Bundespatentgericht, Urteil vom 07.07.2010, Az. 4 Ni 15/09 (EU)

4. Senat | REWIS RS 2010, 5111

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Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 732 716

([X.])

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2010 durch [X.], [X.] Kaminski, die Richterin Friehe, die Richter [X.] und [X.]

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] erteilten [X.] Patents 0 732 716 (Streitpatent), das am 12. März 1996 unter Inanspruchnahme der Priorität der [X.] Patentanmeldung 195 09 656 vom 17. März 1995 angemeldet wurde. Das Streitpatent wurde am 21. Februar 2001 in der [X.] veröffentlicht und wird beim [X.] unter der Nummer 596 06 446 geführt. Es betrifft einen Temperaturschutzschalter und umfasst zwölf Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind.

2

Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

3

„1. Temperaturschutzschalter zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen gegen Überhitzung, bei dem eine in einem Sockel (1) aus einem Isolierwerkstoff gehalterte Kontakteinrichtung durch ein flaches auf den Sockel (1) aufgestecktes hülsenförmiges Gehäuse (10) geschützt ist,

4

dadurch gekennzeichnet, dass

5

die Wandung des die Kontakteinrichtung umgebenden Gehäuses (10) allseitig nach außen gewölbt ist und dass der Sockel (1) bis etwa zur Mitte der Kontakteinrichtung reichende seitliche Ausleger (1b) hat, die der Wölbung der Gehäusewandung angepasst sind, und die bei aufgestecktem Gehäuse (10) formschlüssig an dessen Innenwandung anliegen.“

6

Wegen des Wortlauts der abhängigen Patentansprüche 2 bis 12 wird auf die [X.] Bezug genommen.

7

Die Klägerin ist der Ansicht, der Gegenstand des Streitpatents sei insgesamt nicht erfinderisch und daher nicht patentfähig. Zur Begründung bezieht sie sich auf folgende Druckschriften:

8

NK 7 DE 29 17 557 C2

9

NK 8 [X.] 5 221 914

NK 9 [X.] 2 773 962

NK 10 DE 1 705 235 U

NK 11 [X.] 4 978 937

NK 12 DE 31 04 828 A1

NK 13 DE 39 38 226 C1

NK 14 [X.] 5 014 035

NK 15 [X.] 3 747 208

NK 16 GB 2 240 218 A

NK 17 3 Blatt Prospektauszug der Fa. [X.] Ltd.

NK 19 [X.] Nr. 4821/1 Schwingquarzgehäuse der Fa. J

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 0 732 716 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Er ist der Ansicht, dass der Gegenstand des Streitpatents neu und durch die von der Klägerin genannten Druckschriften nicht nahegelegt sei.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn es ist nicht zu erkennen, dass der Gegenstand des Streitpatents für den Fachmann nicht neu ist oder dass er sich in naheliegender Weise aus dem bekannt gewordenen Stand der Technik ergibt (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 54, 56, 138 Abs. 1 Buchstabe a EPÜ).

II.

1. Das Streitpatent betrifft einen Temperaturschutzschalter zum Schutz von Motorwicklungen und dergleichen gegen Überhitzung. Geschlossene Temperaturschutzschalter werden dort verwendet, wo die Kontakteinrichtung eines Schutzes vor mechanischer Einwirkung oder gegen Umwelteinflüsse bedarf. Solche Schalter werden - soweit sie die Merkmale gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 aufweisen - von der [X.] als im Stand der Technik hinreichend bekannt vorausgesetzt, z. B. in der Druckschrift [X.] 3,747,208 ([X.]), wobei diese Ausführung aber wegen ihres runden Querschnitts als Wicklungsschutzschalter ungeeignet sein soll, da sie beim Überwickeln eine zu starke Auswölbung verursache (vgl. Abs. [0003] der [X.]). Als Wicklungsschutzschalter geeignete flache Ausführungen seien zwar bekannt, jedoch nicht hinreichend stabil gegen Druck, der von außen auf das Gehäuse einwirkt (vgl. a. a. O. Abs. [0004] und [0005]), so dass sie für den Einsatz in Motor- und [X.] nicht optimiert seien.

