Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.02.2013, Az. 19 W (pat) 15/11

19. Senat | REWIS RS 2013, 8152

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Verfahren zur Ermittlung eines Gewinnwertes an einem münzbetätigten Unterhaltungsautomaten" – zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit - Regeln für Spiele - keine Berücksichtigung von bestimmten Merkmalen - mehr Abwechslung und größerer Spielanreiz


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 197 08 502.4-55

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dipl.-Phys. [X.], [X.]in [X.] sowie [X.] Dr.-Ing. [X.] und Dipl.-Ing. J. Müller

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 3. März 1997 beim [X.] eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung

2

„Verfahren zur Ermittlung eines Gewinnwertes an einem münzbetätigten Unterhaltungsautomaten“

3

wurde von der Prüfungsstelle für [X.] des [X.]es durch den am Ende der mündlichen Anhörung vom 27. Oktober 2010 verkündeten Beschluss zurückgewiesen. In der schriftlichen Begründung ist angegeben, das Verfahren gemäß dem Anspruch 1 könne keine erfinderische Tätigkeit begründen.

4

Gegen diesen Beschluss richtet sich Beschwerde der Anmelderin.

5

Sie beantragt,

6

den Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] des [X.]s vom 27. Oktober 2010 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

7

Patentanspruch 1 vom 29. März 2011

8

Patentansprüche 2 und 3,

9

Beschreibung und

1 Blatt Zeichnung mit 1 Figur vom Anmeldetag.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet unter Einfügung einer Gliederung:

Verfahren zur Ermittlung eines Gewinnwertes an einem münzbetätigten Unterhaltungsautomaten, wobei der Unterhaltungsautomat

a) eine einen [X.] umfassende Steuereinheit

b) einen Guthabenzähler;

c) Anzeigemittel zur Darstellung von Gewinnsymbolen;

d) ein Anzeigefeld zur Darstellung eines [X.] in Form eines durchscheinend beleuchtbaren Tableaus;

e) einen [X.], sowie

f) frontseitig angeordnete Bedienelemente

aufweist, und bei dem verfahrensgemäß

g) bei einem [X.]ieleinsatz aufweisenden Guthabenzählerstand von der Steuereinheit eine Symbolkombination ermittelt wird und über die Anzeigemittel zur Darstellung von Gewinnsymbolen angezeigt wird;

h) ein dieser Symbolkombination zugeordneter Gewinnwert – [X.] - über das Anzeigefeld dargestellt wird;

i) der [X.] nachfolgend unter Verlustgefahr gegen einen höherwertigen Gewinnwert eingesetzt werden kann – Risikospiel -;

k) und wobei verfahrensgemäß bei Vorliegen vorgegebener Gewinnsymbole von der Steuereinheit der [X.] erhöht wird,

dadurch gekennzeichnet, dass

l) von der Steuereinheit der [X.] auf ein Erreichen einer vorgegebenen Ziffernfolgen geprüft wird,

m) und dass bei Vorliegen der vorgegebenen Ziffernfolge der [X.] unter Verlustgefahr mittels des Risikospiels zur Ermittlung eines neuen [X.] wieder setzbar ist,

n) wobei der neue Gewinnwert größer als der [X.] ist und nicht dem im Tableau dem [X.] nachfolgenden Gewinnwert entspricht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines münzbetätigten Unterhaltungsautomaten. Die Anmeldung beschreibt zunächst einen handelsüblichen Automaten mit drei nebeneinander angeordneten Gewinnsymbole aufweisenden Walzen, der unterschiedliche Arten von Gewinnspielen ermöglicht. Der erzielte Gewinnwert werde mit leiterförmig angeordneten [X.] durch ein Erleuchten des zugeordneten Leuchtmittels kenntlich gemacht. Der erzielte Gewinn könne nachfolgend unter Verlustgefahr gegen den nächsthöheren Gewinn eingesetzt werden. [X.]els eines Zufallsgenerators werde ermittelt, ob der nachfolgende Gewinn gewährt wird oder nicht. Als nachteilig wird beschrieben, dass dass nur jeweils das dem [X.] nachgeordnete [X.] zum Risiko angeboten wird.

Als Aufgabe wird angegeben, einen münzbetätigten Unterhaltungsautomaten derart fortzubilden, dass dem Benutzer des Unterhaltungsautomaten mehr Abwechslung und [X.]ielanreiz geboten wird ([X.]. 1, [X.] 24 bis 27 der Offenlegungsschrift).

Diese Aufgabe werde mit den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.

2. Bei dieser Sachlage sieht der Senat einen Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik mit Erfahrung in der Entwicklung sowie Programmierung von Unterhaltungsautomaten, der die von einem [X.]ieleentwickler entwickelten [X.]ielideen technisch umsetzt, als Fachmann.

3. Der Entscheidung liegt folgender Stand der Technik zugrunde:

Der nächstkommende Stand der Technik wird in der [X.] 26 658 [X.] beschrieben. Sie zeigt einen [X.]ielautomaten mit den allgemein üblichen Walzen, und einer Risikospieleinrichtung 5 mit leiterförmig angeordneten [X.], sowie einem zusätzlichen Zähler 8, dessen Zählerstand die Anzahl möglicher [X.]rünge innerhalb der Risikospieleinrichtungen symbolisiert. Es wird mindestens ein Risikofeld übersprungen sofern der Zählerstand des zusätzlichen Zählers 8 vor dessen Dekrementierung einen Betrag > 0 aufweist ([X.]. 1, [X.] 48 bis 62). Der Zähler wird über bestimmte vorgegebene Ereignisse, welche die zentrale Steuereinheit im Ergebnis vorangegangener [X.]iele erkannt hat, inkrementiert ([X.]. 2, [X.] 47 bis 51).

