl. MüKoStGB/[X.], 3. Aufl., § 129 Rn. 82 mwN).

Die mitgliedschaftliche Beteiligung setzt eine gewisse formale Eingliederung des [X.] in die Organisation voraus. Sie kommt nur in Betracht, wenn der Täter die [X.] von innen und nicht lediglich von außen her fördert. Insoweit bedarf es zwar keiner förmlichen Beitrittserklärung oder einer förm-lichen Mitgliedschaft. Notwendig ist aber, dass der Täter eine Stellung innerhalb der [X.] einnimmt, die ihn als zum Kreis der Mitglieder gehörend kennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar macht. Dafür reicht allein die Tätigkeit für die [X.], mag sie auch besonders intensiv sein, nicht aus; denn ein Außenstehender wird nicht allein durch die Förderung der [X.] zu deren Mitglied (vgl. zu allem [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 113 mwN).

Die Mitgliedschaft setzt ihrer Natur nach eine Beziehung voraus, die einer [X.] nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Ein auf lediglich einseitigem Willensentschluss beruhendes Unterordnen und Tätigwerden genügt nicht, selbst wenn der Betreffende bestrebt ist, die [X.] und ihre kriminellen Ziele zu fördern. Die Annahme einer mitgliedschaftlichen Beteiligung scheidet daher aus, wenn die Unterstützungshandlungen nicht von einem einvernehmlichen Willen zu einer fortdauernden Teilnahme am [X.] getragen sind (vgl. zu allem [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 113 mwN).

bb) Demgegenüber definiert die Neuregelung in § 129 Abs. 2 StGB den Begriff der [X.] in Anlehnung an den Rahmenbeschluss 2008/841[X.] des Rates der Europäischen Union vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität als einen auf längere Dauer angelegten, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängigen organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses. Erklärtes Ziel der gesetzlichen Regelung ist es, den [X.]sbegriff auszuweiten, indem die Anforderungen an die Organisationsstruktur und die Willensbildung abgesenkt werden. Es sollen nicht nur Personenzusammenschlüsse erfasst werden, deren Mitglieder sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen, sondern auch hierarchisch organisierte Gruppierungen mit bloßer Durchsetzung eines autoritären Anführerwillens ohne "Gruppenidentität" (BT-Drucks. 18/11275, [X.], 11). Auch nach der Legaldefinition handelt es sich bei einer [X.] indes um einen organisierten Zusammenschluss von Personen, was zumindest eine gewisse Organisationsstruktur sowie in gewissem Umfang instrumentelle Vorausplanung und Koordinierung erfordert; notwendig ist darüber hinaus das Tätigwerden in einem übergeordneten gemeinsamen Interesse (BT-Drucks. aaO).

Auch wenn die Mitgliedschaft in einer [X.] auf der Grundlage der Legaldefinition nicht erfordert, dass sich der Täter in das "[X.]" der Organisation integriert und sich deren Willen unterordnet, so setzt die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer [X.] auch danach eine gewisse, einvernehmliche Eingliederung des [X.] in die Organisation voraus. Nach wie vor ist erforderlich, dass er eine organisationsbezogene Tätigkeit zur Förderung der kriminellen Ziele der [X.] entfaltet, durch die er diese von innen und nicht nur von außen her fördert.

b) Daran gemessen kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Beschuldigte als Mitglied am [X.] beteiligt hat. Die bisherigen Ermittlungsergebnisse belegen nicht, dass sie die terroristischen Bestrebungen des [X.] von innen her gefördert hat. Dies folgt nicht ohne Weiteres daraus, dass sich die Beschuldigte gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten [X.]    im Einvernehmen des [X.] in dessen Herrschaftsgebiet begeben hat, um dort zu leben. Dadurch ist sie nicht Mitglied der Organisation geworden. Insoweit gilt:

Das Alltagsleben im Herrschaftsgebiet des [X.] ist nicht gleichzusetzen mit der [X.] als solcher. Wer mit dem [X.] sympathisiert und sich deshalb im Einvernehmen der Organisation in deren Herrschaftsgebiet begibt, um dort den Vorstellungen des [X.] entsprechend zu leben, wird dadurch nicht ohne Weiteres in die Organisation integriert und damit zu deren Mitglied.