        

2. Vor diesem Hintergrund besteht nach [X.]] der Patentschrift die Aufgabe des Streitpatents darin, einen Temperaturschutzschalter mit einem flachen Gehäusequerschnitt zu schaffen, der sich bezüglich seiner Druckfestigkeit besonders für die Verwendung im Elektromotoren- und Transformatorenbau eignet.

        

3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in seinem Patentanspruch 1 gemäß einer von der Patentinhaberin eingeführten Merkmalsgliederung einen Temperaturschutzschalter mit folgenden Merkmalen vor:

„1. Temperaturschutzschalter zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen gegen Überhitzung,

mit

1.1 einer in einem Sockel (1) aus einem Isoliermaterial gehalterten Kontakteinrichtung,

1.2 einem die Kontakteinrichtung schützenden Gehäuse (10), das

1.2.1 flach

1.2.2 hülsenförmig und

1.2.3 auf den Sockel (1) aufgesteckt ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

2. die Wandung des die Kontakteinrichtung umgebenden Gehäuses (10) allseitig nach außen gewölbt ist,

3. der Sockel (1) seitliche Ausleger (1b) hat,

3.1 die Ausleger bis etwa zur Mitte der Kontakteinrichtung reichen,

3.2 die der Wölbung der Gehäusewandung angepasst sind, und

3.3 die bei aufgestecktem Gehäuse (10) formschlüssig an dessen Innenwandung anliegen.“

4. Der Patentanspruch 1 unterliegt folgendem Verständnis des Fachmanns:

a) Unter einem Gehäuse, das

Damit die

b) Da die Ausleger nicht mit den Bauteilen der Kontakteinrichtung kollidieren dürfen und darüber hinaus gemäß Merkmal 3.1

c) Da weder die Länge des Sockels noch die Art und Erstreckung der äußeren Anschlüsse der Kontakteinrichtung Gegenstand des Streitpatents sind, bemisst sich für den Fachmann die anspruchsgemäße

d) Wenn das hülsenförmige Gehäuse

Damit weist die Wandung des Gehäuses eine dem offenen Ende gegenüberliegende geschlossene Stirnfläche, zwei kleinere [X.] parallel zur ersten Richtung und zwei größere [X.] parallel zur zweiten Richtung auf.

Da dem Fachmann in der Technik und jedermann aus dem Alltagsleben sowohl zweidimensionale Wölbungen (z. B. ein Buchrücken oder ein Brückenbogen) als auch dreidimensionale Wölbungen (z. B. die Hornhaut oder ein Eisenbahn-Puffer) bekannt sind, fallen - entgegen dem von der Klägerin vorgetragenen Verständnis von Merkmal 2. unter die Angabe

III.

1. Der Temperaturschutzschalter gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu.

a) Aus der [X.] 3,747,208 ([X.]) ist in Übereinstimmung mit dem Patentanspruch 1 ein Temperaturschutzschalter bekannt (Titel) zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen (unter Inkaufnahme der in der [X.] genannten Nachteile einer runden Bauform offensichtlich grundsätzlich geeignet) gegen Überhitzung, mit einer in einem Sockel 12, 58 ([X.]. 1 i. V. m. [X.]. 3 [X.] 9 bis 10 und [X.]. 4 [X.] 55 bis 62) aus einem Isoliermaterial (vom Fachmann mitgelesen) gehalterten Kontakteinrichtung 42 ([X.]. 1, [X.]. 3 [X.] 59 bis 68), einem die Kontakteinrichtung schützenden Gehäuse 56 ([X.]. 1, [X.]. 4 [X.] 39 bis 54) das hülsenförmig und auf den Sockel aufgesteckt ist ([X.]. 1, [X.]. 4 [X.] 40 bis 43), wobei ferner die Wandung des die Kontakteinrichtung 42 umgebenden Gehäuses 56 allseitig nach außen gewölbt ist ([X.]. 4 [X.] 40 bis 44).

Abweichend von Merkmal 1.2.1 ist das bekannte Gehäuse nicht flach, so dass diese Druckschrift - entgegen [X.]. 1 [X.] 13 und 14 der [X.] - keine Ausführungsform gemäß Oberbegriff von Patentanspruch 1 zeigt.