Mit den Worten des Anspruchs 1 ist damit bekannt ein:

1. Verfahren zur Ermittlung eines Gewinnwertes an einem münzbetätigten Unterhaltungsautomaten, wobei der Unterhaltungsautomat

a) eine Steuereinheit

b) einen Guthabenzähler ([X.]eicher zur Anzeige des [X.]ieleinsatzes, [X.]. 2, [X.] 23-25);

c) Anzeigemittel 4 zur Darstellung von Gewinnsymbolen;

d) ein Anzeigefeld zur Darstellung eines [X.] in Form eines durchscheinend beleuchtbaren Tableaus 5;

e) einen [X.] (zusätzlicher Zähler 8), sowie

f) frontseitig angeordnete Bedienelemente 7

aufweist, und bei dem verfahrensgemäß

g) bei einem [X.]ieleinsatz aufweisenden Guthabenzählerstand von der Steuereinheit eine Symbolkombination ermittelt wird und über die Anzeigemittel zur Darstellung von Gewinnsymbolen angezeigt wird ([X.]. 1, [X.] 13 bis 24);

h) ein dieser Symbolkombination zugeordneter Gewinnwert – [X.] - über das Anzeigefeld dargestellt wird ([X.]. 2, [X.] 29 bis 37);

i) der [X.] nachfolgend unter Verlustgefahr gegen einen höherwertigen Gewinnwert eingesetzt werden kann – Risikospiel - ([X.]. 2, [X.] 29 bis 37);

k) bei Vorliegen vorgegebener Gewinnsymbole von der Steuereinheit der [X.] erhöht wird ([X.]. 1, [X.] 19 bis 27 i. V. m. [X.]. 2, [X.] 47-51, Anspruch 1, [X.] 42, 43)

Ähnlich dem Verfahren nach Anspruch 1 (Abweichungen markiert) wird dort auch:

s Mindestwerts geprüft wird (Anspruch 1 „ein Betrag größer Null“),

s Mindestwerts der [X.] unter Verlustgefahr mittels des Risikospiels zur Ermittlung eines neuen [X.] wieder setzbar ist,

n) wobei der neue Gewinnwert größer als der [X.] ist und nicht dem im Tableau 5 dem [X.] nachfolgenden Gewinnwert entspricht ([X.]. 2, [X.] 52 bis 58).

Das Verfahren nach Anspruch 1 unterscheidet sich davon

zum Einen durch die Verwendung eines [X.]s nach Merkmal a), die in der [X.] 26 658 [X.] nicht ausdrücklich erwähnt ist,

zum Anderen dadurch, dass das Überspringen eines [X.]es durch eine quasi zufällige Übereinstimmung der Ziffernfolge im [X.] mit einer vorgegebenen Ziffernfolge ausgelöst wird.

4. Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und ist deshalb nicht patentfähig (§ 1, Abs. 1 i. V. m. § 4 [X.]).

Der Unterschied zum Stand der Technik in den Merkmalen l) und m), wonach das Überspringen eines [X.]es durch eine quasi zufällige Übereinstimmung im [X.] mit einer vorgegebenen Ziffernfolge ausgelöst wird, muss bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unberücksichtigt bleiben. Denn insoweit handelt es sich nicht um eine Anweisung, die dazu dient ein konkretes technisches Problem mit technischen [X.]eln zu bestimmen oder zu beeinflussen. Vielmehr beinhalten die fraglichen Merkmale lediglich eine Regel für (Gewinn-) [X.]iele, die als solche gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 [X.] vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Diese Anweisung dient lediglich dazu, die nicht-technische Problemstellung zu lösen, dem [X.]ieler mehr Abwechslung und einen größeren [X.]ielanreiz zu bieten sowie eine Langzeitbindung des [X.]ielers an den Unterhaltungsautomaten zu erzielen ([X.]. 1, [X.] 14-27, [X.] 32 bis 45). Die Lösung einer konkreten technischen Aufgabenstellung ist darin nicht zu erkennen. Enthält ein beanspruchter [X.] aber derartige nicht-technische Vorgaben, wird nach der Rechtsprechung des [X.] das mit den [X.] des § 1 Abs. 3 [X.] verfolgte Anliegen, Gegenstände mit fehlendem technischen Charakter vom Patentschutz auszuschließen, im Wesentlichen dadurch verwirklicht, dass die betreffenden Merkmale jedenfalls bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nach § 4 [X.] nicht berücksichtigt werden (vgl. [X.], 613 – Dynamische Dokumentengenerierung; [X.] [X.]. 2011, 61 - Wiedergabe topgrafischer Informationen, [X.] X ZR 3/12 v. 18. Dezember 2012 – Routenplanung).

Der weitere Unterschied zum bekannten Verfahren nach [X.] 26 658 [X.], der darin besteht, dass als Steuerung ein [X.] verwendet wird (Merkmal a)), ist zwar technischer Natur. Allerdings war eine solche Steuerung von Unterhaltungsautomaten zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits allgemeiner Stand der Technik, auf den der Fachmann selbstverständlich zurückgegriffen hat und der daher die erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann.

5. Der Anspruch 1 ist damit ebenso wie die auf ihn zurückbezogenen Ansprüche 2 und 3 nicht patentfähig.

Meta

19 W (pat) 15/11

18.02.2013

Bundespatentgericht 19. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.02.2013, Az. 19 W (pat) 15/11 (REWIS RS 2013, 8152)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8152

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