Dementsprechend stellt das alltägliche Leben derartiger Personen im "Kalifat" als solches keine mitgliedschaftliche Betätigung für den [X.] dar. Der Umstand, dass es den Interessen der Organisation entspricht, ausländische Sympathisanten dafür zu gewinnen, sich in sein Herrschaftsgebiet zu begeben und dort zu leben, ändert daran nichts. Das gilt insbesondere in Bezug auf Anhängerinnen des [X.], die sich dazu entschließen, im "Kalifat" mit einem Mitglied der [X.] zusammenzuleben, und ein aus der Beziehung herrührendes Kind austragen. Dadurch betätigen sie sich - ungeachtet des organisationsseitigen Interesses an einer Vergrößerung des im Herrschaftsbereich des [X.] lebenden "Staatsvolkes" - nicht mitgliedschaftlich.

Die Tätigkeiten der Beschuldigten gingen über alltägliche Verrichtungen nicht hinaus. Darin, dass sie den "häuslichen Pflichten" nachkam, die sich aus ihrem Zusammenleben mit [X.]    ergaben, kann keine Erfüllung einer ihr seitens des [X.] übertragenen organisationsbezogenen Aufgabe gesehen werden. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beschuldigte in irgendeiner Weise in die Organisation integriert war und ihr übertragene organisationsbezogene Tätigkeiten ausübte, sind bislang nicht ersichtlich.

Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beschuldigte bei der Bemessung der Entlohnung, die der [X.] dem Mitbeschuldigten [X.]    für die von ihm geleistete Arbeit als Krankenpfleger gewährte, berücksichtigt wurde. [X.]    erhielt ersichtlich deshalb einen Zuschlag, weil er nicht nur für seinen eigenen Lebensunterhalt aufzukommen hatte, sondern auch denjenigen seiner Frau. Eine Bezahlung der Beschuldigten für eine von ihr geleistete organisationsbezogene Tätigkeit kommt darin hingegen nicht zum Ausdruck.

Schließlich folgt die Mitgliedschaft der Beschuldigten im [X.] nicht daraus, dass sie aus der Sicht anderer leicht als Ausländerin erkennbar war, die der Ideologie des [X.] nahe stand. Dies ging notwendigerweise damit einher, dass sie sich als Sympathisantin des [X.] für ein Leben im "Kalifat" entschieden hatte. Ihre Integration in das [X.] der Organisation und die Übertragung einer organisationsbezogenen "[X.]" lässt sich dem jedoch nicht entnehmen. Anhaltspunkte dafür, dass ihr seitens der [X.] spezifische Propaganda- oder Verwaltungstätigkeiten übertragen worden waren, liegen nicht vor.

2. Aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse ist die Beschuldigte auch nicht dringend verdächtig, den [X.] und damit eine terroristische [X.] im Ausland unterstützt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB).

a) Unter einem Unterstützen im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich jedes Tätigwerden eines [X.] zu verstehen, das die innere Organisation der [X.] und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenngleich nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 117). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der [X.] fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur [X.]chaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa [X.], Urteil vom 3. Oktober 1979 - 3 [X.], [X.]St 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des [X.] einer [X.] über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines [X.]smitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und - wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt - sogar in erster Linie auf die [X.] als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des [X.] zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], aaO, S. 117 f.; Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, [X.]St 51, 345, 350 f.).

Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn die Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 116; Beschlüsse vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, [X.]St 51, 345, 348 f.; vom 27. Oktober 2015 - 3 [X.], [X.]R StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6). In diesem Sinne muss der Organisation durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. [X.], Urteile vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83, [X.]St 32, 243, 244; vom 25. Juli 1984 - 3 [X.], [X.]St 33, 16, 17; Beschluss vom 17. August 2017 - AK 34/17, juris Rn. 6). Die Wirksamkeit der Unterstützungsleistung und deren Nützlichkeit müssen indes stets anhand belegter Fakten nachgewiesen sein (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. Juli 2013 - [X.], [X.]St 58, 318, 323 f.; vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, juris Rn. 18).