Für die in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Ansicht der Klägerin, dass der ringförmige Ansatz nicht nur zum Fixieren diene, weil er deutlich länger sei als nötig, und deshalb auch die Merkmale 3.1 bis 3.3. des angegriffenen Anspruchs 1 vorweggenommen seien, findet der Fachmann in der Offenbarung der [X.] 3,747,208 keinerlei Hinweise.

Denn um die angestrebte Presspassung (press-fit attachment) zwischen [X.] und dem ringförmigen Ansatz 16 zu verwirklichen ([X.]. 4 Z 39 bis 43) und im späteren Betrieb des Schalters aufrechtzuerhalten, darf der Ansatz nicht zu kurz sein, auf den das Gehäuse bis zu einem umlaufenden Anschlag 20 aufgeschoben wird ([X.]. 6, [X.]. 5 [X.] 1 bis 10).

Eine über diese Presspassung hinausgehende Stützfunktion des Ansatzes 16 gegen äußeren Druck auf das Gehäuse ist in der [X.] 3,747,208 nirgends angesprochen. Eine solche ist für die in den [X.]uren dargestellte Dimensionierung auch nicht ersichtlich.

Vom übergriffenen Sockelbereich (Ansatz 16) abragende seitliche Ausleger, wie sie der erteilte Patentanspruch 1 in den Merkmalen 3. bis 3.3 fordert, sind demnach dort nicht vorhanden.

b) Aus der [X.] 29 17 557 C2 ([X.]) ist in den [X.]uren 1 bis 3 mit dem zugehörigen Text ein Temperaturschutzschalter zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen gegen Überhitzung bekannt (Titel, [X.]. 4 [X.] 23) mit einer in einem Sockel 1 aus einem Isoliermaterial ([X.]. 6 [X.] 50) gehalterten Kontakteinrichtung 3, 4, 5, 7, 10, 11, 12, 13, 14 ([X.]. 5 [X.] 47 bis [X.]. 6 [X.] 26), einem die Kontakteinrichtung schützenden Gehäuse 2, das flach, hülsenförmig und auf den Sockel 1 aufgesteckt ist.

Entgegen Merkmal 2 ist die Wandung des die Kontakteinrichtung umgebenden Gehäuses nicht allseitig nach außen gewölbt sondern - abgesehen von gerundeten Übergängen - allseitig flach ([X.]. 1-3).

Selbst wenn man den unterhalb der Anschlussverlängerung 7 und innerhalb des Gehäuses 2 verlaufenden Bereich des Grundkörpers 1 als Ausleger bezeichnet,

- ist dieser - entgegen Merkmalen 3. bis 3.3 - nur einfach vorhanden,

- reicht dieser - entgegen Merkmal 3.1 - nicht bis etwa zur Mitte der Kontakteinrichtung, sondern verläuft etwa entlang drei Vierteln der Längserstreckung der Kontakteinrichtung, und

- ist dieser - mangels einer Wölbung der Gehäusewandung - auch nicht als an eine solche Wölbung angepasst zu bezeichnen.

Zu der in [X.]ur 4 der [X.] 29 17 557 C2 gezeigten Endansicht einer anderen Ausführungsform ([X.]. 6 [X.] 42 bis 43) ist in der Beschreibung lediglich angegeben, dass deren Gehäuse 2 die Form eines Nutenkeils zur Fixierung der Stromwicklungen von Elektromotoren in [X.] aufweist ([X.]. 8 [X.] 46 bis 49).

Da solche Nutenkeile ihre eigenen und die Fliehkräfte der Nutenfüllung aufnehmen müssen, kann das in [X.]ur 4 dargestellte Gehäuse keinesfalls eine relativ dünne Wandung aufweisen, wie sie für den in [X.]uren 1 bis 3 dargestellten Schalter vorgesehen ist. Der Fachmann entnimmt deshalb nach Ansicht des Senats der [X.]ur 4 ein relativ massives Gehäuse, dessen Wandstärke dem Abstand zwischen der endseitig sichtbaren Sockelkontur und der Umfangslinie des Gehäuses 2 entspricht. Mit seiner flachen Unterseite (links) ist das dargestellte Gehäuse - entgegen Merkmal 2. - nicht allseitig nach außen gewölbt.

