Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.08.2019, Az. 2 B 73/18

2. Senat | REWIS RS 2019, 4035

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Gründe

1

Die auf grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und auf Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte [X.]eschwerde ist unbegründet.

2

1. Der 19.. geborene Kläger war bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monats April 2007 [X.]audirektor bei der [X.]. In der [X.] von Januar 1986 bis Dezember 1992 hatte ihn die [X.]eklagte unter Wegfall der Dienstbezüge für eine Verwendung bei der [X.] ... (...) beurlaubt. Mit Ablauf der Verwendung hatte der Kläger eine Rückzahlung der aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteilen bestehenden [X.]eiträge für das Pensionssystem der [X.] in Höhe von 89 818,40 € erhalten, die er an seinen Dienstherrn nicht abführte.

3

Die [X.]eklagte setzte die Versorgungsbezüge des [X.] ab 1. Mai 2007 fest. Dabei legte sie einen Ruhegehaltssatz von 75 v.H. zugrunde. Mit weiterem [X.]escheid verfügte die [X.]eklagte im Hinblick auf den von der ... erhaltenen Kapitalbetrag das Ruhen der Versorgungsbezüge ab dem 1. Mai 2007 in Höhe von monatlich 683,43 € (13,84 % von 4 938,08 €). Das dagegen geführte Vor- und Klageverfahren ist erfolglos geblieben.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat die [X.]erufung des [X.] mit der [X.]egründung zurückgewiesen, das Ruhegehalt ruhe u.a. dann kraft gesetzlicher Anordnung in bestimmter Höhe, wenn ein Ruhestandsbeamter bei seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung anstelle einer Versorgung einen Kapitalbetrag als Abfindung oder als Zahlung aus einem Versorgungsfonds erhalte. [X.]ei [X.]en, die bis zum 31. Dezember 1991 zurückgelegt worden seien, ruhe das Ruhegehalt in Höhe des [X.]etrags, der einer Minderung des [X.] von 2,14 für jedes im zwischen- oder überstaatlichen Dienst vollendete Jahr entspreche. [X.]ei [X.]en ab dem 1. Januar 1992 betrage die Minderung des [X.] 1,0.

5

Das [X.] habe eine vergleichbare zeitlich unbegrenzte Ruhensregelung als verfassungskonform beurteilt. Soweit der Kläger im Hinblick auf das "Günstigkeitsprinzip" die Anwendung einer später eingeführten Kappungsgrenze oder eine Vergleichsberechnung entsprechend der später geltenden Gesetzeslage fordere, widerspreche dies der strengen Gesetzesbindung der beamtenrechtlichen Versorgung.

6

2. Die Sache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die [X.]eschwerde des [X.] beimisst.

7

Grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom [X.]eschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des [X.] erheblich sein wird (stRspr, [X.], [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]E 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

8

Die [X.]eschwerde sieht die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache der Sache nach in der Frage,

ob gesetzliche Regelungen über die Anrechnung eines Kapitalbetrags auf das Ruhegehalt nach dem Grundsatz der Einheit öffentlicher Kassen durch Regelungen zum Endzeitpunkt für die Anrechnung enthalten muss, um sicherzustellen, dass der erdiente [X.] nicht absinkt.

9

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache ist nicht gerechtfertigt, weil die damit aufgeworfene Frage nach der Verhältnismäßigkeit einer gesetzlichen Ruhensregelung für Versorgungsbezüge von [X.]erufssoldaten nach durchgeführter teilweiser Kapitalabfindung durch die Rechtsprechung des [X.]s abschließend geklärt ist.

Das [X.] hat mit [X.]eschluss vom 23. Mai 2017 - 2 [X.]vL 10/11 und 2 [X.]vL 28/14 - ([X.] 145, 249) entschieden, dass es weder einen hergebrachten Grundsatz des [X.]erufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gibt, der die Ruhegehaltfähigkeit von [X.]en im Dienste einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung zwingend anordnet oder untersagt, noch einen solchen Grundsatz, nach dem sich der Umgang mit Kapitalabfindungen aus dem Dienst in zwischen- oder überstaatlichen Einrichtungen bestimmt. Zur [X.]egründung hat das [X.] u.a. ausgeführt: Mit [X.]lick darauf, dass der Gesetzgeber durch Anrechnungs- und [X.]en das Ziel verfolgen darf, eine Doppel- oder Überversorgung eines [X.]eamten zu vermeiden (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 25. November 1980 - 2 [X.]vL 7/76 - [X.] 55, 207 <239>), sowie darauf, dass Alimentationsverpflichtungen des Dienstherrn durch Anrechnungs- oder Ruhensregelungen eingeschränkt sein können, sprechen keine systematischen Gründe des Alimentationsprinzips gegen eine Ruhensregelung, die im Ergebnis dazu führt, dass an die Stelle der - verfassungsrechtlich nicht gebotenen - Ruhegehaltfähigkeit von Auslandsdienstzeiten eine von der zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgungsleistung tritt ([X.], [X.]eschluss vom 23. Mai 2017 - 2 [X.]vL 10/11 u.a. - [X.] 145, 249 Rn. 82). Auch die möglicherweise nachteiligen Konsequenzen einer ohne zeitliche [X.]egrenzung ("Deckelung") ausgesprochenen Ruhensanordnung führt nicht zu einem Verstoß der [X.] gegen Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 5 GG und verletzt im Übrigen auch nicht Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass eine am Ende der Auslandsdienstzeit ausgezahlte Kapitalabfindung im Hinblick auf die damit verbundenen vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten für ihren Empfänger einen wirtschaftlichen Wert haben oder erreichen kann, der bei typischem Verlauf auch durch eine zeitlich nicht eingeschränkte Addition von Ruhensbeträgen nicht überschritten wird. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der [X.]etroffene die Wahl hat, die Abfindung an seinen Dienstherrn auszukehren und sich auf diese Weise einen ungekürzten Versorgungsanspruch zu sichern.