Fördert der Außenstehende die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der [X.], so bedarf es für die Tathandlung des [X.] in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des [X.] für die Organisation. Da als Folge des [X.] ein irgendwie gearteter Vorteil für die [X.] ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der [X.] darstellt, grundsätzlich bereits hierin ein ausreichender Nutzen für die Organisation zu sehen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Täter die Erfüllung einer Aufgabe durch ein Mitglied fördert, die diesem von der [X.] aufgetragen worden ist, oder es in dessen Entschluss stärkt, die Straftaten zu begehen, die den Zwecken der terroristischen [X.] dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen (vgl. [X.], Urteile vom 25. Juli 1984 - 3 [X.], aaO; vom 14. August 2009 - 3 [X.], aaO S. 117 f.; Beschluss vom 11. Juli 2013 - AK 13 u. 14/13, aaO S. 326 f.).

b) Daran gemessen hat die Beschuldigte den [X.] auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungsergebnisse nicht unterstützt, weder durch Förderung der Tätigkeit und der terroristischen Bestrebungen der Organisation als solcher noch durch Beihilfehandlungen zu etwaigen mitgliedschaftlichen Betätigungsakten des Mitbeschuldigten [X.]   .

aa) Im Hinblick auf eine direkte Unterstützung des [X.] ist ein vereinigungsbezogener Vorteil des Handelns der Beschuldigten bislang nicht ersichtlich. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass sich ihr Verhalten zumindest mittelbar vorteilhaft auf die terroristischen Ziele oder Tätigkeiten der [X.] ausgewirkt hat. Allein ihre Anwesenheit und ihr alltägliches Zusammenleben mit dem Mitbeschuldigten [X.]    im Herrschaftsgebiet des [X.] reichen dafür nicht aus. Dadurch hat sie die Organisation als solche weder von innen noch von außen her gefördert. Insoweit gelten die Ausführungen zur Mitgliedschaft der Beschuldigten in der [X.] entsprechend.

bb) Gleichermaßen fehlt es an tatsächlichen Hinweisen dafür, dass die Beschuldigte etwaige mitgliedschaftliche Betätigungshandlungen des Mitbeschuldigten [X.]    konkret gefördert hat. Insoweit kann auf die Grundsätze der Beihilfe zurückgegriffen werden ([X.], Beschluss vom 14. Dezember 2017 - StB 18/17, NStZ-RR 2018, 72, 74). Hier sind indes weder für physische noch für psychische Beihilfe ausreichende Anhaltspunkte ersichtlich.

Als mitgliedschaftliche Betätigung des Mitbeschuldigten [X.]   , welche die Beschuldigte gefördert haben könnte, kommt nach Lage der Dinge allenfalls dessen Tätigkeit als Krankenpfleger in den vom [X.] verwalteten Krankenhäusern in Betracht. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass die Beschuldigte ihn dabei physisch unterstützt hat. Den bisherigen Erkenntnissen zufolge beschränkte sich ihr Verhalten darauf, sich um den Haushalt zu kümmern und die für die gemeinsame Lebensführung erforderlichen Einkäufe zu erledigen. Ein sich daraus ergebender konkret wirksamer Vorteil in Bezug auf die Arbeiten, die [X.]    als Krankenpfleger erbrachte, ist nicht erkennbar.

Auch eine psychische Unterstützung von [X.]     bei seiner etwaigen mitgliedschaftlichen Betätigung ist nicht durch konkrete Fakten belegt. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beschuldigte ihn in seinem Entschluss bestärkt haben könnte, sich dem [X.] anzuschließen und als Krankenpfleger in von der Organisation verwalteten Krankenhäusern zu arbeiten.

[X.]              [X.]

Meta

StB 32/17

22.03.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend BGH, 18. Oktober 2017, Az: 2 BGs 936/17

§ 129 Abs 2 StGB, § 129a Abs 1 Nr 1 StGB, § 129a Abs 5 S 1 StGB, § 129b Abs 1 S 1 StGB, § 129b Abs 1 S 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.03.2018, Az. StB 32/17 (REWIS RS 2018, 11756)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11756

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