Unterstellt man ferner mit der Klägerin, dass der in [X.]ur 4 dargestellte Schalter das gleiche „Innenleben“ (d. h. die gleiche Gestaltung des Sockels und der Kontakteinrichtung) aufweist wie der in [X.]ur 1 bis 3 dargestellte Schalter, so sind auch die Merkmale 3. bis 3.3. des Anspruchs 1 nicht vorhanden.

c) Aus der [X.] 4,978,938 ([X.]) ist ein Schalter mit folgenden Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 bekannt:

Temperaturschutzschalter (Titel) zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen (offensichtlich grundsätzlich geeignet) gegen Überhitzung, mit einer in einem Sockel 4, 5, 6 aus einem Isoliermaterial ([X.]. 2 [X.] 30) gehalterten Kontakteinrichtung 9, 21 ([X.]uren, [X.]. 2 [X.] 39 bis 48 und [X.] 63 bis 68), einem die Kontakteinrichtung schützenden Gehäuse 2, das flach, hülsenförmig und auf den Sockel 4, 5, 6 aufgesteckt ist (alle [X.]uren, [X.]. 2 [X.] 28 und 29).

Zwar stützen die beiden aufrechten Wände 6 ([X.]. 1, 3, 4/ [X.]. 4 [X.] 36 bis 39) des U-förmigen Sockels nicht nur das formschlüssig einlegbare Isoliertrennteil 13 und die ebenfalls formschlüssig in den Sockel eingestapelten Kontaktstreifen 9, 21, sondern aufgrund seiner Anlage an allen vier Seiten auch die Gehäuse-Innenwandung gegen Druckeinwirkung von außen.

Jedoch ist das Gehäuse allseits flach und der Sockel ohne seitliche Ausleger ausbildet, so dass auch dort die Merkmale 2. bis 3.3. nicht verwirklicht sind.

d) Das [X.] Gebrauchsmuster 1 705 235 ([X.]) weist schon keinen Sockel mit einem aufgesteckten hülsenartigen Gehäuse gemäß den Merkmalen 1.1 bis 1.2.3 auf. Vielmehr ist die Kontakteinrichtung 5, 6 ([X.]. 4 und 5) in einem aus zwei Schalen 2, 3 bestehenden und mittels Schrauben 4 zusammengehaltenen Gehäuse angeordnet.

e) In der [X.] ([X.]) offenbart die Fa. [X.]. drei Ausführungsformen eines Temperaturschutzschalters mit jeweils folgenden Merkmalen des Patentanspruchs 1:

Temperaturschutzschalter (Titel, S. 1 [X.] 18) zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen (bei entsprechenden Einbausituationen grundsätzlich geeignet) gegen Überhitzung, einer in einem Sockel 1 ([X.]. 1A bis 1D) aus einem Isoliermaterial (S. 6 [X.] 8) gehalterten Kontakteinrichtung 4 bis 9 (Merkmale 1. und 1.1.).

Der Sockel hat ersichtlich seitliche Ausleger (Merkmal 3.), nämlich die beiden oberhalb der [X.] in [X.]ur 1A vom Sockel 1 abragenden, parallel zu den Anschlussteilen 2, 3 verlaufenden Vorsprünge.

Ein Gehäuse ist für keinen der Schalter dargestellt oder beschrieben; es ist auch nicht mitzulesen, da die Schalter auch ohne eigenes Gehäuse funktionsfähig und direkt in zu überwachende Geräte einbaubar sind.

Die Merkmale 1.2 bis 1.2.3 sowie 3.2 und 3.3. sind demnach dort nicht bekannt.

Da die Ausleger bei etwa einem Drittel der nach oben vom Sockel 1 abragenden Kontakteinrichtung enden, reichen sie (entgegen Merkmal 3.1) auch nicht bis etwa zur Mitte der Kontakteinrichtung.