An diesem generalisierenden Maßstab des [X.]s orientiert, bleibt für die von der [X.]eschwerde geforderte Überprüfung einer versorgungsrechtlichen Ruhensregelung für Kapitalabfindungen aus dem Dienst in zwischen- oder überstaatlichen Einrichtungen im Einzelfall kein Raum. Die strikte [X.]indung an die gesetzlichen [X.]estimmungen des Versorgungsrechts schließt eine solche am Verhältnismäßigkeitsprinzip orientierte Einzelfallprüfung gerade aus. Soweit sich die [X.]eschwerde zur [X.]egründung auf die abweichenden Ausführungen in den Urteilen des [X.] in dieser Sache vom 27. Januar 2011 - 2 C 25.09 - ([X.] 449.4 § 55b [X.] Rn. 21) und vom 5. September 2013 - 2 C 47.11 - ([X.] 239.1 § 56 [X.] Nr. 8 Rn. 8) stützt, kann sie damit nicht durchdringen, weil diese Überlegungen infolge der vorstehend aufgeführten neuen Rechtsprechung des [X.]s überholt sind und der Senat deshalb an ihnen nicht festhält (vgl. so auch bereits [X.], [X.]eschluss vom 29. März 2019 - 2 [X.] 50.18 - juris Rn. 12). Insbesondere für eine von der [X.]eschwerde angenommene Auslegung des einfachen Rechts, unabhängig von den verfassungsrechtlichen Überlegungen der früheren Rechtsprechung des [X.], aber mit demselben Ergebnis, ist kein Raum. Die frühere Rechtsprechung des [X.] beruhte gerade auf den durch die neuere Rechtsprechung des [X.]s überholten verfassungsrechtlichen Überlegungen.

3. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann i.S.d. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.] aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des [X.] tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat ([X.], [X.]eschlüsse vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 28. August 2018 - 2 [X.] 4.18 - [X.] 235.2 LDisziplinarG Nr. 59 Rn. 30). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das [X.]undesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge ([X.], [X.]eschluss vom 17. Januar 1995 - 6 [X.] 39.94 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

Die [X.]eschwerde legt keine Abweichung von einer Entscheidung des [X.] oder des [X.]s i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar. Sie beschränkt sich auf den Vortrag, das [X.]erufungsgericht weiche von dem Urteil des [X.] vom 5. September 2013 - 2 C 47.11 - ([X.] 239.1 § 56 [X.] Nr. 8) ab, indem es entgegen dieser Entscheidung nicht beachtet habe, dass der erdiente [X.] nicht abgesenkt werden dürfe und das Versorgungsgesetz Regelungen enthalten müsse, nach denen ein Endzeitpunkt für die Anrechnung eines als Abfindung gezahlten Kapitalbetrags bei Verwendung in einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung zu bestimmen sei. Das von der [X.]eschwerde - wie bereits ausgeführt - in [X.]ezug genommene Urteil des Senats vom 5. September 2013 ist durch die Rechtsprechung des [X.]s im [X.]eschluss vom 23. Mai 2017 - 2 [X.]vL 10/11 und 2 [X.]vL 28/14 - ([X.] 145, 249) überholt, sodass eine Zulassung wegen Divergenz schon deshalb nicht in [X.]etracht kommt.

4. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 63 Abs. 3 Nr. 2, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG. Der Streitwert ist in der Höhe des dreifachen [X.] zwischen dem innegehabten und dem erstrebten Teilstatus - hier: zwischen dem von der [X.] festgesetzten und dem von dem Kläger erstrebten Ruhensbetrag - festzusetzen.

Meta

2 B 73/18

29.08.2019

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 27. August 2018, Az: 14 B 18.478, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.08.2019, Az. 2 B 73/18 (REWIS RS 2019, 4035)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4035

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