NK 17 eingereichten drei Blatt Prospektkopien über Schalter der Firma [X.]. konnte die Klägerin eine Kenntnisnahme durch die Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag nicht belegen. Zur Begründung der Klage wurde deshalb die Anlage [X.] schon von Seiten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr herangezogen.

g) Die übrigen im Verfahren genannten Druckschriften gehen hinsichtlich des [X.] nicht weiter als die vorgenannten Druckschriften.

Sie wurden in der mündlichen Verhandlung auch weder von den Beteiligten noch vom Senat aufgegriffen, so dass auf sie nicht eingegangen zu werden braucht.

2. Der Gegenstand gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 ergibt sich für den Fachmann aus dem vorgenannten Stand der Technik auch nicht in naheliegender Weise.

Nachdem der aus der [X.] 3,747,208 ( [X.]) bekannte Temperaturschutzschalter - wie dargelegt - das Merkmal 1.2.1 nicht aufweist, mag sich dem Fachmann als von Lösungsmerkmalen freie Aufgabe in der Praxis noch stellen, einen Temperaturschutzschalter zu schaffen, der sich bezüglich seiner Druckfestigkeit besonders für die Verwendung im Elektromotoren- und Transformatorenbau eignet. Denn der bekannte runde [X.] ist zwar bei gleichmäßigem Druck von außen optimal druckfest, nicht aber, wenn ein solches Gehäuse beim Einschieben in eine Wicklung oder während eines Wickelvorgangs im Wesentlichen lediglich von zwei gegenüberliegenden Seiten unter Druck steht.

Hierzu könnte der Fachmann schon aus seinem allgemeinen Fachwissen, aber auch angeregt durch die aus dem [X.]n Gebrauchsmuster 1 705 235 ([X.]) bekannte flache Gehäusebauform, für die der besondere Vorteil beim Einwickeln in eine [X.]ule angegeben ist (Anspruch 5), daran denken, das runde Gehäuse abzuflachen, soweit der für die Anordnung und Betätigung der beiden Kontaktelemente 42 erforderliche Raum im [X.] das zulässt. Die dann erforderliche Anpassung der Umfangskontur der bisher kreisrunden Wandung 16 derart, dass weiterhin eine Presspassung möglich ist, gehört in den Bereich der handwerklichen Maßnahmen, da auch bei der Fertigung des Gehäuses ([X.]. 2 i. V. m. [X.]. 3 [X.] 44 bis 58) - außer einer Anpassung der Gieß- oder [X.]ritzform - keine neuen Probleme zu erwarten sind. Damit wäre ein Schalter bereitgestellt, der immer noch ein allseitig nach außen gewölbtes Gehäuse aufweisen würde (s. o.), aber auch noch flach im Sinne von Merkmal 1.2.1 wäre.

Der Fachmann bekommt aber weder aus seinem Fachwissen noch aus der [X.] 3,747,208 ([X.]) oder dem [X.]n Gebrauchsmuster 1 705 235 ([X.]) einen Hinweis oder eine Anregung darauf, seitliche Ausleger gemäß den Merkmalen 3.1 bis 3.3. vorzusehen.

Soweit die Klägerin vorträgt, der Fachmann brauche lediglich die in [X.] vorgesehene geschlossene umlaufende Wandung 16 mit zwei parallelen Längsschnitten in zwei voneinander getrennte - als seitliche Ausleger zu bezeichnende - Bereiche zu teilen, ist der Senat der Auffassung, dass der Fachmann nicht einmal in Kenntnis der Erfindung tun würde. Denn damit wäre die vorgesehene Presspassung zwischen der inneren Gehäusewandung und der umlaufenden Wandung 16 ([X.]. 4 [X.] 38 bis 42) nicht mehr möglich, weil die dann entstandenen Ausleger aufeinander zu bewegbar wären. Auch die mit jeder Presspassung verbundene Abdichtung an den aufeinanderliegenden Flächen würde verlorengehen.

Sollte für einen vorgesehenen Verwendungszweck die in den [X.]uren der [X.] 3,747,208 dargestellte, relativ dünne Wandung selbst bei Herstellung des Gehäuses 2 aus Metall ([X.]. 4 [X.] 43) dem auftretenden Druck nicht standhalten, wird der Fachmann durch Materialauswahl und größere Wandstärken eine Anpassung vornehmen. Von zusätzlichen „Einbauten“ ins Gehäuse, z. B. in Gestalt von seitlichen Auslegern neben der Kontakteinrichtung, wird der Fachmann schon deshalb absehen, weil eine Kollision mit den bewegbaren Kontaktteilen bei äußerem Druck auf das Gehäuse nicht auszuschließen ist, wenn die Ausleger dadurch verschoben werden.

Bei dem aus der [X.] 29 17 557 C2 ([X.]) bekannten Schalter stabilisiert zwar der die Anschlussverlängerung 7 tragende Sockelbereich das dünnwandige Gehäuse gegen seitlichen Druck und gegen Druck von unten; denn er liegt unten und an den Längsseiten des hülsenförmige Gehäuses innenseitig an. Eine von der Klägerin als naheliegend angesehene Aufteilung der Sockelverlängerung in zwei voneinander getrennte Ausleger verbietet sich aber für die dort gezeigte Anordnung nach Ansicht des Senats schon deshalb, weil deren Mittelbereich eine tragende Funktion für die gesamte Kontakteinrichtung im Bereich der Gelenkverbindung 10 zukommt ([X.]. 7 [X.] 2 bis 26). Der Schalter müsste also völlig umkonstruiert werden. Deshalb bietet diese Druckschrift dem Fachmann auch weder Anlass noch Vorbild, um einen Temperaturschutzschalter gemäß der [X.] 3,747,208 ([X.]) weiterzubilden, dessen Kontaktanordnung lediglich endseitig im Isoliersockel gehaltert ist.

Die [X.] 4,978,937 ([X.]) zeigt keine Einbauten innerhalb des Gehäuses, weshalb dem Fachmann jede Anregung auf die patentgemäßen seitlichen Ausleger fehlt.

Solche Ausleger sind zwar an dem aus der [X.] ([X.]) bekannten Schaltersockel vorgesehen, jedoch weist der Schalter kein Gehäuse auf. Wollte er jedoch diesen Schalter mit einem hülsenförmigen Gehäuse versehen, wie es im Stand der Technik bei [X.] bekannt ist (s. o.), so lassen nach Ansicht des Senats die am oberen Ende der beiden Ausleger jeweils außenseitig vorgesehenen unbezifferten Einkerbungen allenfalls daran denken, ein sich nach oben ([X.]. 1) erstreckendes Gehäuse mit seinem unteren Ende dort zu verrasten.

Jedoch wird der Fachmann das Gehäuse schon deshalb nicht auf den Sockelbereich aufstecken, vom dem die Ausleger abragen, da das [X.], mit dem eine selbsttätige Rückstellung eines ausgelösten Schalters verhindert wird (Abstract, [X.] .1C und 1D i. V. m. S. 8 Abs. 2 bis S. 9 Abs. 1) bei allen Ausführungsformen frei beweglich und frei zugänglich bleiben muss.

Die patentgemäße Gestaltung zweier von dem Sockelbereich abragender seitlicher Ausleger stellt auch keine ins Belieben des Fachmanns gestellte Maßnahme dar, etwa - wie die Klägerin meint - weil Ausleger prinzipiell bekannt seien und der Fachmann ja bei einem „beliebigen“ Schalter das Gehäuse zu versteifen suche. Denn die Frage, ob eine Erfindung sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, ist von jeweils einem konkreten Stand ausgehend zu beantworten. Hierfür könnten im vorliegenden Fall außer dem [X.]n Gebrauchsmuster 1 705 235 ([X.]) - wegen dessen sockellosem Gehäuse - alle vorgenannten Druckschriften als „nächstkommend“ angesehen werden. Jedoch ist aus den dargelegten Gründen dem Fachmann weder ein Hinweis noch ein Anlass auf die Merkmale 3.1 bis 3.3 gegeben, bzw. wird er von einer solchen Maßnahme sogar abgehalten.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 ZPO.

Meta

4 Ni 15/09 (EU)

07.07.2010

Bundespatentgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 07.07.2010, Az. 4 Ni 15/09 (EU) (REWIS RS 2010, 5111)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5111

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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